@Schmidt"... Ich könnte mir gut vorstellen, dass jemand, der es damals gemalt hat ..., ihm rote Stückpfortendeckel gemalt hat, um sein Bild authentischer und eindrucksvoller erscheinen zu lassen ..."
@Werner"...das wird wohl die Freiheit des "Künstlers", in diesem Fall des Modellbauers gewesen sein. Möglich wäre auch, dass der Auftraggeber die schwarzen Berghölzer schön fand..."
Ich weiß nicht ob wir es uns immer so einfach machen sollten, wenn wir uns etwas unerklärliches verständlicher machen wollen. Auch tun wir den Künstlern, die sich nicht persönlich dazu äußern können, unrecht, wenn wir ihnen stets Schluderei unterstellen oder ein ganzes Schiff wie die Batavia oder die Farbgebung der Victory als "Disneyland" abtun... Es wäre besser, sich den Fragestellungen zu stellen und das Für und wider genauer zu untersuchen, bevor wir abwägen.
Van Ik oder Witsen haben letztlich auch kein Monopol auf die wissenschaftlich exakte Wahrheit - schon gar nicht in Bezug auf das HZ-Modell
Robert
Verzweifle nicht, wenn du kein Profi bist. Ein Amateur hat die Arche gebaut, Profis die Titanic...
Verstehe ich nicht ganz. Habe ich jemandem "Schluderei" unterstellt? Wüsste ich eigentlich nicht. Und "künstlerische Freiheit" ist doch nichts Schlechtes. Ich dachte sogar immer: im Gegenteil. Schmidt (verwirrt)
@Schmidt"Verstehe ich nicht ganz. Habe ich jemandem "Schluderei" unterstellt? Wüsste ich eigentlich nicht. Und "künstlerische Freiheit" ist doch nichts Schlechtes. Ich dachte sogar immer: im Gegenteil. Schmidt (verwirrt)"
War nicht persönlich gemeint - es geht doch darum, das HZ-Modell (und eigentlich auch alle anderen Versuche, Modelle von Schiffen aus der Barockzeit zu bauen) möglichst mit Kenntnis der korrekten Details (inclusive Farbgebung) herzustellen.
Und wir haben - das zeigt unsere Diskussion hier - eine in vielen Details auseinander gehende Quellenlage, ich glaube da sind wir uns alle einig ?
Ein Versuch der Deutung, WAS nun als wissenschaftlich (wenigstens halbwegs) gesichert und WAS als künstlerische Freiheit von Malern und Rekonstrukteuren abgetan werden darf, wurde hier von uns allen unternommen.
Aber manche Beiträge kommen mir viel zu schnell zu dem Schluss, DAS und JENES sei "künstlerische Freiheit" oder "Disneyland" - obwohl das nur vermutet werden kann - , und unterlassen es dann, auch die anderen Möglichkeiten zu untersuchen.
Es ist wie beim schlechten Krimi: Wenn der Kommissar unbedingt Beweise für den Hauptverdächtigen sucht, wird eben nicht mehr in alle Richtungen ermittelt und der wahre Täter bleibt unentdeckt...
Robert
Verzweifle nicht, wenn du kein Profi bist. Ein Amateur hat die Arche gebaut, Profis die Titanic...
du hast ja recht. Nur wo sollen wir die gesuchten Informationen hernehmen. Mir sind keine aussagefähigen Unterlagen bekannt. Kann also auch nicht zur Farbgebung der Schiffe etwas beitragen. Eventuell gibt es ja Museumsleute, die sehr alte Modelle in Augenschein genommen haben? Und es reicht mir nicht, wenn 10 Leute sagen, so war es. Wenn, dann mit nachprüfbaren Quellenangaben. Das Eis, auf dem wir uns befinden, ist sehr dünn.
Andererseits kann ich mich aber auch nicht erinnern ob Heinrich Winter die beiden Wappen im Wulf auch erwähnt. Ich bin mir ziemlich sicher sie kommen im Text nicht vor. Wenn er dies nicht erwähnt, was denn sonst noch. Ich glaube Cornelius Wagner hat die Marsen schwarz dargestellt.
Das hier gefällt mir sehr gut als Farbton für den Rumpf:
Ich bin seit über zehn Jahren im historischen Modellbau unterwegs. Meine Erfahrung geht dahin, dass oft versucht wird, DEN historischen Zustand festzustellen. Was aber, wenn es den gar nicht so gegeben hat, wie wir das gerne hätten. Ich glaube, das 17. Jahrhundert kannte sehr viel weniger Normierungen als spätere Zeiten. Noch bis weit ins 18. Jahrhundert bestimmte vor allem der Kapitän, wie sein Schiff aussah, besondrs wenn es um Schmuck und Farben ging. Ich glaube, man kann gewisse Bereiche der Wahrscheinlichkeit und der Unwahrscheinlichkeit eingrenzen; und natürlich kann man zum Beispiel sagen, dass eine Stenge vor dem Mast und nicht dahinter steht. Aber die Zonen des Ermessens beiben doch groß. Und dann noch eines. Peter baut ein Modell eines Modells. Das ist ein klarer Fall, da ist das HZ Modell einfach der einzige Bezugspunkt. Und dann geht es eben darum, zu fragen, hatte das Modell rote Pfortendeckel, ja oder nein. Wenn es aer um andere Modellprojekte geht, muss jeder Modellbauer selbst entscheiden, an welcher Quelle er sich orientiert, z.B. Witsen oder Van de Velde. Für mich ist es immer besonders wichtig, dass ein Modell einen in sich stimmigen Eindruck erzeugt. Ein Modell hat "Stil", das heißt alle Teile orientieren sich an einem erkennbaren Ideal oder Vorbild. Ich habe zum Beispiel Probleme mit Modellen, die gekupfert, aber nicht gestrichen sind. Das erscheint MIR als Stilgemisch. Dennoch bleibt es dabei: Der Modellbauer bestimmt seinen Stil. Er formuliert seine Intention. Eine letztendliche "Richtigkeit" ist m.E. nicht zu erreichen. Und außerdem scheint mir schon die Vorstelung von dieser "Richtigkeit" viel vom Vergnügen des Modellbaus zu schmälern Sorry für womöglich zu viel Modellbauphilosophie. Schmidt
Zitat von zimtzucker im Beitrag #1038...Auch tun wir den Künstlern, die sich nicht persönlich dazu äußern können, unrecht, wenn wir ihnen stets Schluderei unterstellen oder ein ganzes Schiff wie die Batavia oder die Farbgebung der Victory als "Disneyland" abtun...
Robert
Die farbliche Fassung und Vergoldung der Batavia wurde tatsächlich einem ortsansässigen Lelystader Malerbetrieb überlassen. Also kann man allenfalls den Bau selbst, nicht aber seine Farbgebung als wohlrecherchiert und einigermaßen authentisch betrachten. Augenfällig wird das bereits bei der Wahl der Hochglanzfarben, welche schon von weitem als Kunstharzprodukte zu erkennen sind und viel von dem möglichen Charme einer historisch korrekten Farbgebung zerstören. (Die Heckzier der im Dauerbau befindlichen Zeven Provincien sieht ja nicht besser aus). Auch die Ölvergoldung der Laternen wurde fatalerweise nicht auf einem ockerfarbenen Untergrund aufgetragen, sondern auf einem knalligen polimentimitierenden Rot, weil man offensichtlich der Meinung war, daß sich nichts besser als Referenz eignet, als die allgegenwärtigen kitschigen Billig-"Barockrahmen" der Leistenindustrie. Für sehr mißlungen halte ich zudem die Ockerbereiche, wobei diese Farbe ja als kostensparender Blattgold-Ersatz verwendet wurde, was damaligen Fassmalern auch sehr gut gelang, indem sie teils auch das sogenannte Auripigment einsetzten. Bei der Batavia stehen Echtgoldpartien, Ockerbereiche und ockerähnliche Sichtholzpartien allerdings in hartem Kontrast nebeneinander, anstatt ein harmonisches Ganzes zu bilden. Zum Glück war aber der erste knallig karminote Galionslöwe schon bald verrottet, so daß man diese schreiend bunte Jahrmarktfigur durch eine dezenter bemalte ersetzen konnte. :-)
Bei der Victory wundert mich eigentlich, daß offensichtlich keine präzisen Farbschichtanalysen vorliegen, wie sie in der Denkmalsanierung normalerweise üblich sind. Dadurch sind dann auch diese unzähligen Ockervarianten zu erklären, die das Schiff im Lauf der Jahrzehnte verpasst bekam. Man orientiert sich da wohl an verschiedenen zeitgenössischen Gemälden, die naturgemäß jede RAL-Norm ignorieren...
@Eddie"Bei der Victory wundert mich eigentlich, daß offensichtlich keine präzisen Farbschichtanalysen vorliegen, wie sie in der Denkmalsanierung normalerweise üblich sind."
Vor kurzem las ich (und es gibt auch einen guten Videobericht auf Youtube dazu, den ich jetzt nicht mehr finde), dass man genau das jetzt nachgeholt hat:
Vor kurzem las ich (und es gibt auch einen guten Videobericht auf Youtube dazu, den ich jetzt nicht mehr finde), dass man genau das jetzt nachgeholt hat:
Aber sag mal, Eddie, warst Du schon erfolgreich auf Suche nach dem Verschuir-Original ?
Grüße Robert
Danke für den Pink-Link!
Der wird gleich mal zu meinen Lesezeichen gesteckt. "Conservationists peeled back 72 layers of the paint from the original timber frame, examining them with microscopes..."
Besonders lustig: "But that is not all. Painstaking research by historians has unveiled the ship’s gun deck also had a colourful past being painted a shade of baby blue. ‘That really surprised us,’ admitted Mr Baines. ‘We’re not sure why it was this colour.’" :-)
Aber pink isses ja nicht gerade, eher der Versuch, frische Eiche zu imitieren. Oder welche Holzart auch immer; Teak käme bei den Briten ja noch in Frage. Jedenfalls kam diese holzfarbene Bemalung, ergänzt durch schwarze Barghölzer, wohl im frühen 18. Jahrhundert auf, als der künstlerischen Gesamtgestaltung der Rümpfe ein immer größerer Stellenwert zugeschrieben wurde und das fleckige Nachdunkeln bejahrter Planken nicht mehr ins farbliche Konzept passte. Anzunehmen ist deshalb, daß es anfangs nur um die einigermaßen überzeugende Wiederherstellung der Optik neuer Plankengänge ging, um einen nicht normierbaren Vorgang also. Zudem wurde meist nur partiell ausgebessert und übergestrichen, wenn der Mannschaft gerade langweilig war, wozu die Farbe immer neu und wohl auch leicht variierend angemischt wurde; handelsübliche Fertigfarben gab´s ja nicht. Tatsächlich einheitlich, auch international, war dann wohl erst die typische S/W-Gestaltung des 19. Jahrhunderts.
Im Märkischen Museum war ich vorigen Sonntag, allerdings ohne Erfolgserlebnis. Die systematische Hausdurchsuchung und meine stichprobenartige Umfrage unter den Bediensteten ergab jedenfalls nichts Neues. Aber ich bleibe dran! Bin jetzt zwei Wochen krankgeschrieben, da habe ich endlich mal wieder Zeit, mich um solche Dinge zu kümmern.
Zitat von Werner im Beitrag #1039Ja Robert, du hast ja recht. Nur wo sollen wir die gesuchten Informationen hernehmen. Mir sind keine aussagefähigen Unterlagen bekannt. Kann also auch nicht zur Farbgebung der Schiffe etwas beitragen. Eventuell gibt es ja Museumsleute, die sehr alte Modelle in Augenschein genommen haben? Und es reicht mir nicht, wenn 10 Leute sagen, so war es. Wenn, dann mit nachprüfbaren Quellenangaben. Das Eis, auf dem wir uns befinden, ist sehr dünn.
Die besten Quellen sind immer noch die zahlreichen zeitgenössischen Gemäldedarstellungen. 1997 gab es hier im Berliner Bodemuseum beispielsweise die geniale Ausstellung "Herren der Meere - Meister der Kunst" mit unzähligen meist niederländischen Seestücken des 17. Jahrhunderts. Den fetten Farbkatalog dazu gibt´s gelegentlich noch im Antiquariatshandel, ZVAB usw... http://www.zvab.com/servlet/SearchResult...er+der+Kunst%22
Ich denke ich bin jetzt auf dem richtigen Weg was die Farbgebung des Rumpfes betrifft. Die Probe die gestern und heute gemacht habe ist weitaus besser als alle Proben die vor einem halben Jahr gemacht wurden. Durchgetrocknet war die Probe von gestern matt geworden, ich habe einen Teilbereich (unten rechts) mit Klarlack überzogen und so sieht das nun aus:
Ich werde nachher ein Bild einstellen wie es bei Tageslicht aussieht. Peter
Zitat von zimtzucker im Beitrag #1003.. : Übrigens gibt es auch auf dem Verschuir-Gemälde zur brandenburgischen Flotte keine roten Deckel (!) - das betrifft dann wohl auch die "Berlin" (was für den einen oder anderen geneigten Leser von Interesse sein dürfte)
Die Stückpforten Thematik hat natürlich auch mein Interesse geweckt. Zumal bei allen Farbaufnahmen dieser Modelle aus dieser Zeit die Stückpforten Deckel "rot" sind.
Auch Rolf Hoeckel schreibt, dass die Stückpforten Deckel außen "nicht" rot gestrichen waren.
Wir sollten aber berücksichtigen, dass die Batavia gebaut wurde, um einmal zu zeigen, wie ein Schiff des 17. Jahrhunderts ausgesehen haben könnte. Vorrangig war damals, dass W. Voss (selbst ohne Arbeit) jungen, gestrandeten Menschen eine Möglichkeit geben wollte, einen Beruf zu erlernen. Die jungen Menschen bekamen in der Regel nach ihrer Ausbildung auch eine entsprechende Arbeit, und somit eine Zukunft. Ferner war es auch in den Niederlanden etwas besonderes, dieses Schiff zu besichtigen. In den Anfangsjahren muss wohl jeder Niederländer einmal die Werft besucht haben. Das W. Voss umstritten ist, liegt auf der Hand. Aber man hatte, wie immer bei solchen Projekten, einen guten Weg gesucht, um die anstehenden Probleme zu meistern.