Nach der Urlaubspause, in der sich meine Finger von der Dauerbeanspruchung durch Schleifpapier, Farbe und andere Chemikalien erholen durften, geht es jetzt weiter mit dem schiefen Schiff. Ich war blauäugig. Schon vor ein paar Monaten hatte ich ein Wasserbett hergestellt, von dem ich glaubte, die drei Fahrzeuge würden darin im richtigen Abstand und in der richtigen Haltung zueinander stehen. Zu diesem Zeitpunkt hatten allerdings weder der Phoenix noch die Kranschiffe ihre Masten fest aufgesetzt, sie waren nur provisorisch eingesteckt. Eigentlich voraussehbar, stellte sich jetzt heraus, dass ich zwar gar nicht so falsch lag, aber eben doch ein bisschen falsch. Also habe ich vom Wasserbett die Auflage aus Toilettenpapier, Farbe und Klarlack wieder heruntergerissen. Das war kein großes Problem, denn das Papier ist mit Holzleim verklebt, und der geht keine feste Bindung mit dem Styrodur ein.
Jetzt konnte ich die Fahrzeuge so positionieren, dass die Taue, mit denen die Masten herabgezogen werden, zumindest annähernd senkrecht zu den entsprechenden nun Umlenkrollen auf dem Deck der Kranschiffe herab führen. Hier rot markiert. Außerdem durften die Masten der Kranschiffe denen des Phenix nicht in die Quere kommen. Eine Gleichung mit ziemlich vielen Variablen! Übrigens habe ich die Masten der Kranschiffe neu gestaltet. Nach allem was ich bisher über diesen Schiffstyp gesehen habe, müssen die tatsächlich so dick sein, dass sie im Vergleich zu ihrem Trägerschiff überdimensioniert wirken. Ich habe mich jetzt an der Größe und Gestalt des Fockmastes des Phenix orientiert, die Masten sind allerdings Eigenbauten.
Die Kranschiffe selbst sind auf der Styrodurplatte festgesteckt mit Zahnstochern , deren oberer Teil sinnvollerweise als Achse des Gangspills fungiert.
Sollte ich endlich der Ansicht sein, dass alles am richtigen Platz ist, wird die Oberfläche des Wasserbetts neu gestaltet, wobei ich mich diesmal wahrscheinlich einer anderen Technik bedienen werde, um glattes und nur leicht gekräuseltes Wasser darzustellen.
Das folgende Kapitel dieses Bauberichts trägt den Titel „Eine gute Nachricht und ihre schlimmen Folgen“. Gestern erreichte mich die Nachricht, dass ich die Erlaubnis bekommen habe, an der Modellausstellung im Schifffahrtsmuseum Amsterdam Ende September teilzunehmen, obwohl ich kein Holzmodell vorzuweisen habe. Unter anderem will ich das Krängungsmodell zeigen. Doch was hat diese eigentlich sehr erfreuliche Nachricht bewirkt? Dass mir sofort die Kompromisse, die ich beim Bau eingegangen bin, und natürlich besonders die vielen kleinen Fehler, äußerst unangenehm aufgefallen sind. So ist es mir unter anderem nicht wirklich zu meiner Zufriedenheit gelungen, die durchhängenden Wanten darzustellen. Also habe ich getan, was zu tun mich die Erfahrung gelehrt hat. (Bibel: Auge juckt, rausreißen). 10 Minuten, und das Modell war wieder komplett ohne Takelage. Tut natürlich weh, keine Frage.
Erster Schritt zum Neuaufbau: neue und verbesserte Rüstbretter.
Während ich den kompletten Rumpf noch einmal farblich aufarbeite und neue Masten baue, überlege ich noch immer angestrengt, wie ich die durchhängenden Wanten darstellen soll. Eine Erkenntnis ist mir mittlerweile allerdings gekommen. Es war ein grober Fehler, die extern gefertigten Wanten auf dem Heller-Rahmen mit Morope-Garn auszuführen. Das hat eine gewisse Flexibilität, und ich glaube, die hat sich störend ausgewirkt. Möglicherweise aber verzichte ich auch ganz auf die Darstellung durchhängender Wanten. Für mein Auge zumindest sah das Resultat eher nach Schludrigkeit beim Modellbau aus. Schmidt
...wäre es nicht ratsam, die durchzubiegenden Wanten noch einmal vom Mast zu nehmen, sie in der gewünschten Form ( * ) mit Zaponlack zu bestreichen und so trocknen zu lassen. Den verträgt das Morope- Garn auch. * zur Biegeform; ich denke, dass die Bauchung im unteren Drittel -zu den Taljereeps hin- prägnanter sein muss.
Du hast Dir soviel Mühe gegebn, wäre schade, wenn es daran scheitern sollte.
Kollege Windgesicht hat recht, die Krümmung sollte im unteren Drittel stärker sein und dann nach oben hin auslaufen (eben in Form einer Kettenlinie).
Man könnte sich eine Form aus Styropor machen, diese mit Alufolie belegen, damit nichts festpappt und dann die Wanten darauf mit Zaponlack o.ä. leicht tränken. Morope besteht m.W. aus Polyestergarn und dem macht Zaponlack nichts aus. Ich verwende Zaponlack auch als Appretur bei meinen selbstgeschlagenen Tauen aus Polyestergarn.
Wanten backen? Ja, ist denn schon Weihnachten? Danke für die Tipps. Ich werde das mal ausprobieren
And now for something not completely different:
Juli 2022 Ein gewisser Schmidt entschließt sich dazu, noch einmal einen Phenix von Heller zu bauen. Er verwendet mehrere zu Testzwecken und als Ersatzteilspender verbrauchte Rumpfschalen, um Veränderungen, Verbesserungen und Eigenbauten zu erproben. Dann tun ihm diese missbrauchten Teile leid (auch angesichts der stolzen Preise, die für diesen Bausatz mittlerweile aufgerufen werden). Er beschließt, die Testobjekte wieder in einen intakten Zustand zu versetzen und daraus a) ein Modell in schwerer See und b) ein gekipptes Modell zu bauen. Damit ist er seitdem (mit Unterbrechungen) beschäftigt. Und – war da nicht noch was? Richtig! Da war (oder ist) noch das eigentliche Modell, Schmidts ultimative Variante des Bausatzes. Wo genau steht es? Ach ja, etwas weiter hinten im Regal. Huch, ist das staubig! Doch als er den Staub weggeblasen hat, erkennt Schmidt, dass an dem Rumpf schon einige ziemlich aufwändige Arbeiten durchgeführt sind. Die Maserung ist abgeschliffen, neue Plankenfugen sind eingraviert. Im oberen Heckbereich sind die sogenannten Rahölzer weggeschliffen, damit auch dort die Maserung entfernt werden konnte. Sie sind durch sehr schmale Streifen aus Resin ersetzt.
Neue Rüstbretter aus Polystyrol sind in dem Rumpf eingelassen und fest mit ihm verklebt worden. Sie sind zudem etwas breiter als die Bausatzteile, damit die Tanten nicht mit der Bordwand kollidieren.
Am Heck sind die untersten vier Stückpforten versetzt und die neu hergestellten oder modifizierten Teile bereits angebracht.
Dasselbe gilt für den Bug.
In der Zwischenzeit hat Schmidt zweimal den Versuch einer modellbauerischen Annäherung des Bugs an die Zeichnungen im Album Colbert unternommen, damals noch mithilfe des hier schmerzlich vermissten Markus (showrodder), der Aufnahmen in größerer Auflösung beisteuern konnte. Beim dritten Versuch hat Schmidt sich vorgenommen, aus den bisherigen Erfahrungen zu lernen und möglichst effektiv vorzugehen, was sich am sparsamen Gebrauch von Magic Sculp messen soll.
Fortsetzung folgt
Schmidt
PS Am Krängungsmodell geht es natürlich demnächst auch weiter. Es trocknet nach einer farblichen Überarbeitung des Rumpfes noch auf seinem Öl entgegen.
Und hier der eigentliche oder Ur-Phoenix im Gesamtbild und zum letzten Mal mit seinem Unterwasserrumpf, der ihm kurz darauf abgeschnitten wurde. Das ist und bleibt ein heikler Vorgang. Allmählich spüre ich ein bisschen Erfahrung und Routine, aber es bleibt schwierig. Das Sägerad am Dremel hat die bösartige Tendenz, auszubrechen oder die Sägestelle zu schmelzen. Man muss sehr langsam und vorsichtig vorgehen. Dazu kommt natürlich die Vorarbeit der Festlegung der Wasserlinie, damit das Modell nicht unfreiwillig Schlagseite bekommt.
Die nächsten Fotos zeigen den Bug mit (fast) allen neuen Teilen. Es fehlen eigentlich nur noch die kleinen Toiletten, die Ankerbalken mit ihren Abstützung und die verlängerten Beine sowie die Flügel des namensgebenden Vogels. Noch ist kein (!) Magic Sculp zum Einsatz gekommen, und ich habe wieder mehr von den Originalteilen des Bausatzes verwendet. Kleiner Kniefall vor den Konstrukteuren.
Das Wellenmodell und das Krängungsmodell haben jetzt beide die zuletzt konstruierten Neuteile für das Heck und die Galerie. Es sieht so aus, als sei es mir gelungen, zwei in Form und Farbe doch recht ähnliche Ensembles zustande zu bringen.
Und hier die Besatzung meines momentanen (Feuer)Vogelkäfigs:
Vorne rechts das Krängungsmodell nach der Überholung des Rumpfes. Links daneben der Ur-Phoenix als Wasserlinienmodell, dahinter das Wellenmodell. Dazwischen ganz in Gelb ein Exemplar, das ich schon vor etlichen Jahren in Richtung Soleil Royal züchten wollte. Es hat jetzt ein durchgehendes drittes Geschützdeck, eine gedeckte Back und ein zusätzliches erhöhtes Poopdeck. Weiter war ich damals nicht gekommen, weil ich bei dem Versuch, aus Teilen des „Schwesterschiffs“ Sirene einen neuen Heckspiegel und neue Galerien zu samplen, kläglich gescheitert bin. Inzwischen habe ich mehrere Jahre zusätzlicher Erfahrung im Gestalten freier Elemente und Ornamente. Mal sehen, ob ich das Projekt demnächst wieder angehe.
Nochmal kurz zum Thema »Krängung« zurück. Ich habe eine Abbildung mit einem gekrägten Schiff im Hamburger Hafen gefunden. Warum ich das Bild hier einstelle? Offensichtlich ist eine stationäre Kranstation zu sehen, ohne Kranschiffe. Sowas war mir bisher unbekannt. Vielleicht weiß jemand mehr über solche Vorrichtungen? Oder sie inspieriert Schmidt für ein weiteres Diorama?
Das ist, hoch aufgelöst, die Galionsfigur des Phoenix aus dem Album Colbert.
Schon zweimal habe ich mich dem Vogel gestalterisch angenähert, unter Einsatz von ziemlich viel Magic Sculp. Hier nun mein dritter und höchstwahrscheinlich letzter Versuch, geradezu puristisch im Vergleich mit seinen Vorgängern.
Es gibt auch Neuigkeiten vom Krängungsmodell. Hier die Befestigungen für die Wanten auf den Rüstbrettern. Zu meiner Schande muss ich eingestehen, dass eine ähnliche Vorrichtung in den Bauanleitungen der Heller Modelle gezeigt wird, allerdings ohne die Schlaufen. Aber wer guckt schon noch in Bauanleitungen...? ;(
Zitat von Schmidt im Beitrag #449Aber wer guckt schon noch in Bauanleitungen...? ;(
....eigentlich verständlich, dort wird man meist fehlgeleitet, zumal die unseren Baustil nicht kennen aber wie es sich bei Dir jetzt zeigt, lohnt sich doch manchmal ein flüchtiger Blick.