Zitat von Olympic1911 im Beitrag #210 Viele sind heute im Glauben, dass die Rüsten in Querschnitt parallel zur Wasseroberfläche angebracht waren. Ich glaube das waren sie aber nicht; viel eher waren sie in einem etwa 45° Winkel zur Bordwand angebracht so wie in meiner zweiten Skizze rechts dargestellt.
Hallo Peter, ist das irgendwo so belegt? Ich kenne es nämlich auch so: Parallel zur Wasseroberfläche, weiß aber im Moment nicht, wo ich es gelesen habe. War es vielleicht zeitlich unterschiedlich?
Richtig, ich meinte natürlich die Fockrüste. Der Modellbauer hat sie meiner Meinung nach tatsächlich so angeschrägt angebracht, wie du gezeichnet hast, weil die zweite Pforte ihn dazu zwang - da ist dann noch etwas Platz. Man muss nur alle Huis Doorn-Rumpffotos ganz genau betrachten. Tatsächlicher Schiffbau und Modellbau können da und dort durchaus differieren. Außerdem bleibt noch die Frage des Setzbordes innen. Was du als "richtig" gezeichnet hast, ist auch richtig so. Das siehst man an der bekannten Van-de-Velde-Zeichnung der Hollandia - die Grossrüste hat halbrunde Ausschnitte wegen der Flugbahn der Kanonenkugeln, damit sie die Rüste nicht beschädigen; zu sehen auch bei anderen Schiffen. Also keineswegs parallel zur Wasseroberfläche, sondern einfach in 90 Grad zur Oberfläche des Bergholzes, eben so einfach wie möglich. Vergesst nicht die elementare Einfachheit und Rationalität des holländischen Schiffbaus (Zeit ist Geld für eine Kaufmannsnation!), die schon Herman Ketting aufgefallen ist. Schaut euch an, wie die Vasa zusammengekleistert wurde - jede Menge Füllklötze und dergleichen; oder das Pinassenwrack in Den Helder. Bye!
Ehrlich gesagt denke ich das die 90grad auch etwa zu extrem ist. Die ruste sind nicht parallel, aber auch auf die wasa ist est kein 90 grad zu bordwand. Beim fokkerust ist das sicherlich kein 90 grad. Und die Ziechnungen, ja, da gibts auch saemtliche die die Rueste parallel ans wasser zeigen. (Zeven provincien, vierdaagse zeeslag,auch ein van der Velde)
Zitatdie Grossrüste hat halbrunde Ausschnitte wegen der Flugbahn der Kanonenkugeln, damit sie die Rüste nicht beschädigen; zu sehen auch bei anderen Schiffen
dieses interessante Detail war mir auch schon aufgefallen und ich hatte mir die gleiche Erklärung überlegt. Schön zu wissen, daß ich mit meinem Gedanken dazu nicht alleine bin.
Es wäre vielleicht zu bedenken, daß die Rüsten dem Zug der Wanten standzuhalten hatten. Daß es also wenig Sinn machen würde, wenn diese bereits etwas "nach oben geklappt" (rechtwinkelig zur Bordwand) montiert wären, anstatt sich diesem Zug quasi entgegenzustemmen. Zudem stehen grundsätzlich parallel zur Wasserlinie angebrachte Rüsten den Schußbahnen der Geschütze am wenigsten im Weg. Auch achteten die Schiffbauer auf eine gewisse Ästhetik und Eleganz ihrer Entwürfe...
Ich glaube, dein Argument passt besser ans Ende des 17. Jahrhunderts und ins 18. Um 1665 war man vielfach noch da und dort am Suchen. Es gab ja auch noch die starken Püttingeisen. Sobald die Erfahrung zeigte, dass das ganze dem Zug der Wanten standhielt, war das für einen holländischen Schiffbaumeister dieser Zeit in Ordnung. Für mich ist das Hauptargument bei alldem die Einfachheit der Bauweise. Ungefähr im rechten Winkel zum Bergholz, und wenn´s sein muss, vorne halbrunde Aussparungen, ist eben am einfachsten. Übrigens, die Fockrüste beim HZ-Modell ist tatsächlich zur Gänze an der Unterkante des Bergholzes angebracht. Da war ich etwas voreilig. Sorry. Damit gibt´s aber auch den Raum, das Süll der zweiten Oberdeckspforte abzusenken ungefähr in eine Linie mit Pforte 1 und 3, so wie´s sein soll. Man hat im Gefecht sicher mal die Lafetten verschoben, wenn das Nachbargeschütz ausfällt. Dazu müssen aber alle Sülls etwa in gleicher Höhe sein. Bye!
ich möchte dem zwei Argumente entgegenhalten, ohne nun deine Ansicht gleich verwerfen zu wollen. Aber einmal machte es für einen Schiffszimmermann keinen Unterschied, in welchem Winkel er die Innenkante des Rüstbretts bearbeitete. So ein Schiff wimmelt geradezu von kompliziertesten Formgebungen und Verbindungen, da wird es dem Ausführenden ein Leichtes gewesen sein, mit dem Dechsel eine leichte Schräge einzuarbeiten. Eine gewisse Einkurvung nach innen und oben und somit ein präzises Nacharbeiten der gesägten Bohle war ohnehin nötig. (Eine andere Möglichkeit zur Erreichung der Schräglage wäre eine Einkerbung der Spanten.)
Aber was mich zu der Überzeugung bringt, daß die Rüste parallel zur WL montiert wurde, ist tatsächlich der Umstand, daß der Zug der Wanten diese Bohle zunächst einmal vom Rumpf weg bewegt, also eine stabile Spannung aufbaut. Wirkt die Hebelkraft aber von vorneherein durch Heranziehen des Bretts zugunsten der Wanten, hat die Rüste auch von vorneherein eine geringere Widerstandskraft, welche mit jedem Millimeter weiter geschwächt wird. Und dann ist das ein Stabilitätsproblem, dem mit einfachen Mitteln entgegenzuwirken ist. Das aber nur mal als Diskussionsbeitrag...:-)
Könnte es auch sein, dass die Rüsten nur als Abstandshalter zu sehen sind? Die Wanten wurden durch den von der Seite einwirkenden Wind gespannt und zogen an den Püttingseisen. Diese Eisen waren am Schiffsrumpf befestigt und nahmen die auftretenden Zugkräfte auf. Ein Teil dieser Zugkräfte gingen zwangsläufig auch in die Rüste. Als eine elastische "Sicherung" könnte man die Taljereeps zwischen den Juffen sehen. Diese Taue waren das schwächste Glied in der Kette und somit die Sollbruchstelle?
Zitat von Eddie im Beitrag #218 Aber was mich zu der Überzeugung bringt, daß die Rüste parallel zur WL montiert wurde, ist tatsächlich der Umstand, daß der Zug der Wanten diese Bohle zunächst einmal vom Rumpf weg bewegt, also eine stabile Spannung aufbaut. Wirkt die Hebelkraft aber von vorneherein durch Heranziehen des Bretts zugunsten der Wanten, hat die Rüste auch von vorneherein eine geringere Widerstandskraft, welche mit jedem Millimeter weiter geschwächt wird.
??? Verstehe ich nicht. Kannst Du das vielleicht mal skizzieren?
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
Ich habe es nachgesehen: Witsen und Van IJk schrieben nichts darueber. Nur Witsen schreibt das die rueste auf das Barkholz liegen. (was offensichtlich nicht wahr sein kann beim HZ) Van IJk schreibt das die function nur ist um die wanten von Schiff zu entfernen. Er meldet aber das es grosse kraefte gibt, die Rueste zollen sehr gut befestigt werden. Van IJk schreibt auch das die ruesten an schifsseite dicker sind als an die aussenseite. (ein drittel)
Ich habe auch meine bedenkungen an die halbrunde ausspahrungen in die Hollandia-zeichnung. In fast alle andere Zeichnungen, gibt es unterbrochen Ruste, wie im HZ-modell. Auch die Modelle aus die zeit (wie Prins Willem) zeigen kein 90-grad winkel. Sie ziegen etwas was ich auch in HZ-model sehe: nicht flach, aber ganz leicht nach oben.
Ein anderes Beispiel: Adm. Meppels Westfriesland (NMM Greenwich) hat eine Unterbrechung und eine halbrunde Aussparung an der Grossrüste. Aber dass die Rüsten meistens leicht nach oben gesetzt sind, ist offensichtig richtig. Van de Velde zeigt das oft. Dass die Taljereeps auch als Sollbruchstelle gedient haben, um größeren Schaden zu vermeiden, das glaube ich auch; leichter reparierbar.
Werner hat es auf den Punkt gebracht: Die Rüsten wurden mit zunehmenden seitlichem Einfall der Schiffskörper notwendig, um die Wantenpaare ausreichend spreizen zu können. Die Rüsten waren dünn und zerbrechlich und nicht dazu konstruiert, Zugkräfte aufzunehmen. Diese wurden von den Püttingeisen, -platten und Bolzen übernommen, wobei man versuchte, die Bolzen möglichst in starken Hölzern (Barkhölzer) zu verankern. Trotzdem rissen diese Bolzen häufig aus, bis man auf eine Doppelverbolzung überging. Insofern hatte die Winkelung der Rüste keinen Einfluss auf die entsteheneden Kräfte. Nachteilig im holländischen Schiffsbau war jedoch die Anordnung bzw. der weite Abstand zwischen den Barkholzpaaren bei Zweideckern. Um das untere Barkholzpaar von Pforten freizuhalten, musste das obere Paar so weit nach oben gesetzt werden, dass es die Stückpforten durchnitt und zudem die dort, auf dem oberen Gang liegenden Rüsten "gestückelt" werden mussten. Erst um 1680 wurde diese Anordnungen geändert, indem man die Rüsten über die Pforten setzte.
Zitat von Willi im Beitrag #220 ??? Verstehe ich nicht. Kannst Du das vielleicht mal skizzieren?
Sorry, ich kann hier keine Illustrationen posten. Aber ich will es mal so erklären: In der WL-Variante wird die Rüste bei Zug von oben an den Rumpf gedrückt, der einen Teil der Zugkraft aufnimmt. Beim 90°-Winkel dagegen nicht, da müssen allein die Püttingseisen die ganze Gegenkraft aufbringen.