Hallo Johann, hallo Peter Damit es nicht zu Missverständnissen zwischen Euch beiden kommt, erlaube ich mir eine kleine Anmerkung: Einen Gaffelbaum gibt es nicht. Man spricht entweder von der Gaffel oder Gaffelspiere, das ist die obere Spiere, oder vom Besanbaum oder schlicht dem Baum, evtl. wäre noch Gaffelsegelbaum möglich, das ist die untere Spiere, um die es Johann geht.
Zur Frage von Johann: Marquardt skizziert die folgenden Möglichkeiten:
Interessant ist auch, was Leather dazu geschrieben hat, ich hoffe die Auflösung reicht zum Lesen. Meine praktischen (Modell-)Erfahrungen mit verschiedenen Beschlägen haben mich entweder auf die altmodische Gabel oder auf den von Johann eingestellten Beschlag, wie ihn Whitney und Luce skizzieren auskommen lassen. Nur diese beiden lassen eine Aufwärtsbewegung der Baumnock zu. Bei den von Marquardt unter 5 und 6 gezeigten Beschlägen käme es zu einem Bruch des Beschlages, würde die Baumnock nach oben gezogen (was bei gefierter Schot, also auf Kursen vor oder mit halbem Wind durchaus vorkommt).
Da die von mir als suboptimal beschriebenen Beschläge aber nun einmal lange und häufig verwendet worden sind, scheint es Vorkehrungen gegeben zu haben, die den Baum nieder halten. Eine Möglichkeit wäre ein Stropp oder eine Spannschraube vom Mastfuß zum Baum, der so angesetzt ist, dass er sowohl zum Mast, als auch zum Baum einen Winkel von ca. 45° bildet. Diesen Stropp, bzw. seine Ausführung mit einer Spannschraube wird in der Modellsegelei häufig eingesetzt, ob er auch in der bemannten Segelei eingesetzt wurde und wenn ja ab wann, entzieht sich meiner Kenntnis.
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
Danke für Deine Erklärung. Ich hatte auch so meine Schwierigkeiten bei der Bezeichnung des unteren Baumes einer Gaffel. Im H. Paasch fand ich dann die Bezeichnung des unteren Baumes als Gaffelsegelbaum. Da mir diese Bezeichnung aber zu sperrig geklungen hat, entschied ich mich für Gaffelbaum nach Mondfeld. Alternativ spricht er dabei auch von einem Giekbaum. Tatsächlich geht es mir dabei um die untere Spiere.
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Mit Deinen Ausführungen liegst Du vollkommen richtig!
Bei den Franzosen gab es in den 1830/40 Jahren Jahren in der Tat schon Baumbeschläge bestehend aus dem modern anmutenden "Lümmel" und "Schwanenhals". Wo z.B. bei anderen Nationen die "Baumklaue" auf einem Sattel am Kreuzmast eines Vollschiffe saß, besaß die Korvette LA CREOLE dafür ein schmiedeeisernes "Mastband mit Auge", den Schwanenhals. In dieses Auge war nur der gebogene Lümmmel eingesteckt, der an der Unterseite durch einen Vorreiber gegen das ausheben gesichert war.Die Gaffel besaß dagegen eine konventionelle "Gaffelklaue" und als Rack wohl "Schlieten".
Interessanter Weise besaß die Fregatte LA BELLE POULE (1834) an all ihren 3 Masten wo sie auch "stehende Gaffeln" (nicht zu fieren) fuhr, sowie auch am Besahnbaum solche beweglichen Lümmel mit Gelenk. An beiden zeitgenössischen Modellen in Paris sind diese Eirichtungen der Lümmmel mit Gelenk gut nachweisbar, bei Boudriot aber für den Besahnbaum nicht vorhanden und von ihm nur für die "Backspier" vorgesehen!
Es mag hier auch als kleiner Nachtrag erlaubt sein und noch kurz zu erläutern, wie und was es an der Backspier noch anzumerken gibt. Dies ist nicht in der LA CREOLE Monographie näher beschrieben! Als Quelle dient die nachstehende offizielle Zeichnung nach amtlichen Marine - Erlass und dem "Takelungs - Reglement" von 1854.
Backspiere.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Quelle: TAY , M. Ingenieur de la Marine, ETUDES SUR LE GREEMENT, Paris 1860
Was man von den Modellen schon kennt, ist die Tatsache daß hier ein Lümmel mit Gelenk ebenfalls klar zu erkennen ist und die Backspieren vertikal stehend an Vorkante Fockrüsten an dem ersten "Spann Wanten" gelascht waren. In der britischen Marine waren sie dagegen waagerecht in "Backspierbügeln" gestaut. Die beiden wichtigsten Funktionen der ganzen Einrichtung war zum ausholen der Schoothörner des "Unterleesegels"und zum anderen auf Rheede den Mannschaften in den Beibooten Anlegemöglichkeit zu bieten. Dazu gab es "Jakobsleitern" und Taue sog. "Kundwächter" an deren Kauschen unten die Fangleinen der Beiboote festmachen konnten. Um an Bord zu kommen, mussten also Mannschaften die Strickleitern aufentern, da der Zugang über das "Falllreep" den Offizieren vorbehalten war.
vielen Dank für Deine Erläuterungen. Damit erhielt ich neben der Klärung eines Details auch wieder viele interessante Informationen. Hierzu noch eine letzte Frage: Wie muss ich mir den Vorreiber vorstellen? Analog der Zeichnung von z. B. Whitney?
Hallo Robbi, auch bei Dir möchte ich mich für Deine Bildbeitrag bedanken.
@ Willi
Hallo Willi, auch Dir nochmals herzlichen Dank. Zwischenzeitlich habe ich zu den Begrifflichkeiten eine Gaffelsegelbaums noch im K. Schrage nachgelesen. Er spricht vom Besanbaum. Hatte der Besanbaum die gleiche Länge wie die Gaffel, hieß er einfach Baum. War er länger, als die Gaffel, wurde er als Giekbaum bezeichnet, so K. Schrage.
Der Baum wurde von mir bereits an meiner Drehbank hergestellt. Nachdem nun der Beschlag Dank eurer Hilfe geklärt ist, werde ich mich damit demnächst beschäftigen. Heute habe ich auch bereits mit dem Drechseln der Gaffel begonnen, da der Keller noch das angenehmste Klima im ganzen Haus bietet.
Demnächst werde ich euch dann wieder mit Bildern belästigen …
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Ein weiteres Detail an der Gaffel der La Creole beschäftigt mich derzeit. Auf einer Abbildung des Pariser Modells entdeckte ich an der Gaffelnock folgendes Detail:
La_Creole_Gaffeltop_2.JPG - Bild entfernt (keine Rechte) Quelle: Musée de la Marine (Bildausschnitt)
Auf keinem den mir zur Verfügung stehenden Bildern des Pariser Modells konnte ich dieses Detail in höherer Auflösung finden. Scheinbar handelt es sich um einen schmiedeeisernen Abschluss der Gaffelnock an dessen Ende sich entweder ein geschmiedetes Auge oder sogar eine kleine Blockscheibe für die Flaggleine befindet.
Um entscheidende Hinweise bzw. weiterführende Informationen wäre ich wiederum sehr dankbar.
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Mit der Eisenstange und kleinem Metallblock sowie 1 Bronzscheibe in der Gaffelnock, hast Du vollkommmen richtig in das Schwarze getroffen! Wenn man weiss daß Gaffelflaggen nach einer alten Regel in der Länge 1/2 Schiffsbreite und die "Heisshöhe" in Proportion zur Länge die auswehende Fläche ausmachten, wird dies verständlich.
In der Vorderkante der Gaffelflagge im "Flaggenbrook" ist die ungeteerte Flaggleine eingenäht und oben mit einem kleinen hölzernen "Knebel" versehenen. Der untere Teil der Flaggleine , dem "Flaggleinsteert" der ca. 1-2 m aus der Brook herausragt, ist ebenfalls mit einem hölzernen Knebel versehen an den die Flaggleine über ein "Tauauge" gestreift wird! Anstelle der hölzernen Knebel kamen dann etwa um die Jahrhundertmitte stattdessen schon kleine gegossene Bronze-Schäkel auf.
Landesflaggen gab es als große Flaggen am Flaggenstock zum paradieren und kleinere an der eisernen Gaffelnock als "Dienstflagge" und die kleinsten als "Sturmflaggen" oder die "Bootsflaggen" Zur Gaffelflagge ist dann natürlich der hier schon abgehandelte "Flögel", oder der "Wimpel" am Großmasttopp ebenfalls zu zeigen!
herzlichen Dank für Deine Antwort mit den zusätzlichen Informationen. Wiederum ein schönes Detail an dessen Umsetzung ich mich dann gleich machen werde. Da muss der Schwanenhals für den Gaffelsegelbaum noch etwas warten.
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Ich denke die Frage galt der Befestigung des Baumes des Gaffelsegels. Die Boudriotsche Version ist eine einfache Version, die eigentlich nur auf kleineren Booten verwendet wurde. Der Haken wurde in eine einfache Öse eingepickt. Möglich, daß diese Version seinerzeit auch für größere Schiffe verwendet wurde. Die Gelenkbolzen wie auf den anderen Zeichnungen sind wohl schon ab dem zweiten Viertel des 19. Jh. in Gebrauch gewesen.
Die Boudriotsche Version ist eine einfache Version, die eigentlich nur auf kleineren Booten verwendet wurde. Der Haken wurde in eine einfache Öse eingepickt. Möglich, daß diese Version seinerzeit auch für größere Schiffe verwendet wurde. Die Gelenkbolzen wie auf den anderen Zeichnungen sind wohl schon ab dem zweiten Viertel des 19. Jh. in Gebrauch gewesen.
Bei der ganzen Euphorie für das Detail an der Gaffelnock habe ich ganz vergessen, dass ich natürlich erst mal die Gaffel und der Gaffelsegelbaum anfertigen muss.
Fortsetzung: Gaffel Mit Hilfe meiner modifizierten Emco Unimat SL stellte ich den Gaffelsegelbaum und die Gaffel aus Birnbaumholz in bewährter Weise her. Die Gaffelklaue ist mit Versätzen direkt an die Gaffel angebaut, um hier eine kraftschlüssige Verbindung zu gewährleisten. Dementsprechend musste die Gaffel in diesem Bereich im Querschnitt viereckig ausgebildet werden. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Gaffel mit etwa 40° Neigung zum Kreuzmast steht. Insofern ist die Ausrundung in der Klaue dementsprechend herzustellen. Wie auf den folgenden Bildern zu sehen, habe ich versucht mich der Fertigung der Klaue schrittweise zu nähern. DSC06017.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
DSC06020.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
DSC06023.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
DSC06025.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
DSC06027.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Demnächst mehr davon …
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Nach dem ich zu meiner Vermutung eine Bestätigung von Peter Rückert @peternavalis erhalten habe, dass an der Gaffelnock der La Crèole ein Metallblock an einer Eisenstange befestigt war, machte ich mich an die Umsetzung dieses schönen und interessanten Details.
Hierzu stellte ich eine Aufsteckhülse als Drehteil (ø 2,8 mm bis ø 2,5 mm) und eine Tragestange (ø 1,1 mm) für den metallenen Einfachblock (Länge = 4 mm) her. Alles ist in gewohnter und bewährter Weise aus Messing ausgeführt. Der Block wurde aus Messingblechen unterschiedlicher Dicken (1,0 mm / 0,5 mm) hart verlötet und anschließend mittels Feilen und Schleifen in Form gebracht. Die Gesamtlänge dieses Bauteils beträgt rd. 25 mm. Die Bronzescheibe durfte natürlich auch nicht fehlen. Sie hat einen Durchmesser von 2 mm bei einer Dicke von 0,45 mm auf einer Achse von ø 0,5 mm. DSC06059.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
DSC06068.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Zum Abschluss noch provisorisch eine Flaggleine durchgezogen. DSC06074.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Was fehlt noch an der Gaffel und dem Gaffelsegelbaum? - Am Gaffelsegelbaum ist noch etwa mittig eine Klampe und an der Nock ein Scheibgatt anzubringen - Augbolzen für die Gaffel im Bereich des Verbundstücks bei der Klaue - Lederfütterung der Klaue - Bohrungen für das Perlenrack Ich denke, dass es das war, oder habe ich etwas vergessen? Bis demnächst …
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner