Je mehr ich mich damit befasse umso mehr werden die Muster klar, vielleicht auch von verborgenen Modellspanten hinter der Außenhaut. Wie oben sind hier die Flachkopfnägel in blau angelegt, eine eventuell mögliche Lage von Modellspanten in weiß.
Hallo! Ich habe einen etwas anderen Zugang dazu, ich sehe da durchaus eine Systematik dahinter; ist allerdings nicht mehr als mein erster Eindruck; nimm´s einfach als etwas, um die Gedanken in Schwung zu bringen. Wir haben 3 Sorten von Befestigungen am Modell: Holznägel (2 an jedem Plankengang übereinander, aber etwas schräg gegeneinander versetzt); über Wasser Bolzen mit stark hervortretenden Köpfen als zusätzliche Verstärkung gegen Kanonenkugeln. Bei Sturckenburg sieht man, dass in der Sektion mit diesen Bolzen über den unteren Pforten kein durchgehender Holzstreifen innen existiert, nur noch die Stützen, die obersten Spantteile mit dem leeren Raum dazwischen. Da in dieser geschwächten Sektion wollte man diese starken Bolzenköpfe haben. Das Unterwasserschiff dagegen braucht nur Flachbolzen. Und was tun Bolzen? Sie befestigen die Knie und die Steunder und die Kattsporen ganz unten. Also deine weiß bezeichneten Sektionen werden diese Knien und Steunder sein. Bolzen braucht man nicht für die Außenhaut, sondern für diese schweren Hölzer. Ich sehe keine Spieker - diese Metallbefestigungen sind wie die Holznägel für die Befestigung der Außenhaut zuständig. Wohl eine Vereinfachung an diesem Modell. Am Unterspiegel des HZ hat man ja auch Holznägel schräg durch die Hirnholzkanten der Planken geschlagen. Bei einem wirklichen Schiff werden hier Spieker verwendet, und ebenfalls an den Enden der Plankenlaschen. Vielleicht entdeckst Du einzelne Spieker. Und Bolzen befestigen natürlich auch die schweren Barkhölzer und die Wassergänge.
Habe mir den Aufsatz von K.H.M. über das HZ-Modell reingezogen und finde, er hat schon zu vielem was hier besprochen wurde bereits fundiertes dargelegt:
@Lady Nelson (alias Karl Heinz Marquardt) schrieb:
"Ferner schrieb Voigt das es in den 1890er Jahren vom Museum zu einer in Berlin befindlichen Marinestation nahe der Glienicker Brücke gebracht wurde um die Takelage (?) zu restaurieren. Von meiner eigenen Erfahrung als Restaurator alter Segelschiffe, davon eines aus dem 17. zwei aus dem 18. Jahrhundert und etliche jüngere, kann ich nicht glauben das die nahezu dreihundert Jahre an dem offenstehendem Modell so spurlos vorüber gegangen sind wie es von Heinrich Winter beschrieben wurde. Der Zahn der Zeit hatte mit Staub, Feuchtigkeit, Trockenheit, Bohrwürmern, Menschliches hantieren und was sonst, doch erheblich daran genagt. Wenn es über eine Restaurierung des Rumpfes auch keine schriftlichen Nachweise gibt, so heißt es nicht das es keine gab. Einige der durch die Pforten abgelichteten Fotos des Zwischendecks sind Beweis genug das eine solche vor der Instandsetzung der Takelage stattfand. Weder war eine Jahrhunderte alte Staubschicht vorhanden; eine solche konnte mit den damalige Hilfsmitteln nicht durch die Pforten abgetragen worden sein ohne Unordnung im Zwischendeck zu schaffen. Die Decksbalken, Schlingen und Rippen sind zu einem Teil original verwittert, während andere davon scharfkantig und neu bearbeitet aussehen."
K.H.M. folgert weiter, dass im Zuge einer (von H. Winter nicht bemerkten) Innenrekonstruktion dann auch die "brandenburgischen" Kanonen in das Modell hineingekommen sind und... :
"Es gab keinen Schmutz, alles war sorgfältig am Platz und kein später hinzugefügtes Ersatzstück war feststellbar. Das besagte nur daß die am Modell beschäftgten Restauratoren , dem damaligen Trend folgend, alles auch farblich so den ursprünglichen Hölzern anpassten das es dem ungeschulten Beschauer schwerfiel diese neueren Teile zu erkennen. Erfolgte dies dann noch alles ohne schriftlichen Restaurierungsbericht wurde es bald vergessen und spätere Beschauer akzeptierten das zur Schau gestellte schnell als original."
Mit anderen Worten (und im Hinblick auf die hier bereits geführten diversen Diskussionen):
Wenn im Inneren schon "unbemerkt" Kanonen nachträglich platziert werden konnten - dann war auch die farbliche Gestaltung im Innern (und auch Äußeren ?) von diesen Arbeiten berührt - und im Historismus neigte man bekanntlich auch zu verfremdender Perfektionslust (man beachte die deutlich veränderten Kanonen als Indiz für bewußte "Verschönbesserung").
Fazit: Die Farbgestaltung des Modells zu Zeiten Winters war möglicherweise in mehreren Punkten nicht die selbe wie zur Entstehungszeit des Modells. Mit allen Widersprüchen und Brüchen bei den vorgefundenen Farben.
Peter, Du wirst dich entscheiden müssen, welchen dieser beiden Zustände des Modells Du rekonstruieren willst: Den "holländischen" oder den "wilhelminischen".
Robert
PS: War da nicht vor einigen Tagen eine kontroverse Diskussion über das "Flach" ein großes Thema ?
Auch dazu hat K.H.M. doch schon alles gesagt:
"Die Spanten des Modellplans und eine gestrichelte Anmerkung, die zeigt wie bei Witsen das liegende Flach be-schrieben ist und wie es ungefähr beim Modell erscheint."
Zitat von zimtzucker im Beitrag #1068Habe mir den Aufsatz von K.H.M. über das HZ-Modell reingezogen und finde, er hat schon zu vielem was hier besprochen wurde bereits fundiertes dargelegt:
PS: War da nicht vor einigen Tagen eine kontroverse Diskussion über das "Flach" ein großes Thema ?
Auch dazu hat K.H.M. doch schon alles gesagt:
"Die Spanten des Modellplans und eine gestrichelte Anmerkung, die zeigt wie bei Witsen das liegende Flach be-schrieben ist und wie es ungefähr beim Modell erscheint."
Bedeutet wohl, wenn ich die Zeichnung richtig lese, dass der Hauptspant beim Modell nicht zu den Vorgaben Witsens passt ?!
Und? Was hat das zu bedeuten? BMW liefert ihre Oberklasse Autos in grün aus; Daimler Benz ihre Mittelklasse in grau. Heißt das dass die Autos von BMW falsch sind? In England fahren die Autos auf der linken Straßenseite auf dem Festland dagegen rechts. Heißt das dass die Autos in England falsch fahren?
ALLE zeitgenössischen Modelle niederländischer Schiffe haben eines gemeinsam: der Hauptspant stimmt mit dem von Witsen nicht überein. Und da haben Leute wirklich allen Ernstes die Stirn zu behaupten, dass der Hauptspant des HZ falsch ist und der von Witsen richtig? Warum behauptet denn keiner, dass es umgekehrt ist?
Ich habe es schon mal gesagt und ich sage es noch mal: Ich glaube nicht dass man anhand der stark retuschierten Bilder im Buch festlegen kann on das Modell restauriert wurde oder nicht. Icgh glaube nicht dass Herr Marquardt Bilder aus Hoorn oder Berlin hat, sonst würde er sowas nicht behaupten.
Ich baue das Modell so wie es in den Bildern zu sehen ist.
In englischen Museen gibt es ETLICHE Modelle aus den 17. Jahrhundert die nicht restauriert werden mussten. Auch da musste vielleicht lediglich die Takelage repariert werden.
Ich finde deine Überlegung zu den Flachkopf-Nägeln sehr interessant ara. Aber ich finde, dass wenn diese Nagelung für Steunder etc. waren, dann würden sie enger aneinander liegen, so wie die Rundkopf-Bolzen weiter oben am Rumpf.
Aber hier sehen wir ja überall die Enden der Bolzen auf den Knien, Steundern und Kattsporen. Die Köpfe sind also aussen zu finden. Flachköpfe, denn Rundköpfe wurden ja nur Bewuchs fördern und die Geschwindigkeit drosseln. Für die Beplankung selber sind nur Holznägel und Spieker zuständig. Man verschwendet keinen Bolzen für ein Stück Planke, sondern für Barkholzer und die schweren Hölzer der Schiffsinnenseite. Vor allem: Wozu wären so große Nagelköpfe? Der Durchmesser zeigt an, dass es sich um einen Metallbolzen handelt. Am Flach gibt´s dann natürlich nur wenige Reihen von diesen Bolzen, weil wir ja nur wenige Kattsporen über den Boden haben (Mittellängsschnitt). Noch ein Hinweis: Ganz hinten im Raum sitzt ein Knie ungefähr 45 Grad zur Schiffsmitte. Es gibt zwei davon, eins Backbord, eins Steuerbord - die beiden haben die Bolzenköpfe innen, weil sie in das schwere Brookstück gehen und nicht bis nach ganz außen durchstoßen müssen.
Ich hab zwar die ganze Diskussion hier nicht komplett verfolgt, aber ich glaube mich zu erinnern, dass Winter die Möglichkeit der nachträglich ausgetauschten Kanonenrohre wegen der sehr fest in den Lafetten sitzenden Bolzen anzweifelte. Olympic müsste doch, da er mit dem Rumpf am vertrautesten ist, abwägen können ob es praktisch möglich wäre im fertigen Schiff komplette Kanonen auszutauschen. Rein vom Handling.
Ist denn bekannt, aus welchem Material die Rohre gefertigt wurden? Ich könnte mir vorstellen, dass es im 17. Jahrhundert sicher schwierig war, Rohre aus Metal (Bronze) zu gießen. Dann kommen noch die Verzierungen hinzu.
Bezüglich der Vergleiche mit Witsens Versuch, den praktisch angewendeten Schiffbau in ein theoretisches Gerüst zu packen, sollte bedacht werden, dass nur ganz wenige Schiffbauer im 17. Jahrhundert die Versuche Witsens wirklich ernst nahmen. Ein Modellbauer wird das gebaut haben, was er vor Augen hatte, oder was der Kunde haben wollte. Die Ansätze Witsens sind natürlich interessant, da er sich in anderen Ländern, wie dem Süden, und vor allem in England umgeschaut hatte. Dann hatte er den Wunsch, den praktischen niederländischen Schiffbau in eine theoretisch geprägte Schiene zu bringen. Es blieb bei seinen zaghaften Versuchen, eine Spantkontur zu entwerfen.
habe mir auch noch mal die Zeilen von Karl durchgelesen. Wo sollte er konkretes beschrieben haben? Auch hier muss man feststellen: Nur lang genug darüber reden macht aus einer Vermutung keine Bestimmtheit.
Zitat von Werner im Beitrag #1072Ist denn bekannt, aus welchem Material die Rohre gefertigt wurden? Ich könnte mir vorstellen, dass es im 17. Jahrhundert sicher schwierig war, Rohre aus Metal (Bronze) zu gießen. Dann kommen noch die Verzierungen hinzu.
@Werner Ich glaube wirklich, dass die Rohre gedreht sind. Ich glaube dass es hierzu die kleine "Delle" in der Traube gab um die Rohre in der Drehbank einzuspannen. Bei dem Kanonenrohr hier im Bild kann man sehen, dass das Rohr wohl nicht ganz zentrisch eingespannt war, es gibt eine klar erkennbare Unwucht in der Traube. Andere Rohre die man in den Fotos erkennen kann haben das nicht. Ich kenne mich zu wenig mit der Materie aus aber ich könnte mir vorstellen, dass Details wie Wappen und Delphine aufgelötet wurden. Auf jeden Fall denke ich, dass die Rohre nicht gegossen waren. Viele Leute sind der Ansicht, dass die Kanonen später ausgetauscht wurden, ich will dies nicht ausschließen. Da das Modell in Gent hölzerne Rohre hat, glaube ich dass dies beim HZ ebenfalls zuerst der Fall war.
Dann wäre die nächste Frage, seit wann gibt es Drehbänke? Meines Wissens nicht im 17. Jahrhundert. Vermutlich tauchen die ersten Drehbänke im 19. Jahrhundert auf. Eine spannende Frage.
Das Genter Modell hatte nur einige hölzerne Kanonen, sind alle weg. Die meisten waren Anfang 20.Jh., englischer Typ. Hier einige Auszüge aus Birnies Restaurationsprotokoll. Übrigens, wenn die Brandenburg-Kanonen nicht original sind, ist das HZ höchstwahrscheinlich auch nicht für Brandenburg bestimmt gewesen, sondern ganz in den Niederlanden beheimatet (Wilhelm III.?)
" ... Vorgänger der heutigen Drehmaschinen ist die Drehbank, die in ihrer Entwicklung von der für die Holzbearbeitung verwendeten Drechselbank abstammt und in ihrer Funktionsweise mit dieser nahezu identisch ist. Der Wandel von der Drehbank zur Drehmaschine vollzog sich Ende des 18. Jahrhunderts mit der Einführung des Werkzeugschlittens, dem Einsatz der Leitspindel zur Erhaltung der Kinematik zwischen Drehung des Werkstücks und Vorschub des Werkzeugs sowie der komplett aus Metall gefertigten Drehmaschine. Somit wurde das Werkzeug zwangsgeführt und die Qualität der Drehteile hing nicht mehr so stark von dem Geschick des Drehers ab. Drehmaschinen leisteten einen entscheidenden Beitrag zur industriellen Revolution, denn die Kolben für Dampfmaschinen und andere Präzisionsteile für Motoren und Produktionsmaschinen konnten wirtschaftlich nur durch Drehen hergestellt werden. Die Bezeichnung Drehmaschine wurde erst ab etwa 1950 im Sprachgebrauch üblich. In der Fachliteratur hat sie sich inzwischen vollständig durchgesetzt, aber viele Fachleute bevorzugen mündlich noch immer den Begriff Drehbank. ..."
Ist denn eventuell bekannt, wie die frühen Uhrmacher die feinen Arbeiten ausgeführt haben? Kann es sein, dass diese Zunft schon wesentlich früh Drehwerkzeuge besaßen?
Also, nach allem, was ich jetzt über die Entwicklung der Drehmaschinen gelesen habe, würde ich mal vorsichtig, aber bitte ganz vorsichtig sagen: Die Rohre der HZ stammen nicht aus der Entstehungszeit des Modells.