ich habe in meiner freien Zeit Mal wieder etwas weiter am laufenden Gut der Takelage gearbeitet. Zuerst habe ich, wie in meinem Beitrag #282 beschrieben, die Segel an die Rahe geschlagen. Die vom Hersteller vorgefertigten Liektaue habe ich versucht, so gut verschwinden zu lassen, damit diese nicht zu auffällig sind. Dann ging es weiter mit dem laufenden Gut, welches bis hierhin in der Bauanleitung auch recht schlüssig beschrieben ist. Trotzdem erinnerte mich das Takeln doch recht häufig an das Lied von Mike Krüger: "Sie müssen erst den Nippel durch die Lasche ziehen....." wer kennt das nicht.
Jetzt bin ich aber an einem Punkt angelangt, wo die Anleitung nicht ganz eindeutig ist. Es geht um die 2 Blöcke, welche ich im folgenden Bild rot umrandet sind.
Laut Takelplan und Anleitung sollen diese, wie im Bild, vor dem Segeltuch liegen. Da aber das Takelgarn, vom unteren Rand des Segels nach oben durch die Blöcke nach achtern gezogen wird, müssten die Blöcke doch hinter dem Segeltuch liegen. Das ist mir nicht ganz klar. Vielleicht hilf mir da jemand diesen gedanklichen Knoten zu lösen.
Eine andere Frage betrifft das Takelgarn an sich. Hier bei der Blinde habe ich es so gemacht, dass die beiden Blöcker hinter dem Segeltuch achtern liegen. Dadurch entstand ein etwas "bauchiges" Segel, also so wie es mir gefällt. Nur das Takelgaren hängt hier nicht so schön durch, sondern hat noch die Spiralform der Wicklung, was ich nicht so schön finde. Meine Frage ist, verschwindet das mit der Zeit oder sollte ich das Garn noch irgendwie behandeln, damit es richtig "hängt"?
Deiner Beschreibung nach vermute ich, dass es sich um die Gordings des Focksegels handelt. Dann sollten die Blöcke eher über der Rah stehen und die Frage, ob vor oder hinter dem Segel wäre bedeutungslos. Wenn es sich um Gordings handelt, würde ich annehmen wollen, dass diese von dem Leitblock an der Rah zu Blöcken unter der Marsplattform geführt werden und von dort aus zu ihren Belegstellen.
Was das Garn angeht, so würde ich es mit Wasser anfeuchten und mit einem Gewicht der Länge nach strecken. Über Nacht hängen lassen, dann sollten am nächsten Morgen die Kinken verschwunden sein.
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
haben die Segel vielleicht Geitaue (was eigentlich sehr wahrscheinlich ist)? Wenn ja, dann laufen sie ja auf der Segelrückseite vom Schothorn schräg nach oben, werden durch einen Block dann nach unten, meist an die Mastbeting, geführt. Allerdings müssten die Blöcke etwas mehr zur Mitte der Rah hin befestigt sein.
Bei diesen Leinen hab ich früher die Erfahrung gemacht, dass sie sich am Schiff im Nachhinein nicht mehr strecken, das muss man vorher machen. Willi's Anregung ist sicher ganz gut.
Grüße, Joachim
Schöne Grüße Joachim
Mein neues Buch in Deutsch und Englisch erhältlich: "Die Farbe Blau im historischen Schiffbau - von der Antike bis in die Neuzeit" siehe dazu: http://www.modellbau-muellerschoen.de
Vielen Dank für eure Antworten. Ihr hattet Recht, die Taue welche durch die benannten Blöcke gehen sind Geitaue. Somit sollten die Blöcke also "hinter" dem Segel liegen. Das werde ich für die restlichen Segel noch entsprechend ändern.
Wegen den "unschön hängenden" Takelgarn habe ich einen Versuch mit Bienenwachs gemacht. Ich habe das Garn nachträglich mit Bienenwachs eingerieben und muss sagen, das sieht jetzt schon viel besser aus. Ich werde jetzt auch das restliche Garn vor der Montage erst durch Bienenwachs ziehen. Ich denke dann wird es noch besser aussehen.
Laut Bauanleitung kommen jetzt "nur" noch die Geitaue der restlichen 4 Segel vom Fockmast und Hauptmast, dann ist die Galeone fertig.
Nur damit es nicht zu Verwechslungen oder Missverständnissen kommt: Wenn Joachim von Geitauen schreibt, ich aber von Gordings, dann ist nicht dasselbe gemeint.
Geitaue sind, wie Joachim richtig beschrieb Taue, mit denen das Schothorn des Segels an die Rah geholt wird. Dazu wurde ein Tau eine gute Länge außerhalb der Rahmitte an dieser befestigt, durchlief einen Block, der mit dem Schotblock und (je nach Epoche) dem Halsblock zusammen am Schothorn des Segels mit einem kunstvollen Knoten anstroppt war, lief von dort aus zu einem weiteren Block an der Rah, der etwas weiter innen an der Rah angebracht war, als das Geitau selbst und von dort aus zum Belegpunkt an Deck. Die Geitaublöcke waren i.d.R. Hutblöcke mit einer Scheibe, der Hutblock an der Rah saß hinter dem Segel.
Gordings hingegen waren Taue, die am Seitenliek (Schlapgordings) oder am Unterliek befestigt wurden, und vor dem Segel zur Rah liefen, wo mehrere Blöcke befestigt waren, von denen aus sie dann zu Blöcken unter der vorderen Mars-Quersaling liefen, dann durch weitere Blöcke unter der hinteren Mars-Quersaling und von dort aus zur Belegstelle (zumeist die Beting, bzw. Belegbank hinter dem Mast)
In Deinem Fall würde ich eher auf Gordings tippen, weil Du in dem Bild einen Doppelblock gezeigt hast, der kein Hutblock ist. Solche Blöcke werden für Geitaue normalerweise nicht verwendet. Natürlich kann es sein, dass es sich hier um eine Ungenauigkeit im Plan handelt, zu dessen Qualität kann ich aber nichts sagen.
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
Hallo Willi (@Willi ) - Jetzt bin ich ganz verwirrt.
Irgendwie bringe ich das gedanklich nicht mit dem Takelplan aus der Anleitung in Einklang. Der betreffende Abschnitt sieht für den Fock- und Großmast wie folgt aus:
Mich interessieren da vor allem die Taue mit den Nummern 244, 246, 247 und 244 im Abschnitt J Und im Abschnitt K die Taue 253 und 254.
Wenn du mir erklären könntest, oder vielleicht auch jemand anders, was hier was ist und ob die Taue vor oder hinter dem Segel laufen, da wäre ich wirklich sehr dankbar.
Abschnitt J zeigt den Mast Blickrichtung nach voraus. Er zeigt also den Mast von hinten, also auch alle Taue, die hinter dem Segel verlaufen. Hier fällt mir auf, dass die Marssegelschot und das Geitau des Untersegels durch einen Doppelblock geführt werden.
Ich persönlich halte das eher für unwahrscheinlich und würde für jedes Tau einen eigenen Block vorsehen, dann natürlich einen Hutblock für das Geitau. Dies ist schon deshalb sehr wahrscheinlich, weil die Schot für das Marssegel wesentlich stärker gewesen sein dürfte, als die Geitaue des Untersegels.
Auffällig ist auch, dass das Geitau sehr weit außen an der Rah angesetzt wurde und auch der Leitblock der Geitaue an der Rah sehr weit außen sitzt. Eine solche Anordnung würde bedeuten, dass die Geitaue bei gesetztem Segel sehr lose gefahren werden müssten, da sie sonst das Anbrassen der Rah behindern würden. Diese Problematik würde um so kleiner, je weiter die Geitaue und ihre Blöcke nach innen wandern.
Es gab aber auch Spezialblöcke für zwei unterschiedliche Taustärken, die besaßen dann auch zwei unterschiedliche Scheiben und entsprechend unterschiedliche Scheibgats. Ob das hier der Fall war, bzw. für diesen Schifftyp und die Zeit so angenommen werden kann, weiß ich aber nicht genau.
Abschnitt K zeigt den Mast Blickrichtung nach achtern, also dessen Vorderseite und somit die Taue, die vor dem Segel verlaufen. (ärgerlich ist es, dass auf beiden Skizzen der Mast zu sehen ist. Zumindest bei der Ansicht des Mastes von vorne wird ein großer Teil des Mastes ja vom Segel verdeckt. Hier ist es dargestellt, als wäre des Segel durchsichtig. Nicht unbedingt anfängerfreundlich, wie ich meine). Dabei handelt es sich um die Gordings. Ob deren Verlauf richtig ist, kann ich nicht genau sagen. Zweifel kommen mir aber bei den Spruten der Schlapgordings (das sind die beiden Taue, die an der Seitenkante des Segels angesetzt sind und dann zu einem werden), da diese nicht durch den Block laufen könnten und die Länge einfaches Tau nicht ausreicht, um sie wie vorgesehen zu nutzen.
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
Zitat von Willi im Beitrag #308Abschnitt J zeigt den Mast Blickrichtung nach voraus. Er zeigt also den Mast von hinten, also auch alle Taue, die hinter dem Segel verlaufen. Hier fällt mir auf, dass die Marssegelschot und das Geitau des Untersegels durch einen Doppelblock geführt werden.
Ich persönlich halte das eher für unwahrscheinlich und würde für jedes Tau einen eigenen Block vorsehen, dann natürlich einen Hutblock für das Geitau. Dies ist schon deshalb sehr wahrscheinlich, weil die Schot für das Marssegel wesentlich stärker gewesen sein dürfte, als die Geitaue des Untersegels.
......die Marssegelschot müsste durch einen Violinblock laufen. Das obere Scheibgat des Violinblockes ist mit dem Toppenanttau besetzt; dieses Tau führt weiter zum Toppenantblock unter der Saling und von dort zum Mastbeting.
Damit ist eine doppelte Seilführung von Geitau und Marssegelschot durch einen Zweischeibenblock unmöglich und auf dieser Zeichnung falsch dargestellt.
Ob die Spanier zu dieser Zeit für das Geitau einen Hutblock verwendet haben, kann ich nicht belastbar behaupten.
Grüße
Robert
Und wenn mich dann die Arbeitswut packt,....setze ich mich ganz still in eine Ecke und warte bis der Anfall vorüber ist.
In der Werft: Knochenmodell "Royal Caroline" 1749 M 1: 50 Spantmodell Engl. 74 Kanonenschiff 1781 M 1: 50 nach M. Stalkartt Projekt Phantom M 1: 50
auch wenn es gewisse Varianten dazu gab, kann ich Willi voll und ganz beipflichten. Eine Kombination von Schot und Geitau in einem Doppelblock kann nicht wirklich sein, hab ich weder jemals in irgendwelchen Plänen gesehen noch kann es Sinn machen, die Taue sind zu unterschiedlich von ihrer Stärke her. Auch ich denke, daß die Blöcke für die Geitaue weiter innen sitzen müssten, man muss sich ja einfach mal vorstellen, wie das Segel bedient werden soll. Die Gordings der Marssegel sitzen für mich zu weit aussen, da würde in der Mitte zwischen den Gordings eine viel zu große 'Tasche' entstehen, eher sollten da nochmal zwei oder auch nur eine Gording in der Mitte vorhanden sein. Die Spruten der Schlapgordings müssten so zueinander, daß der 'Knoten' nicht durch den Block laufen muss, wenn die Taue ganz angezogen werden.
Grüße, Joachim
Schöne Grüße Joachim
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vielen, vielen Dank für die Erklärungen. Jetzt ist es mir einiges klarer. Ich hatte nicht erkannt, dass in der Anleitung die Darstellungen einmal die Rückseite und die andere die Vorderseite der Segel zeigt. Für mich sah immer so aus, als würde immer die Rückseite gezeigt werden. Deshalb konnte ich die Darstellungen nicht mit euren Erklärungen oder dem was in der Literatur steht Einklang bringen. Jetzt ist es mir klarer. Vielen dank an euch. Wegen den nicht passenden Doppelblöcken für SSchot und Geitau, da werde ich meine Restekiste durchsehen, ob ich die nicht durch 2 passende Einzelblöcke ersetzten kann. Vielen dank für den Hinweis.
Nach fast 2 Jahren Bauzeit habe ich meine spanische Galeone gestern Abend fertig gestellt. Mir hat es sehr viel Spaß gemacht und ich habe sehr viele Erfahrungen sammeln können, die ich in meine späteren Projekte mit einfließen lassen kann. Ich möchte mich auch sehr für eure zahlreichen Hilfestellungen und Ratschläge bedanken. Auch wenn ich einige hier noch nicht berücksichtigt habe, so sind diese doch zur späteren Verwendung vermerkt.
Glückwunsch zur Fertigstellung! Ist echt toll geworden, gefällt mir gut!
Gruss Joachim
Schöne Grüße Joachim
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Sie sieht toll aus, aber fertig bist Du noch nicht, es fehlen die Halsen der Untersegel. Das sind sehr wichtige Taue und ihr Fehlen beeinträchtigt den Gesamteindruck doch sehr. Mit ihrer Hilfe würde ich auch die Stellung der Untersegel noch etwas korrigieren und das Unterliek (das ist die untere Kante des Segels) etwas weiter nach vorne holen.
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.