Das Deck ist immer noch nicht fest verklebt, man sieht es daran, dass an den Seiten noch die Sockelleisten fehlen. Das Backdeck ist ebenfalls noch lose, weil ich noch die Ankerbeting und Fockfallknecht machen muss.
Aber du hast den Finger quasi in die Wunde gelegt und es hat mich die letzte Nacht noch ein wenig des Schlafes beraubt. Denn ich habe erst hinterher festgestellt, ich hätte die Geländersützen nicht vorher ins Deck einkleben sollen, nun ist es nicht mehr flexibel genug um eine vernüftige Balkenbucht hinzubekommen, denn drunter liegt ja eigentlich ein formverleimter Decksplanken mit der entsprechenden Biegung. Aber alles nur Holz, vielleicht kriege ich es im Ganzen wieder runter, ansonsten wird's einmal neu gemacht. Der Aufwand für die Fertigung hielt sich ja in Grenzen, steht schon auf der Todo-Liste.
Leider habe ich zu spät bemerkt, dass das Deck nicht auf den gebogenen Decksbalken geklebt werden konnte. Ich habe einfach die Stabilität des Geländers unterschätzt. So wäre das Deck flach wie ein Flunder ohne jegliche Balkenbucht.
Die Geländerstützen wurden kurzerhand abgesägt, die Arbeitsspuren auf der Sockelleiste abgeschliffen und die Taschen für die Geländerstützen noch einmal ausgefräst.
[[File:892550.jpg]][[File:892551.jpg]]
Da zu diesem Zeitpunkt alle Arbeiten unter der Kampanje abgeschlossen waren, habe ich das Deck fest verklebt, das Geländer noch einmal komplett neu aufgebaut und abschließend die Schmuckelemente angeklebt.
Die Balkenbucht überträgt sich jetzt auch schön bis zum Handlauf, alles sieht nun etwas mehr nach Schiff aus, ohne Gartenzaunfeeling
Wäre es eine Überlegung, dass bei den Tritten an der Innenreling hoch an dieser Stelle der untere Querholm des Geländers nicht bis nach außen geht? Würde Sinn machen um leichter Durchschlupfen zu können. Gibt es dazu historische Referenzen?
Diese Zäune waren bei den Schiffen nach holländer Bauart bewusst ohne Durchschlupf. Diente wohl der besseren Verteidigung der höhergelegenen Decks im Enterkampf.
Grüße Alexander
Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten. (Katharina von Siena)
Hüstle, mich bitte jetzt nicht Kielholen und wenn dann nur quer zum Schiff, das geht schneller.
Für diese Treppe und das Ding an der Bordwand gibt es weder Plan noch einen historischen Beleg. Das ist künstlerische Freiheit. Ich hatte es auch schon mal in ein anderen Faden angesprochen.
An der Reling vor der Kampanje sind laut Hoekel-Plan Belegstellen eingezeichnet:
[[File:f184t231p186578n2_jHzkQRvo.jpg]]
Vom Deck aus sind die Belegstellen jedoch nicht so ohne weiteres zu erreichen, bis zur Reling wären es über 2 m. Bei alle mir bekannten Berlin-Modellen sind allerdings dort die Leine schön sauber an den Belegstellen aufgeschossen, keiner kann mir aber sagen wie sie dort hin kommen.
Ich hatte mir gedacht, ich spendiere der Besatzung so etwas wie eine Fußleiste:
Es wurde mir jedoch empfohlen eine Nagelbank zu realisieren, die vom Deck aus bedient werden kann, ich hatte aber die Leiste schon verklebt.
Für Belegstellen habe ich etwas wenig Platz, dort befindet sich ein Kreuzholz, ein Geschütz und der verbleibende Freiraum bis zum Schott ist mir für 4 Belegstellen zu knapp, die da reinzuquetschen würde mir Bauchschmerzen bereiten. Zudem habe ich das Rot für das Schanzkleid seiner Zeit abgetönt und leider kein Rest mehr, um bei Umbauten ausbessern zu können.
Als ich gerade das Maßstabsmännchen an der Reling für's Foto positionert hatte, kam mein ältester Enkel und meinte: "Opa das sieht ja cool aus, aber wie kommt der Kapitän jetzt da hoch" ... seit dem gibt's dann da die Treppe
Kurz ein paar Infos zum vorhergehenden Brainstürming, eigentlich kam die Idee von meiner alten Johanna, für die ich während der Restauration neue Handläufe angefertigt hatte:
[[File:5920.jpg]]
Es sah irgendwie maritim aus und deshalb habe ich das übernommen:
Und plötzlich wäre auch eine Anordnung der Tritte am Schott auch logischer gewesen, wie ein Deck höher. Auf deinen Fußlauf käme man bei dem Abstand immer noch locker rüber.
Heute habe ich möglicherweise eine Erklärung gefunden, wie das mit den Belegstellen auf der Reling problemlos hätte funktionieren können. Es ist wohl letztendlich ein grober Fehler im Hoeckel-Plan, den Generationen von Berlin-Modellbauern und alle bisherigen Anbieter von Modellbausätzen so blind übernommen haben.
Fündig wurde ich in zu Mondfeld's Buch "Historische Schiffsmodelle".
Eine eher unscheinbare Zeichnung mit maritimen Begriffserläuterungen und allgemeinen Meßpunkten eines Schiffsrumpfes zeigt die Draufsicht der Berlin, die ich bis dahin komplett übersehen habe. Hier hat der Autor das Kampanjedeck verlängert gezeichnet und so den Fehler des Hoeckel-Plans korrigiert. Bewusst oder unbewusst, weiß ich nicht.
Wenn man die anderen Pläne des Buches "Risse von Schiffe des 16. und 17. Jahrhunderts" genauer betrachtet, hat zu Mondfeld möglicherweise Anleihen vom Plan der Fleute Derfflinger von 1675 genommen. Hier besteht eine große Übereinstimmung.
Auch auf den anderen Plänen des Buches ist die Kampanje wesentlich länger, wie z.B. beim Roten Löwen von 1597, der Revenge von 1577 und Golden Hind 1575. Einzig die Berlin fällt hier aus dem Rahmen.
Ein wenig ärgerlich, hätte ich die o.g. Zeichnung eher wahrgenommen, wäre diese Änderung am Modell umgesetzt worden.
deinen Bau dieses Modells finde ich richtig klasse. Sehr schön und gut gebaut.
Besonders interessant ist es für mich, da ich im Sommer bereits die Hoeckel-Pläne selbst auf 1:50 kopiert habe und mit den ersten Modellbauarbeiten begonnen hatte. Und nun habe ich kürzlich dein Modell hier entdeckt. Ich bin gespannt, ob ich so halbwegs an die Qualität deines Modells heran komme. In absehbarer Zeit möchte ich dazu auch einen Baubericht einstellen.
Werde deinen Baubericht mit Interesse weiter verfolgen.
Gruss Joachim
Schöne Grüße Joachim
Mein neues Buch in Deutsch und Englisch erhältlich: "Die Farbe Blau im historischen Schiffbau - von der Antike bis in die Neuzeit" siehe dazu: http://www.modellbau-muellerschoen.de
Zitat von Ros Tocker im Beitrag #84Heute habe ich möglicherweise eine Erklärung gefunden, wie das mit den Belegstellen auf der Reling problemlos hätte funktionieren können. Es ist wohl letztendlich ein grober Fehler im Hoeckel-Plan, den Generationen von Berlin-Modellbauern und alle bisherigen Anbieter von Modellbausätzen so blind übernommen haben.
Fündig wurde ich in zu Mondfeld's Buch "Historische Schiffsmodelle".
Eine eher unscheinbare Zeichnung mit maritimen Begriffserläuterungen und allgemeinen Meßpunkten eines Schiffsrumpfes zeigt die Draufsicht der Berlin, die ich bis dahin komplett übersehen habe. Hier hat der Autor das Kampanjedeck verlängert gezeichnet und so den Fehler des Hoeckel-Plans korrigiert. Bewusst oder unbewusst, weiß ich nicht.
Hoeckel hat sich mit den Abmessungen des Kampanjedecks ziemlich genau an das ihm als Vorbild dienenden Zeichnung gehalten und Mondfeld hat, aus welchem Grund auch immer, das Deck verlängert. Ob er das wegen der sonst schwer zugänglichen Belegnägel gemacht hat, wage ich zu bezweifeln. Wie auch immer, das Vorbild ist ohnehin für eine möglichst genaue Rekonstruktion der Berlin mehr als fragwürdig und mit einer Änderung des Decks kommt es dem Original auch nicht näher.
Zitat von Model Mariner im Beitrag #86Hoeckel hat sich mit den Abmessungen des Kampanjedecks ziemlich genau an das ihm als Vorbild dienenden Zeichnung gehalten ... das Vorbild ist ohnehin für eine möglichst genaue Rekonstruktion der Berlin mehr als fragwürdig
Nun, wenn sich Hoeckel genau an das Vorbild gehalten hat, das jedoch wiederum ungeignet für die Rekonstruktion ist, dann ist der Plan ein reines Phantasieprodukt mit entsprechend zeitgenössischen Elementen, das mit der Änderung von zu Mondfeld jedoch in meinem Verständis funktionaler ist, was das angesprochene Problem betrifft. Aber dazu bin ich kein Historiker, die Zeichnung von zu Mondfeld hat jedoch Parallelen zur Derflinger, wie ich schon schrieb:
Warum sollte ich annehmen, dass zu Mondfeld die Änderung völlig aus der Luft gegriffen hat. Durchaus wird er entsprechend Sachverstand haben, dass ihm das Problem auch aufgestoßen sein könnte. Aber letztendlich, wird nur er es selbst beantworten können.
@Model Mariner Welche Zeichnung ist die Grundlage des Hoeckel-Plans?
Leider kann ich bezüglich der Unterschiede in den Zeichnungen der genannten Autoren nur mutmaßen wer näher an der Realität ist, für tiefergehende Betrachtungen fehlt mir das historische Grundwissen.
zur Unglaubwürdigkeit dieser Zeichnungen aus dem Scheepvartsmuseum, die als Grundlage wohl aller Rekonstruktionen der Berlin (Hoeckel, Graupner, Corel...) dienten, gab es hier im Forum vor einigen Wochen eine Diskussion. Der Anlaß war Shipyards Papegojan, aber es hat sich gezeigt, daß sie auch für niederländische Fahrzeuge von etwa 1670 (zumindest für solche, zu denen die Berlin gehört), nicht zugrundegelegt werden können.
Nicht als Besserwisserei verstehen. Ich verfolge Deinen Bericht, weil mich Dein hervorragendes Können überzeugt und ich einiges lernen kann, und weil mir Deine Arbeit einfach gefällt. Aber da das Forum sich auch der Annäherung an die historische Wirklichkeit verpflichtet hat, möchte ich diese Quelle nicht unkommentiert lassen.
Als Besserwisserei verstehe ich das schon, jedoch im positiven Sinne, so dass ich mich dann eines besseren Wissens "bedienen" kann. Es ist allemal fruchtbarer als eine völlig überschätze Lobhudelei, wie in einigen Schwesterforen zu beobachten ist.
Ich sauge das schon auf und weiß Feedback sehr zu schätzen. Auch habe ich den Diskussionsfaden Recherche mit Interesse verfolgt.
Es fließt durchaus auch die Planung weiterer Schritte ein. So ich denn in der Lage bin dies entsprechend zu realisieren, versuche ich mich zu nähern. Oftmals ist der Bau jedoch schon fortgeschritten, bevor das Ergebniss hier dokumentiert wird. Sofern danach noch Änderungen angepasst werden können, dann mache ich das ggf. auch einmal komplett neu. Kann ich es nicht mehr ändern, dann ist dass adäquat zur "Besserwisserei" keine "Trotzreaktion".
Letzendlich bleibt das Fazit, dass so wie ich die Berlin bisher gebaut habe viele Informationen aus verschiedensten Quelle eingeflossen sind, die auch danke der Community in Form von Fachliteratur entsprechend erweitern konnte. Es bleibt dennoch in einigen Teilen scheinbar historisch fehlerhaft wie die vielen anderen Berlinerinen davor ebenso, womit ich durchaus gut leben kann.
Für die beiden kleinen Geschütze auf der Kampanje benötigte ich Kugeln mit 1,3 mm Durchmesser, hier fand ich passende Mikrokugeln die für die Modellierung von Skulpturen und Modellfiguren genutzt werden. Noch einmal der Vergleich zu den Kugeln der Hauptgeschütze.
[[File:IMG_1847.JPG]][[File:IMG_1850.JPG]]
Mit dem Bestücken der beiden kleine Geschütze, der Anfertigung des Kolderstocks und der Belegnägel ist das Kampanjedeck fertiggestellt.
Auf allen Relingen sind Belegstellen des laufendes Gutes zu finden. Dafür werden Belegnägel in den Handlauf gesteckt.
Ich habe mir eine Bohrschablone angefertigt, die einerseits eine Anschlagleiste für die Außenkante des Handlaufs hat und andererseits eine Zunge, die genau zwischen zwei Relingstützen passt. So kann ich sicherstellen, dass ich mittig im Handlauf in der Mitte zwischen den Stützen bohren kann.
[[File:IMG_1852.JPG]][[File:IMG_1853.JPG]]
Im ersten Schritt habe ich die Bohrlöcher mittels der Schablone nur angerissen, geprüft ob die Position passt und dann erst gebohrt. Um Beschädigung der Sockelkleiste zu vermeiden, habe ich beim Bohren ein kleines Holzstück zum Schutz unter den Handlauf gehalten.
Sämtliche Relingstützen haben denselben Abstand zueinander. Bei den geraden achteren Relingen konnte ich die Position jeweils aller Bohrungen in einem Schritt markieren. Am gebogenen Handlauf der Back habe ich die Schablone mit der Zunge immer erst zwischen die nächsten beiden Stützen umgesetzt.
Die Belegnägel mussten minimal gekürzt werden. Um bei allen Nägeln dieselbe Länge zu erreichen, habe ich ein Stück Rundholz mittig mit der notwendigen Tiefe angebohrt, den Nagel in die Bohrung gesteckt und am Tellerschleifer abgeschliffen, immer so viel, dass die Schleifhilfe selbst nicht geschliffen wurden.
Das Loch in der Schleifhilfe hatte 1/10 mehr Durchmesser als der Belegnagel, so fiel dieser von selbst wieder heraus und erparte mir Fummelei mit Rausfädeln.