Zitat von Schmidt im Beitrag #960Wenn du in der Gattung bleiben willst, musst du meines Erachtens Segel darstellen, die ebenfalls eine Abstraktion bilden. Und das heißt, sie dürfen genauso wenig applizierte Farbe tragen wie die Hölzer des Rumpfes. Also Leinen Natur, versehen mit allen technischen Applikationen, die Segel nun einmal besitzen.
Nun, diverse Beschläge wurden durch Brünieren "gefärbt", das stehende Gut hat genaugenommen auch eine Farbe erhalten, es unterscheidet es sich vom hellen laufenden Gut und wäre nach deiner Definition nicht mehr abstrakt.
Während die Abstraktion das Weglassen von Einzelheiten definiert, gibt es näher betrachtet noch den Stil, definiert als charakteristische Erscheinungsform. Das Markenzeichen dieser Boote sind genau diese braunen Segel. Sie farblos darzustellen, wäre Stilbruch.
Das Verlassen der Abstraktion wäre dann die Konkretisierung oder Spezialisierung, das wäre in diesem Fall sinnvoll und erzeugte kein "Schulterzucken" bei Insidern der Materie. ;-)
Für die Färbung der Segel wurde neben den imprägnierenden Eigenschaften des Leinöls durchaus auch der Sud ausgekochter Eichenrinde verwende, es wäre ein Versuch wert zu schauen, welche Färbung dies ergibt. Last but not least, würde ich das Segel auf dem letzten Foto ebenfalls bevorzugen.
Deine Worte treiben in meinen Gedanken schon herum bevor Du sie aufgeschrieben hast und ich verstehe Deine Sicht. Natürlich wäre das ein Wendepunkt nicht nur am Modell. Schau mal auf die Anfänge zurück, als der BB als Test der eigenen Fähigkeiten begann und im Grunde der historische Anspruch hinten an stand. Damals war nicht daran zu denken wo ich heute bin. Manche Details sind ja auch nicht werftneu ( s. @Franz ); die Stahlwanten z.B. aber auch das Tauwerk (welches aktuell nochmal selbst geschlagen wird) ist ja eher grau. Die geschwärzten Teile ebenso wobei man diese auch nochmal bearbeiten müsste. Es gibt da schon zahlreiche Ideen, wie ich dem Boot ein paar Arbeitsjahre vermitteln kann und es würde mich daher sehr reizen den Weg weiterzugehen.
Da heute gutes Wetter ist, habe ich mals ein Bild bei Tageslicht gemacht. Hier sind die Schattierungen besser zu sehen.
Ich denke auch, daß einem Zeesboot mit weißen (oder besser hellgrauen) Segeln etwas Charakteristisches Fehlen würde. Die meisten Modellbauer gehen bewußt oder unbewußt stilitische Kompromisse ein, was z.T. auch an Sehgewohnheiten und unbewußten Konventionen liegt. Die meisten Schiffsmodelle, vor allem die in größerem Maßstab, sind in der einen oder anderen Weise oder hinsichtlich bestimmter Aspekte stilisiert.
Eine etwas scheckige Tanung liegt im Prozeß begründet und ist nicht unbedingt ein Zeichen fortgeschrittener Verwitterung.
Im AK-Forum hat sich eine paralle Diskussion über den Zeitpunkt entwickelt an dem die Segel getant wurden. Aus praktischer Hinsicht dürfte das so früh wie möglich geschehen sein. Nimmt man an, daß ein neues Boot typischerweise im Frühjahr ausgeliefert wurde, dann wird das Segel sicher einige Wochen oder gar Monate lang ungetant gefahren worden sein, damit es sich gut ausreckt. Durch das Recken würden nämlich zusätzliche Risse in der Tanung entstehen. Man wird also die Tanung irgendwann im Laufe des Sommers aufgebracht haben. Vielleicht gibt es dazu historische Informationen, Erzählungen o.ä.?
Hallo Johann @archjofo , ja, der Gesamteindruck sollte passen und ein möglichst realistisches Boot in seinerZeit darstellen.
*** gerade drüber gestolpert...
In der Slideshow der "FZ 110 Fortuna" sind sehr facettenreiche Tuchkombinationen zu sehen. Ich denke, dass die Eigner damit vielleicht auch immer wieder auf die Historie und den ursprünglichen Einsatzzweck der Boote aufmerksam machen.
hab´ mir die Slideshow angesehen. Dort sind alle Facetten von Zeesbooten vertreten, mit Farbe ohne Farbe wie Dein Boot, und die Segel in allen möglichen Schattierungen von weiß, beige, rotbraun bis braun, mehr oder weniger verwittert etc.. Kann man sich daran nicht orientieren?
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Ja natürlich, obwohl ich solche extremen Kontraste sicher nicht wählen werde. Bin am Überlegen, ob nicht in dem Zuge eben ein dezenter Touch an Gebrauchsspuren und eine Farbgebung am Rumpf passen würde .
Die Dinger lassen mir einfach keine Ruhe und somit habe ich mal versucht, welche aus Holz zu machen. In dieser Größe kommt nur Buchsbaum dafür infrage, denn selbst im Modellmaßstab von 1:20 haben die kleinen Racker nur 3 mm Außendurchmesser. Ihren Einsatzort finden sie an den Segeln, wo sie in die Schoten und Liektaue eingebunden sind.
Also Aussendurchmesser 3 mm, Breite 1,8 mm und das Auge hat 1,3 mm. Basis war ein kleiner Ast Buchsbaum, welcher auf der Unimat erstmal zu einem Stab abgedreht und in 11 Kausche durch leichtes Einstechen segmentiert wurde. Mit einer runden Nadelfeile wurde die Spur geformt.
Nun ging es an das Auskeepen des Auges. Da es immer sehr viel Mühe macht, entkommene Teilchen zu suchen, habe ich mir ein kleines Hilfsmittel gebaut um die winzigen Teile etwas zu arretieren um dann mit einer Auswahl kleiner Rundschleifer ans Werk zu gehen.
Am Ende schauen die Teile dann so aus und können vor dem Einbinden noch etwas gefärbt werden. Eine kleine Kausch war bereit, provisorisch Modell zu stehen.
Ich denke die Herstellungsmethode aus Holz ist gegenüber Metall etwas leichter und das Ergebnis ist akzeptabel. Zudem ist die maritime Verwendung nicht daher geholt. Holzkausche kamen im historischen Schiffbau durchaus zum Einsatz. Aus sogenanntem Pockholz, ein Holz der Guajakpflanze mit hoher Dichte, wurden neben Kausche aber auch andere Ausrüstungsgegenstände und Werkzeuge hergestellt.
Hallo Matthias, sehr schöne Bildstrecke. Auf diese Art habe ich die Juffern hergestellt. Ich habe sie aber nicht abgestochen sondern an der Drehbank mittels Laubsäge vereinzelt. Lieben Gruß Frank
Klasse gemacht und beschrieben. Ich hätte die Teilchen wohl noch mit flüssigem Sekundenkleber getränkt, damit sie mir nicht zerbröseln, aber wie es scheint, geht's auch so .
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
@Frank hab auch die Bügelsäge probiert - aber da hast du keine Hand frei um was zu fangen mit dem Abstecher lässt sich der Zustelldruck besser dosieren.
Nachdem das mit den Kauschen passt, konnte ich mich dem ersten Segel widmen. Die Reeperbahn war noch aufgebaut und somit wurden einige Taustärken geschlagen. Das bereits verwendete Tauwerk, welches ich zugekauft hatte wird nun beginnend mit dem Klüverfall in 0,8 mm ausgetauscht. Das Liektau mit 1,3 mm bekam auch gleich etwas Farbe (Lohe) ab.
Das Segeltuch aus Beitrag #958 bekam die Nähte der einzelnen Tücher angedeutet. Angedeutet aus dem einfachen Grund, da überlappende Nähte auch in diesem Maßstab zu sehr auftragen. Die Physik kann man eben nicht verkleinern und bei elf Tüchern wird das Segel bretthart. Das Liektau setzt dann noch einen drauf. Der Umgang mit einer Nähmaschine war mir auch völlig neu aber 11 einfache Nähte und eine umlaufende Begrenzungsnaht als Grip für das Liektau gelangen annehmbar.
Wie nun aber das Liektau ebenfalls möglichst gerade anbringen? Zwei Brettchen erhielten selbstklebende Hartgummistreifen (1mm) wodurch der Stoff gegen Verrutschen fixiert werden sollte. Das Segel wurde so eingelegt, dass die Begrenzungsnaht ca. 2 mm über die Brettchen hinausragte und damit eine Gerade Linie zum Nähen entstand. Die beiden Leisten, durch kleine Zwingen verbunden, wurden in einen kleinen Schraubstock gespannt. Das Tau wurde dann auf die Backbordseite des Segels an der Naht aufgelegt und etwas fixiert.
….. aber, irgendwann ging es ganz zügig voran, wenn man den Drive raus hat. Zugegeben, es ist mir nicht zu 100% gelungen jede Drehung im Tau mit dem Faden zu treffen. Dennoch bin ich fürs Erste ganz zufrieden. Die Verbindung der beiden Tauenden habe ich versucht mit einem Kurzspleiß herzustellen aber ……… nun sind die Enden stumpf aneinander liegend angenäht - geht auch. Die Kauschen wurden in dem Zuge natürlich gleich mit verbaut.
Die Schnittkante am Stoff direkt am Tau habe ich nochmal nachgefärbt. Die Kauschen sind nicht gebeizt, sondern mit einem Brush-Pen auf Aqurellfarben-Basis abgetönt. Das Buchsbaumholz nahm das sehr gut auf.
Am Block vom Klüverfall in einem Schäkel und am Ausholerhaken eingehangen, wurde die Schotleine mit einer Fischerschlaufe (Spierenstich) angeschlagen. So ganz sicher, ob das der korrekte Knoten dafür ist, bin ich nicht aber die Eigenschaften sprechen für ihn. Mit einem Zwirn habe ich das Segel mal etwas aufgespannt - wegen der Dramatik.