der Vorgang der Wiederherstellung der Reling wurde von Dir sehr aufschlussreich und ausführlich, Schritt für Schritt erklärt. Danke dafür, denn daraus kann man eine Menge lernen. Und wie Du schon erwähntest, sieht man auch an der Reling, welche Qualität dieses Modell hat. Auf der Großaufnahme von der Reling schimmern die Stützen sehr silbern. Ist das kein Messing?
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Stimmt, auf einem Foto mutet es fast wie Silber an. Die Stützen sind aber alle aus gelbem Messing. Die allermeisten sind gut erhalten und ließen sich ohne Beschädigungen aus dem Holz holen und, falls verbogen, richten. Einige sind aber leider auch zerbrochen. Offenbar sind sie unter dem Einfluss von Feuchtigkeit brüchig geworden. Das galt auch für sie Durchzüge, die teilweise regelrecht zerbröselten, als ich die Reling entfernte. Nichts hält ewig. Ich hoffe, ich werde dafür passenden Ersatz finden. Schmidt
Decks und Aufbauten ließen sich, als die entsprechenden Schrauben einmal gefunden waren, weitgehend problemlos voneinander trennen. Nichts war geklebt. Ich habe bei der Demontage des Modells die Arbeit der Leute von damals wirklich sehr zu schätzen gelernt! Die Aufbauten sind in beiden Dimensionen zurecht geschliffene Holz"schnitten" (Decksprung/Balkenbucht), die an allen Seiten mit einem hochwertigeren Holz "furniert" sind. Der Lack auf den Aufbauten war noch am besten erhalten; dennoch habe ich mich zu einer Entfernung aller Beschläge und einer Neulackierung entschlossen. Die folgenden Fotos zeigen Decksblöcke in verschiedenen Bearbeitungsstadien:
Ein geringes Problem war die Neulackierung, ein größeres das Reinigen der Fensterrahmen, die übrigens aus Messing Stück für Stück gesägt (jawohl!) sind. Sie waren mit winzigen Nägeln genagelt; genau wie die Kunststoff(??)plättchen dahinter ließen sie sich gut entfernen. Aber es waren halt sehr viele:
Gesäubert habe ich die Teile mit Seifenlauge und Schmirgelpapier. Anschließend habe ich sie wieder zusammengesetzt, wobei ich allerdings ein ganz kleines bisschen Sekundenkleber verwendet habe. Ich musste auch neue Löcher (0,4 mm) bohren, weil ich nicht jedes Fenster exakt an seinen angestammten Platz zurückbringen konnte. Die alten Löcher wurden natürlich verdeckt. Leider fehlten einige der großen Fenster. Bei einem früheren Sturz des Modells auf die Backbordseite (der noch andere Beschädigungen zur Folge hatte) sind sie wohl abgerissen worden. Ich hätte die Rahmen jetzt ätzen lassen können; aber da die Originale aus ziemlich dickem Material gesägt waren und daher keins wie das andere aussieht, habe ich ein paar Rahmen abgeformt. Hier sind sie bereits grundiert und zweimal mit Humbrol-Gold gestrichen.
Der Abguss ist aus handelsüblichem Resin, das ich seit Jahren für Abgüsse verwende. (Biresin G 26 oder G 27 von der Firma Sika). Die Enamel Farben von Humbrol und Revell gelten allgemein als sehr beständig. Ich werde aber sowohl die Resin- als auch die Messingfenster sowie alle anderen Messingteile mit verdünntem Klarlack/Zapponlack überziehen, um sie vor dem Oxydieren zu schützen. An den großen Lüftern (die vollkommen schwarz oxydiert waren), habe ich beobachten können, was schon ein Jahr in der Kiste an Veränderung bewirkt. Schmidt
Natürlich lasse ich mir die Möglichkeit nicht entgehen, zumindest einige der schönen alten Beschlagteile als Urmodelle für Silikonformen zu verwenden. Die großen Poller sind allerdings ein schwieriger Fall. Der mittlere Abguss zeigt, wo sich die üblen Luftblasen gerne verstecken. Man muss das Resin sehr sehr vorsichtig einfüllen, dann lassen sich Abgüsse wie der rechts im Bild herstellen. So ein Teil im Maßstab 1:100 kann man immer brauchen.
Später werde ich auch versuchen, die schönen Lüfter abzuformen.
Es hat ein bisschen (6 1/2 Jahre) gedauert, aber jetzt kann ich die erste Vorher/Nacher-Detail-Foto-Gegenüberstellung zeigen. Es handelt sich um den Bereich zwischen dem zentralen und dem hinteren Aufbau. Der hintere Aufbau enthielt normalerweise die Krankenstation und war daher baulich streng abgetrennt. Daher auch die quer gezogene Reling. Die deutlich erkennbaren Bohrlöcher im Deck und die bei der Zerlegung gemachten Aufnahmen ermöglichen (bei dennoch erheblichem Kramen in den Teilekisten) eine Vervollständigung der jeweiligen Szene. Der Vorgang hat trotzdem etwas angenehm prickelnd Archäologisches. (Schliemann gräbt Troja aus und setzt es anschließend wieder zusammen...)
"Ich gibs so gut / als ichs errang / Drumb ist mir vor keim Momo bang. Wer bessers waist / und kans erweisen / Der gebs herfür: Ich will ihn preisen." (Joseph Furttenbach 1591-1667)
Am WE war Zeit, die Beschlagteile des Backdecks (aus einem halben Dutzend Kästen und Kästchen zusammenzusuchen und zu platzieren. (Ohne meine Fotos wäre ich wirklich vollkommen aufgeschmissen!) Die Teile sind jetzt fast vollständig positioniert, einige müssen noch gereinigt, andere gestrichen oder brüniert werden. Ich habe gerade Brünierbeize bestellt und bin auf das Ergebnis gespannt. Im Original sind wohl die meisten dunklen Teile brüniert; das ergibt eine andere Oberflächenaura als ein Farbüberzug. Aber wenn ich die Teile zuerst komplett abschleifen muss, um sie neu brünieren zu können, werde ich mir diese Mühe zumindest bei den schlichten Teilen (Poller) wohl sparen und sie lackieren. Hier zunächst eine Totale, dann ein paar Detailaufnahmen.
Anmerkung: Die Backbord-Reling ist aus neuen Relingstützen gebaut, da die Originalteile so stark der Feuchtigkeit ausgesetzt waren, dass einige davon beim Rausziehen zerbrachen. Natürlich habe ich keine Stützen in exakt derselben Größe bekommen, aber immerhin sind die neuen den alten sehr ähnlich. Dass sie etwa 1,7 mm kürzer sind, fällt m.E. nicht auf. Ich fand sogar eher die Originalreling ein bisschen zu hoch.
Eine unglaublich aufwendige Arbeit... aber ein wunderbares Ergebnis, Glückwunsch! Grüsse, Joachim
Schöne Grüße Joachim
Mein neues Buch in Deutsch und Englisch erhältlich: "Die Farbe Blau im historischen Schiffbau - von der Antike bis in die Neuzeit" siehe dazu: http://www.modellbau-muellerschoen.de
Eine Frage an alle Holzspezialisten: Ich werde die (mehrfach zerbrochenen) Masten schweren Herzens durch neue ersetzen müssen. Dazu brauche ich ein gerades Rundmaterial von 9 mm, das im geschliffenen und lackierten Zustand einen schönen rötlich-gelben Farbton und eine möglichst unsichtbare Maserung hat. So:
Kann mir jemand zu einem Holz und einer Bezugsquelle raten? Danke!
Und jetzt noch ein Blick auf einen der vielen Nebenschauplätze. Mittlerweile sind sämtliche Lüfter von der Oxydation und den Farbresten im Inneren befreit. Ich hatte auch schon die Farbe gefunden, mit der die Innenseiten gestrichen waren: British Scarlet Red. Aber die - gefiel mir nicht, obwohl das Genua-Modell sie auch zeigt. Sie biss sich schrecklich mit dem Rot der Schornsteine. Ich habe dann stattdessen ein kräftiges Normalrot gewählt.
Die Lüfter werden vor dem Einbau noch einmal poliert und dann zaponiert.
Mir scheint hier glücklicherweise der Farbton von gedämpfter Birne ganz gut getroffen zu sein. Glücklich ist der Umstang deshalb, weil Birnenholz nicht ohne Grund das von den meisten bevorzugte Holz für den Modellbau ist. Mir ist zwar nicht bekannt, dass es das auch als Rundmaterial gibt, das halte ich aber für keinen Nachteil, weil die Mastteile ja eh noch konisch verjüngt werden müssen. Das geht meiner Ansicht nach am besten mit einem Vierkant-Stab als Ausgangsmaterial. Mein Vorschlag also: Birne!
Ansonsten fehlen mir die Worte, angemessen zu beschreiben, wie sehr mir Deine Arbeit gefällt.
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
Birne! Nun, ein 1 cm Brett werde ich wohl auftreiben können, aber um daraus einen konischen Rundstab zu zaubern, reichen meine Werkzeuge nicht aus. Dazu braucht man doch eine Drehbank, oder? Ich werde mich schon schwer genug tun, einen fertigen Rundstab von Hand sauber konisch zuzuschleifen. Was tun? Schmidt
Zitat von Schmidt im Beitrag #58Ich werde mich schon schwer genug tun, einen fertigen Rundstab von Hand sauber konisch zuzuschleifen. Was tun? Schmidt
Hallo Schmidt Mit Verlaub, aber bei dem, was Du bisher gezeigt hast, kann ich mir gar nicht vorstellen, dass genau das ein Problem darstellen könnte. Das ist jedenfalls die von mir bevorzugte Methode. Mit einer stationären Schleifmaschine (Tellerschleifer, über Kopf installierter Bandschleifer) kann man sehr präzise das Werkstück (!) führen. Die Verjüngung wird bereits im Vierkant angelegt, anschließend den Stab zu einem 8-Kant schleifen, anschließend mit feiner werdendem Schleifpapier in der holen Hand rund schleifen. Ein weiterer Vorteil dieser Methode ist meiner Ansicht nach, dass der Spanabhub in Faserrichtung erfolgt und nicht wie bei der Drehbank senkrecht dazu.
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
Zitat von Schmidt im Beitrag #58Birne! Nun, ein 1 cm Brett werde ich wohl auftreiben können, aber um daraus einen konischen Rundstab zu zaubern, reichen meine Werkzeuge nicht aus. Dazu braucht man doch eine Drehbank, oder? Ich werde mich schon schwer genug tun, einen fertigen Rundstab von Hand sauber konisch zuzuschleifen. Was tun? Schmidt
Für Masten würde ich von Birne abraten. Längere dünne Stücke aus Birnenholz bleiben nicht lange gerade. Als feinmasriges Holz schlage ich dafür Ahorn vor, das läßt sich mit Beize auch auf den gewünschten Farbton bringen