Robbi, Danke für den Hinweis. Hat auch ein paar weitere Erkenntnisse gebracht.
Hier geht es mit einem kleinen Update weiter:
Fortsetzung: Ausrüstung der Rahen – u. a. Jackstage - Filière d`envergure Petrejus schreibt in seinem Buch „Das Modell der Brigg der Irene“ auf Seite 207, das um 1811 zum ersten Mal Rahen mit Jackstagen ausgerüstet wurden. In den frühen 1820er Jahren waren diese bei größeren Rahseglern allgemein in Gebrauch, so Petrejus weiter. Dies deckt sich auch mit Aussagen im Journal des Deutschen Schifffahrtsarchivs zur Hamburger Galiot Mary Ann auf Seite 413. Anfangs bestanden diese aus Tauwerk aus Naturfaser, und später waren diese aus Drahttauwerk bzw. Eisenstangen gefertigt. Wie auf einigen Bildern des Pariser Originalmodells der La Créole eindeutig zu erkennen, fanden dort auch schon Jackstage aus steifgesetztem Tauwerk Verwendung. Auf den Plänen der Monographie von Jean Boudriot zur La Créole selbst habe ich dazu nichts gefunden. Unter der Abbildung auf S. 170 ist jedoch eine kurze Beschreibung zu den Jackstagen zu lesen. Dementsprechend sollen die Segel nur an den Unter- und Marsrahen mittels Jackstagen angeschlagen gewesen sein, wenn ich es richtig verstanden habe. Die Brahm- und Royalsegel wurden offensichtlich in der herkömmlichen Art und Weise an der Rah mitttels Bändsel befestigt. LaCreole_yard.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Quelle: Monographie La Creole von J. Boudriot, S. 170
Da die Jackstage bis auf die Nocklegel die ganze Zugkraft der Segel aufnehmen mußten, bin ich der Meinung, dass zu deren Befestigung oben auf den Rahen massive Augbolzen mit Kragen zum Einsatz kamen. Insofern orientiere ich mich hierzu an einer Zeichnung aus dem Atlas du Génie maritime, die einen massiven geschmiedeten Augbolzen darstellt. Ob diese Aufbolzen nun auch für diesen Zweck zum Einsatz kamen, konnte ich nicht feststellen. Ganz abwegig eschien mir diese Möglichkeit jedoch nicht. Piton_du_barres_de_manouevre.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Quelle: Ausschnitt aus Atlas du Génie maritime
Daher fertigte ich maßstäbliche Probestücke und montierte sie auf einer Rah, die als Ausschuss bei der Rahfertigung anfiel. Nach dem Einziehen eines gekleideten Taues in der entsprechenden Dicke sieht es meiner Meinung nach ganz passabel aus, wie auf dem folgenden Bild zu sehen ist. DSC00993.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Die Jackstage waren oben im vorderen Bereich auf den Rahen angesetzt. Ein gekleidetes Tau wurde zunächst mit einem Augspleiß um die Rahnock gelegt und fuhr dann durch die Augbolzen, welche im Abstand von etwa 3 m auf der Rah befestigt waren, in Richtung Rahmitte. Dort am Tauende des Jackstags war eine Kausch eingebunden. Mit der Kausch des Jackstagsendes aus der anderen Richtung und einem eingeschorenen Taljereep wurden die Jackstage in der Rahmitte verspannt. Werde mich dann demnächst an die Anfertigung und Montage der Jackstage machen.
Parallel dazu sind noch eine Vielzahl von Fragen zur Ausrüstung der Rahen zu klären, wie z. B.: - Reihenfolge der auf die Rahnocken aufzulegenden Taue (Jackstage, Toppnanten, Brassenstroppen, Fußpferde, Nocktakel mit Hanger etc.) - Ausführung und Befestigung der Spingpferde - Anzahl und Größe der Rahblöcke - Rahhanger und Befestigung etc. Inwieweit die Franzosen wie die Engländer die Nocktakel an Groß- und Fockrah ständig führten oder nur bei Bedarf angebracht haben bedarf auch noch einer Klärung. Beim Pariser Modell sind allerdings keine Nocktakel zu sehen. Allerdings vermisse ich entsprechende Hanger an den Rahnocken, um sie bei Bedarf anzuschlagen. Wie von Petrejus beschrieben, wären hier jedoch um die Rahnocken gelegte Stroppen denkbar, an denen bei Bedarf die Nocktakelhanger inkl. Talje eingehakt werden konnten.
Wäre für Hinweise und Anregungen zu den offenen Fragen sehr dankbar.
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Hallo Johann, Tolles Detail. Für die Reihenfolge zum auflegen der Taue auf der Rahnock steht im Marquardt so einiges. er beschreibt zwar Hauptsächlich die englischen Schiffe aber auch immer etwas zu den kontinentalen. Vielleicht findet sich ja dort etwas. Lieben Gruß Frank
Ohne über die richtige Primärliteratur zu verfügen, würde ich von der Logik her annehmen, dass der Jackstag als letztes über die Rahnock gestreift wird, da er gegen die Mitte, bzw den Gegenpart unverrückbar steifgesetzt wird und somit alle zuvor übergestreiften Takelteile daran hindert, unkontrolliert von der Nock zu rutschen.
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
Bei den Österreichern (siehe Sterneck et al. 1873ff) wurden zunächst die Fußpferde und dann die Jackstage über die Nocken gestreift. Ich habe mir jetzt nicht den entsprechenden Text dazu durchgelesen, aber für mich macht das Sinn, da beide sozusagen Teil der Rah ist, während die anderen Taue z.B. beim Streichen der Rah entfernt wurden.
Bei den Österreichern war nur der Spleiß von Jackstag und Fußpferden bekleidet, während die Augen und der Rest unbekleidet waren. Das macht wiederum Sinn, da beim Anbändseln der Segel die Bekleidung mit der Zeit heruntergerissen würde. Dito beim Stehen auf den Fußpferden.
Hier meine weiteren Rechercheergebnisse zu diesen Thema: Fortsetzung: Ausrüstung der Rahen – u. a. Jackstage - Filière d`envergure Zwischenzeitlich versuchte ich über zeitgenössische Fachliteratur weitere Informationen zu diesem Thema zu erhalten. Die Suche in der digitalen Bibliothek der Französischen Nationalbibliothek war soweit erfolgreich. In dem Werk „Manuel du Manoeuvrier“ habe ich diese Darstellung gefunden. Zwar handelt es sich hier bespielhaft um die Nock einer Bramrah, wo im Zusammenhang mit einem Aufholer die entsprechendenTakelelemente der Reihe nach aufgelegt sind. Manuel_du_Manoeuvrier_Agustin_Challamel_1891_S235.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Quelle: Manuel du Manoeuvrier, Agustin Challamel, Paris 1891, Seite 235
Insofern gehe ich davon aus, dass diese Reihenfolge grundsätzlich auch für die anderen Rahen angenommen werden kann, denn auch Petrejus beschreibt im Buch zur „Brigg Irene“ diese Anordnung. Klar ist, dass für die Unterrahen noch ein Hanger bzw. ein Stropp mit Kausch für das Rahtakel berücksichtigt werden muss. Ich tendiere zu der Annahme, wie auch von Petrejus beschrieben, dass es später auch allgemein durchaus üblich war, die Rahtakel abzuschlagen, wenn sie nicht gebraucht wurden. Auf die Nocklegelkausch konnte wohl bei den Rahen verzichtet werden, die über entsprechende Klampenansätze an den Rahnocken verfügten. Was es mit dem Aufholertau auf sich hat, konnte ich mit dem „Paasch“ zumindest für mich auf die Schnelle soweit klären: „ … dünnes Tau, welches zum Aufholen solcher Gegenstände (… Segelhals, Rahtakel) dient, die nicht viel Kraftaufwand erfordern …“
Zur Bekleidung der Jackstag- und Fußpferdtaue sind die Argumente von Eberhard nicht von der Hand zu weisen.
Hierzu Beispiele der USS Constitution und der L´Hermione, die bekleidete Varianten von Fußpferden, und ein unbekleidetes Jackstagtau zeigen.
DSC_0632.thumb.JPG.b6028472a49cf70b3aeb767619022581.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Quelle: Internet - USS Constitution
1551471_595985560490541_1521116764_n.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Quelle: Internet - L´Hermione
Wobei meines Wissens das Jackstagtau bei der L´Hermione historisch so nicht korrekt sein kann, aber es wohl als Sicherheitsleine für die Mannschaft dient.
Diese Darstellung von einem Jackstag und Fußpferd zeigen unbekleidete Taue. Hier ist auch ein Stropp mit Kausch und eingehängtem Rahtakel zu sehen. GMGPL019.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Quelle: Atlas du Génie maritime, annexe Nr. 1, Ausschnitt Pl. 19
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Bela meinte wohl Nr. 4, die bei bei Challamel dünner dargestellt sind. Da das Werk von 1891 ist, dürfte das der Stander des Braßblocks sein, der damals aus bekleidetem Drahttauwerk bestand.
Falls bei der CONSTITUTION das Fußpferd aus Drahttauwerk ist, könnte es Sinn machen, es zu bekleiden, weil dadurch der Halt der Füße gegenüber dem blanken Draht verbessert wird.
Fortsetzung: Ausrüstung der Rahen – Quarterblöcke der Unterrahen - Poulies d´ecoute et de cargue-point Weiter geht es mit der Anfertigung der Blöcke für die Unterrahen. Im ersten Schritt stellte ich die Quarterblöcke, die an der Rah mittig mittels Doppelstropp angeordnet waren. Diese Einfachblöcke dienten zur Umlenkung der Marschoten und gehörten mit zu den größten Blöcken der Korvette. Für die Großrah des Modells sind diese Blöcke 8,7 mm und für die Fockrah 6,8 mm lang. Die Blockherstellung erfolgte in der üblichen Art und Weise und bei dieser Größe wurden auch echte Scheiben eingebaut. In der Euphorie habe ich versehentlich vier 8,7 mm lange Quarterblöcke angefertigt, wobei natürlich nur zwei für die Großrah benötigt werden. DSC01072.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Für die Herstellung der Scheiben wurde ein Messingstab auf den erforderlichen Durchmesser von 5 mm abgedreht, Achslöcher gebohrt und Nuten eingeschnitten. Mit der Juweliersäge sägte ich dann die Scheiben ab. DSC01073.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Hier sind die fertigen Blockgehäuse mit den Scheiben und Achsen zu sehen. DSC01075.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Auf dem letzten Bild habe ich die fertigen Quarterblöcke für die Großrah zusammen mit einem Einfachblock abgebildet. In dieser Bandbreite bewegen sich die Blockgrößen für das Modell. DSC01079.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Nach Anfertigung der Quarterblöcke für die Fockrah liefere ich dann noch ein Bild nach, um den Größenvergleich zu sehen. Zwischenzeitlich habe ich dankenswerter Weise auch noch interessante Informationen von G. Delacroix zur Takelung der Rahen erhalten Bis demnächst …
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner