Die Seitentakel waren beim Verzurren dran, schön feinsäuberlich mit eingepackt. Das Rückholtakel wurde bestimmt auch irgendwo verwendet, es sind aber auf den normalen Darstellungen nie die Blöcke davon zu sehen. Persönliche Vermutung ist, dass dies bei schwerer See zum Sichern gegen die Schiffsmitte verwendet wurde und unter normalen Umständen wegen Stolpergefahr abgeschlagen wurde.
Für die Seitentakel benötige ich kleine Blöcke. Das Beste und Kleinste auf dem Markt sind die 2 mm von JB-Models, fantastische Teile!
Bloß: Erstens sind sie mir für meinen Einsatzgebiet und Geschmack noch einen Tick zu groß, zweitens liebe ich das Selberbauen und vor allem: ICH BIN SCHWABE und damit ein wegen Geiz des Landes verwiesener Schotte!
Es gibt in der Literatur einige Anleitingen zum Blockselberbauen, alle ähnlich, so werde ich es auch machen, mit einigen Besonderhieten, vor allem bedingt durch die Größe. Das heißt vor allem Handarbeit wo normalerweise mit Maschinen genutet wird.
Also dann mal los Austesten was so geht. Zuerst ein Leistchen 1,5 mm hoch und 1 mm dick, alle 2 mm ein kleiner Anriß und damit ist das ambitionierte Grundmaß für den Doppelblock gesetzt ...
... dann auf jede dieser Kerben immer einen Schrägschnitt von links, Teil umdrehen und der Gegenschnitt von der anderen Seite und die erste Seite hat ihre Kerben, und so geht es reihum ...
... und man ist sogar recht flott unterwegs dabei :-)
Kurz farblos zwischenmalen um die Kantenstabilität zu erhöhen ...
... und die ersten Bohrversuche ...
... mit dem 0,5er Bohrer. Siehe da, sehr schwer die richtige Stelle zu finden und senkrecht zu Bohren. Also Bohrversuche wie in der schweizer Käsefabrik ...
... und endlich die Erleuchtung: Bohrer in den Ständer und dahinter einen Anschlag, hier mit Abstand 0,5 mm. Der Anschlag hat die Breite des Blocks, hier 2 mm, damit ist das Ausrichten einfach. Jetzt das Leistchen links und rechts knapp gehalten, und am Anschlag langfahrend langsam von unten nach oben geschoben ...
... wieder nach unten und nach 180° Umschlag um die Längsachse wieder nach oben das zweite Loch :-) (Die Finger hab ich euch auf dem Bild erspart :-)
Sieht schon ganz anständig aus, die letzten vier neben dem kleinen Werftarbeiter sind die Einfachblöcke mit 1 mm x 1 mm x 2 mm - hihihihihi - ...
... danach noch ein Mal Farbe, mit dem Cutter die Kerbe auf der Seite für das Tau gesetzt - das schwierigste Unterfangen an der ganzen Aktion - Schleifpapier für die Kante, noch Mal Farbe und gut iss. Abgeschnitten wird erst bei Gebrauch - just in time production -, so geht schon nichts verloren :-)
Hier zum Vergleich, die Doppel- und Einfachblöcke von Krick 3 mm, von JB 2 mm und Micro von dafi, und weil´s so schön war auch ein Macro davon.
So und jetzt kenn ich die Meute da draußen, die sich schon wieder einen abfeixt und auf die Bilder der Knoten wartet, die der dafi wahrscheinlich beim Riggen der Teile in die Finger bekommt.
Sodele, jetzetle, und was mach ich jetzt aus den Mückenschissen?
Erst ein Mal Fädeltest ...
... die Einfädelhilfe vorne etwas spitzer zugekniffen hindurch und mit sanften Zug ein dickes 0,3er Tau durchgeholt ...
... und erste Hürde genommen :-)
Schwieriger ist das Einbinden der Blöcke, also Tau nochmals rausziehen, ehe etwas festklebt ...
... dann das Tau mit Sekundenkleber auf einer Seite fixieren, um den Block legen, eine Schlinge auf der Befestigungsseite vorbereiten, etwas Uhu Plast darauf, der fixiert gut und lässt sich notfalls lösen, Knoten und Enden gut positionieren, Sekundenkleber drauf und schon wieder hab ich ganz gut abgeschnitten.
Und dann voll Erwartung am Ort des Verbrechens eingehängt ...
... und weil so geil noch das Makro dazu - tatsächlich 2 getrennte Löcher im 1,5 mm breiten Block :-)
Klaro, der hintere Haken ist noch zu lang, das Seil ´ne Paketschnur, und die Spleiße die 24-Schwänzige wert ...
... aber die Richtung stimmt :-)
Disclaimer 1: In den unteren Decks werde ich das aber nicht sooo durchziehen ;-) Disclaimer 2: Ich hab extra ein Rohr mit Sinkstelle genommen, um euch an die Provenienz des Modells zu erinnern ...
ich kann es nicht oft genug betonen, dass ich ehrlich froh bin derzeit im Maßstab 1:48 zu bauen. Das was Du da treibst, ist eine echte Gradwanderung in Richtung Psychiatrie...
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Lasst uns noch ein Mal zurückreisen in unserem kollektiven Bewusstsein in die Zeiten, die glücklichen, als ein dafi ganz stolz von seiner selbstgebauten Reeperbahn berichtete ...
... freudig die davor liegenden Probeschläge vorzeigte ...
... die ganzen Häkelgeschäfte der Umgebung und des uns umgebenden weltweiten Netzes leerkaufte ...
... probeschlug und Proben schlug ...
... seine Arbeitsfläche in einen Farbladen verwandelte ...
... und unzählige Farbversuche machte auf der der Suche nach dem einzigen, dem wahren, dem richtigen Farbton ...
... und sich irgendwann fragte:
WAS MACH ICH DA EIGENTLICH?
Wie so schön zu sehen an den verschiedenen Dickenprobeschlägen ...
... viel zu dick für meine Zwecke ... :-(
Und die Farben? Technisch blöd für was ich machen wollte ... reine Beize nicht die gewünschten Farben, die schwarze Beize blaustichig statt bräunlich, Mischung mit brauner Beize klappte auch nicht, braune Beize drang in die Mitte des Häkelgarns ein, schwarze Beize blieb an der Oberfläche sitzen, Resultat blauschwarze Taue mit braunem Kern ...
... Alternativen mit Tusche, Plaka und anderem waren auch nicht zielführend, Verzweiflungstaten mit dem 0,3 mm Krickgarn brachten wenigstens einigermaßen akzeptable Ergebnisse für meine Probetakelung der Geschütze, aber das Wahre war dies bei Weitem noch nicht ...
... auch waren die Probeschläge viel zu ungleichmäßig, immer in der zweiten Hälfte des Schlages wurde der Schlag immer lockerer, wie an dem Tau zu sehen, oben Original, Mitte am Anfang des Schlages und unten am Ende des Schlages ...
Aber natürlich habe ich weitergewerkelt :-) Come on baby...don't fear the Reeper Baby feel the thread...don't fear the Reeper
Wenn man nicht weiter kommt, sollte man das tun, was man schon am Anfang machen sollte: In sich hineinhören und auf Andere hören :-)
Nicht: "So-eine-Reeperbahn-wie-die-auf-der-Modellbaumesse-in-Stuttgart-will-ich-auch-haben" sondern "Ich-brauch-geile-Taue-für-meine-Vic"
Also ganz andere Vorgehensweise, da ich ja in einem ganz anderen Maßstab baue! Dieses hat tatsächlich große Auswirkungen auf die Verwendung der Bahn und vor allem auf das Grundmaterial.
Hier die beiden Lieferungen: Die großen Spulen sind das etwas dickere Handschuhgarn, Farbnummers siehe Bild Die kleinen Spulen sind der Uni-Thread, grün ist 8/0, das dünne, orange das 6/0 und das 3/0 das dickste und noch das 17/0 als dünnstes von diesem Lieferanten
Das Handschuhgarn ist Baumwolle und fast fusselfrei, das Uni-Thread ganz fusselfrei. Das Uni-Thread ist in einer ganzen breite Bandbreite an Farben vorhanden, dummerweise aber nicht in allen Farben durchgehend für alle Stärken, zumindest nicht bei diesem Shop. Da dieses Garn aber von anderen Shops auch angeboten wird, lohnt es sich evtl. noch weiter zu suchen. Das 8/0 und das 6/0 sind fantastisch, das 3/0 hat die tolle Erscheinung von bunter Zahnseide, auch beim 17/0 er sieht man unter der Lupe die Einzelfäden.
Erste Probeschläge ergaben, das die Größenordnung endlich stimmt :-)
Links der fusselige dicke Bindfaden aus dem Drogeriemarkt, bis dahin meine dünnste Variante, dann das Handschuhgarn, danach das 8/0 Uni-Thread-Garn und ganz außen das 17/0, immer als Originalfaden, zweikardeelig , dreikardeelig und 6 kardeelig. Im Vergleich die entsprechenden 3 mm, 2 mm und 1,5 mm Blöcke.
Und erste Probeschläge zeigten auch, dass das Handdrehen etwas mühsam ist und der auf die Achse geklemmte Akkuschrauber etwas an Handlichkeit und auch Feinfühligkeit vermissen ließ.
...
Also ...
... Fischertechnikkiste meiner Jugend wieder aufgemacht, Motoren rausgeholt, mit Spiegelklebeband an das Gehäuse geklebt, hier auf der Verdrillseite ...
... auf der Schlagseite ...
... Motor seitlich rausschwenkbar um die Haken ausrichten zu können ...
... und Filzgleiter unter die seitlichen Gleitflächen, damit das Ganze ruckelfrei rutscht und auch ein Stahllineal in der Mitte drunter gelegt werden kann :-)
Beide Seiten werden mit Klammern gut festgepratzt, damit die Fäden gleichmäßig gespannt werden können. Mehrmaliges Hinterherjagen der Fadenspule auf dem Boden führten zum Spulenhalter wie bei der Nähmaschine, von dort geht der Faden - wir bauen jetzt einen "Sechser" - auf die Verdrillungsseite ...
... und wieder zurück und nach 3 x 2 Strängen ...
... wurde das Ende am Haken der Schlagseite gut belegt.
Am Stahllineal die Länge der Verdrillungskürzung eingestellt - bei diesem Garn nehme ich 10% - die Klammer der Schlagseite gelöst und die Haken der Verdrillseite rattern los und der Schlagschlitten bewegt sich wie von Geisterhand langsam auf die Verdrillungsseite zu :-)
Wenn die gewünschte Verkürzung erreicht ist, wird gestoppt, beide Seiten festgeklammert und die drei Stränge von der anderen Seite her geschlagen bis auch hier die gewünschte Verkürzung/Verdrillungsgrad erreicht ist ...
... etwas Sekundenkleber als Sicherung auf das Ende ...
...mit dem Fingernagel noch einige Male hin-und hergefahren um evtl. Ungleichmäßigkeiten in der Spannung rauszunehmen ...
... und es kann abgeschnitten werden :-)
Lessons learned
Bei der Vorgehensweise fallen gleich zwei Dinge auf:
Erstens: Ich schlage ohne Hoofd - Dank an Bernd für den Hinweis :-) Zu sehen ist kein Unterschied - außer, dass es gleichmäßiger wird, da kein Geruckel beim Hoofd entstehen kann.
Zweitens: Ich habe beim Schlagen so weit es geht beide Seiten festgespannt, und löse nur wenn nötig zwischendrin wenn der Zug zu groß wird. Ich hatte schon einige Male angemerkt, dass die zweite Hälfte des Schlages viel lockerer wird. Auch Gewichte auf dem Schlitten halfen nicht viel. Mir fiel zwar auf, dass in der ersten Hälfte des Schlages der Verdrillschlitten nicht nachrutscht und die durch das Drillen anfallende Verkürzung über Materialdehnung kompensiert wird, aber erst als ich ein Mal das Lösen der verdrillseitigen Klammer während des Schlagens vergaß und ein tolles und gleichmäßiges Seil herauskam, schnackelte es: Der Anfang des Schlages war mehr Spannung drauf (hier hatte ich am Anfang noch den Hoofd, der für diese Spannung gesorgt hat), die nachließ, als der Verdrillschlitten sich anfing zu bewegen.
Also die nächsten Taue ohne Hoofd und mit festgepratzen Schlitten geschlagen. Nur wenn der Motor sich zu stark quält wird kurz angehalten und der Schlitten etwas verschoben - und bingo ... Come on baby...don't fear the Reeper Baby feel the thread...don't fear the Reeper
... wobei hier die Betonung wirklich auf feel the thread liegt :-)
"Ich gibs so gut / als ichs errang / Drumb ist mir vor keim Momo bang. Wer bessers waist / und kans erweisen / Der gebs herfür: Ich will ihn preisen." (Joseph Furttenbach 1591-1667)
Und anbei noch einige der auf diesem Wege angefallenen Muster:
Die verschiedenen Ausgangsmaterialien im Vergleich von rechts nach links:
20er Häkelgarn - das dünnste aus meinem Wolleshop -, ein 0,4 mm Draht als Vergleich, der Fusselfaden aus dem Discounter, das 3/0 Uni, das 6/0 Uni, das 8/0 Uni, das 17/0 uni und das Handschuhgarn.
Hier als Nahaufnahme (die geschlagenen Taue sind noch vor der Perfektionierung der Vorgehensweise entstanden, deshalb bitte Nachsicht), die Nummer bezieht sich immer auf die Anzahl der verwendeten Fäden. Discountergarn
Handschuhgarn
Das 8/0er Uni
Nachdem ich beim Bestellen keine Farbkarte im Shop gefunden hatte, habe ich alle Farbvarianten bestellt, die nicht eindeutig unbrauchbar klangen. Die Fehlfarben habe ich für meine Schlagversuche genutzt, hier das Rostbraun. Resultat ist, dass ich alle benötigten Stärken mit dem 8/0 Garn hinbekomme :-) :-) :-)
Die Zahl bezieht sich wieder auf die Anzahl der verwendeten Einzelfäden. Im AOTS der Vic ist hinten eine Tabelle, in der alle Taue in ihrer Dicke verzeichnet sind. Und hier zeigt sich wieder - wir verwenden meist zu dickes Garn ...
Die unteren Wanten wären nach dieser Liste ein 30er, die Webleinen das Originalgarn!!!
Schläge
Bis auf das 2er und 3er ist es kein Problem Z- oder S-Schlag zu wählen. Der Faden ist ja in Z-Richtung geschlagen und dreht sich beim einfach gelegten 2er und 3er bei nochmaligem Verdrillen für einen weiteren Z-Schlag erst auf. Das Neuverdrillen in die andere Richtung geht, das Resultat ist aber nicht so ganz sauber. Da es in dieser Größe am Modell aber unmöglich ist, die Schlagrichtung dieser dünnen Taue ohne Macro erkennen zu können, werde ich hier glatt mogeln :-)
Farbgestaltung
Einer der Gründe, warum ich selbst schlagen wollte, war auch, die Farbe besser bestimmen zu können. Die schwarzen Taue sind mir in der Regel zu tiefstschwarz, das laufende Gut zu farbenfroh. Bilder Reenactment-Seiten zeigen ganz fahlgraue Taue: http://europe-today.ru/2012/03/stroitels...1200-let-nazad/ (leider nur die russische Seite, es gibt auch eine deutsche Version, die ich aber nicht finde).
Mit dem von mir gewählten Farbton Tan bin ich schon farbenfroher als ich wollte, ist aber eine gute Basis und mit etwas draken mit Grausiff nach Einbau dürfte helfen. Das Rusty Dun hätte mir besser gefallen, bekomme ich aber momentan nicht in 6/0.
Für das Schwarz habe ich einen ganz eleganten Weg gefunden. Beim Faden spannen mische ich Schwarz mit Dark Brown und bekomme ein wunderbares dunkles Tau mit einem leichten Braunstich hin, genauso, wie ich es auf Bildern von geteertem Tauwerk gesehen habe :-)
Die Farbe kann ich gut über das Mischungsverhältnis steuern. Auch kann man hier schön die verschiedenen Schläge sehen. Ohne Macro oder Lupe sind die Einzelfäden am Modell nicht mehr zu unterscheiden und es tritt eine optische Mischung auf, die ein einheitliches Farbbild ergibt. Auch für mein laufendes Gut kann ich meinem Tan in den dickeren Seilen einen Anteil Rusty Dun mitgeben, um sie so etwas anzupassen.
Trossen schlagen
Dann kommt natürlich die Königsdisziplin: Das Schlagen mit den selbstgeschlagenen Tauen um die Ankertrossen, Wanten und Co hinzubekommen:
Mein Lieblingsspruch im Netz: Sieht doch schoooon ganz vielversprechend aus ;-)
Baby feel the thread...don't fear the Reeper
Das Schöne ist, dass das Schlagen so schnell und unkompliziert geht, dass ich gar nicht groß auf Vorrat schlagen werde, sondern just in Time und in der just dann benötigten Dicke - Juch-hui!!!
So die erste Produktionscharge für das Unterdeck ist getan ...
... and please tune in wenn wir zur nächsten Zeile unseres Gassenhauers kommen ...
Come on baby...don't fear the Reeper Baby feel the thread...don't fear the Reeper We'll be able to tie...don't fear the Reeper