Ich habe keinerlei Erfahrungen mit solchen Abgüssen, finde es aber eine elegante Lösung, diese in Form zu biegen, so lange das Harz noch nicht durchgehärtet ist. Diese Raumkurven wären für meine karthesianische Denkstruktur eine echte Herausforderung. Ich bewundere die Leute, die so etwas aus Holz so hinbekommen, daß es auch paßt.
Die Billings Lowe sieht aus wie ein Lowe, aber die meiste Hollandiache Loewen haben die Pfoten oben am Scheg und nicht so nach vorne ausgestreckt. Auch die etwa merkwuerdige Verhaltnisse zwischen Kopf und Leib scheint es ofter gegeben zu haben....
Zu den „misslungenen“ Löwen habe ich einmal eine lustige Geschichte gehört. Da hieß es doch tatsächlich, dass das Vorkommen der dramatisch mageren Tiere daher rühre, dass die ersten Europäer in Afrika nur alte und kranke Exemplare zu Gesicht bekommen und daher geglaubt hätten, alle Löwen sähen so aus. Allzu viel Glauben schenke ich dieser Geschichte nicht, aber sie ist ganz hübsch, und dass ausgerechnet der König der Löwen so oft als Hungerhaken dargestellt wird, muss befremden.
Gar schwierig ist's allerdings, den Leu zu kneten! Ich habe zuerst einen Knubbel Magic Sculp über die Galion gestülpt und so die ungefähren Ausmaße festgelegt.
Nach dem Trocknen der Masse, die mit Papier gegen ihren Untergrund „abgedichtet“ war, um nicht anzukleben, habe ich mit dem Fräser die ungefähre Form des Körpers herausgearbeitet.
Auch der Kopf ist zunächst nur in den ungefähren Formen gestaltet worden und darf jetzt ebenfalls trocknen. Bei dieser Methode laufe ich nicht Gefahr, bereits einigermaßen gelungen Modelliertes durch Unachtsamkeit wieder zu zerstören. Da kommt mir sehr zustatten, dass mein Büro und meine Werkstatt sich im selben Haus befinden, so dass ich immer mal für ein paar Minuten modellieren kann, um die Masse dann wieder für mehrere Stunden trocknen zu lassen.
Auch das obere liegende Knie ist fertig. Von allen Seiten betrachtet, fügt es sich recht harmonisch ins Ganze der Konstruktion.
Eine alte Dame fragte einmal einen Bildhauer, ob es schwierig sei eine Löwen zu meißeln. Die Antwort war: "Eigentlich nicht, man nimmt einen großen Steinblock und schlägt alles weg, was nicht nach Löwe aussieht' ... na ja, hier fügt man so lange etwas dazu, bis es nach Löwe aussieht. Bis lang - gut gespachtelt Löwe!
Während der nun mittlerweile dritte Gusslöwe seiner Vollendung entgegen trocknet, habe ich mich weiter um den Rumpf gekümmert. Dabei erfahre ich jetzt in vollem Umfange, was es bedeutet, an einem – für meine Verhältnisse – so riesigen Modell zu arbeiten. Was früher ein Daumennagel war, ist jetzt ein Bierdeckel. meiner Werkstatt sieht nach einer Stunde aus wie – sage ich jetzt nicht. Ich habe unter der Arbeitsplatte einen Staubsauger installiert, dessen Düse sich mit einem einzigen Griff hervorholen und gleichzeitig starten lässt, aber auch so werde ich nur mit Mühe der Staubentwicklung Herr. Nun ja. Demnächst muss es dann an eine heikle Maßnahme gehen. Ich hatte ja schon Experimente angestellt, um die etwas ausgeblühte Nagelung nachzubilden. Dazu habe ich jetzt einmal eine Seitenansicht des Modells auf die Lage der Spanten am Original hin untersucht. Die roten Punkte stehen für erkennbare Nagelungen, die eine senkrechte Linie bilden. Hier dürften die Spanten liegen. Es sind achtzehn Stück, das ist eine nachvollziehbare Zahl. Genauso viele müsste das Modell von BB eigentlich auch haben! Es hat aber nur die Hälfte.
Darüber hinaus gibt es aber weitere Nagelspuren, die meines Erachtens nur erklärbar sind, wenn es im Rumpf weitere Versteifungen gibt, die von außen mit einem Nagel erreicht werden können. Ich denke, ich werde mit der Nagelung nicht so freizügig umgehen und mich auf die achtzehn Senkrechten konzentrieren. Ich hoffe, es wird mir gelingen, die Sache einigermaßen natürlich und dem (nachgestellten) Alter des Modells angemessen darzustellen. Schmidt
Weitere Nachrichten von der Baustelle Bug. Den Erbauern des Vorbildes war es offenbar weniger wichtig, den Galionslöwen anatomisch korrekt wiederzugeben. Stattdessen haben sie Wert darauf gelegt, ihn „organisch“ aus der Galion hervorwachsen zu lassen. Ornament schlägt Biologie. Ich habe das eine Zeit lang nicht begriffen und an seinen Flanken herum modelliert, bis ich schließlich die Galion leicht eingekerbt und seinen stark verschlankten Allerwertesten darin versenkt habe.
An dieser Stelle ist im Original ein Kringel ins Holz geschnitzt. Das konnte ich nicht nachmachen. Also habe ich den Bereich geöffnet und ein passendes Ornament modelliert. Nach dem Einsetzen werden die offenen Bereiche verspachtelt werden.
Und hier ein Blick auf den gesamten Bug. Die etwas heikel interpretierte Rocaille ist jetzt wieder ein reines Ornament. Die Stützen für die Ankerbalken sind an Ort und Stelle grob aus MS geformt, dann abgenommen und zu Figuren modelliert worden. Noch sind alle Teile abnehmbar, auch um sie getrennt lackieren zu können.
Eine Baustelle bin ich bislang noch so gut wie gar nicht angegangen. Es geht um die vordere Kabinenwand. Hier noch einmal Original und Billing. Die Gegenüberstellung zeigt, warum ich mich für einen kompletten Neubau entschieden habe.
Und hier eine erste Skizze auf einer passenden Polystyrolplatte. Es gilt vor allem, ein harmonisches Ganzes zu schaffen.
Abschließend noch ein Blick auf eine weitere Baustelle. Der Übergang am Heck (Wulff?) erscheint mir viel zu stark ausgerundet (blaue Linien). Die roten Linien zeigen, wie ich mir diesen Bereich denke. Ich weiß allerdings noch nicht, wie ich das bewerkstelligen soll. Ein Trost: der Bereich ist ganz eindeutig schwarz lackiert, ich muss mich also nicht um eine Holzstruktur bemühen.
Das Heck müßte sich doch mit etwas Holz auffüllen lassen - wenn es eh in Schwarz gestrichen wird, dann interessiert es niemanden, wie es darunter aussieht.
Danke! Welche Verzierungen meinst du speziell? Über die Herstellung der aus Magic Sculp geformten Ornamente habe ich ja weiter oben schon ausführlich berichtet. Die Ornamente oberhalb und unterhalb der Fenster im Kabinenschott sind ebenfalls aus MS frei geformt und dann abgegossen. Schmidt
Zitat von Schmidt im Beitrag #101 Über die Herstellung der aus Magic Sculp geformten Ornamente habe ich ja weiter oben schon ausführlich berichtet. Die Ornamente oberhalb und unterhalb der Fenster im Kabinenschott sind ebenfalls aus MS frei geformt und dann abgegossen. Schmidt
Wer lesen kann usw.... An manchen Stellen bin ich wohl ein bisschen zu schnell drüber geflogen.
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
Es war und ist schon schwierig genug, die Ornamente einigermaßen ähnlich wie das Vorbild zu gestalten. Fotos als Vorlage zu benutzen ist problematisch, denn sie sind immer irgendwie verzerrt. Fast noch schwieriger aber ist es, die Ornamente so zu gestalten, dass sie gut zueinander passen. Am Bug war das eher einfach, denn hier handelt es sich um Teile, die keine problematische Verbindung miteinander haben. Viel schwieriger ist es am Heck. Es hat schon mehrerer Varianten des Fisches bedurft, um endlich einen zu haben, der sich an das große Ornament am Heck ebenso wie an seinen Träger (Wellen) anschmiegt. Die leitende Idee hinter dem Ornament ist es ja, ein Lebewesen zu zeigen, dass sich gewissermaßen im oder auf dem Wasser bewegt. Da kommt es darauf an, den organischen Zusammenhang zu zeigen. Die Teile aus dem Billing Boats Bausatz nehmen darauf keine Rücksicht, was man den nach Plan gebauten Modellen auch ansieht. Sie wirken allesamt steif und hölzern. Am Heck hadere ich jetzt mit einer besonderen Schwierigkeit, denn hier müssen die Ornamente nicht nur harmonisch ineinander übergehen, sondern auch die gesamte Fläche ansprechend strukturieren. Dabei gibt der Rumpf Vorgaben und Maße, die ich nicht ignorieren kann. Die Fotos zeigen, was ich meine. Momentan bin ich dabei, das große Heckornament nach unten hin einige wenige Millimeter zu verlängern, damit die Oberkante des darunter liegenden Ornament mit dem Querbalken eine harmonische Linie bildet. So eine Arbeitsweise ist natürlich nur möglich mit einem Material, das sich beliebig erweitern oder strecken lässt. Eine Schnitzerei aus Holz würde sich nicht so behandeln lassen.
Ich hatte ursprünglich vorgehabt, die großen Ornamente am Heck (Erker, Fisch, Wellenträger, Heckumrahmung) mit einem 3 D Scanner aufnehmen, spiegeln und dann ausdrucken zu lassen. Ich hatte auch schon mit Unternehmen hier am Ort Kontakt aufgenommen, die mir versicherten, das sei möglich. Aber im Laufe der Zeit bin ich immer skeptischer geworden. Werde ich mit der Oberfläche zufrieden sein?, war meine erste Frage. Und dann rückte eine andere in den Vordergrund: Wird das auch passen? Wer Schiffsmodelle baut, der weiß es: es ist unendlich schwierig, zwei in den Maßen absolut identische Seiten zu bauen. Also habe ich das futuristische Projekt schließlich aufgegeben. Ich will nicht einen dreistelligen Betrag für Teile ausgeben, an denen ich dann später doch wieder herumschneiden und herumfeilen muss, damit sie zueinander passen. Stattdessen habe ich zunächst einen Abguss des Erkers gemacht, ihn in Stücke geschnitten und spiegelverkehrt wieder zusammengesetzt. Das hat sehr gut funktioniert, auch wenn natürlich eine Menge Nacharbeit nötig war. Den Fisch habe ich auf einem spiegelverkehrten Grundriss neu aufgebaut, und auch das ging nach den Erfahrungen, die ich mit seinem Zwillingsbruder gemacht hatte, erstaunlich schnell. Das letzte Foto zeigt, dass ich bereits dabei bin, die Teile an Ort und Stelle aneinander anzupassen. Die Erfahrungen, die ich an der Steuerbordseite gemacht habe, lassen die Arbeitsgeschwindigkeit jetzt enorm steigern.
Herzlichen Dank für die vielen Likes! Das spornt an.
Das schwierigste von allen Ornamenten ist ganz sicher das Teil, das ich Trägerwelle oder Wellenträger nenne. Es muss seitlich an die Bordwand angepasst sein, an die Rundung des Hecks, an vier Barkhölzer und last not least an den Fisch. An der Steuerbordseite habe ich die Teile noch hintereinander hergestellt und dann mühsam aneinander angepasst, was zu sehr vielen Veränderungen führte. Insbesondere der Fisch musste alle zwei Tage in die plastische Chirurgie. An der Backbordseite will ich versuchsweise einmal schlauer sein und die drei großen Ornamente parallel herstellen, so dass ich kontinuierlich darauf achten kann, dass sie auch wirklich zueinander passen.