So, nachdem ich letztes Jahr am Fockmast gebaut habe, ist dieses Jahr mal der Großmast dran . Nächstes Jahr gehts auch dann auch schon zum Besan, mehr Masten gibts zum Glück nicht
Nach dem ziemlich eintönigen Wanten spannen und noch eintönigerem Webeleinen knoten an Großmast und Besan war Großrah samt Segel an der Reihe. Beim Takeln sind die Schiffe dieser Epoche sehr dankbare Objekte, da die Takelage noch recht übersichtlich ist. Etwas nervig sind allerdings die Racks, die im Vergleich zu Racks späterer Epochen alle mit Schlieten, Klotjes und diversen Flaschenzügen zur Bedienung ausgestattet waren und die Ringbeschläge auf den Unterrahen, an denen die Bindtaue für das Bergen der Segel hingen.
Die Ringe habe ich aus dünnem Kupferdraht über einen Bohrerschaft gezwirbelt. Die Enden dann abgekniffen und anschließend Ringe und Schaft um 90° gebogen. Der Schaft wird in ein Bohrloch in der Rah versenkt, so daß nur noch der Ring an der Rah herausschaut. Pro Bohrloch werden zwei Ringe gesetzt, ein U-förmig gebogenes Drahrstück kommt als Krampe darüber. Mit einem Feuerzeug wurde das Kupfer geschwärzt. IMG_4647k.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Wie schon bei der Fock beschrieben wurde auch das Großsegel komplett samt Bauch hergestellt und an der Rah angeschlagen. Anschließend wurde das Segel mit einem Pinsel angefeuchtet und dann mit Geitauen und Gordingen zur Rah geholt. Die Fäden wurden provisorisch gesichert und das Segel trocknen lassen. Auf den Bildern sind die Gordinge noch nicht in Aktion. IMG_4650k.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)IMG_4653k.JPG - Bild entfernt (keine Rechte) IMG_4654k.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Ich hatte vor einiger Zeit gefragt, wie man sich verjüngende Taue für die Halsen herstellen kann. Das Thema wurde hier im Forum besprochen und Willie zeigte eine Methode, wie man das auf der Reeperbahn umsetzen kann. So habe ich es dann auch gemacht. Hatte bei meinen dünnen Fäden Probleme mit den Knoten. Sichert man diese mit einem Tropfen Kleber, tragen sie im fertigen Tau zu dick auf, vor allem in Richtung des dünnen Endes. Ohne Kleber wird der Knoten beim Spannen weiter zusammengezogen und fällt später weniger auf, das ist bessser. Allerdings kann der aufgebundene Faden beim Spannen losreißen und rutscht weg, das ist schlecht. Ich habe es so gelöst, daß ich unmittelbar hinter den Knoten ein Tröpfchen Kleber auf den durchgehenden Faden aufgetragen habe. Der Knoten bleibt elastisch, verrutscht aber nicht mehr. Das überstehende Ende des aufgebundenen Fadens war ebenfalls problematisch, statt es abschneiden zu müssen, habe ich es ebenfalls zu einem der Spannstifte geführt. Aus einem Faden wurde also 3 Fäden, insgesamt habe ich das Hals so von 3 Fäden an einem Ende auf 9 Fäden am Anderen Ende gebracht. Daraus ergibt sich wiederum ein Problem, vor allem an den beiden ersten Übergängen, da sich die Anzahl der Fäden stark erhöht, aber asymmetrisch verteilt sind. Das ergibt ein Muster im fertigen Hals. Da das Hals aber nach Vorbild des Holländischen Zweideckers / Hohenzollernmodells gekledet wurde, fällt das später nicht mehr auf. Ich habe es also so belassen. Hier das dünne und dicke Ende der Großhals. Das dicke Ende hat um die 0,4 mm, das dünne Ende um die 0,2 mm Durchmesser. IMG_4665k.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Gekleedet und mit Knoten schaut das dann so aus IMG_4665kk.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
So schaut das Ganze dann am Modell aus. IMG_4684zz.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Die Webeleinen sind mit einem Webeleinenstek verknotet. Das Liektau ist im Bereich des Schothorns ebenfalls gekleedet. Die größeren Blöcke wie die Schotblöcke sind ebenfalls aus Papier, aber zusätzlich mit Magic Sculp an den Seiten Modelliert. Die kleineren Blöcke sind wie gehabt aus Papier geschichtet.
Dem ein oder anderen wird aufgefallen sein, daß es weder eine Stagpinne zur Mars noch eine Verspannung zwischen den Schwichtungen der Wanten gibt. Diese sind weder in den Gemälden und Zeichnungen, noch am Hohenzollernmodell zu finden. Ich gehe davon aus, daß sie in der fraglichen Epoche noch nicht erfunden waren. Die Stagspinne ist auf dem Vale Gemälde der Royal Katherine aus den 1690er Jahren zu sehen, auch im "Geöffneten Seehafen" vom Anfang des 18. Jhd. wird sie genannt. Dagegen ist auf etlichen Darstellungen der 1650-60er Jahre oft zu sehen wie sich das Segel um die Mars wickelt, so wie in der Abb. unten. Die Verspannung zwischen den Wanten hatte mich zuerst auch überrascht. Ketting beschreibt sie zwar in seinem Buch zur Prinz Willem, aber gerade bei der Takelage schießt er öfters mal übers Ziel hinaus. Am Modell ist diese Verspannung allerdings hilfreich, da man sonst aufpassen muß, daß die Püttingswanten die Wanten nicht nach außen ziehen. Ich hatte die Wanten daher provisorisch verbunden und dies dann später wieder entfernt. img_4665q_marswickel.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Die Segel sind dünn genug, daß sich bei entsprechender Beleuchtung die Takelage dahinter auf dem Tuch abzeichnet. IMG_4696k.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Auch das Marssegel wurde aus zwei Lagen Papiertaschentuch hergestellt. Zunächst orientierte ich mich wieder am Hohenzollernmodell und rüstete es mit Nock- und Buggordings aus. Später bemerkte ich aber, daß auf sämtlichen Zeichnungen und Gemälden zwar häufig Nockgordinge aber keine Buggordinge gezeigt werden. Die Buggordinge an den Marssegeln scheinen also erst um 1660/70 langsam aufzukommen. Führt man sich vor Augen, daß die Marssegel nicht gegen die Rah, sondern in einem Bündel zwischen Mars und Eselhaupt geborgen werden, sind Buggordinge als Hilfe nicht unbedingt nötig. Nockgordinge allerdings schon, da das obere Seitenliek des Segels gegen die Rah geholt und dort festgebunden wird. Allerdings sind auch die Nockgordinge am Marssegel nicht überall zu finden. Dies könnte mit der Größe des Segels zusammenhängen, bei vergleichsweise kleinen Segeln könnte auf dieses Hilfmittel verzichtet worden sein. Bei Kreuzsegeln finden sich zum Beispiel niemals Gordinge, auch am Hohenzollernmodell nicht. Allerdings scheinen die Kreuzsegel in der Ausrüstung den Bramsegeln ähnlicher zu sein als den Marssegeln. Lange Rede kurzer Sinn, ich habe die Buggrodinge am Großmarssegel wieder entfernt. Legel und Dopplung sind zwar am Segel noch vorhanden, fallen aber dort nicht weiter auf. Die Marsrah ist, wie auf vielen zeitgenössischen Gemälden mit backstehenden Vorsegeln zu sehen, ein wenig abgefiert. Dadurch baucht das Marssegel noch etwas stärker.
Beim Bramsegel habe ich auf das Einarbeiten des Segelbauchs verzichtet, alles andere wurde wie gahabt ausgeführt. Auch hier kamen zwei Lagen Taschentuch zum Einsatz, eine Lage wäre eventuell noch etwas besser gewesen. Das Segel wurde komplett an der Rah geborgen, hierzu wurde es ebenfalls komplett angefeuchtet. Das Segel wurde an der Rah befestigt und diese dann am Modell angebaut, bei den beiden anderen Segeln war es umgekehrt.
Hier die aktuellen Ansichten des Modells der Edam IMG_4721k.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)IMG_4724k.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) IMG_4713k.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) IMG_4729k.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)IMG_4731k.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Als nächstes kommen Lateinerbesan und Kreuzsegel an die Reihe. Bulins, Brassen und Schoten kommen ganz zum Schluß, da diese den Zugriff erschweren.
... und es geht doch weiter ... Hab Deine Wapen schon schwer vermisst, prima und ich hoffe sehr, daß die Jahre bis zum nächsten Mast nur wenige Tage sind
Grüße, Joachim
Schöne Grüße Joachim
Mein neues Buch in Deutsch und Englisch erhältlich: "Die Farbe Blau im historischen Schiffbau - von der Antike bis in die Neuzeit" siehe dazu: http://www.modellbau-muellerschoen.de
Habe mir doch gerade den Baubericht noch 'mal von vorne bis hinten durchgeguckt - ja, wenn ich nicht an meinem PzKbt säße, müßte ich ich doch gleich mal wieder ein Projekt mit ordentlichen Masten und Segeln in Angriff nehmen
Ah, mein Motivationsmodell! Aber warum sind die Bilder so klein?
Vor vielen Jahren, am Anfang des Dior-amen-Projekts, fragte ich dich mal nach der geschätzen Bauzeit. Die lag deiner damaligen Auskunft nach, wenn ich mich recht erinnere, bei 4-5 Jahren. Meine Frage, schaffts Du in den verbleibenen Tagen bis Ablauf der geschätzten Bauzeit die verbleibenen beiden restlichen Modelle?
Hallo Holger Wie schön, wieder etwas neues von Dir zu lesen und zu sehen. In Herdecke konnte ich das Modell ja "in echt" sehen und habe jetzt eine Vorstellung davon, wie winzig alles daran ist. Um so größer ist aber meine Hochachtung vor dem, was Du hier zeigst. Aber auch Deine Überlegungen, warum dieses oder jenes Teil so gewesen sein muss und nicht so, fand ich hochinteressant. Viele Aspekte sind für mich neu, aber die Herleitungen sind sehr schlüssig und überzeugend. Dafür ein fettes
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
endlich geht es weiter bei Dir. Klasse. Freue mich schon darauf, Deine Kleine in Wilnsdorf zu sehen.
Gruß Christian
in der Werft: Cutter Alert, 1777, HM Sloop Fly, 1776 - 1:36 auf dem Zeichenbrett: Cutter Alert, 1777, HM Sloop Fly, 1776, HM Fireship Comet, 1783, HM Boomb Vessel Aetna, 1777
Pause: HMS Triton, 1771 - 1:48
"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen." "Habe keine Angst vor der Perfektion - Du wirst sie nie erreichen" Salvador Dali
Vielen Dank, Holger, für die Motivation, die Dein Modell verbreitet. Hatte ich das richtig in Erinnerung, dass dieses Modell zusammen mit anderen in einer Gefechtssituation zu sehen sein soll und auch noch beschädigt werden wird? Wie soll denn das nun gehen, nachdem alles an seinem Platz zu sein scheint?
Grüße!
In der Werft: *Fregatte nach CHAPMAN Tafel XXXI und XXXII der Architectura. * 29 1/3 feet Launch nach CHAPMAN Tafel XLVIII Nr.: 2
Hallo Holger, alias "Phil Reed", freue mich sehr, dass es mit der Kleinen weitergeht und der Kamillensamen in der Bordwand noch nicht ausgeblüht ist. Wie Willi beeindruckt auch mich immer wieder Deine Fachkenntnis und Umsetzung. So sind beispielsweise die "Pavesses" (Sichtschutzabdeckungen über den Geländern des Heckbereiches), glaube ich, einmalig und absolut gelungen. und selbst die Farbe ist historisch korrekt und stimmig!
Guten Morgen & herzlichen Dank für eure Kommentare zum Modell. Ich freue mich ebenfalls auf die diversen Frühjahrstreffen und den Fortschritt bei alle den Modellen und Projekten.
ZitatVor vielen Jahren, am Anfang des Dior-amen-Projekts, fragte ich dich mal nach der geschätzen Bauzeit. Die lag deiner damaligen Auskunft nach, wenn ich mich recht erinnere, bei 4-5 Jahren. Meine Frage, schaffts Du in den verbleibenen Tagen bis Ablauf der geschätzten Bauzeit die verbleibenen beiden restlichen Modelle?
Ich meinte natürlich 4-5 Jahre pro Modell Dann ist das für mich ja so etwas wie ein Großprojekt und die dauern ja bekanntlich immer länger als gedacht (Elbphilharmonie, BER...)
Zitatch hoffe sehr, daß die Jahre bis zum nächsten Mast nur wenige Tage sind
Die Besanrute ist schon angefangen, könnte also sein, daßich aus meinem Zeitplan falle
ZitatHabe mir doch gerade den Baubericht noch 'mal von vorne bis hinten durchgeguckt - ja, wenn ich nicht an meinem PzKbt säße, müßte ich ich doch gleich mal wieder ein Projekt mit ordentlichen Masten und Segeln in Angriff nehmen
Danke dir, wenn du dich zu einem "ordentlichen" Projekt durchringen könntest, säße ich sicher in der ersten Reihe
ZitatAber auch Deine Überlegungen, warum dieses oder jenes Teil so gewesen sein muss und nicht so, fand ich hochinteressant. Viele Aspekte sind für mich neu, aber die Herleitungen sind sehr schlüssig und überzeugend.
Danke , wobei ich keine Ahnung habe ob meine Überlegungen stimmen. Ich versuche nur meine Beobachtungen einzuordnen.
Zitatder Kamillensamen in der Bordwand noch nicht ausgeblüht ist
Ich habe das Gießen vergessen
ZitatSo sind beispielsweise die "Pavesses" (Sichtschutzabdeckungen über den Geländern des Heckbereiches), glaube ich, einmalig und absolut gelungen. und selbst die Farbe ist historisch korrekt und stimmig!
Ah so heißen die Teile also, mir war nur die englische Bezeichnung "fighting cloves" bekannt. Die sind allerdings sehr simpel gemacht, ein Streifen Seidenpapier und Ölfarbe, Karminrot war es.
ZitatHatte ich das richtig in Erinnerung, dass dieses Modell zusammen mit anderen in einer Gefechtssituation zu sehen sein soll und auch noch beschädigt werden wird? Wie soll denn das nun gehen, nachdem alles an seinem Platz zu sein scheint?
Ja richtig, außer der Edam wären das noch die englische Royal Katherine und die holländische Eendracht. Mit den Zeichnungen der Katherine hatte ich vor zwei Jahren angefangen, an diese Baustelle muß ich wieder ran. Mit der Eendracht ist Werner beschäftigt, da muß ich einfach nur abwarten und in regelmäßigen Abständen mal quängeln
Mit den Beschädigungen hast du ein schwieriges Thema angesprochen, das fällt nämlich gar nicht so leicht. Auf der Backbordseite habe ich einige Einschußlöcher gebohrt, Steuerbord wird noch folgen. Vormast und Blinde sind schon beschädigt. Wenn die Segel dran sind kommen da auch Einschüsse rein. Schäden an der Takelage sind eine Überwindung, mit etwas zeitlichem Abstand fällt es aber leichter die Schere zu zücken, war bei den Einschußlöchern in der Bordwand auch so. Durchschossene Wanten könnte ich mir zum Beispiel gut vorstellen.
ZitatJa, mein lieber Holger, mir fehlen wie so oft einfach die Worte! Feine Arbeit.
Danke dir Werner, wie steht es denn mit der Eendracht? Bevor ich mich wieder mit dem Konstruieren beschäftige, mache ich erst mal das Modell fertig.
ZitatAber warum sind die Bilder so klein?
OK, hier welche in groß IMG_4724kk.jpeg - Bild entfernt (keine Rechte)IMG_4729kk.jpeg - Bild entfernt (keine Rechte) IMG_4731kk.jpeg - Bild entfernt (keine Rechte)
diese Frage kann ich im Augenblick nicht schlüssig beantworten. Werkel täglich an der Eendracht, aber die Takelung bringt mich immer wieder an den Rand des verzw..... Ich denke, dass ich noch einige Zeit benötigen werde, um die restlichen Zeichnungen fertig zu stellen. Der Text ist mittlerweile auf einem guten Weg. Dauert halt doch länger als man denkt.