Ich hoffe, ich breche nicht mit zu vielen Regeln des Forums, wenn ich hier eine Projektvorstellung präsentiere, besser gesagt: die Überlegungen zu einem möglichen (Langzeit)Projekt.
Worum es geht: Ihr wisst, dass ich mich in die holländischen Statenjachten verguckt habe. Zwei kleine Modelle aus dem Artitec Bausatz der Utrecht habe ich schon gebaut, im einschlägigen Baubericht zu besichtigen. Für unser Wohnzimmer hätte ich nun gerne ein wesentlich größeres Exemplar (Maßstab um 1:30), der Standort ist sogar schon familienrätlich genehmigt (was nicht wenig bedeutet!) Seit einem Jahr steht dort gewissermaßen ein Platzhalter für ein projektiertes Modell.
Es ist entweder aus einem Billing Boats Bausatz oder nach dessen Plänen gebaut, solide, aber vollkommen undetailliert.
Nach dem Erwerb dieses Modells habe ich ein bisschen recherchiert und mit Hilfe von Kollegen aus einem anderen Forum das Vorbild für den BB Bausatz gefunden. Ich hätte nie geglaubt, dass es überhaupt ein Vorbild gibt! Tatsächlich ist es ein Modell, das im Amsterdamer Schifffahrtsmuseum steht. Hier das offizielle Foto davon:
Das recht große Modell stammt aus der Zeit um 1750 und diente als Kinderspielzeug. Es soll in der Lage gewesen sein, einen Weiher oder Teich zu durchqueren. Man nannte solche Modelle daher Weiher- oder Teichmodelle. Gewissermaßen RC ante rem. Für ein Spielzeug ist es allerdings sehr schön gearbeitet, wobei schwer zu sagen ist, was noch original und was den verschiedenen Restaurierungen geschuldet ist. Sicher kann man wohl sagen, dass es ein verdammt teures Spielzeug war! Es repräsentiert den Stil der Statenjachten des 18. Jahrhunderts. Sie haben anders als ihre Vorgänger des 17. Jahrhunderts mehr und größere Fenster, sicher ein Tribut an die Passagiere. Meistens gibt es eine große Eckfigur (Hoekman), die Schnitzereien oder Bemalungen können sich über das ganze Schanzkleid erstrecken. Die Utrecht in Utrecht, gebaut nach einem Plan von 1748, entspricht ziemlich exakt diesem Typus.
Sucht man nach Fotos von gebauten BB Modellen, findet man eine ziemliche Bandbreite. Hier ein - äh - Anfängermodell (?), bei dem einiges durcheinander geraten ist.
Hier beherrscht jemand das edle Schnitzhandwerk, kümmert sich aber nicht um das historische Aussehen von Statenjachten. (Alles erlaubt!)
Meinen Platzhalter werde ich unberührt lassen. Wenn ich eine eigene Jacht baue, dann aus dem BB Bausatz, der sicher noch irgendwie erhältlich sein wird. Die Frage ist aber: was genau damit machen? Es gibt (neben der Option, gar nix zu machen, klar!) folgende Möglichkeiten:
1. Das Amsterdamer Weihermodell so genau wie möglich nachbauen. Dazu würde u.a. gehören, das Deck nicht zu beplanken, sondern aus drei, vier glatten Brettern zu bauen.
2. Wie oben, aber nicht als Spielzeug, sondern als Schaumodell bauen. Mit richtigem Deck usw. Als wäre das Modell die verkleinerte Abbildung eines Originals.
3. Den Rumpf als Basis für einen eigenen Entwurf verwenden. Das hieße, Position und Gestaltung der Fenster sowie aller Schmuckelemente nach historischen Vorbildern oder einem eigenen Entwurf ausführen.
Ich persönlich tendiere momentan zu 3. Das Amsterdamer Modell zeigt m.E. nun einmal nicht die schönste denkbare Statenjacht. Die Ornamente sind teilweise (im Bereich der Fenster) recht filigran, am Heck allerdings eher klobig.
Überhaupt finde ich die Jachten des 17. Jahrhunderts interessanter. Sie hatten weniger, bzw. kleinere Fenster, dafür konnte (je nach Besitzer) der Figurenschmuck deutlich üppiger sein. Hier die Jacht (vermutlich) Wilhelms II auf einem Gemälde von Verschuur. So etwas schwebt mir eher vor:
Aber ist das möglich? Gut, eine andere Fenstereinteilung am Pavillon werde ich hinbekommen. Aber woher nehme ich den Schmuck? chnitzen in diesem Maßstab - nun ja! Kennt jemand einen Figurengersteller, der brauchbare Figuren in der Größe von eta 5-6 cm herstellt? Und was haltet Ihr überhaupt von dem Projekt? Bevor ich mich in ein solches Unternehmen verrenne, hole ich gerne fremde Einschätzungen ein.
Ich liebe die etwa unraffiniertes Aussehen von das original-BB-modell, und die rustikaler Schnitzerei. Wann du die BB-zeichnungen verwendet, solltest du die Spantgeruest neu zeichnen: das BB-modell ist viel zu rund an die Unterseite. Das Original ist fast flach wie das Artitec Modell, und hat das untere Barkholz viel hoher.
ich bin ganz gespannt auf Deine Vorgehensweise da ich ja gerade auch ein Modell der Utrecht in Arbeit habe. Ich arbeite unter Zuhilfenahme des Berichtes über den Bau der Utrecht und den Scratchbau von McArdle. Jan hat ganz richtig darauf hingewiesen, daß bei der Utrecht der Rumpf sehr flach gebaut ist. Das ist für mich auch sinnvoll bei einem Schiff, daß in den Küstengewässern Hollands unter umständen auf der Reise mal trocken fiel.
LG Hartmut
To the optimist the glas is half full. To the pessimist the Glas is half empty. To the ingenieur it is twice. As big as it needs to be.
Auf der Helling „Witsen“, holländisches Pinassschiff,1671. Nach Plänen von Ab Hoving
Ich denke, wenn/falls ich dieses Projekt realisiere, wird es eine Statenjacht auf Basis Billing Boats, aber mit selbst entworfenem Schmuck. Dazu habe ich in den letzten Wochen schon mal ein paar Tests gemacht. Von Preiser gibt es einen Bausatz "Eva" (aber nur von Preiser!) im Maßstab 1:32, also manns/fraugroß, berechnet auf den Maßstab der BB Statenjacht. Ich habe zwei Torsi mit Beinen in statischer Haltung versehen und abgegossen. Hier die jugendfreie Fassung:
Und hier zwei Versuche, den Torso klassisch zu gewanden. Das liefe vielleicht auf eine Venus/Aphrodite hinaus. Bin mir ja noch nicht des "Themas" für den Schmuck sicher. Das Gewand besteht links aus einlagigem, rechts aus zweilagigem Tempo in Wasser-Leim-Gemisch. Der Vorteil bei dieser Methode ist m.E., dass die gut proportionierten Preiser-Körper trotz Verhüllung ihre Proportionen und ihre Haltung wahren:
Von solchen Figuren bräuchte ich wohl 10. Sie stehen zwischen den Fenstern am achteren Aufbau und an der Ecke zum Heckspiegel. Siehe das Gemälde von Verschuur oben. Mit der Qualität dieser Figuren und ihrer "Passform" steht und fällt m.E. die Qualität des ganzen Schiffsschmucks.
Zitat von Schmidt im Beitrag #12Verstehe. Der - äh - Brustpanzer scheint mir aber nicht zeit- und stilgerecht ausgeführt zu sein. Oder? Zu welchem Baubericht gehört die Dame? Schmidt
Zeit-und stilgerecht vielleicht nicht, aber schön isse trotzdem, oder? Dat Mädsche kommt von diesem Baubericht.
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
Ich habe die Figuren jetzt erstmal wieder eingepackt, nicht zuletzt weil die Werkstatt ausgeräumt werden muss; sie kriegt einen neuen Bodenanstrich. Der gerade mal im letzten Jahr erneuerte war sage und schreibe wasserlöslich.
Nun, dieser Trööt funktioniert ja sowieso nach dem Prinzip: "And now for something completely different." Also. Man hatte mir strengstens anempfohlen, eine BB Statenjacht nicht um- sondern selbst ab ovo aufzubauen. Also bin ich ein bisschen shoppen gegangen. U.a. habe ich einen angefangenen Baukasten kaufen können. So sieht das bereits verklebte Spantengerüst aus:
Es liegt auch ein gut passendes, zweiteiliges "Unter"Deck aus Pappelsperrholz bei, offenbar eine Eigenkonstruktion des Erstbesitzers:
M.E. kann man hier weiterbauen. Aber jetzt die Frage der Fragen: Es war angemerkt worden, dass der BB Rumpf im mittleren Bereich zu rund ist und mehr kastenförmig sein sollte. Ich stimme dem zu. Doch wie kriege ich in diesem Zustand auf eine möglichst elegante und stimmige Art und Weise die Spanten "eckiger"?
Hallo Schmidt, Hier mein Vorschlag: 1. Pinne im Übergangsbereich Boden - Seite eine Leiste an und markiere den Verlauf. Auf beiden Seiten 2. Fräße Nuten ein entlang der Markierungen. 3. Nun setzt Du sogenannte Stringer ein. Im Mittelbereich läßt Du den Stringer z.b. 4 mm rausragen, zu den Enden weniger, an Bug und Heck ist er bündig mit dem Spant/der Malle. 4. Du beginnst mit der Unterbeplankung ober- und unterhalb des vorstehenden Stringers. Mußt halt aufdoppeln
Gruß
Jörg
Egal wie leer du im Kopf bist, es gibt Menschen, die sind Lehrer!