Danke für den Zuspruch und das Lob. Ich kann beides sehr gut gebrauchen!! Denn eine Restaurierung ist ein doppeltes Arbeiten, weil man neben den eigenen Ansprüchen auch immer denen des "Ur"Modellbauers gerecht zu werden versucht. Das hat mich bei der Arbeit vielfach aufgehalten. Heute denke ich, es ist nicht möglich, das Modell exakt in den Urzustand zurückzuversetzen. Die alten Farben z.B. kann mir niemand besorgen. Ich stelle mir daher vor, die ehemaligen Erbauer würden jetzt und mit mir zusammen ihr Modell restaurieren. Was wuerde ihnen angesichts der heutigen Möglichkeiten gefallen, was nicht? Ich habe auch sie mittlerweile bei kleinen Schlampigkeiten und Pannen "ertappt", wir reden jetzt mehr auf Augenhöhe als vor sechs Jahren, da ich bloß fasziniert von ihrer Arbeit war. Bei der Gelegenheit: wahrscheinlich ist das Modell in einer schottischen Werkstatt gebaut worden. Schmidt
Danke! Ein Lob von Modellbauern, die sich frei Hand an einen barocken Segler wagen, ehrt mich sehr!
Das Folgende war die Arbeit von zwei kompletten Wochenenden:
Ich hatte die ca. 520 Bullaugenlöcher so vorbereitet, dass die (genauestens auf Maß gefertigten) Hülsen glatt passten. Wohlgemerkt: Das war VOR dem Lackieren so. DANACH waren ALLE (wirklich: alle) Löcher wieder einen Hauch zu schmal. Also mussten ALLE ca. 520 sehr vorsichtig nachbehandelt und geprüft werden, bevor ich die Bullaugen ohne Patzer und Schmierereien einsetzen konnte. Wie gesagt: 2 Wochenenden Arbeit! Außerdem mussten c. 520 Plastikscheibchen in den Hülsen untergebracht werden, mit einem Hauch Abstand vom Rand, weil ihr Herr und Meister (moi) das so schöner fand. Geht auch nicht sooo schnell von der Hand. Als ich fertig war, war ich heilfroh, schließlich waren damit jetzt die großflächigste und heikelste Lackierarbeit und eine der schlimmsten Serienarbeiten an dem Projekt abgeschlossen. Die folgenden Fotos zeigen im Hintergrund ein Flusskanonenboot der Kaiserlichen Marine und einen kleinen Dampfer der Ostafrika-Linie. Auch die sind im Maßstab 1:100 gebaut und machen damit vielleicht die Größe meiner Anstrengungen an der Kaiser FJ deutlich.
Wunderbares Modell und super Arbeit Ich muss sagen, Du stellst das Modell in einen so hervorragenden Zustand wieder her, wie es wohl kaum im Original war! Grüsse, Joachim
Schöne Grüße Joachim
Mein neues Buch in Deutsch und Englisch erhältlich: "Die Farbe Blau im historischen Schiffbau - von der Antike bis in die Neuzeit" siehe dazu: http://www.modellbau-muellerschoen.de
Ja, und genau das hat mich einige Sorgenfalten gekostet. Z.B. ist das Original doch sicher nicht spritzlackiert worden. Aber man soll die Modellbauer vor 100 Jahren auch nicht unterschätzen. Tatsächlich konnte ich mich, als meine Arbeit schon etwas fortgeschritten war, von Ihren Qualitäten sehr genau überzeugen! Denn nach einiger Recherche gelang es mir tatsächlich, das "Schwestermodell" der Kaiser Franz Joseph I. zu ermitteln. Es befindet sich noch immer in Genua, wo der Sitz der Reederei Austro Americana war, die später Cosulich hieß und im Lloyd Adriatico aufging. Vor einiger Zeit (2009) wurde das Modell in Genua öffentlich gezeigt, anlässlich einer Ausstellung über die Reederei Cosulich. Ich pilgerte also nach Genua (schöne Stadt) und machte 300 Fotos vom Modell. Ich würde jetzt am liebsten aus dramaturgischen Gründen keines davon zeigen, aber das wäre ja auch blöd. Also, ein kleiner preview; dahin soll der Weg gehen:
Der Vergleich mit den anderen 1:100 Modellen zeigt gut die Dimensionen der Kaiser Franz Joseph I.
Das Schwestermodell ist sicher eine große Hilfe bei Deiner Arbeit, wenn es darum geht zu entscheiden, wie die KFJ einmal ausgesehen hat. Aber auch eine Herausforderung, den gleichen Bauzustand wiederherzustellen. Die damaligen Modellbauer haben die Latte ja recht hoch gelegt, wie das Bild zeigt.
Grüße, Alexander
Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten. (Katharina von Siena)
Ganz interessant war es übrigens, das Modell aus Genua und meines zu vergleichen. So sieht dort der achtere Aufbau aus:
Und so sah mein Modell vor Demontage und Reinigung aus:
Man erkennt den Unterschied. Das Genua-Modell führt zwei kleine Boote an normalen Davits. Mein Exemplar hat ein nach vorne verlängertes Deck, auf dem (so lassen es die später freigelegten Abdrücke von Beschlagteilen vermuten) insgesamt vier größere Boote platziert waren, die von ähnlichen Davits wie denen auf dem Bootsdeck zu Wasser gelassen wurden. (Die Boote sind vorhanden) Warum nun zwei Versionen? Ich mache mir darauf folgenden Reim: Das Genua-Modell zeigt exakt den Zustand der KFJI., in dem sie im Februar 1912 ihre erste Fahrt machte. Im April 1912 sank die Titanic, woraufhin alle Schifffahrtslinien sich gehalten sahen, mehr Rettungsboote mitzuführen, eben so viele, dass jeder Passagier einen Platz bekam. Vermutlich hat man daher im Sommer 1912 das betreffende Deck der Kaiser Franz Josef I. verlängert, so dass insgesamt 4 weitere Boote an Bord genommen werden konnten. In meinem Modell habe ich eine Karte gefunden, die am 31.10.1912 dort hinein gelegt wurde. Das heißt: Die (schottische) Modellwerkstatt hat dieses zweite (oder dritte?) Exemplar des Modells dem veränderten Aussehen des Originals angepasst. Das ist natürlich nur eine Theorie... Schmidt
Hallo Schmidt, nach wie vor verfolge ich Deinen Restaurationsbericht mit größtem Interesse. Habe ich das richtig verstanden, dass das Modell aus Genua und Dein Restaurationsprojekt aus der gleichen Modellbauwerkstatt kommen?
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Ich schiebe den Rumpf jetzt einmal zur Seite, obwohl noch nicht alle Arbeiten daran abgeschlossen und beschrieben sind. Zu den Deck. Ich hatte ja schon gesagt, dass sie sich alle entfernen ließen; nichts war (zum Glück!) geklebt. Die Nussbaumdecks, die auf dem Rumpf aufliegen, sind ein wenig rund geschliffen, um die Balkenbucht anzudeuten. Die Decksplanken waren auf das m.E. zuvor lackierte Holz gezeichnet. Hier eines der besser erhaltenen Decks.
Die meisten Decks aber hatten massive Wasserschäden; und da an manchen Stellen mit dem Lack auch die Planken verschwunden waren, habe ich mich entschieden, auch die Decks komplett abzuschleifen und die Planken neu aufzumalen. Hier das besonders beschädigte Backdeck nach dem Abschleifen (mit ein paar Beschlagteilen).
Nach vielem Nachdenken und Probieren habe ich die Linien mit einem Tintenstift 0,1 mm auf das versiegelte Deck gemalt. Ich habe mir eine Abstandsschablone gebaut, zuerst die Linie der Laibhölzer gezogen, dann die mittleren Linien und mich weiter nach außen gearbeitet, indem ich für jeden Strich das Lineal neu justiert und mit Gewichten beschwert habe, damit es nicht verrutscht. Klingt einfach, war aber eine Nerven zerreißende Arbeit. Denn kein Strich konnte korrigiert werden, jeder musste sitzen! Einmal verrutscht, und ich durfte das ganze Deck abschleifen und neu versiegeln. Ist zum Glück nicht oft vorgekommen. Nach dem Aufmalen habe ich die Decks wieder versiegelt; das musste sehr vorsichtig geschehen, um die Tinten-Linien nicht wieder aufzulösen. Teilweise habe ich die Versiegelung in sehr dünnen Schichten mit der Airbrush aufgebracht. Ist schließlich auch gutgegangen.
Die folgenden Fotos zeigen das Ergebnis bei einer Stellprobe mit weiteren gesäuberten Beschlagteilen des Backdecks.
Ich war anfangs sehr glücklich, dass diese Arbeit gelang, musste aber auch hier erleben, wie anstrengend es ist, eine saubere Leistung so oft zu wiederholen. Schließlich mussten alle Decks a) von allen Beschlägen und von ihrer Reling befreit, b) abgeschliffen, abgeschliffen, abgeschliffen..., c) versiegelt, geschliffen, versiegelt, d) beplankt (mit Tusche) und e) nochmals versiegelt, geschliffen, versiegelt, geschliffen werden.
Auf dem Foto ist zu erkennen, dass auch alles Schleifen nicht rückgängig machen konnte, was fast 100 Jahre (schlechter Aufbewahrung) bewirkt haben: eine Nachdunklung des Holzes. Die hellen Stellen zeigen die Position von Beschlägen etc. Nach dem Aufrüsten der Decks wird also eher wieder Gleichfarbigkeit herrschen - wobei anzumerken ist, dass man vom obersten Deck, dem Bootsdeck, so gut wie nichts mehr sehen wird, weil es so vollgestellt ist. Die Seitenkanten der Decks mussten weiß lackiert werden. Ihre Unterseiten auch, obwohl man die nur sieht, wenn man seine Bandscheiben einer unerfreulichen Belastungsprobe aussetzt. Schmidt
der weitere Fortschritt der Restauration dieses Modells wurde von Dir in gewohnter Manier sauber und präzise durchgeführt. Bin auf die weiteren Schritte schon sehr gespannt.
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Ich habe bislang in geraffter Form über die Arbeiten berichtet, die ich (mit großen Unterbrechungen) in den letzten 6 Jahre angehen und abschließen konnte. Damit werde ich auch weiter fortfahren, möchte jetzt aber einmal kurz in die Gegenwart springen - und damit in die "Mühen der Ebenen", also in die aufwändigen, aber auch langweiligen/wierigen Routineabeiten. Dazu gehört eindeutig die Rekonstruktion der Reling. Ich hatte bei der Zerlegung des Modells lange darauf spekuliert, die Reling erhalten und vor Ort von Lack und Dreck befreien zu können. Ich denke, das folgende Foto zeigt, wie "fromm" dieser Wunsch war.
Tatsächlich musste ich die Handläufe entfernen, jede der xxx (ich werd sie mal aus Jux zählen) Relingstützen vorsichtigst herausziehen, sie zuerst in Aceton baden und anschließend von Hand (Glasfaserradierer etc.) putzen. Nicht vergessen: Löcher 0,5 mm aufbohren und reinigen. Relingstützen anschließend richten und sorgfältig aufbewahren. Und dann ging es an die Rekonstruktion. Dabei mussten zunächst die Kanten am Rumpf geschliffen und neu lackiert werden, in mehreren (zwischendurch wieder geschliffenen) Lagen und natürlich ohne die Löcher zuzuschmieren, die ich ja, weil ich die Originalhandläufe verwenden wollte, an genau der richtigen (alten) Stelle brauchte. Glücklicherweise habe ich eine Humbrol Farbe gefunden, die sehr gut zu den Decks passt. So muss ich nie anmischen. Hier ein Zwischenstadium:
Doch wie jetzt die Stützen einsetzen? Klar, keine Frage: kleben! Aber am Original war NICHTS geklebt. Da drücken nur die oberen Decks (vermittels der Schrauben unter den Aufbauten) das ganze Modell zusammen wie die Hände eines 2 Meter Mannes die Schichten eines Hamburgers vor dem ersten Biss. Würde ich allerdings die Stützen nur locker einsetzen, bekäme ich die Durchzüge niemals hindurch, ohne die Stützen wieder heauszukatapultieren. Konnte ich mr gut vorstellen, wenn ich abends nicht einschlafen konnte. Also habe ich die Stützen auf 0,5 mm Messingdraht aufgefädelt, dabei immer ein Auge auf die Fotos, die ich bei der Zelegung gemacht hatte. In diesem Fädel-Stadium konnten sie auch ein letztes Mal auf Hochglanz geputzt werden.
Und jetzt nur noch einsetzen. Zum Glück bin ich ein Octopus; trotzdem hätte ich gerne auch noch eine neunte Hand gehabt. Da musste halt Klebeband aushelfen.
Und dann der große Moment. Der Handlauf, der natürlich mittlerweile mehrfach gebrochen (immer an den Löchern, klar) und wieder repariert worden war, sollte von oben über die verlängerten und auf die einfachen Relingstützen geschoben werden. Würde das funktionieren? Tat es. Und es reichten erstaunlicherweise vier Hände aus. Zwei Fotos vom Ergebnis:
Da, wo der Handlauf auf das massive Schanzkleid trifft, ist er im Original gestiftet. Ich werde das mit Messingdraht, der zuvor in Sekundenkleber getaucht ist, imitieren. Kleines Zugeständnis an die Neuzeit. Die masiven Messingstützenn aus T-Profil müssen später wie die Spitzen der verlängerten Relingstützen in das jeweils obere Deck passen. Da steht mir mit Sicherheit noch eine Menge Anpassungsarbeit bevor.
Die Reling um das Achterdeck ist das erste komplexe Teil, das am neu hergerichteten Rumpf befestigt wird und nicht wieder abgenommen werden kann, um es noch einmal (und noch enmal und noch einmal...) zu überarbeiten und zu verbessern. Das ist jetzt ein gewisser Schritt! In die richtige Richtung. Außerdem kann man, denke ich, sagen, dass die Reling etwas hermacht und ein erster Indikator für die Qualität des ganzen Modells ist.
Schönen (Rosen)Montag. Und Danke für das Interesse. Ich freue mich immer über Kommentare und Fragen. Schmidt
hallo schmidt,Ein Lob von Modellbauern, die sich frei Hand an einen barocken Segler wagen, ich jedenfalls,sehr frei.nein du machst da eine tolle arbeit.jetzt sehe ich alte modelle mit anderen augen.