um es genau zu sagen, dass Steuerrad der La Creole ist exakt 2,55 cm im Maßstab 1:48 von Oberkante Deck bis Oberkante Griff (höchster Punkt) hoch, gemessen nach Plan von J. Boudriot. Dies entpricht auch genau den Proportionen vom Steuerrad des zeitgenössischen Modells. Insofern ist mit ziemlicher Sicherheit davon auszugehen, dass die Größe des Steuerrades der La Creole wie von J. Boudriot im Plan angegeben, richtig ist. Die La Creole hatte offensichtlich nicht das größte Steuerrad. Es war aber wohl von der Hebelwirkung her ausreichend. Sie war immerhin auch nur eine Korvette mit einer Gesamtlänge von 39 m, und keine Fregatte oder Linienschiff. Außerdem ist dabei zu beachten, dass diese Korvette eine Steuerungstechnik mit einer Neuerung besaß, die in der ersten Hälte des 19. Jahrhunderts bei vielen Schiffen eingeführt worden ist. Die Kraftübertragung erfolgte nicht mehr über eine Seiltrommel sondern über Kegelräder. Das sieht man auch am abgebildeten Ruderstand. Insofern kann man die Steuerung der Batavia, einem Schiff aus dem 17. Jahrnundert, nicht mit der Steuerung eines Kriegsschiffs aus dem 19. Jahrhundert vergleichen.
Hier ist das Prinzip der Kraftübertragung des Steuers der La Creole von der Horzizontalen in die Vertikale abgebildet. Man muss sich nur das zweite Steuerrad wegdenken. Ruder_LaCreole.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Das Steuerrad der La Creole hatte also in der Realität ab Oberkante Deck genau 1,22 m Höhe . Ich bin zwar mit 1,72 m nicht der Größte, aber meine Hüfthöhe liegt etwa bei einem Meter. Was vielleicht ein wenig täuschen kann, ist die Tatsache, dass mein Maßstabsmännchen im Gegensatz zu mir mit 1,85 m Größe etwas besser gewachsen ist als ich ... . Werde ihm wohl mal den Sockel unter den Füßen wegschleifen ...
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Nach der Neuanfertigung des Steuerrades wurde der Runderstand nochmals hinsichtlich verschiedener Details überarbeitet. Im Vorfeld dazu führte ich weitere Recherchen, u. a. im Internet durch. Daneben studierte ich die Abbildungen vom Ruderstand auf den Fotos des Originalmodells aus der Monographie von J. Boudriot genauer. Im Ergebnis ist festzustellen, dass der vordere Ruderbock einen halbrunden Aufsatz in Form eines Metallkastens besitzt. Dieser trägt auf drei Abstandshaltern eine Art Bedachung, die ich noch wie auf den Bildern zu sehen ist, aus Messing hergestellt und mittels Löten befestigt habe. IMG_3831.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) IMG_3835.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Welche Funktion dieser Aufsatz mit der gebogenen Blechschürze, außer der Lagerung des Steuerrades, noch hatte, konnte ich leider bei aller Bemühung nicht herausfinden. Dieser Aufsatz ist zum Kompass in Richtung Besanmast mit einer Abdeckung geschlossen, jedoch nach hinten zum Heck offen. Im Bereich des Ruderstandes hat es auf allen alten Seglern immer eine Beleuchtungsmöglichkeit gegeben, meistens im Kompasshäuschen (siehe z. B. bei der HMS Victory). Dies ließ mich in diesem Zusammenhang vermuten, dass sich in dieser Öffnung eine Lampe befunden haben könnte, was jedoch eigentlich bezüglich des Kompasses die falsche Richtung wäre. Letztlich habe ich hierzu keine schlüssige Erklärung. Vielleicht hat von Euch einer eine Idee oder eine entsprechende Quelle, die hierzu Auskunft gibt. Im hinteren viereckigen Kastenaufsatz befinden sich die Kegelräder, die Kraftübertragung des Steuerrades von der Horizontalen in die Vertikale bewirken. Wie ich finde ein sehr interessantes Detail, dass man unbedingt beachten sollte.
Diese Steuerungstechnik stellte für die damalige Zeit Anfang des 19. Jahrhunderts durchaus noch keine gebräuchliche Form dar und wurde in den weiteren Jahrzehnten weiterentwickelt, um dann vermehrt zum Einsatz zu kommen. Dieses Prinzip ist auch nach etwa 200 Jahren noch heute im Einsatz. Also war die La Créole für ihre Zeit schon ein recht modernes Schiff, was die eine oder andere Neuerung des angehenden 19. Jahrhunderts schon im Einsatz hatte. Auf der anderen Seite war den Segelschiffen aus Holz bereits etwa 40 Jahre nach der Kiellegung der La Créole mehr oder weniger das Ende beschieden. IMG_3856.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) IMG_3858.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
mittlerweile konnte ich mit Hilfe eines Modellbauerkollegen, der mir eine Textpassage aus dem Französischen übersetzt hat, Klarheit über die Funktion des halbrunden Aufsatzes des vorderen Ruderbockes schaffen. Es handelt sich dabei um ein Axiometer. Durch die Steuerradachse wird über Zahnräder ein Zeiger bewegt, der die ungefähre Lage des Ruders anzeigt. Hierzu meine Interpretation zum Axiometer der La Creole. Wenn der Ruderstand dann zusammengebaut ist, wird man davon wohl nicht mehr viel sehen können, höchstens einen kleinen Ausschnitt zwischen den Radspeichen. IMG_3870.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Bei der Sorgfalt und Genauigkeit, die Du üblicher Weise an den Tag legst, dachte ich mir, Du bist vielleicht empfänglich für den Hinweis, dass die Anzeige für die Ruderlage zumindest heutzutage rechts grüne und links rote Striche hat. Ich weiß allerdings nicht genau, wie lange diese inzwischen traditionelle Art der Anzeige zurückreicht.
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
Guten Morgen Willi, vielen Dank für den Hinweis. Aber trotzdem ist es immer wieder schön, weitere Informationen zu bekommen.
Da ich mittlerweile nur die Information habe, dass es sich hier bei der Ruderanlage der La Creole um einen Axiometer geht, bin ich davon ausgegangen, dass es sich bei der Skala um eine Gradeinteilung handelt. Dementsprechend habe ich am Computer diese gezeichnet, ausgedruckt und mittels Sekundenkleber wie ein Abziehbild ausgeführt. Da dies kein einfaches Unterfangen war und nachdem es wohl keine weiteren gesicherten Erkenntnisse zur Ausführung des Axiometers der La Creole gibt, werde ich es wohl so belassen. Zudem man es nach dem Einbau auf dem Modell nicht einmal sehen kann. Die roten und grünen Skalastriche sind wohl analog der Positionslichter, rot für Backbord und grün für Steuerbord, zu verstehen. Ich weis nicht wann man diese Positionslichter eingeführt hat, jedoch erst später nach der La Creole. Sie hatte jedenfalls noch keine. Insofern ist fraglich, ob diese farbliche Variante auch beim Axiometer der La Creole bereits so Anwendung gefunden hatte. Erstaunlich ist für mich aber ist in diesem Zusammenhang auch, dass die La Creole als Holzsegler Anfangs des 19. Jahrhunderts bereits über eine so moderene Ruderanlage verfügte. Das fasziniert mich immer wieder.
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Zitat von archjofo im Beitrag #234Die roten und grünen Skalastriche sind wohl analog der Positionslichter, rot für Backbord und grün für Steuerbord, zu verstehen. Ich weis nicht wann man diese Positionslichter eingeführt hat, jedoch erst später nach der La Creole. Sie hatte jedenfalls noch keine. Insofern ist fraglich, ob diese farbliche Variante auch beim Axiometer der La Creole bereits so Anwendung gefunden hatte.
Hallo Johann Stimmt exakt. Ich habe dazu einmal ein bisschen gegurgelt: "Im Jahre 1834 kam der erste Vorschlag zur Einführung farbiger Positionslaternen auf Schiffen: Der englische Ingenieur Shaw von der Dubliner Reederei "City of Dublin Steamship Company" empfahl ein weißes Topplicht, das über den ganzen Horizont sichtbar sein sollte, kombiniert mit einem weißen Steuerbord- und einem roten Backbordseitenlicht. Dazu schreibt Lübke: "Die Verwendung eines roten Lichts war zunächst eine Sensation... Man hatte sich aber von dem ersten Staunen noch nicht erholt, da tauchte schon ein neues System auf." In der Tat führte die "P&O Company Southampton" zwei Jahre später für ihre Dampfer eine Lichterführung mit grünem Positionslicht ein: weißes Topplicht, rotes Steuerbord- und grünes Backbordlicht.
Das Durcheinander, das folgte, brachte nicht nur zahlreiche Kollisionen, sondern auch eine Vielzahl weiterer Vorschläge, wie man dem Chaos Herr werden könne. Allerdings bezogen sich diese Vorschläge meist nur auf nationale Gewässer und entbehrten mitunter aller Anwendungsfreundlichkeit. 1847 endlich ergriff Großbritannien als führende Seefahrernation die Initiative und ging mit der Einführung eines Systems voran, das bald allgemeine Zustimmung fand: weißes Topplicht, an Steuerbord ein grünes Licht und an Backbord ein rotes. Warum sich die versammelten Admirale und Kommandanten so und nicht anders entschieden – man weiß es nicht. Doch hat sich dies grundsätzliche System seither weltweit durchgesetzt und wird bis heute beibehalten."
Nach wie vor zu Verwirrung führt z.B. die Tatsache, dass auf dem Rhein die linksrheinische Seite mit grünen Baken und Tonnen, die rechtsrheinische mit roten markiert ist. Das kommt aber daher, dass die Unterscheidung links- und rechtsrheinisch in Blickrichtung Mündung vorgenommen wurde, die Markierung aber hat ihren Ursprung im jüngeren lateralen Betonnungssystem, wonach Schiffe, die von See kommen grüne Markierungen so passieren müssen, dass sie an ihrer Steuerbordseite liegen. Ok, das hat jetzt nicht mehr viel mit Deinem Ruderlagenanzeiger zu tun, ist aber vielleicht ganz nett zu wissen.
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
auch wenn ich gerade inhaltlich nichts spezifisches beitragen kann, muss ich jetzt doch mal meine grösste Bewunderung zum Ausdruck bringen Erst recht, wenn ich sehe, wie Du zu einer Lösung kommst, die Alternativen vorher untersuchst und mit einer meisterlichen Perfektion umsetzt!!!! Eigentlich finde ich meine Modell auch schon ganz passabel, aber was Du machst ist Schiffsmodellbau im besten Sinne in Perfektion!!! Lange Zeit hat auch die Unvollkommenheit meiner Modelle mich davon abgehalten, in einem Forum aufzutreten. Ich nehm's jetzt einfach mal als Ansporn und Ziel. In diesem Sinne, viele Grüsse, Joachim
Schöne Grüße Joachim
Mein neues Buch in Deutsch und Englisch erhältlich: "Die Farbe Blau im historischen Schiffbau - von der Antike bis in die Neuzeit" siehe dazu: http://www.modellbau-muellerschoen.de
Zitat von Willi im Beitrag #235 Nach wie vor zu Verwirrung führt z.B. die Tatsache, dass auf dem Rhein die linksrheinische Seite mit grünen Baken und Tonnen, die rechtsrheinische mit roten markiert ist. Das kommt aber daher, dass die Unterscheidung links- und rechtsrheinisch in Blickrichtung Mündung vorgenommen wurde, die Markierung aber hat ihren Ursprung im jüngeren lateralen Betonnungssystem, wonach Schiffe, die von See kommen grüne Markierungen so passieren müssen, dass sie an ihrer Steuerbordseite liegen. Ok, das hat jetzt nicht mehr viel mit Deinem Ruderlagenanzeiger zu tun, ist aber vielleicht ganz nett zu wissen.
Da treffen zwei unterschiedliche Konventionen aufeinander. Das eine ist die Binnenschiffahrtsstraßenordnung. (Links und rechts werden in Blickrichtung Mündung definiert) Das andere ist die Seeschiffahrtsstraßenordnung - SeeSchStrO. (Von See kommende Schiffe haben die Tonnen auf der "richtigen" Seite. Rechts - grün und Links - rot) In der Praxis muß man die entsprechenden Seekarten konsuliteren. Dann kann man sehen, wie die Betonnung vor Ort geregelt ist. Beantwortet das Deine Frage, Willi?
Grüße, Alexander
Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten. (Katharina von Siena)
Zitat von Foxtrott im Beitrag #238[quote=Willi|p12928]
Beantwortet das Deine Frage, Willi?
Ähem, vielen Dank für die Erklärung Alexander, aber ich habe gar keine Frage gestellt und bin mit meiner Erläuterung ganz bewusst nicht so in die Tiefe gegangen, weil das ein bisschen zu weit von unserem eigentlichen Thema wegführt. Die angesprochene Verwirrung stelle ich zwar immer wieder fest, sie bleibt bei mir aber aus. Das darf auch von mir erwartet werden, denn was die angeführten Regelungen angeht, sollte ich die als Wasserschutzpolizist einigermaßen kennen. Ich hatte mich auch auf den Rhein bezogen und da gilt übrigens die Rheinschifffahrtspolizeiverordnung (RheinSchPV), nicht die BinSchStrO. Wer mal einen Blick in die Vorschriften und noch viel mehr (Bootsführerscheine, Bau-und Ausrüstungsvorschriften, Besatzung, Patentvorschriften, Neuigkeiten, Pegelstände usw.) der guckt hier:http://www.elwis.de/Aktuelles/index.html
Trotzdem vielen lieben Dank, nett von Dir, dass Du der bei mir vermuteten Verwirrung abhelfen wolltest
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
hatte das als Frage verstanden und hab mich schon deswegen gewundert, da ich ja weiß, daß Du vom Fach bist. Also nix für ungut - Aber interessant sind diese Diskussionen immer...
Grüße, Alexander
Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten. (Katharina von Siena)