Zum Beitrag Nr. 341: Je nachdem wo die Spills platziert werden konnten, konnte der Untermast nur am Anfang der Operation als Hebel dienen. Um wirkungsvoll zu sein, muß der Angriffspunkt der Talje so platziert sein, daß er einen Kreisbogen in Richtung des Ankerpunktes an Land bzw. auf dem Hulk beschreibt. Je näher dieser Angriffspunkt dem Ankerpunkt kommt, desto größer wird die vertikale Komponente des Zuges. Es war aber nicht so einfach mit den damaligen Mitteln, diesen Ankerpunkt gegen vertikale Kräfte zu verankern, man müßte dazu entsprechende Löcher in den Boden bohren. Daher hat man um 90° versetzte Angriffspunkte geschaffen, indem man z.B. Spieren durch die Stückpforten gelegt. Sobald die Krängung über 45° hinausgeht, werden diese Angriffspunkte mechanisch wirksamer als die Angriffspunkte an den Untermasten.
Interessantes 'spin-off'-Projekt, das man im privaten Modellbau eher selten sieht.
Danke, @wefalck. Ich werde auf deinen Beitrag zurückkommen, wenn es um die konkrete Planung der Gesamtkonstruktion gehen wird. Deine Ausführungen haben mir aber schon jetzt geholfen, die entsprechenden Abbildungen besser zu verstehen.
Mein Urlaub an der nordholländischen Küste neigt sich dem Ende zu. Zwei Wochen kein Kleber, keine Farbe, kein Schleifpapier – ich erkenne meine Finger kaum wieder. Natürlich war es keine Zeit ganz ohne Hobby. Museumsbesuche und dabei unter anderem eindrucksvolle Begegnungen mit Bildern, die ich bislang nur in ihrer Pixelexistenz kannte. Außerdem hatte ich Gelegenheit, vom Balkon unseres Apartments aus neue Erfahrungen mit der Freiluftmodellfotografie zu machen. Davon sicher später mehr. Nachgedacht habe ich über den Fortgang des Multi-Phenix-Projektes und beschlossen, zu Hause erst einmal eine „Careening Hulk“ zu bauen, deutsch vielleicht Krängungshulk, Kranleichter oder dergleichen. Ich brauche die Modelle, um besser beurteilen zu können, wie der schiefgelegte Phenix, den ich ja schon entsprechend zugeschnitten habe, mit ihnen zusammen arrangiert werden kann und sollte. Nun geht es natürlich mit der Wahl von Vorbildern und Referenzmodellen/abbildungen los. Ich habe mir etliche zeitgenössische Abbildungen angesehen. Die sind atmosphärisch manchmal sehr gelungen wie zum Beispiel diese hier von dem bekannten Marinemaler Ludolf Backhuysen.
Aber tauglich als Vorlage für eine Rekonstruktion sind die m.E. nicht. Das anschaulichste Vorbild, das mir bislang begegnet ist, ist ein Modell, das (na, wo wohl?) im Rijksmuseum in Amsterdam verwahrt wird. Hier sind sogar die Maße angegeben.
Wie der Zufall es will, bin ich dem Typ vor ein paar Tagen bei meinem jährlichen Besuch im Batavia-Museum in Lelystad begegnet. Dort befindet sich das Diorama einer Werft aus dem 17. Jahrhundert, das von der Firma Artitec im selben Maßstab wie das große Diorama der Reede von Texel angefertigt worden ist. Leider (oder zum Glück) schützt auch hier eine Glasabdeckung das Modell vor Grabschhänden und ebenso vor der Kamera. Mein Foto zeigt aber ziemlich deutlich, dass sich Herbert Tomesen (Artitec) beim Bau dieses Modells an dem Vorbild im Museum orientiert hat. Sein Modell stimmt bis in viele Details mit dem Museumsmodell überein, dürfte aber, weil im Maßstab 1:87 gebaut, um einiges kleiner sein. Ich vermute, ein weiterer Abguss steht in der entsprechenden Szene in Texel.
Bin ich also gut beraten, wenn ich mich an dieses Vorbild halte? Das Länge/Breite-Verhältnis beträgt ziemlich genau 3:1, aber weil bei dem Museumsmodell kein Maßstab angegeben ist, werde ich mich für eine Länge entscheiden müssen. Dabei helfen vielleicht die Figur auf dem Modell in Lelystad und das Verhältnis zu dem Kriegsschiff in der Nähe, wenngleich ich aus Erfahrung weiß, wie schwer solche Schätzungen sind. Natürlich könnte ich mich auch an den beiden Gefährten im Album Colbert orientieren. Sie haben einen etwas schiffsmäßigeren Rumpf, an dem Vorne und Hinten im gegensatz zum Amsterdamer Modell unterscheidbar sind. Aber der sichtbare Umstand, dass sie über ein erhöhtes Achterdeck und einen Zugang zu Räumen unter Deck besitzen, lässt mich ein wenig an ihrer Authentizität zweifeln – wenngleich ich weit davon entfernt bin, so ein Erscheinungsbild für ausgeschlossen zu halten. Vielen Dank für die bisherigen Hinweise! Über Beiträge und Kritik freue ich mich immer. Schmidt
Nun hat man mir also geraten, die Holländer Holländer sein zu lassen mich weiterhin am Album Colbert zu orientieren. Das ergibt ja auch Sinn. Aus dem Urlaub wieder zu Hause, bin ich meine nicht so wenigen Baukästen durchgegangen auf der Suche nach einem Rumpf, der sich zu einem Arbeitsschiff nach dem Vorbild im Album Colbert umgestalten lässt, und dabei habe ich tatsächlich einen Fund gemacht, auf den ich bei freiem Nachdenken nicht gekommen bin, obwohl er eigentlich ziemlich naheliegend ist.
Die Tartane von Heller, passend für Zeit (ab dem siebzehnten Jahrhundert), Ort (Mittelmeer) und Größe. Ich hatte das Modell seinerzeit einmal gebaut für die unmittelbare Umgebung der zum Schulschiff umgebauten Napoleon. Das Modell war mir aber dann zu spartanisch und wenig ausdrucksstark geraten und für einen Neuaufbau bereits wieder teilweise demontiert worden. Jetzt blüht ihm genau das Schicksal, das andere Schiffe dieser Art erfahren haben, als sie zur Arbeitsplattform umgebaut wurden. Hier eine erste Stellprobe mit gekipptem Phoenix und zwei Arbeitschiffen. (Die zweite, die braune Tartane bleibt unberührt!)
Und hier das Modell vor dem Angriff mit Äxten und Sägen.
Demontiert, dowanoliert, das Schanzkleid weitgehend beseitigt, das Deck neu eingesetzt, den Rumpf unten dichtgemacht und mit Resin so weit aufgefüllt, dass Rumpfschalen und Deck eine Einheit bilden. Ist ein bisschen heikel, habe ich zum Glück nicht zum ersten Mal gemacht.
Das Ergebnis, sehr kompakt und wenig filigran. Wie das leicht erhöhte Achterdeck anzubringen ist, weiß ich noch nicht so genau.
Derweil auch weitere Arbeiten am Rumpf. Der sollte ja als Halbschale noch auf Hübsch frisiert werden. Das geht jetzt nicht mehr. Man soll dem Schiff ansehen, dass es eine Überholung (nach allen möglichen Schäden) dringend nötig hat. Ich habe den Reststummel eines Glasfaserradierer in eine Handbohrmaschine eingespannt und dem monochromen Rumpf eine ganze Menge Farb-Macken verpasst.
Das ist aber zunächst einmal nur so etwas wie ein Pre-Shading, das dafür sorgen soll, dass spätere Farbbehandlungen unterschiedlich intensiv erscheinen sollen. Als erstes also wieder eine dünne Lage der Rumpffarbe und (auf den Fotos nicht sichtbar) das Einschleifen von Maserung mit grobem Schmirgelpapier.
Eine weitere Stellprobe. Auch die Teils-im-Wasser-Seite hat jetzt einen ersten Anstrich.
@wefalck, danke für den Hinweis auf diese Arbeit, die übrigens zeitgleich mit meiner eigenen "Master"-Arbeit entstanden ist. Da steht wirklich drin, was man wissen will. Übrigens ist auch die Abbildung aus dem Album Colbert wiedergegeben. Ich arbeite momentan einer schematischen Zeichnung, die die historischen Informationen versuchsweise auf eine Art Modellbauplan herunterbricht. Die werde ich hier natürlich zur Diskussion stellen. (Ein begnadeter Planzeichner bin ich nicht!) Schmidt
Wenn ein Schiff auf die Seite gelegt wird, gibt es dafür einen Grund. Häufiger Grund ist es, den Materialüberzug auf dem Unterwasserrumpf zu erneuern. Der alte wird inklusive Muscheln etc. abgekratzt (schlimme Arbeit), ein neuer wird (oft im heißen Zustand) aufgebracht (noch schlimmere Arbeit). Ich möchte allerdings eine andere Szene zeigen, die in die Geschichte des Modells eingebettet sein soll. Der Phoenix wird auf die Seite gelegt, um eine schwere Beschädigung des Unterwasserrumpfes auszubessern, die er sich beim Kontakt mit einem Riff im Sturm zugezogen hat. Ich habe eine Partie des Unterwasserrumpfes markiert und ausgeschnitten. Dann habe ich sie mit einem dünn gegossenen Plankendeck beklebt und wieder an die alte Stelle eingesetzt, sodass das „Holz“ nur ganz unwesentlich tiefer als der „Anstrich“ sitzt. Die Ritzen sind grob verschachtelt und werden durch Schleifen noch angeglichen werden. Dann folgt die farbliche Gestaltung. Wenn jemand Anregungen hat, wie der im Neuzustand weißliche Unterwasserrumpf im gebrauchten Zustand aussieht, insbesondere um die Wasserlinie herum, bin ich für Hinweise dankbar.
Und hier das Arbeitsschiff, mit kräftigen Barkhölzern (auch vertikal) ausgerüstet, die im rauen Hafenbetrieb sicher vonnöten waren. Das schlichte Teil ließ sich ganz gut abgießen, wobei ich allerdings sagen muss, dass ich kleineren Fehlern in den Abgüssen inzwischen nicht mehr so kritisch gegenüberstehe. Früher habe ich gerne mal so lange abgegossen, bis ich ein fehlerfreies Exemplar hatte. Jetzt repariere ich lieber, und gerade bei einem solchen Arbeitstier dürfte das Streben nach Perfektion eher kontraproduktiv sein.
Bei der Gestaltung der defekten Stelle am Rumpf war ich zu schnell und habe mir auch gleich ein schönes Eigentor geschossen.
Muss ich noch eigens sagen, dass meine defekte Stelle aussieht wie ein grinsender Mund mit schlecht geputzten Zähnen? Nein, muss ich wohl nicht.
Ich habe dann einen größeren Ausschnitt aus dem Rumpf heraus genommen, mit den Innenplanken (die man später natürlich nicht mehr sehen wird, haha) beklebt und wieder eingesetzt. .
Dann habe ich die Spanten des Rumpfes aus Polystyrolstreifen aufgeklebt. Das darf jetzt trocknen und bekommt dann Farbe.
Hier eines der Arbeitsschiffe mit der ersten Grundierung.
Und hier ein Kollateralschaden, erwartbar, aber nichtsdestoweniger ärgerlich.
@Schmidt Finde ich gut, dass auch nicht ganz so perfekte Abgüsse noch eine Chance bekommen. Auch in Hinblick auf die Nachhaltigkeit. Und dass es hier DER Phoenix heißt. 😁
Die leicht eintauchende Steuerbordseite des Rumpfes ist ja bekanntlich aus verschiedenen Bruchstücken verschiedener Rumpfschalen zusammengesetzt. Ganz ohne Ergänzungen aus Gussteilen ging das aber nicht, wie die Fotos unten zeigen. Allmählich aber komplettiert sich der Bereich, und weitere Lackierung kaschieren die Klebestellen. Starke Anpassungsarbeiten sind dabei nötig. Dankenswerterweise lassen sich die Gussteile aus Resin erheblich besser bearbeiten als die Originale aus dem Bausatz. Und natürlich müssen an Steuerbord all die ornamentalen Veränderungen, die ich an der Backbordseite ausprobiert hatte, wiederholt werden. Möglichst symmetrisch!
Im Zuge des Neuaufbaus eines ganzen (na ja, Dreivierte-) Rumpfes kommen jetzt auch neu konstruierte Teile zum Einsatz, die bislang nicht verwendet worden sind. Das ist das Bausatzteil für die Galionsgräting:
Ich hatte vor Jahren schon mit sehr viel Mühe ein Gussteil hergestellt, das dem Vorbild wohl eher entspricht. Damals aber hatte es noch eine geschlossene Unterseite. Jetzt ist es mir gelungen, das Teil mit offenen Streben abzugießen, so dass es "durchsichtig" bleibt.
Nein, das soll eigentlich kein Bericht über den momentanen Zustand der Batavia in Lelystad sein – obwohl es da so einiges zu sagen gäbe. Ich zeige das Bild hier allerdings nur als Beispiel dafür, wie die Bordwand eines hölzernen Schiffes aussieht, wenn man ihre verschiedenen Überzüge aus Farbe, Teer etc. entfernt. Auf dem Foto erkennt man verschiedene farbliche Erscheinungsbilder der Planken. Im oberen Bereich das bekannte Silbergrau, darunter ein heller, frischerer Holzton.
Und hier die Neptun in Genua, Filmschiff in Polanskis „Piraten“, keineswegs ein so authentischer Nachbau wie die Batavia, aber eine der sehr wenigen Rekonstruktionen eines größeren Prunkschiffes aus dem siebzehnten Jahrhundert. Ich habe sie fotografiert im Sommer 2013, als praktisch nur noch das nackte Holz zu sehen war. Ich hoffe, sie befindet sich mittlerweile in einem besseren Zustand. Und auch hier: Silbergrau über alles.
Diese Bilder sind mir allmählich eingefallen, während ich darüber nachdachte, wie ich denn einen ziemlich heruntergekommenen Schiffsrumpf darstellen soll, also einen mit abgeblätterter oder abgescheuerter oder verblichener Farbe. Ich leiste da wohl tendenziell Pionierarbeit, denn Beispiele dafür habe ich im Plastikmodellbau, Abteilung Segelschiffe, bislang nicht gefunden. (Was nicht heißt, dass es keine gibt.) Jedenfalls ist mein erster Ansatz, eine Art Pre-Shading zu betreiben, in dem ich die Farbe unregelmäßig weg gebürstet habe, womöglich grundfalsch, denn unter Farbe und Teer etc. kommt nicht Schwarz, sondern Hellbraun und Grau zum Vorschein. Also habe ich die letzte misshandelte Rumpfschale des Phoenix aus meinen Schrottkäufen, die ich immer noch verwahrt habe (Bastler sind Menschen, die nichts wegwerfen), mit Chemie und Messingbürste behandelt, abgeschliffen, graviert und mit dem immer wieder verwendeten Grau Nummer H 28 grundiert. Damit beginnt eine neue Phase des Experimentierens.
Was dabei herauskommt, soll dann auf den gekippten Rumpf übertragen werden; also habe ich den schon mal von seiner Farbe befreit, diesmal (neues Verfahren!) ausschließlich „trocken“, also mit der Messingbürste, um Kollateralschäden bei der chemischen Behandlung zu vermeiden.
Bei den Eisenbahnern gibt es so diverse Webseiten auf denen Holz verwittert wird.
Derzeit einer der besten Dioramenbauer ist wohl der Schweizer Marcel Ackle: https://www.feldbahn-modellbau.ch. Allerdings arbeitet er in einem etwas größeren Maßstab.
Ich hatte auch mal einen Link zu einem amerikanischen 'Tutorial' aus dem Eisenbahnmodellbau, kann ihn aber auch Anhieb nicht finden. Wenn man aber "model railroad weathering wood" 'googelt' kommen diverse YouTube videos. Das hast Du aber sicher schon selbst gemacht.
Ich selbst habe mit Acryllasuren von Weiß, Schwarz und Gebranntem Umbra über einem hellen Ocker gearbeitet, wollte aber nicht bis zu dem Silbergrau von wirklich verwittertem Holz gehen.
@wefalck Das Problem ist tatsächlich der kleine Maßstab. Alles muss so aussehen wie aus hundert Meter Entfernung betrachtet. Trotzdem – warum sollte man nicht von den Meistern des Dioramenbaus lernen können! MeineProbleme habe ich allerdings mit den Tutorien auf YouTube. Die sind, um es kurz zu machen, einfach zu lang (Kalauer). Manchmal wird erklärt, wobei einem Pinsel oben und unten ist. Ich verstehe ja die Absicht, wie hieß das früher, Zeilen zu schinden. Aber eine halbe Stunde Lebenszeit investiere ich doch nur, wenn ich denke, dass sich das auch lohnt. Ich bin jetzt dazu übergegangen, mir bei interessanten Tutorien als erstes den Schluss anzusehen, um dann zu entscheiden, ob ich den ganzen Beitrag ansehen möchte.
Hier das Wellenmodell und das Kippmodell im jetzigen Zustand. Auch beim Wellenmodell sind große Teile des Unterwasserrumpfes entfernt, das hilft beim Setzen der Wanten. Die Farbe bringt die vielen Narben weitgehend zum Verschwinden.
Und hier ein weiterer Schritt zur Gestaltung sehr stark strapazierter Bordwände (Chabby Style). Die Bordwand ist graviert (etwas nachlässig) und anschließend mit Grau Humbrol 28 gestrichen, dann das Öldraken, also praktisch dieselbe Behandlung wie bei der Herstellung der Decks.
Wenn getrocknet, werde ich auf diesem Untergrund die gelbe Farbe der Bordwand mehr oder weniger lasierend aufbringen. Mal sehen, wie das dann aussieht.