Ok, also nochmal blöd nachgefragt, ob ich es auch richtig verstanden habe: Bei Kabelschlag ist das Tau rechts rum geschlagen, bei Trossenschlag links rum, ja? Oder liege ich wieder völlig falsch? Ich weiß nur, dass meine Taue alle in eine Richtung geschlagen sind; wenn ich von vorn auf das Teil mit dem Motor gucke und sehe das Tau nach hinten weglaufen, dreht es sich im Uhrzeigersinn. Also rechts rum? (Ich summe grad den wunderbaren Song von Bodo Warteke "Das sind Probleme, die ich früher noch nicht hatte"...)
Kabelschlag ist linksgeschlagen (Ankertaue sind meist links gesclagen, daher ist auch der Begriff Ankerkabel sehr gebräuchlich). Die Keepe verläuft dann von unten rechts nach oben links, wie beim "s", daher auch s-Schlag. Beim Trossschlag genau umgekehrt, wie beim "z".
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
Ok, also sind meine Taue alle links geschlagen. Demnach liege ich mit dem, was ich gestern in Posting 2276 geschrieben habe, völlig richtig. Zumindest bis zum nächsten mich wieder verwirrenden Beitrag... (Aber mal ehrlich: Für ein Modell in 1:72 ist das völlig egal, oder?)
ich würde hier gerne einen Teil der Verwirrungen auflösen. Vor allem für @Bonden ist Folgendes ganz wichtig: DAS EINBINDEN VON JUFFERN UND DIE AUSRICHTUNG DES TAMPEN (Tauende der Want)
Mondfeld hat es zwar richtig geschrieben, gibt aber keinerlei Erklärung dafür, warum das so ist. Ich vermute mal, er wußte es nicht besser. Dies wurde ihm erst vor ein paar Jahren von einem Augsburger Kollegen richtig erklärt. Pauschal zu sagen, daß im 17. Jahrhundert die Tampen in eine bestimmte Richtung zeigten, ist genauso gut erklärt wie zu schreiben, daß sich der Kiel bugwärts und achtern verjüngt, aber nich angibt warum, wo und wieviel !
Für englische Schiffe muß man auch hier unterscheiden. Im 17. Jahrhundert gab es für die Wanten noch keinen Kabelschlag (links), nur Trossenschlag (rechts). Keine der schriftlichen Quellen erwähnt ein kabelgeschlagenes Wanttau ! Für anderes Tauwerk wie Stage usw., allerdings schon. Wann genau im 18. Jahrhundert der Kabelschlag für Wanttaue Einzug nahm, ist weder genau dokumentiert, noch pauschal zu bestimmen zu bestimmen. WIR REDEN ABER HIER VON KRIEGSSCHIFFEN !!! Für kleinere Schiffe der Kriegsmarine sowie Handelsschiffe war der sog. WANTSCHLAG in Gebrauch (rechtsgeschlagenes Tau aus vier Duchten mit Seele) !!!
Für größere Kriegsschiffe (mindest. ab 3.Rang aufwärts) war für die Wanten der Kabelschlag in Gebrauch (linksgeschlagenes Kabel aus vier Kardeelen mit Seele). Für größere Kriegsschiffe im 17. Jahrhundert war der Trossenschlag in Gebrauch, da der "Wantschlag" noch gar nicht erfunden war. Er findet auch erst im 18. Jahrhundert Erwähnung.
BITTE AN DIESER STELLE NICHT NACH EXAKTEN QUELLEN UND DATUMSANGABEN FRAGEN ! Das ist hier gar nicht zielführend und würde den kompletten Rahmen sprengen. Ich möchte lediglich die Verwirrung von @Bonden lösen.
Wenn also im 17. Jahrhundert der TROSSENSCHLAG, also rechtsgeschlagenes Tauwerk aus drei Kardeelen, anzuwenden war, dann wurde das Tauende, IMMER VON BINNENBORDS BETRACHTET, auch von rechts nach links eingebunden.
Das heißt, das Tau führte man von rechts oben, unter der Juffer hindurch nach links oben, und kreuzte dort die Want. Dann wurde es auf der RECHTEN Seite der Want angeschlagen/verzurrt ! Gleiche Prozedur für beide Schiffsseiten.
Heißt also, daß die Tampen der Wanttaue backbords nach vorne und steuerbords nach achtern zeigen. Im 18. Jahrhundert, bei Kabelschlag, zeigten die Tampen genau anders herum, weil die Tauenden/Tampen von links nach rechts eingebunden waren und somit backbords achtern und steuerbords bugwärts zu liegen kamen.
Da das gesamte Thema so komplex und umfangreich ist, schreibe ich ja gerade an einem Buch/Sonderdruck für unseren Arbeitskreis und das LOGBUCH - die Recherchearbeit ist bald abgeschlossen.
Nur soviel sei noch gesagt - im 18. Jahrhundert (von verschiedenen zeitgenössischen Autoren ausführlich dokumentiert), lag die Entscheidung, ab welcher Schiffsgröße kabelgeschlagenes Tauwerk für die Wanten zu verwenden war, am Umfang und der Bruchlast von trossweise geschlagenem Tauwerk. Diesem waren aufgrund der "einfach" geschlagenen Herstellungsweise, Belastungsgrenzen gesetzt, die ein "doppelt" geschlagenes Kabel auffangen konnte usw. Wie gesagt sehr komplex und umfangreich !
Für @Bonden und seine MERCURY gilt die Variante mit kabelgeschlagenen Wanten, definitiv !
Ich hoffe, daß meine kurzen Ausführungen für die hier gestellten Fragen hilfreich waren. Wie die Wanten bei Johann`s CREOLE ausgeführt waren, weiß ich nicht. Auch die Behandlung und Richtungsführung der Wanten und deren Tampen beim Nachbau der HERMIONE, kann NICHT als DIE französische Variante im 18. Jahrhundert sicher geltend, bestätigt und angewandt werden. Auch hier gab es wohl Variationen, da hier beim erstmaligen Auftakeln noch original Hanftauwerk verwendet wurde und die Wanten rechtsgeschlagen waren. Dies ist durch Fotografien belegt. Beim Erneuern der Takelage hat man dann auch Kabelschlag umgestellt. Ich vermute, daß dies wohl für die Schiffsgröße passender war/ist. Die "einfach" geschlagenen Trossen bei der erstmaligen Auftakelung leierten recht schnell aus und "schamfielten" an vielen Stellen wohl so stark, daß man beim zweiten Auftakeln doch das stabilere kabelgeschlagene Tauwerk verwendete.
Ihr seht also - Nichts ist sicher ! Nur eines ist sicherlich richtig: AUF DIE ERFAHRUNGSWERTE AUF SEE KAM ES AN - DANACH WURDE TAKELUNG ABGEÄNDERT UND DEN BEDINGUNGEN ANGEPASST (egal, was in evtl. Takellisten stand) !!!!!!!!!!!!!!
@archnav Danke, jetzt fühle ich mich sicher in Bezug aufs Wanten setzen.
@archjofo Tja, Johann, du hast es ja so gewollt - jetzt haben wir dir deinen Baubericht vollgepostet. Und die größte Schuld daran trage ich, sorry. Aber unter der Voraussetzung, dass jetzt nicht nochmals der Herr dafi mit einem mich wieder zutiefst verwirrenden Beitrag um die Ecke kommt, sollte dieser Thread jetzt wieder voll und ganz dir gehören.
@Bonden Kein Problem, ich wollte es ja so! Vor allen Dingen hat das Ganze wieder weitere Erkenntnisse gebracht. @archnav Auch von mir ein Dankeschön für die fundierte Aufklärung.
Wenn ich nach dem Pariser Modell gehe, waren die Wanten der La Creole rechtsgeschlagen als Trossen ausgeführt. Nehme ich jedoch das Gemälde von Marinemaler Horace Emile Jean Vernet (1789 - 1863), welches das Heck der La Creole vor der Festung San Juan de Ulúa zeigt als Referenz, dann hatte sie zumindest um 1838 kabelgeschlagene Wanten. Wie auch immer, dieser Fragestellung werde ich früher oder später nochmals nachgehen müssen.
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
@All Momentan kann ich nichts Neues zum Modell zeigen. Die Bearbeitung der Jungfern zieht sich länger hin als gedacht. Zwischendurch bin ich mit der Anfertigung der Biegehilfen beschäftigt, um die Rüsteisen dann in Serie herstellen zu können. Davon demnächst mehr.
Auf diesem Weg wünsche ich euch allen ein frohes Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr! Bell.png - Bild entfernt (keine Rechte)
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Heute konnte ich endlich mal wieder ein paar ruhige Stunden in meiner Werft entspannt am Modell arbeiten. Wie angekündigt, habe ich mich mit der Herstellung der Püttingseisen befasst.
Herstellung der Püttingseisen
Die Anfertigung der Püttingseisen erleichtert sich mit Verwendung von Biegehilfen erheblich. Da die Rüsten der La Créole mit unterschiedlichen Jungferngrößen bestückt sind, haben die Püttingseisen auch verschiedene Dicken. So werden die Püttingseisen für das Modell aus Messingdraht mit Ø 0,7 mm, Ø 0,6 mm und Ø 0,4 mm hergestellt. Diese differenzierte Ausbildung der Püttingseisen scheint mir im Hinblick auf ein authen-tisches Erscheinungsbild des Modells auch sehr wichtig. Auf dem folgenden Bild sind die Biegehilfen für zwei Jungferngrößen zu sehen. Eine dritte Biegehilfe muss ich noch anfertigen. IMG_0053.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Um zu sehen ob das auch so funktioniert, wie ich mir das vorstelle, stellte ich vorab alle Glieder (Jungfernbeschlag, Rüsteisen und zwei gekröpfte Glieder zur Befestigung an der Bordwand) für einen kompletten Püttingseisenbeschlag her. Die Verbindungsstellen der Glieder feile ich schräg und verlöte sie mit Hartlötpaste. Mittlerweile funktioniert das schon ganz gut. Da je nach Lage der Püttingsjungfer die Länge des Rüsteisens (Maillon de intermédiaire) variiert, sind zuerst die gekröpften Glieder an der Bordwand provisorisch zu montieren. Nach dem Einsetzen der Püttingsjungfer mit Beschlag kann dann das Rüsteisen in der Länge genau bestimmt und entsprechend gebogen werden. Aber damit geht es demnächst weiter …
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Vielen Dank für euer Interesse und die netten Kommentare.
Hier geht es mit einer kleinen Aktualisierung des Bauberichts weiter:
Fortsetzung: Püttingseisen für die Fockrüsten Auf dem vordersten Teil der 3-teiligen steuerbordseitigen Fockrüste der Korvette montierte ich die erste Jungfer mit Püttingseisen, um in Erfahrung zu bringen, was bei der Montage zu beachten ist. Eigentlich handelt es sich hier auch um eine motivationsfördernde Maßnahme, um die eintönigen Arbeiten angenehm zu unterbrechen. Zudem rückt dadurch das nächste Etappenziel, zumindest scheinbar näher. Diese Rüste vervollständigte ich noch um die schon vor längerer Zeit hergestellten Eisenbeschläge. Einer diente zum Einhaken der Backspieren, wenn bei Bedarf Leesegel gefahren wurden. Der andere Beschlag hatte einen stangenförmigen Ausleger an dem die Außenklüverbackstage und die Außenklüverwasserstage festgemacht worden sind. Zum Abschluss erhielt die Rüste noch eine profilierte Abdeckleiste. DSC03397.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Fortsetzung folgt …
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Sehr schön Johann, wie immer sehr sauber umgesetzt und das muß auch mal gesagt werden, sehr gut fotografiert um jedes Detail auch genauestens anschauen zu können, als ob man mit einer Lupe davor sitzen würde, DANKE auch dafür!
Gruß Mike
Alle sagten: "Das geht nicht!" Dann kam einer, der wußte das nicht und hat's gemacht.
Zitat von Die Modellwerkstatt im Beitrag #2293Sehr schön Johann, wie immer sehr sauber umgesetzt und das muß auch mal gesagt werden, sehr gut fotografiert um jedes Detail auch genauestens anschauen zu können, als ob man mit einer Lupe davor sitzen würde, DANKE auch dafür!
Mike, ob das so gut ist, so genau hinzuschauen ...? Da sehe ich zum Beispiel ein verbogenes Rüsteisen ... sch... Makro ...
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner