Ich hatte mir eigentlich geschworen, keine Veränderungen am Rumpf vorzunehmen, denn ich hatte schon mehrmals die Erfahrung gemacht, dass das zum Totalverlust des Modells führen kann. Kleine Ausnahmen habe ich mir gestattet, und aus den kleinen Ausnahmen sind dann größere Ausnahmen geworden. Ich habe das Schanzkleid von innen verstärkt, sodass es eine glatte Abschlussfläche bildet. Ich habe das Deck entfernt, um es durch ein neues aus Sperrholz mit einer Auflage aus Furnier zu ersetzen, und ich habe die Plankenfugen von innen durch schmale Hölzer verstärkt. Und schließlich habe ich noch eine weitere Baustelle eröffnet. Der untere Teil des Hecks besteht aus einer Sperrholzplatte mit aufgedruckten Plankenfugen. Das konnte ich nicht so lassen, allerdings hätte ich mich sehr viel früher zu einer Veränderung entscheiden sollen! Das einfachste wäre es gewesen, das Teil mit Planken aus Furnier zu bekleben, aber das hätte einen falschen Übergang zu den seitlichen Planken des Rumpfes ergeben. Also bin ich den schwierigen Weg gegangen und habe zunächst das Teil herausgefräst.
Das war eigentlich ein Himmelfahrtskommando, was mir erst klar wurde, als ich sah, wie dünn die Rumpfplanken sind. Zum Glück hat es funktioniert, und ich habe die Planken von innen gleich mit einer dicken Schicht Holzleim gesichert.
Anschließend habe ich die Planken im hinteren Bereich mit Furnierstreifen verstärkt, sodass sie, von hinten betrachtet, wesentlich dicker wirken.
Nun bin ich dabei, passende Teile aus Resin herzustellen, die mit Furnierstreifen beplankt werden sollen. Ich hoffe, der Umbau geht auch weiter ohne Kollateralschäden ab.
Immer wieder setze ich alle Ornamente zusammen. Das ist einerseits ganz hilfreich als Motivation fürs Weitermachen, es ist aber auch nötig, um das Zusammenspiel und die Harmonie der Einzelteile zu garantieren. Wer genau hinschaut, erkennt weiße Stellen dort, wo die seitlichen Ornamente auf das horizontale an der Spitze treffen. Hier arbeite ich immer noch mit Magic Sculp, um die besten Übergänge zu kreieren.
Am Heck fehlen jetzt nur noch ein geschwungenes Ornament unterhalb der Fenster und das gerahmte Wappen zwischen ihnen. Hier sind die Teile schon grob angelegt auf einer maßgetreue eskalierten Kopie vom Foto des Originals. Wenn sie ausgehärtet sind, können sie weiter bearbeitet werden. Auf diese Art und Weise laufe ich nicht Gefahr, die Abmessungen der Teile durch die Bearbeitung zu verändern. Je nach Größe haben die Ornamente bis zu einem halben Dutzend Bearbeitungsstadien durchlaufen.
Gibt das kein Problem: die Wolbung der untere Leiste ist im Original viel starker als in das Billings Modell. Die Magic Arbeite lohnen sich: das gesammtbild ist ueberzeugend. Ich habe vor zwei Wochen her das Original gesehen (lasst sich leider nicht/kaum fotografieren) und es ist ein etwas merkwurdiges Modell: es sieht aus wie elegantes Rococo, aber es ist zugleich ziemlich grob in die Versierungen. Dein wiedergabe kommt das ziemlich nahe.
@Amateur Du hast leider Recht! Es ist einfach sehr schwierig, nach Fotos zu bauen. Vielleicht hätte mir der Unterschied früher auffallen sollen. Aber erst im Zusammenhang mit den Ornamenten wird vollends deutlich, dass schon aus ästhetischen Gründen der Schwung der Linie anders sein muss. Hoffentlich bekomme ich die Teile ohne große Kollateralschäden wieder herunter. Danke für den Hinweis! Wohnst du in Amsterdam? Ich möchte unbedingt noch die Van der Velde Ausstellung besuchen und mir bei dieser Gelegenheit noch einmal das Modell ansehen. Schmidt
Ging glücklicherweise alles ziemlich gut herunter.
Vorher:
Nachher:
Die Verzerrung betrifft auch die von mir selbst hergestellten Fotos. Für mein Empfinden ist die Bewegung der Barkhölzer im Original noch ein bisschen stärker als auf den Fotos. Geht das so? Schmidt
Ich habe schon mehrmals beobachtet, dass bei gestandenen (männlichen!) Modellbauern, die sich mit der Inneneinrichtung ihrer Schiffe befassen, so etwas wie der „Nestbautrieb“ ausbricht. Das beste Beispiel dafür ist unser Dafi, der seiner Preiser-Besatzung sogar noch sämtliche hygienischen Unaussprechlichkeiten bastelt. Ich selbst stehe jetzt natürlich besonders in der Gefahr, das erste Puppenstübchen meines Lebens zu bauen, da ich neuerdings im sagenhaft riesigen Maßstab 1:30 arbeite. Der Hersteller des Bausatzes hat in der Heckkabine eine quer stehende Bank vorgesehen. Weitere Ausschmückungsdetails gibt es allerdings nicht. Ich habe den Bereich, um überhaupt alle Ecken und Kanten erkennen zu können, zunächst einmal weiß grundiert. Dabei war ich aber arg unsauber, was mich später geärgert hat.
Anschließend habe ich die Heckbank mit einer Sockelleiste versehen, den Boden gesäubert und das Innere der Kabine mit der Farbe des oberen Rumpfes gestrichen. Ich wollte nicht zu bunt werden. Die Umrahmungen der Fenster sind Modifikationen der äußeren Rahmen.
So schön und stilvoll wie die Achterkabine der Utrecht werde ich meine nicht hinbekommen. Aber ein wenig Plüsch und Zierrat soll doch noch hinein, auch wenn man von außen davon nicht viel sehen wird.
Hier sind zum ersten Mal bis auf das Wappen zwischen den Fenstern alle Bestandteile des Heck provisorisch arrangiert. Erst jetzt wird die gestalterische Absicht vollends deutlich.
Bislang habe ich eigentlich nur Arbeiten ausgeführt, die leicht reversibel waren. Aber dabei kann es natürlich nicht bleiben. Heute Morgen habe ich allen Mut zusammen genommen und eine Wasserlinie festgelegt. Modellbauer wissen, was für ein entsetzlich schwieriges Geschäft das ist. Ich bitte hiermit, eine Gedenkminute einzulegen für all die Modellbauer, die gemessen und gemessen haben, bis ihn der Kopf rauchte, und dann, nach dem Anstrich, feststellen mussten, dass da „irgendwas falsch ist“. Ich hoffe, das wird mir nicht auch passieren. Immerhin hatte ich einen beweglichen Ständer, eine große Glasplatte, eine sehr genaue Wasserwaage und einen professionellen Höhenreißer (links im Hintergrund) zur Verfügung. Nun wollen wir mal sehen, was daraus wird.
Beim Amsterdamer Modell besteht das Deck aus vier Holzstücken. Auf eine Darstellung der Decksplanken hat man verzichtet, ich vermute: im Interesse größerer Stabilität. Ich habe das Bausatz-Deck entfernt und mit nicht wenig Mühe drei Stücke Sperrholz so zurecht geschnitten, dass sie unter das Schanzkleid passen. Jetzt habe ich diese Stücke mit Ahorn-Furnier beklebt. Im Idealfall passen sie und lassen sich mit Dübeln auf den Spanten befestigen. Da habe ich noch etwas, auf das ich gespannt sein darf.
Hallo @Schmidt , Burkhard. Sehr schön geworden. Ich bewundere Deine künstlerisches Geschick bei diesen Ornamenten und Verzierungen, und das im Hinblick auf das Gesamtergebnis. Ganz großen Respekt. Lieben Gruß Frank
Herzlichen Dank! Ich kann jede Ermunterung gut gebrauchen. In einer Woche wird es vier Monate sein, dass ich mich mit diesem Modell befasse. Und in dieser Zeit hatte ich, jedenfalls gemessen an meiner sonstigen Modellbautätigkeit, das Gefühl, geradezu Schwerstarbeit zu leisten. Alles ist so wahnsinnig groß! (Genau gesagt: fünfmal so groß wie in meinem üblichen Maßstab.) Ich habe in den vier Monaten so viel Silikon und Kunstharz verbraucht wie ansonsten in einem Jahr. Ich glaube sogar, es war noch mehr. Ein Farbtöpfchen, das ansonsten, wenn gut verschlossen, Jahre hielt, ist jetzt aufgebraucht, kurz nachdem ich es gekauft habe. War bislang etwas zu schneiden oder zu schleifen, so hieß es immer: Lupenbrille auf und dann: Vorsicht! Vorsicht! Jetzt leiste ich beinahe echte Schreinerarbeit, und oft genug schmerzen mir beim Zubettgehen die Hände. Aber ich glaube, ich kann die Ziellinie sehen. Wenn jetzt nicht noch furchtbare Patzer passieren, sollte ich noch vor unserem Urlaub im Mai mit dem Takeln beginnen können. Und darauf freue ich mich ganz besonders. Denn jetzt wird es nicht um Mini-Fakes gehen, sondern ich werde mich mit den Takelmeistern in diesem und anderen Foren messen dürfen und müssen. Glücklicherweise nur an einem Mast! Schmidt
Ja, das Model ist ziemlich gross. War es kleiner gewesen, haette ich es danals nicht geschafft. Mein Toleranzen sind ziemlich gross :) Aber dein Ausfuerung wird fenomenal: da gibt es keine Billings-variante die das Original so nahe kommt.
Die Takelung ist relativ einfach: nur ein mast, und Vier Segeln. Sind aber grosse Segeln, und deshalb wird die Frage kommen: wieviel Details sind da benoetigt? Und: wird die Takelung von das Amsterdamer Modell die Referenz, oder die Takelung von ein "echtes" Statenjacht, wie die Utrecht?
@amateur Ich denke , da ich mich bis jetzt so weit wie möglich an dem Amsterdamer Modell orientiert habe, werde ich das auch bei der Takelage tun, obwohl anzunehmen ist, dass sie am Modell nicht mehr im Originalzustand ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Mast und Segel 270 Jahre überstanden haben. Leider besitze ich nur sehr wenige Nahaufnahmen von der Takelage. Mich würde interessieren, wo du die Abweichungen von den historischen Vorbildern siehst.