Mit dem folgenden Post erreiche ich beinahe die Gegenwart, in der es viel Zeit zum Basteln gibt, wenngleich man sich das so nicht gewünscht hätte.
Als erstes hat der kleine Huker sein zweites Segel bekommen, das Marssegel, das ich ihm nach Vorlagen und nach Gusto geschneidert habe.
Anschließend habe ich mithilfe von Brassen, Schoten und Halsen die beiden Segel in eine stark angebrasste Position gebracht.
Dann habe ich mir überlegt, wie ich die Segel darstellen möchte. Und zwar so: das Schiff hat beigedreht, das Großsegel wird mit Geitauen und Gordings zur Rah gezogen, während gleichzeitig das Marssegel zum Bergen gefiert wird. Der Huker besitzt einen Pfahlmast, so dass man, wie bei den Staatenjachten, das Marssegel an Deck herablassen kann. Alle Segel können theoretisch vom Deck aus bedient werden, das spart nautisches Personal.
Ein Teil der Vorbereitung waren diese von mir „erfundenen“ Nagelbänke, die extra lange Belegnägel aus sehr biegsamen Draht besitzen, die auch unterhalb der Nagelbank vorbildwidrig weit heraus stehen, was beim späteren Belegen der Taue sehr von Vorteil ist.
Wichtig ist, dass vor Beginn der Segel-Faltung und -Knautschung alle Taue, die auch beim Original dafür zuständig sind, funktionsfähig und leicht zu bedienen sind. Vorläufig belegt habe ich sie außerhalb des Modells mit Klebeband am Ständer.
Zuerst habe ich Segel und Marssegel behandelt. Die Segel werden mit einem Wasser-Leim-Gemisch biegsam gemacht. Das Seidenpapier sorgt für schönen Faltenwurf, die Seide dazwischen für eine gewisse Festigkeit. Die Segel halten einiges aus, aber natürlich nicht alles. Wenn man zu oft nachwässern muss, um sie biegsam zu halten, kann das Laminat sich auflösen. Neben den Fingern (die besser Fingerchen wären) kommen auch Holzstäbchen und ein Fön zum Einsatz. Der Fön macht sehr schön vorbildgerechten Wind, trocknet das Laminat allerdings in sehr kurzer Zeit, so dass man gut überlegen muss, wie man ihn einsetzt. Sehr schön kann man mit dem Fön ein Segel um einen Mast schmiegen.
Das Focksegel ist teilweise herabgelassen. Und das simulieren zu können, müssen die Reiter sich auf dem Stag frei bewegen können.
Hier wird der kleine Besan angebracht. Das Chaos aus lauter Tauen, die alle irgendwie im Dienst sind, wird allmählich größer.
2 Fotos vom Modell mit allen Segeln. Hinzugekommen ist noch ein Klüver, der fliegend gefahren wird und hier nur etwas durchhängt und flattert. Der ungepflegte Daumen auf dem zweiten Bild dient als Größenangabe.
Fast so viel Arbeit wie das Herrichten der Segel macht die Bearbeitung all der Taue, die im dargestellten Zustand des Schiffes nicht auf Spannung stehen, sondern durchhängen oder sich gar unbelegt irgendwo auf Deck tummeln. Das Morope Garn 0,1 Millimeter hat ein unerfreuliches Eigenleben, und es bedarf einiges an Leimwasser und Überredung, um ihm die Gesetze der Schwerkraft beizubringen.
Schlussendlich 4 improvisierte Freiluftaufnahmen (ohne Wasserbett), die auch noch einmal die teilweise Durchsichtigkeit der Segel zeigen sollen.
Nun, da der Huker fast fertig ist, fällt die Asymmetrie seines Rumpfes besonders auf. Nicht nur fehlt da der Fockmast, dazu sind die Wanten des Goßmastes weit nach hinten verschoben. Ok, das muss so sein. Aber sieht es auch gut aus – unter ästhetischen Gesichtspunkten? Und da ich ja mittlerweile mehr Malerei als Modellbau betreiben, ist so eine Frage gar nicht so irrelevant.
Der englische Maler William Turner versah einmal eines seiner Seestücke, da es schon in der Ausstellung hin, mit einem dicken roten Klecks im Vordergrund. Später machte er daraus eine Boje. Ihm fehlte da einfach etwas. Ich kenne die Geschichte in mehreren Varianten. Also fiel mir ein, auf den „freien“ Platz an der Bordwand ebenfalls ein paar rote Bojen zu platzieren. Tatsächlich hatten die Fischhuker solche an Bord, um die Position der ausgelegten Fangleine zu markieren. Ich denke, das sieht um einiges besser aus. Vielen Dank, Mister Turner.
Die kleine Nagelbank, die ich entwickelt habe. Statt maßstabgerechter Belegnägel stecken biegsame Drahtstücke (geschwärzt) darin, die sowohl oben wie unten etwas länger sind, als sie sein müssten. Das hilft aber sehr dabei, wenn es gilt, die Taue daran zu belegen. An der Oberkante können Sie später mit einer scharfen Schere oder dergleichen gekürzt werden, die Unterkante sieht kein Mensch. Die Fässer sind aus einem 3 Millimeter Holzstab mit der Bohrmaschine gedreht und anschließend abgeformt. Die etwas unregelmäßige Oberfläche und das Öldraken geben Ihnen ein rustikales Aussehen.
Das sind die kleinsten Fake-Jungfern, die ich jemals hergestellt habe. Den Makrotest bestehen sie meines Erachtens so gerade eben.
2 Fotos von der Deckausstattung mit Referenzcent.
Ich überlege noch, ein kleines Jagersegel anzubringen, damit die Silhouette dieses ungewöhnlichen Schiffes besser betont wird.
Ich habe jetzt endlich meine Fotografiertechnik um ein dringend notwendiges Element erweitert. (Ein bisschen klug geworden aus dem Crash vom September.) Der kleine Huker besitzt als erstes Modell auf der Unterseite ein Loch, in das man eine im oberen Bereich in einem Holzstab steckende, stabile Stahlnadel einführen kann. Selbige piekst in die Wasserplatte aus Styrodur, ohne dort große Schäden anzurichten. Ich kann die Wasserplatte jetzt gefahrlos steiler gegen den Himmel heben und das Modell um seine Mittelachse drehen, je nach Sonneneinfall. Auch der Wind ist jetzt nicht mehr mein großer Feind.
Möge mir jetzt der Himmel nicht mehr auf die Füße fallen. Und uns allen auch nicht.
Nach intensivem Draufglotzen habe ich beschlossen, die Segel noch einmal nachzufärben. Nicht, dass mir die hellen nicht gefallen hätten, aber zu einem Fischereifahrzeug des siebzehnten Jahrhunderts scheint mir ein etwas dunkleres und „getrageneres“ Tuch besser zu passen. Unten eine Gegenüberstellung:
Noch eine kleine Anmerkung: beim zweiten Foto sind im Bereich mitschiffs/leicht vorne zwei kleine Wellen mittels Photoshop ein Stückchen die Bordwand hoch geschoben worden. Das macht eine Menge aus, denke ich.
Die beiden folgenden Bilder zeigen nichts Neues am Modell, sondern nur eine kleine Erfahrung bei der Freiluftfotografie. Offenbar kann man, ohne den real existierenden Horizont fixieren zu können, bei entsprechender Lichteinstrahlung (Tageszeit) Himmelsstücke im steilen Winkel anpeilen und "ausstechen", die die typische Aufhellung über dem Horizont aufweisen. Die beiden Fotos zeigen auch noch einmal das verschiedene Aussehen der Laminatsegel, je nach dem, ob das Licht darauffällt oder hindurchscheint.
Schmidt wünscht weiterhin alle Gute und haltbare Nerven.
Stimmt. Nur gehört es leider nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen, N-Preiser auf Seemänner und siebzehntes Jahrhundert umzustricken. Ich wollte, dergleichen gäbe es in fertig. Schmidt
Und wenn Du ein paar Mann entsprechend präparierst und immer weider als Models in den Fotosessions auftreten lässt? jemand der in den Wanten hängt und jemand an der Reling würden schon reichen. Man könnte die Männer mit Fixogum temprär aufs jeweilige Schiff kleben.
Das leuchtet ein! Wenn ich die Modelle allerdings, wie geplant, zu einem Gruppenbild arrangiere, brauche ich all hands. Werde dennoch gleich mal ein paar Austausch-Seeleute herstellen. Schmidt
Gestern, da der Himmel auf eine fast schon kitschige Art und Weise bewölkt war, habe ich eine mobile Fotografiereinheit aus einer handlichen Wasserplatte, dem Huker-Modell und meinem Motorroller zusammengestellt und bin damit auf Fotopirsch gegangen. Ich lebe im Flachland und bis zur nächsten nennenswerten Erhebung der Landschaft sind es 20 Minuten. Schon immer wollte ich erkunden, ob nicht auch in näherer Umgebung Punkte zu finden sind, von denen aus man ein Stück freie Sicht hat und so einen Himmel als Hintergrund wählen kann, auf dem die Wolken in Richtung Horizont deutlich kleiner und die Farben blasser werden. Der Motorroller tat dabei einen wichtigen Dienst, weil ich mich damit auf die Landwirtschaftswege schmuggeln konnte. Viel Zeit hatte ich nicht, deswegen habe ich den ersten einigermaßen funktionierenden Standort genutzt. Unten die Ergebnisse. Meines Erachtens sind es die besten, die mir bislang gelungen sind. Ich habe endlich auch einen baugleichen Ersatz für meine defekte IXUS 95 IS, mit der ich einfach am besten zurechtkomme. Ich arbeite jetzt daran, auch eine größere Wasserplatte für den Roller transportfähig zu machen.
Ich würde jetzt noch Photoshop bemühen und die See zum Ufer hin zunehmend weichzeichnen bzw. unschärfer machen, damit der Übergang zur Vegetation etwas angeglichen wird.
Nur so eine Idee: man könnte die Wasserplatte auf einer dünnen Stahlplatte aufbauene und die Modelle mit ordentlichen Neodynium-Magneten versehen. Dann kann man sie beliegig auf der Platte platzieren, ohne daß sie verrutschen.
Holla! Auf die Idee bin ich noch nicht gekommen, dabei befestige ich mittlerweile die kleineren Modelle zum Ausrüsten und Takeln mit solchen Magneten auf einer Arbeitsplattform. D.h., der Huker hat bereits 2 Magnete unter dem Rumpf. Bleibt die Frage, wo ich eine passende Metallplatte finde, die nicht zu schwer ist? Und wie dick darf die Styrodurplatte sein? Flugs hat sich wieder ein neues Forschungsgebiet aufgetan. Schmidt