"Werter Schmidt, sind Sie jetzt von allen guten Geistern verlassen?" "Na ja. Aber ich hatte nach dem Krängungsmodell einige Teile des Heckspiegels noch einmal überarbeitet. Jetzt stach mir die veraltete Version übel ins Auge. Und wenn einen sein Auge nervt, soll man es bekanntlich herausreißen. Oder so ähnlich." "Haben Sie schon mal in Erwägung gezogen, dass Sie einen an der Waffel haben könnten?" "Muss ich nicht. Hab ich.
...ich auch ( und andere ) "Wir bauen auf und reißen nieder, so ham' 'wer Arbeit immer wieder !" Das kann auch nicht jeder nachvollziehen. Die Hauptsache ist, dass wir unseren Vorstellungen Genüge tun und das Ziel nicht aus den Augen verlieren. ( nein, ich bin kein Pfarrer ).
Und da ist er, der gute alte Wanten-Webrahmen der Firma Heller, mindestens 55 Jahre alt (was seine Konstruktion angeht). Was habe ich über das Ding schon schlecht gesprochen, und es ist mir lange als notwendige Voraussetzung für ein gelungenes Modell erschienen, ihn nicht zu benutzen. Nun bin ich also gewissermaßen nach Hause zurückgekehrt, in den Bastelkeller meines Elternhauses, wo ich mich zuletzt mit dem Ding auseinandergesetzt habe, vor gut über 50 Jahren. Ich rekapituliere noch einmal die Gründe dafür: 1. Ich sehe keine andere Möglichkeit, die leicht und gleichmäßig durchhängenden Taue der Lee-Wanten darzustellen. 2. Ich hatte vor Jahren bereits mit dünnem Kupferdraht für die Webleinen experimentiert. Die ersten Ergebnisse waren überzeugend, was das leichte Durchhängen der Webleinen im unteren Bereich der Wanten betrifft. Leider konnte ich die Erfolge nicht wiederholen, das Material war zu heikel, um damit an den schon gespannten Wanten zu arbeiten. Einmal habe ich mir dabei einen ganzen Mast weggerissen. Ich bin dann zu dünnem Garn zurückgekehrt. Beim „Ausweben“ der externen Wanten zickt der Draht erheblich weniger. Schon mehrfach ist es mir jetzt gelungen, eine komplette Wicklung herzustellen (also immer ein Wantenpaar), ohne dass der Draht riss. Der Webrahmen ist mittlerweile stark modifiziert. Die Abstände der Wanten werden justiert, indem ich an der richtigen Stelle eine Kopie der Rüstbretter aufklebe. Der Rahmen hat keine hohle Mitte mehr, das stabilisiert ihn, und vor schwarzem Hintergrund sehe ich erheblich besser, was ich mache.
Ich hatte vor dem Umbau des Heckspiegels erfolgreich verdrängt, dass der Rumpf aus mehreren Wrackteilen zusammengesetzt worden ist, wodurch sich die Architektur hier und da um wenige Millimeter verändert hat.
Es war daher nicht so leicht, die Gussteile der letzten Version passgenau anzubringen. Aber es soll bekanntlich Feilen und Spachtelmasse geben.
Die Befestigung an dieser Stelle ist sicherer, um ein Verwinden der Wanten zu verhindern. Sie sind an ihrer Oberkante auf eine Polyplatte geklebt, die sie gerade hält, und die ist besser auf einer geraden Fläche zu befestigen. Anschließend kommt der Mars drauf, wird u.a. mit Magic Sculp gesichert - und dann bekommt der Mast oberhalb des Marses Fake Wicklungen. Bilder folgen. Schmidt
Die Wanten am Großmast, in Luv straff gespannt, in Lee leicht durchgebogen. (Am Besan nur als Stellprobe.) Die Biegung ist diesmal durch stark verdünnten Holzleim stabilisiert, nachdem ich zwischen Bordwand und Wanten ein paar Rundhölzer eingeschoben hatte. Nun überlege ich, ob ich – abweichend von der Darstellung im Album Colbert - das Modell mit abgesenkten Marsstengen zeigen soll. Hier eine Stellprobe. Noch mehr Abweichung vom normalen Erscheinungsbild eines Dreimaster. Kommentare willkommen.
Abgesenkte Marsstengen bringen den Gewichtsschwerpunkt nach unten, die metazentrischen Höhe und damit die Stabilität nimmt zu. Ob das hier erwünscht ist?
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
Ich hatte das Bild von Colbert nicht mehr genau im Sinn. Da ist nur die Marsstenge des Besanmastes noch zu sehen und zwar gesetzt. Groß-und Fockmarsstenge sehe ich nicht, warum also sie abgesenkt zeigen?
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
Nun sieht es tatsächlich so aus, als sollte ich eines meiner Langzeitprojekte zu einem Ende bringen. Fühlt sich komisch an. Unten unkommentiert ein paar Bilder von der letzten Stellprobe mit allen drei Schiffen. Die soll nicht nur den Erbauer aufmuntern, sondern auch zeigen, ob die Position der Rümpfe zueinander richtig ist und den Vorgang des Krängens möglich macht.
Schmidt wünscht ein schönes Wochenende und immer eine Handbreit Mensch über dem Wasser
Hier noch die zusätzliche Haltekonstruktion auf der Luvseite für die Masten, an denen der Rumpf gekippt wird. Im Original reichen die Balken weit in den Unterdecksbereich hinein. Ich habe mich wieder an zeitgenössischen Abbildungen orientiert. Die verwendeten Violinblöcke stammen ursprünglich von den Pappexemplaren der polnischen Firma Shipyard. Die sind freilich als Urmodelle für eine entsprechende Form verwendet worden. Die Blöcke messen knapp 5 mm an 1,8 mm an 2,3 mm und dürften damit das Kleinstmögliche für diesen Zweck sein. Blöcke und Taue warten noch auf das Öl.