Großmarsstengewanten – Haubans grand mât de hune Es geht zwar langsam, aber immerhin stetig mit dem stehenden Gut der La Créole voran. Nach dem ich mittlerweile die Voraussetzungen für das Auflegen (Segeltuchauflagen auf den Kalben, Hanger für Stengeseitentakel, Drehreepsblöcke) geschaffen habe und die entsprechenden Taue von mir geschlagen (Wanten ø 0,70 mm, Talienläufer ø 0,35 mm) worden sind, konnte ich mich der Herstellung des ersten Wantenpaares widmen. DSC08051.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Wie auch bei den Wanten der Untermasten waren auch die vordersten Stengewanten auf der gesamten Länge, mit Ausnahme des Einbindebereichs der Jungfern, gekleidet. Die Jungfern mit ø 160 mm, entspricht im Maßstab 1:48 rd. ø 3,3 mm habe ich schon vor längerer Zeit aus Buchsbaum angefertigt. Es fehlte nur noch das Auskeppen der Gatts in den Jungfern, um einen geschmeidigen Durchlauf der Taue zu ermöglichen.
Die Taljenläufer (halber Durchmesser der Wanten) stellte ich aus 3 x 3 japanischem Seidengarn an meiner Reeperbahn her. Wie auch auf dem nächsten Bild erkennbar wird, ist der Unterschied der Jungferngröße im Vergleich mit denen der Unterwanten schon erheblich. DSC08055.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
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Beim Wantensetzen bediene ich mich einer kleinen Hilfsvorrichtung, wie auf dem nächsten Bild zu sehen ist. Die Vorrichtung, die ich bei den Unterwanten einsetzte, erschien mir hier nicht zweckmäßig. DSC08058.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Der Abstand zwischen den Jungfern wurde unter Berücksichtigung des Reckverhaltens der Taue so gewählt, das ich die Wanten dann letztlich mit entsprechender Spannung festsetzen kann. Das Taumaterial für die Wanten schlage ich grundsätzlich etwas härter. Dadurch reckt es sich in der Regel weniger. DSC08057.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Fortsetzung folgt …
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Fortsetzung: Großmarsstengewanten – Haubans grand mât de hune Die Herstellung der Großmarsstengewanten geht weiter. Mit dem folgenden Bild wollte ich einfach nochmals den Größenunterschied zwischen den Wanten (ø 0,70 mm) der Stenge im Vergleich mit den Unterwanten (ø 1,13 mm) des Großmastes anhand der Augbändsel darstellen. DSC08070.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Beim nächsten Bild ist zu sehen wie ich die Herzbändsel für das Einbinden der Jungfern vorbereite. Ich versuche darauf zu achten, dass die einzelnen Windungen des Garns gleichmäßig aufeinander folgen, was jedoch nicht immer zur Zufriedenheit gelingt. DSC08060.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Wie zwischenzeitlich herausgefunden habe, erfolgt das Verbinden von zwei parallel laufenden Tauen mit einem sogenannten Kneifbändsel. Dazu ist es notwendig das Garn ganz fest und steif zu wickeln und zum Abschluss führt man das Garn zwischen die beiden Taue in Längsrichtung in der Regel zweimal über die Rundtörns hinweg zum Festmachen. DSC08061.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Nach dem Einbinden der Jungfern ( ø 3,3 mm) wird das Taljereep, welches ich aus japanischem Seidengarn 2 x 3 (ø 0,35 mm) geschlagen haben, eingeschoren. DSC08066.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Bevor ich dann an das letzte Wantenpaar auf der Backbordseite gehe, musste ich noch das Großstag und das Großborgstag final verzurren. DSC08068.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
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Wie auf den letzten beiden Bildern zu erkennen ist, habe ich das filigrane Geländer entfernt, um es vor Beschädigungen bei den Takelarbeiten zu schützen.
Bis demnächst ….
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
ich verfolge deinen Baubericht mit höchstem Interesse und sitze immer ein wenig ehrfurchtsvoll vor den Ergebnissen deiner Akkuratesse.
Eine Anmerkung für mein Verständnis.
Was mir aufgefallen ist, dass die Herzbändsel gegenüber den Kneifbändseln recht voluminös sind und dadurch eine Art Schlaufe entsteht. Ich habe mal ein Foto rausgesucht, auf dem die Herzbändsel gerade mal 5 Törns haben und dadurch dass sie so schmal ausgeführt sind, das durch den Zug der Wanten die beiden Parts dann ohne größeren Abstand hintereinander stehen:
IMG_7569.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Ich hoffe ich habe jetzt keine schlafende Hunde geweckt.
die Ausführung der Herzbändsel habe ich schon in den unterschiedlichsten Ausprägungen gesehen. Meiner Kenntnis nach, muss das auch im Zusammenhang gesehen werden, welcher Epoche und welcher Nationalität das Schiff angehört hat. U. a. anderem habe ich mich auch an der Takelage der L´Hermione orientiert. 12111.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Fortsetzung: Großmarsstengewanten – Haubans grand mât de hune Die Großmarsstengewanten wurden zwischenzeitlich gesetzt. DSC08080.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) DSC08089.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Neben den vorhergehenden Bildern, die die Großmars mit den Stengewanten zeigen, ist auf dem nächsten Bild die darüberliegende Bramsaling zu sehen. DSC08085.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Bis demnächst ….
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Zitat von Ros Tocker im Beitrag #3997 Eine Anmerkung für mein Verständnis.
Was mir aufgefallen ist, dass die Herzbändsel gegenüber den Kneifbändseln recht voluminös sind und dadurch eine Art Schlaufe entsteht. Ich habe mal ein Foto rausgesucht, auf dem die Herzbändsel gerade mal 5 Törns haben und dadurch dass sie so schmal ausgeführt sind, das durch den Zug der Wanten die beiden Parts dann ohne größeren Abstand hintereinander stehen:
Hallo Ros Tocker, das Tauwerk auf deinem Foto ist aus Kunststoff, das der Hermione dagegen aus Naturfaser. Die Kunststoff-Taue sind wesentlich weniger anfällig für Brüchigkeit, d. h. auch wenn man die Fasern oder Faserbündel (Duchten, Kardeele und Trossen) sehr eng "abbiegt" oder "knickt", nehmen sie keinerlei Schaden.
Das Naturfaser-Tau dagegen ist sehr anfällig für Brüchigkeit und daher müssen solch enge "Bögen", wie bei der Überkreuzung des Wanttaues oberhalb der Juffer, so ausgedehnt wie möglich sein, damit die Fasern nicht so schnell abnutzen oder brechen. Es sollte also eine ausreichend geformte "Rundung" entstehen, und bei der Hermione ist das sehr schön gezeigt. Die Takelmeister wissen auch heute noch, worauf sie achten müssen.
Bei den Engländern, die ihre Wanttaue (zumindest auf Kriegsschiffen) immer doppelt, also kabelgeschlagen hatten und dazu noch 4-kardeelig, waren solche ausladenden Rundungen über den Juffern besonders wichtig !
Ein Beispiel: Bei der Stagherstellung wurde das kleine Ende des dicken Stages, das zu einem Auge geformt war und an dem später die Stag-Maus anlag, nicht aus dem fertig geschlagenen Stagtau selbst geformt. Dazu hätte man es extremst eng biegen müssen, um das Auge zu formen. Bei so starker Belastung wie einem Stag, wäre diese enge Biegung bald gebrochen.
Um diesem Knick und evtl. Bruch des Stag-Auges vorzubeugen, hat man schon bei der Herstellung darauf geachtet, daß die Enden der Kardeele, die am Schlaghaken befestigt waren, auch lang genug sind, um daraus später das Auge zu formen und einen kurzen Spleiß ausführen zu können.
Praktisch sah das so aus: Man gab den Kardeelen am Schlaghaken (also der eine Haken, der die einzelnen Kardeele zusammendrehte) eine ausreichende Länge und legte diese mehrfach um den Haken. Ein gutes Stück vor diesem Haken schlug man ein Bändsel um die einzelnen Kardeele, um die richtige Länge für die Rundung des Auges zu haben. Dann wurde das Kabel geschlagen (zusammengedreht) und der "Schlag" endete an diesem Bändsel und nicht erst am Schlaghaken. Dann nahm man das fertige Kabel von den Haken und wenn sich das Tau fertig "gereckt" hatte, nahm man diese Enden der einzelnen Kardeele und fertigte daraus das Auge des Stags. Die Kardeele wurden also bis zum Bändsel ineinander gespleißt, danach konnte man das Bändsel öffnen und das Kabel "nachdrehen", bis es eine ausreichende Härte hatte und trotzdem "leicht lehnig" blieb. Danach wurde es getrenst, beschmartet und bekleedet. Das Auge des Stages wurde auch bekleedet und das ergab dann diesen kleinen engen Bogen, der um die Stag-Maus fasste. Natürlich war er nicht so "gerundet", wie das Stag selbst, denn die einzelnen Kardeele darunter waren ja nur locker zusammengelegt, sie waren also sehr "lehnig" und damit biegsam und nicht so anfällig für Bruch wie das sehr eng geschlagene Stag selbst. Es gibt ein paar Modelle in Museen, die sind vom Maßtstab her sehr groß und zeigen auch eindrucksvoll die Takelage. Wenn man ein hochauflösendes Foto hat, dann kann man diesen Umstand sogar am Auge der Stagmaus erkennen, vorausgesetzt der Takler des Modells arbeitete wie beim Original. Man kann bei solchen Modellen die langgezogenen Keepen der Kardeele unter der Bekleedung erkennen.
Was mich bei der französischen Methode eigentlich wundert ist, daß oberhalb der Bändselung an der Jungfer das Want eine sehr scharfe Biegung machen muß. So, wie der Zeising liegt, ist das Auge sehr fest und die beiden Parten können sich kaum gegeneinander bewegen, was ein Vorteil ist. Ein Nachteil ist allerdings, daß durch den Knick oberhalb des Zeisings eine Tendenz dazu besteht, daß sich das Tauwerk öffnet und dadurch geschwächt wird. Außerdem kann bei dieser Methode das Wasser leichter in das Tauwerk eindringen. Deshalb wundere ich mich wirklich, daß das Want nicht einfach parallel zu sich selbst geführt und mit drei Kneifzeisingen festgelegt wurde, wie das später meist gemacht wurde.
wunderbar erklärt. Dann habe ich es soweit richtig gemacht.
Hallo Johann, inwieweit die Franzosen das genauso gemacht haben, kann ich nicht sagen. Ich denke aber mal, daß es ähnlich oder gleich ablief. Die von mir beschriebene Methode ist jedenfall typisch englisch und bei David Steel: "The Elements & Practice of Rigging and Seamanship" von 1794 nachzulesen.