Dass es über den Lübischen Adler wenig verlässliche und weitgehend widersprüchliche Angaben gibt, ist keine bahnbrechende Erkenntnis, aber dieser Umstand erschwert den Bau eines mehr oder weniger authentischen Modells ungemein. Andererseits lässt diese Situation auch Raum offen für gewisse „künstlerische“ Freiheiten und Interpretationen. Somit erhoffe ich mir eine gewisse Milde seitens der Experten bei der Begutachtung des Modells. Ich habe versucht aus den mir zur Verfügung stehenden Unterlagen, Pläne im Massstab 1:60 zu erstellen, die ein Schiff erstehen lassen, das dem Adler ähnlich sieht (soweit man überhaupt weiss, wie er ausgesehen hat). Die Hauptabmessungen folgen in etwa den Angaben nach van der Horst, den Hauptspant habe ich den Graupner- Plänen nachempfunden. Die Konstruktion des Rumpfes habe ich analog einer Methode von Monceau erstellt. Die Masten und Rahen sind für Segelflächen gem. Angaben vom Graupner- Modell ausgelegt, obwohl die einzelnen Abmessungen vom Baukasten- Modell erheblich abweichen. Ich habe hier versucht, mich an gewisse Angaben von Mondfeld anzulehnen. IMG_1381.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) IMG_6466.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) IMG_6472.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Bis demnächst Gruss Oceanos
Hallo zusammen Herzlichen Dank für Euer Interesse und Eure Rückmeldungen, dank denen ich bei einem so ungewissen Projekt abschätzen kann, wo ich in etwa stehe. Wenn mein erster Beitrag etwas nach Kochrezept (man nehme...etc.) riecht, so habe ich lediglich aufzuzeigen versucht, an welche Quellen und Vorgaben ich mich bei der Konstruktion angelehnt habe. Grundsätzlich möchte ich meinen Adler analog dem Graupner-Modell - jedoch im Massstab 1:60 - bauen und bin dabei wie folgt vorgegangen: Den Abstand zwischen den Loten habe ich so festgelegt, dass die Anzahl Kanonen auf den einzelnen Decks mit ihrem Mindestabstand (gemäss jeweiligem Kaliber) Platz finden, und dabei eine Gesamtlänge für das Modell herauskommt, die in etwa den Angaben von Van der Horst entspricht. Den Hauptspant sowie die Umrisse des Unterspiegels habe ich mehr oder weniger dem Graupner-Modell nachempfunden. Die Spanten dazwischen habe ich gemäss einer Theorie konstruiert, wie sie Duhamel du Monceau (allerdings erst viel später) beschreibt. Zudem habe ich die Neigung des Achtersteven vom Graupner übernehmen, den Bug habe ich aber unter Berücksichtigung der Position des Fockmastes bei Monceau abgekupfert. So ist schliesslich eine Rumpfform entstanden, die sich einerseits auf später überlieferte Bauweisen abstützt und andererseits –zumindest von blossem Auge eines Laien gesehen- nicht merklich vom Graupner- Modell abweicht. Falls jemand aus dem Forum mehr über Theorie und Konstruktion von Spanten bei alten Segelschiffen weiss, wäre ich für ein späteres Projekt (Endracht, Aemilia) sehr dankbar. IMG_6988.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)IMG_6996.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)IMG_6947.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Beim nächsten Beitrag wird es nicht minder kontrovers zugehen, wenn es um die Öffnungen für Handfeuerwaffen oder die seitlichen Wehrgänge geht. Bis dann herzliche Grüsse Oceanos
Wir haben im Förderverein "Deutsche Museumswerft" acht Jahre lang auf höchster Ebene über den Adler recherchiert mit der Absicht die Deutsche Museumswerft in Lübeck zu gründen und dort den Adler seetüchtig als Rekonstruktion zu bauen. Inspiriert waren wir vom Bau der "BATAVIA" in Holland.
Acht Jahre lang harte Arbeit und ca. 240.000 Euro Investitionen für Machbarkeitsstudien und anderes wurden mit einem Schlag von der Stadt Lübeck zunichte gemacht. Wir hatten eine schriftliche Zusage, daß die Stadt Lübeck das Werftgelände aus einem Insolvensverfahren erwerben und an uns verpachten wollte. Am Tag der Versteigerung war Niemand von der Stadt Lübeck anwesend und das Gelände - nur 300 Meter von der historischen Baustelle des Adlers entfernt - ist heute Lagerplatz eines Bauunternehmers.
Den Schock haben wir bis heute noch nicht überwunden und der Förderverein wurde 2013 aufgelöst. Die gesamte Dokumentation unserer Arbeit ist noch als PDF im Internet auf 125 Seiten Download vorhanden :
Ich selbst war im Förderverein für den Modellbau zuständig. Habe aber das angefangene Modell aufgegeben, weil die vorhandenen Informationen für eine Rekonstruktion noch nicht ausreichen. Und weil uns die Recherchen der Fachprofessoren aus Rostock und Freiburg nicht mehr zur Verfügung stehen, ist mit weiteren Erkenntnissen nicht mehr zu rechnen.
Die wichtigesten Quellen sind :
1. eine wissenschaftliche Studie von Dr. Karl Reinhardt, die er 1938 in der "Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte und Alterumskunde , Band XXIX, Heft 2" veröffentlicht hat Sein Modell davon ist in Lübeck im Holstentor noch vorhanden. 2. Weiter sind in Lübeck in der "Schiffergesellschaft" ein Modell des Adlers vorhanden, welches wahrscheinlich um 1700 gebaut wurde, und ein zeitgenössisches Gemälde.
3. Im Deutschen Museum München ist ein Modell von unserem Mitglied Karl Heinz Marquardt vorhanden, welches er 1956 gebaut hat. Nach diesem Modell hat Herr Marquardt im Auftrag von Graupner die Graupner-Pläne und den Baukasten 1960 entwickelt. Leider mit strengen Auflagen von Graupner, die das Münchener Modell veränderten.
Lieber Oceanos, bitte nimms mir nicht über, aber es tut mir ein bißchen weh, wenn nach all der mühevollen Arbeit und wissenschaftlichen Recherchen ein Modell vom Adler gebaut werden soll, welches aus nicht authentischen Quellen zusammengesetzt wird - und dann noch vom Mondfeld .
Ich würde Dir vorschlagen, halte Dich an den Graupner-Plänen und der dazugehörigen Bauanleitung und Du wirst ein gutes Modell bekommen, welches den bisher vorhandenen Recherchen nahe kommt. Für den normalen Modellbau sind das die besten Unterlagen - allerdings nicht ausreichend für eine Rekonstruktion. In der Studie von Dr. Reinhardt stehen die genauen Maße, entnommen aus den noch vorhandenen Artilleriebuch des Adlers. Dr. Reinhardt hat übrigens in den 40er Jahren seine Studie in modifizierter Form für den einfachen Modellbau mit Plänen und Baubeschreibung in einer Modellbau-Zeitschrift veröffentlicht. Die habe ich aber gerade nicht im Kopf, da müßte ich nachschauen.
Außerdem solltest Du Dir unbeding die beiden Modelle in Lübeck und das Gemälde ansehen. Und ich bitte Dich, bau' nicht einen "Neuen zusammengesetzten " ADLER VON LÜBECK ", sondern verwende die vorhandenen Erkenntnisse. Ich will Dir gerne mit meinem Wissen dabei helfen.
Liebe Grüße Klaus
"Eigentlich bin ich ja ganz anders, aber ich habe zu selten Gelegenheit dazu "
"Fang' nie an aufzuhören, und höre nie auf anzufangen" (Joachim Fuchsberger)
Zitat von Klaus aus LG im Beitrag #2 ...aber es tut mir ein bißchen weh, wenn nach all der mühevollen Arbeit und wissenschaftlichen Recherchen ein Modell vom Adler gebaut werden soll, welches aus nicht authentischen Quellen zusammengesetzt wird........
Ich würde Dir vorschlagen, halte Dich an den Graupner-Plänen und der dazugehörigen Bauanleitung und Du wirst ein gutes Modell bekommen, ................
Also diesen Einwand verstehe ich nicht ganz:
Abgesehen davon, dass der Baufortschritt des Modells von Oceanos schon so weit ist, dass er das Modell verschrotten müsste, um diesem Vorschlag zu folgen, kann man auch beim Graupner Modell nicht wirklich sagen, dass es auf authentischen Quellen beruht und in der angeführten Zusammenfassung der Arbeiten des (nicht mehr existierenen) Fördervereins wird das dieses auch nicht als besonders realistisch beurteilt. Das einzige was man bei einem Modell des Adlers von Lübeck machen kann (oder bisher konnte, wenn man die vorhanden Modelle berücksichtigt), ist ein Modell zu bauen, das möglichst so aussieht wie das zeitgenössische (?) Gemälde (von dem aber auch fraglich ist, wie weit dieses überhaupt das Schiff eingiermaßen realistisch wieder gibt) und das trifft für das Graupner Modell zu, aber genau so für das von Oceanos vorgestellte. Nach dem was bisher hier gezeigt wurde, glaube ich nicht, dass das Modell von Oceanos sich nicht an einem nach dem Graupner Plan gebautem messen könnte.
wie würde man denn ein Schiff darstellen, von dem nur wenige Informationen vorliegen? Zeichnungen gab es damals nicht, nicht einmal in Ansätzen. Ist ein Besteck bekannt, nachdem ein solches Schiff gebaut wurde? Selbst wennn die eine oder andere Information vorliegt, ist eine Rekonstruktion immer eine hypothetische Angelegenheit, die nach bestem Wissen und Gewissen erstellt worden ist. Es sei die Frage erlaubt, was will man bauen? Ein schönes Modell, ein historisch korrektes Modell oder ein Modell, welches dem Original nahe kommt? Egal, für welchen Weg man sich entschließt. Er ist immer mit einem Fragezeichen zu versehen. Ich würde dieses Modell so bauen, wie es mir gefällt. Historie hin, historie her.
wie würde man denn ein Schiff darstellen, von dem nur wenige Informationen vorliegen? Zeichnungen gab es damals nicht, nicht einmal in Ansätzen. Ist ein Besteck bekannt, nachdem ein solches Schiff gebaut wurde? Selbst wennn die eine oder andere Information vorliegt, ist eine Rekonstruktion immer eine hypothetische Angelegenheit, die nach bestem Wissen und Gewissen erstellt worden ist. Es sei die Frage erlaubt, was will man bauen? Ein schönes Modell, ein historisch korrektes Modell oder ein Modell, welches dem Original nahe kommt? Egal, für welchen Weg man sich entschließt. Er ist immer mit einem Fragezeichen zu versehen. Ich würde dieses Modell so bauen, wie es mir gefällt. Historie hin, historie her.
Hier muss ich mich der Meinung von Werner anschließen. Es ist generell ein heißes Eisen Schiffe aus dieser Zeit zu rekonstruieren. Eine 100 % Zuverlässigkeit kann es nie geben, man kann sich nur annähern - siehe Mary Rose, Great Harry usw. Mich persönlich würde das auch nicht sonderlich umtreiben. Bei einem gut gebauten, in sich stimmigen Modell sind ein paar Fragezeichen hinnehmbar.
Viele Grüße Peter
In der Werft : Baltimore Clipper Schoner "Berbice" 1:50
"Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren." (Karl Lagerfeld)
Mein neues Buch in Deutsch und Englisch erhältlich: "Die Farbe Blau im historischen Schiffbau - von der Antike bis in die Neuzeit" siehe dazu: http://www.modellbau-muellerschoen.de
Hallo Otto Viele Meinungen. Lass Dir aber nichts einflüstern, mach', wie Du meinst, wie Du geplant hast, nach Deinen bisher gezeigten Ergebnissen kann das nicht so verkehrt sein. Du kannst hier Hilfen bekommen, aber die Entscheidungen liegen bei Dir. Ich wünsche Dir gutes Gelingen und das Quentchen Glück, was auch dazu gehört.
Mir gefällt, was Du machst, mach' weiter so.
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
ZitatBeim nächsten Beitrag wird es nicht minder kontrovers zugehen, wenn es um die Öffnungen für Handfeuerwaffen oder die seitlichen Wehrgänge geht. Bis dann herzliche Grüsse Oceanos
Hallo, ich finde das Modell auch schön, vor allem da es etwas anders ist als die meisten. Außergewöhnlich und außerwewöhnlich schön. Weitermachen Gruß Jürgen
Ich kenne keinen sicheren Weg zum Erfolg, aber einen sicheren zum Misserfolg: Es jedem recht machen zu wollen.
Ich hab versucht meinen Baubericht zu ergänzen. Jetzt kommt die Meldung, dass das nur während einer begrenzten Zeit möglich ist. Wie gehe ich da am besten vor? Muss ich einen neuen Bericht erstellen, oder gibt es da andere Tricks? Gruss Oceanos