Gestern sind mehrere Pferde, eine N-Kuhherde sowie eine N-Schafherde mitsamt Schäfer hier eingetroffen. Alles Fährpassagiere. War es das, was mich veranlasst hat, die kleine Fähre noch einmal zu bauen? Ach je, ihr kennt das ja: der böse Feind des Guten – das Bessere. Und der allerschlimmste Feind: die Vorstellung vom Besseren. Ich hatte eigentlich vorgehabt, dieses kleine Fahrzeug mit möglichst wenig Aufwand zu bauen, da es für die Fotos sowieso nur als Silhouette (Brett mit Tieren und Menschen) erscheint. Aber es hat mich doch der Perfektionismus gepackt. Außerdem ist das eigentlich ganz niedlich, zu erfahren, wie schnell irgendetwas geht, wenn man immerhin weiß, wie es nicht klappt.
Die neue Ausführung hat mehr Spanten und simuliert ein Nebeneinander von U-förmigen Spanten und Einlegebohlen. Eine Halterung für das sehr groß dimensionierte Ruder ist ebenfalls vorhanden. Eine leichte Außenbiegung der Bordwand wird wieder durch ein heißes Wasserbad nach der Abformung geleistet werden.
Hier eine Gegenüberstellung. Ganz schlecht war die erste Ausführung nicht. Als Grundfarben hatte ich diesmal Humbrol Nummer 110 verwendet und die Decksfläche vor dem Öldraken leicht und unregelmäßig angeschliffen. Kein schlechter Effekt, ich werde ihn mir für spätere Verholzungen merken.
Als ich den Huker und die Kaag baute, sprach ich von Beistellschiffen für Ludwig, Prinz und andere. Mit der Fähre bin ich jetzt bei Beistellschiffen für die Beistellschiffe angekommen. Es geht aber noch kleiner. Aus einem großen Beiboot des Phoenix habe ich mit Polystyrol und Magic Sculp das unten gezeigte Urmodell gebaut/modelliert. Man sieht diesen Typus häufig auf holländischen Gemälden der Zeit. Es ist eine Art Ministaatenyacht, die es in verschiedenen Größen gab. Kein begehbarer Raum unter Deck und keine geschlossene Kabine, nur am Heck ein seitlicher Schutz für die Passagiere, der je nach Brieftasche des Besitzers auch hübsch bemalt oder am Heckspiegel sogar mit Figuren verziert war. Besegelt wie üblich mit einem Sprietsegel und einer Fock. Ich hoffe, ich habe die Silhouette einigermaßen hingekriegt. Mein halber Daumen dient als Größenvergleich. Im Maßstab 1:150 ist der Rumpf etwa 10 Meter lang.
Ich habe endlich das Gemälde wiedergefunden, das das von mir im letzten Beitrag beschriebene Fahrzeug (die Ministatenjacht) sehr gut zeigt, von der Seite, also fast wie auf einem Plan. Mir stellen sich dazu 2 Fragen: 1. Wie lang ist das Fahrzeug? Ich habe die hinter dem Mast stehende Figur kopiert und unterhalb des Rumpfes als eine Art Maßband verwendet. Zu Napoleons Zeit war der durchschnittliche französische Rekrut 1,68 Meter groß. Wenn ich von 1,65 Metern ausgehe, komme ich auf eine Länge des Decks von 10,7 Metern. Teilt ihr meine Ansicht? 2. Was hat es mit dem Segel an der schmalen Rahe auf sich, die in weniger als halber Höhe des Mastes auf dem Vorstag liegt? Ist das eine Breitfock, die gerade gefiert wird? Müsste sie dann nicht zwischen Mast und Focksegel platziert sein?
Das fragliche Segel sieht nach einer fliegend gefahrenen Breitfock aus, die eben nach anluven gefiert wurde und deswegen back geblasen wurde. Offenbar sind die drei Männeken vorne damit beschäftigt, sie einzufangen, während die beiden am Mast das zugehörige Fall bedienen. Die müssen sich beeilen, sonst macht das back-stehende Segel das ganze Anluven zunichte und dreht den Bug wieder vom Wind weg.
Trotz, oder vielleicht wegen der problematischen Qualität des Resins hatte ich auf einmal 5 Exemplare der Fähre, die zwar alle nicht hundertprozentig gelungen waren (großer Ärger meinerseits), sich dann aber doch mit geringem Aufwand ausbessern ließen. Sie sind bereits gestrichen und warten jetzt auf die übliche Oberflächenbehandlung mit Schmirgelpapier, Ölfarbe etc. Kaum waren sie fertig, kam übrigens endlich das neue Resin. Schmidt
Bei den ersten 3 Fähren fehlen am Rumpf nur noch die Seitenschwerter, jedenfalls bei denen, die noch mit einer Takelage versehen werden.(Nicht allzu hoher Mast, ein Sprietsegel, eine Fock.)
Bei der Größe der Ruder habe ich mich an den Abbildungen orientiert, vielleicht sind sie mir ein bisschen zu groß geraten, aber das ließe sich notfalls noch korrigieren. Jedenfalls kann so ein Gefährt ein überdimensioniertes Ruder gut brauchen, bei der enormen Abdrift, die es ob seiner geringen Wasserverdrängung wohl haben wird. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich könnte mir auch vorstellen, dass die großen Ruder zum „Wriggen" benutzt wurden, sei es beim Manövrieren oder beim Anlegen an ein größeres Schiff, sei es, um kürzere Entfernungen auf diese Art und Weise zurückzulegen. Leider gibt es sehr wenig Videoaufnahmen von holländischen Fähren aus dem siebzehnten Jahrhundert. Schmidt
Während ich Kuhherden umfärbe, winzige Leiterwagen und noch viel winzigere Schafe bemale, was sich besser im Verborgenen abspielt, gibt es aber auch vorzeigbare Fortschritte. Unten ein Foto der Ministaatenjacht im momentanen Zustand. Oben die erste Version, entstanden aus dem großen Beiboot des Phoenix mithilfe von Spachtelmasse und Polystyrol, unten die Bearbeitung eines Abgusses.
Dieses Verfahren von Formenbau und Weiterbau mit Abgüssen hat den Vorteil, dass man immer wieder mit homogenen Bauteilen arbeiten kann. Gespachtelte Stellen und angeklebte Elemente bilden keine heiklen Zonen mehr, alles ist fest miteinander verbunden. Schmidt PS: Ich habe den Cent vergessen. Zur Orientierung: das Barkholz ist 0,8 Millimeter breit.
Ich bin jetzt dabei, die „Passagiere“ der Fähren zu „modularen Einheiten“ zusammenzustellen, die ich dann auf den Fahrzeugen mehr oder weniger frei arrangieren kann, bis mir das Ensemble die richtige Anmutung zu haben scheint. Hier zunächst eine kleine und eine größere Kuhherde. (Ich entschuldige mich für den ungepflegten Zeigefingernagel, aber mein Cent war verloren!)
Eine Schafherde mit Aufpasser.
3 Artilleriegeschütze. Lafette Eigenbau, Räder aus einem Preiser-Modell kopiert.
Die besagten Preiser Modelle von Pferdewagen, von Hause aus recht filigran, auf die gewohnte Art und Weise farblich nachgearbeitet.
Ein Haufen Heu oder Stroh, mit einer Plane abgedeckt, links das Urmodell aus Magic Skulp, rechts farblich behandelt. Der Haufen ist an der Stirnwand des Deckshauses aufgeschichtet.
Und schließlich meine ersten Versuche mit geborgenen Sprietsegeln. Sie orientieren sich an den zeitgenössischen Darstellungen. Offenbar gab es verbreitet die Möglichkeit, das Unterliek des Segels zum Mast zu holen, um Wind aus dem Segel zu nehmen.
Das „Heu“ ist in einem anderen Forum – zu Recht! – als zu wenig heuartig bemängelt worden. Hier eine verbesserte Version, bei deren Herstellung Rückstände aus meinem Bartschneider zur Anwendung kamen.
Und hier 6 Masten mit Sprietsegeln in verschiedenen Positionen. Geborgen und beschlagen bei stehendem Spriet, aus dem Wind genommen mit horizontal gestelltem Spriet, teilweise aufgegeit und schließlich am Wind, gegen den Spriet gedrückt. Dabei sind nur die Versionen 5 und 6 (rechts außen) aus Laminat, die anderen 4 ließen sich tatsächlich aus eingeweichtem Tempotuch herstellen. Endlich einmal konnte ich die Reißfestigkeit selbst bei Durchfeuchtung testen, für die das Produkt immer so gelobt wird. :smilie:
Hier präsentiere ich, ca. 6 Wochen nach Kiellegung, die erste fertige Fähre. Sieht jetzt doch fast wie ein Segelschiff aus. Der Cent liefert vielleicht die Entschuldigung dafür, dass die Takelage von Rudi Mentär gestaltet wurde. Ein paar Verfeinerungen sind aber vielleicht noch möglich. Und dann geht es an Passagiere und Ladung. Eben sind die neuen Feuerwehrmänner von Preiser sowie rastende Wanderer von Merten eingetroffen. Dazu später mehr.
Bei diesem schönen Modell braucht´s keinerlei Entschuldigung. Ich freue mich schon auf die Passagiere und die Ladung sowie die sicherlich wieder stimmungsvollen Bilder.
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Mit großer Freude darf ich meine erste fertige Fähre (niederl. Veerboot) präsentieren. Die Aufbauten und die tierischen Passagiere sind, wie zuvor beschrieben, „modular“, indem sie zu Gruppen auf durchsichtiger Kunststofffolie befestigt sind und daher frei arrangiert werden können. Es fehlen noch Kleinigkeiten wie Taubündel, Laken, Heugarben etc., die man auf den einschlägigen Gemälden erkennen kann. Diese Gemälde erwecken immer den Eindruck, es sei auf den Fähren, nun, sagen wir mal: ein bisschen schlampig zugegangen.
Das Problem sind (wie immer) die Menschen. Unter den einigermaßen preiswerten unbemalten Figuren von Preiser etc. finden sich nur sehr wenige sitzende Figuren in entspannten Positionen. Diese Figürchen sind ja auch geschaffen worden, um eng gedrängt auf Bahnhofsbänken oder in Zügen zu sitzen. Von Preiser und Merten gibt es nun 2 Sets „rastende Wanderer“, die Personen zeigen, die in entspannten und natürlichen Haltungen auf dem Boden sitzen. Leider gibt es diese Figuren nach meinem Kenntnisstand nur bemalt, was bedeutet, dass sie A) sehr teuer sind (ca. 2 Euro pro Figur!) und B) derart bemalt und bekleidet sind, als kämen sie gerade aus einem Freizeitbekleidungsshop des Jahres 2020.
Ich werde also nicht nur ihre Bekleidung umfärben, sondern auch mit winzigen Mengen Magic Sculp die übliche Erscheinung von Menschen des siebzehnten Jahrhunderts nachahmen müssen. Nicht!! Meine!! Lieblingsbeschäftigung!! Das letzte Foto zeigt noch einmal, wie wichtig für mich die menschliche Besatzung der Fähren ist, da sie bei seitlichem Blick die Silhouette der Fahrzeuge entscheidend prägt.
Der erste Abguss aus der zweiten Form der Ministaatenjacht. Der Rumpf wurde vor dem zweiten Abformen noch leicht überarbeitet und mit Zierleisten am Heck versehen sowie einer kleinen Figur, die auf dem Bugspriet reitet.
Und hier alle 8 Fähren am Ausrüstungskai. Ich versuche, die Silhouetten möglichst unterschiedlich zu gestalten, um damit auf den Fotos verschiedene Akzente setzen zu können. Deshalb wird es auch Exemplare ohne oder mit umgelegtem Mast geben.