Die Zeichnungen sehen wirklich großartig aus! 64er sind ohnehin schöne, kleine Linienschiffe. Wirst Du die Dekorationen noch auf einem gesonderten Blatt bringen? Von den Schnitzereien scheint ja zumindest eine der Termen (?)-Figuren noch zu existieren, eine sehr hochwertige Bildhauerarbeit. Übrigens, hast Du eine genauere Vorstellung, wie die Heckstückpforten auf der unteren Batteriedecksebene gemacht waren - im Originalplan sieht man ja die unteren Hälften - aber oben - Schiebefenster? Muß immer etwas merkwürdig aussehen, wenn eine Kanone da rauslugt..
Die Dekorationen werde ich auf dem Seiten- und Heckansicht darstellen, so wie auf Originalplan. Separat wede ich wahrscheinlich, wie bei der Sphynx, das gleiche noch mal in Farbe zeigen. Die gefundene Figure (meinst Du diese hier http://www.christies.com/lotFinder/lot_d...bjectID=1929613 ?) passt nicht ganz aufs Heck. Laut Plan sind die Seitenfiguren 1,90 Meter groß, die gefundene ist 2,20 Meter. Dann gibt es noch eine Galionsfigur (http://prints.rmg.co.uk/image/396093/log...nson-figurehead), wo ich auch zur Zeit zweifele. Zwei Gemälden von Pockock ("The Anson taking the Loire, 18 October 1798" und "The Anson's Escape from five frigates, 12 October 1798") zeigen eine Ganzkörperfigur, wie auf dem Plan. Bei der Heckstückpforten in der Kajute ist es wie Du schreibst, untel Halbdeckel und oben Schiebefenster. Habe paar Bilder von Vic gesehen, wo die Pforten von innen zu sehen sind. Da gibt es noch Spuren von zwei Ringbolzen und zwei Verriegelungen.
Zum Thema Galionsfiguren gibt es eine relativ aktuelle Arbeit von David Pulvertaft. Vielleicht hilft dir ja nachfolgende Information ein wenig weiter.
Pulvertaft's Figureheads Of The Royal Navy v. 2011 enthält eine Liste (und so manche Abbildung) aller ihm von Plänen oder als Original erhaltenen bekannten Galionsfiguren britischer Schiffe.
Bei Anson 1781-1807 ist nur die Galionsfigur vom Plan "Full-length male warrior" aufgeführt.
Ob die von Dir verlinkte Büste wirklich, wie dem NMM nach, HMS Anson von 1781 zuzuordnen ist, kann ich nicht sagen. Es könnte natürlich sein dass die Anson von 1781 im Rahmen einer Reparatur eine neue Büste statt der alten full-lenght Galionsfigur bekommen hat. Möglicherweise handelt es sich aber auch um die Originalbüste der Anson (Vengeur Klasse) von 1812?? Nach Pulvertaft sind für die Nachfolgerin von 1812-1844 Zwei Versionen bekannt, beides Zeichnungen Male standing figure.-Hellyer design 1819 (not approved) Male bust - Hellyer proposal 1819 Leider jeweils ohne Abbildung. Bei beiden Zeichnungen handelt es sich aber offensichtlich nicht um die den Bug bei Indiensstellung zierende Galionsfigur/Büste der Anson v. 1812.
Danke Joerg für die Infos! Die Anson wurde 1794 zu einer Fregatte "rasiert". Das Galion wurde dabei etwas verkleinert (in der Höhe) und nach unten herabgesetzt, der Platz für Figur wurde damit kleiner. Auf dem Plan als Razee sind keine Dekorationen dargestellt, so habe ich nur die beiden Gemälde von Pockock. Und da hilft jeder Hinweiss allermal!
Was das Relikt auf der Christies-Seite angeht - es wird ja so dargestellt, als sei diese Figur bis 1807 am Schiff gewesen. Keine Ahnung, ob das zutreffen kann! Auch hier hatte ich schon den Verdacht, daß es vielleicht doch eher ein Stück vom 1812er-Anson sein könnte? Hier hatte ich mal die Ausschnitt vom Heck eingestellt - scheint in der Tat schon nach Augenschein nicht zu passen, und wenn die Figur tatsächlich auch von den Maßen her nicht paßt ... nun ja. Wäre ja mal schön gewesen, wenn Plan und Realität übereinstimmen! http://www.napoleon-forum.de/index.php?showtopic=3475 Die verlinkte Büste hat ja ganz offensichtlich auch nichts mit der ursprünglichen Figur eines unbehelmten, bekränzten Kriegers in römischem Kostüm zu tun - die wohl aber zwangsläufig beim Umbau nicht drangeblieben sein kann. Waren bei den Razee-Umbauten Büsten schon üblich? Insofern ist auch die Zuschreibung wirklich dubios. Oder bekam Anson irgendwann zwischen 1794 und 1807 nochmal eine neue Galionsbüste?
Über Anson als Fregatte weiß ich gar nichts außer dem wenigen, was bei Gardiner zu lesen ist. Als allgemeines Muster für die Reduktion des Rumpfs könnte wohl der bekannte Indefatigable-Plan gelten, nicht wahr? Oder gibt es da sonst noch Unterlagen?
Der zweite Link bei napoleon-forum zeigt die Figur auf dem Kreuzfahrtschiff Noordam. Und so wie sie dort angebracht ist, sieht sie mehr nach eine Galionsfigur von irgeneinem Clipperschiff, als nach eine Heckfigur... Als Heckfigur würde sie in den Himmel schauen, was eh seltsam ist. Von der Anson als Razee-Frigate habe ich insgesammt 6 Pläne. Auf dem "Sheer plan" steht: "A Draught proposed for cutting down the Anson and Magnamine of 64 gun...". Dabei sind auch Pläne für alle Decks und Platformen, und ein Längsschnitt. Dann gibt es anscheinend eine 1 zu 1 Kopie der Anson-Plan nur für Magnamine. Die Infatigable ist von der Slade's Ardent Klasse, die Anson und Magnamine sind beide William's Design. Da gibt es einige unterschiede.
Gerade erst diesem Forum beigetreten finde ich jeden Tag neues staunenswertes und heute ist es der von Dir gezeichnete Plan. Das sind wirklich sehr schöne Zeichnungen. Die Idee, mit einer Art Beta-Version ein Testmodell bauen zu lassen ist toll und wird die Qualität des Planes noch einmal verbessern.
Ich habe da aber trotz aller Begeisterung mal eine Frage: Duhamel du Monceau schreibt in seinen "Anfangsgründe der Schiffbaukunst" (1791) zu "Die Schaarstöcker, Scheerstöcker":
"...Wenn man erwägt, daß, wenn die Schiffe den Rücken brechen, alle untern Theile des Gebäudes streben, einander sich zu nähern, daß hingegen alle Theile der Verdecke sich auseinander geben, so wird man begreifen, daß alle Stücke, aus denen die Schaarstöcke, Balkweeger, Wassergänge u. bestehen, vorzüglich gut unter einander, und auch gegen die vordersten und hintersten Balken, auf denen sie endigen, verbunden seyn müssen: mit einem Worte, es sind Verbandstücke, von denen man gar keinen Dienst erwarten darf, wenn nicht alle ihre einzelnen Theile so gut untereinander verbunden sind, daß sie gleichsam ein einziges Ganzes ausmachen."
Klawitter schreibt in seinen "Vorlegeblätter für Schiffbauer" 1835 in Blatt VIII: "Die Laschungen des Wasserbords und der Scheerstöcke mussen, wie eine Kiellaschung, einem Hacken eingeschnitten werden und so lang sein, daß sie über zwei Balken reichen. Dagegen werden die Enden der Verdecksplanken stumpf zusammengestoßen und man hat bei deren Anordnung vorzüglich darauf zu sehen, daß die Stöße so weit als möglich von einander (im Verband), und nicht in die Nähe der Lucken treffen."
(Die Schreibweise mag seltsam anmuten, aber als Zitate habe ich sie 1 zu 1 übernommen)
Auch wenn dies in den, den Werken anliegenden Zeichentafeln nicht erkennbar ist, so leite ich aus den beiden Bemerkungen auch für die hier in Frage kommende Periode des Schiffbaus ab, dass Wassergänge und Scheerstöcke zum einen in den Decksbalken eingelassen wurden, zum anderen mit Hakenlaschungen untereinander verbunden waren. Das scheint mir auch sinnvoll zu sein, denn die genannten Bauteile könnten ansonsten als wichtiges Element der Längsverbindungen ihrer Aufgabe als "Obere Gurtung" nicht nachkommen.
Das Einlassen in die Decksbalken ist nicht ohne Weiters erkennbar, die Oberseite der Scheerstöcke und Wassergänge war mit den übrigen Decksplanken bündig, aber die Hakenlaschungen sind schon wegen der Kalfaterung gut erkennbar.... allerdings nicht auf Deinen Plänen. Bei einem qualitativ derart hochwertigen Plan wie Deinem, finde ich sollte ein solches Detail nicht fehlen, oder hast Du Informationen, dass diese Teile doch stumpf gestoßen wurden? Verstehe mich bitte nicht falsch, ich will nicht Deine Pläne verreißen, dazu habe ich von den Dingen nicht genug Ahnung (jedenfalls reicht mein Wissen nicht aus, einen solchen Plan zu zeichnen), aber als, nun sagen wir, nicht ganz unbedarfter Laie würde die bei einer entsprechenden Prüfung vor einem möglichen Kauf die Qualität eines Planes u.a. an solchen Details festmachen. Der Plan erscheint mir aber zu wertvoll, um durch das Fehlen einer solchen Winzigkeit abgewertet zu werden. Ich würde Dir daher empfehlen, ihn in dieser Hinsicht zu korrigieren.
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
vielen Dank für Dein Lob, und für Kritik sowieso! Das hält in Form Zu den Laschungen: Die habe ich natürlich gezeichnet, wenn auch nicht ganz in den Form, wie Duhamel du Monceau sie beschreibt. Das liegt wohl daran, das zwischen britischen und französischen Bauweise einige grundlegende Unterschiede gab. So hatten z.B. die Franzosen keine liegenden Knien, deren Funktion wurde teilweise durch den Wassergang, und zwei bis drei Strecken Leibplanken (Scheerstöcke) übernommen. Die wurden dann entsprechend in die Deckbalken eingelassen. Bei Engländer wurden Wassergang und Leibplanke (Margin Plank) auf die Balken ohne Einlassen befestigt, da liegenden Knien ebenbündig mit den Balken eingebaut worden waren. Ich füge hier zwei Bilder, die eine für diese Zeit übliche Methode zeigen:
Auf dem ersten sieht man die Hakenlaschungen der Leibplanke, auf dem zweiten sind die Hakenlaschungen bei Salz- und Balkweger zu sehen. Für die Längsstabilität wurde also schon ausreichend gesorgt. Als Grundlage dienten mir in der ersten Linie die Beschreibungen und Großenangaben bei "Ship Builders Repository" von 1788, "Remarks on the Navies of the English & the Dutch" bei B. Ollivier von 1738, und die Werke von Fincham, Falkoner, Stallkart und Steel. Bei NMM gibt es einige zeitgenossische Zeichnungen, die solche Details gut zeigen. z.B. diese zwei hier:
Bei dem ersten Bild sind Leibplankenstöße sogar stumpf dargestellt.
Klawitter passt hier zeitlich leider nicht ganz, da es zu der Zeit einige Veränderungen bei der Ausführung von verschiedenen Bauelementen gab. Da würde ich den Korth und Fincham vorziehen, weil die auch die "alten" und "neuen" Methoden beschreiben. Wobei Korth wiederum meist die französische Bauweiße schildert. Dafür beschreibt er z.B. welche "Freiheiten" und Abweichungen von den Plänen und Vorschriften bei der Abnahme des Schiffes toleriert wurden, und welche nicht.
Bei den Plänen versuche ich generell so wenig wie möglich "Fantasie" einzubauen, und wenn's ganz ohne nicht geht, dann womöglich im Rahmen des Wahrscheinlichen. Wenn man sich mehrere Jahre mit der englischen Schiffbau des 18. Jhd. beschäftigt, bekommt man schon einigermaßen ein Gefühl für "richtig-falsch", oder für "möglich-unmöglich"...
Ich bin begeistert über Deine Ausführungen. Du hast ja an alles gedacht. Vielleicht sollte ich mich, wenn ich mir schon ein Motto in die Signatur schreibe, auch mal häufiger daran halten, dann wäre mir meine vorschnelle Korrekturempfehlung nicht herausgerutscht. Das tut mir ehrlich leid Vielen Dank noch mal, für die Lehrstunde.
Losgelöst davon, würde ich mir gerne den schon sehr häufig erwähnten Baubericht Deiner Sphynx anschauen, nur, wo finde ich den?
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
im Gegenteil. Auch wenn Alexander an alles gedacht hat, habe ich Deinen Hinweis bei einer Übungszeichnung von mir genutzt, noch einmal Punkte zu prüfen. Danke dafür
Gruß Christian
in der Werft: Cutter Alert, 1777, HM Sloop Fly, 1776 - 1:36 auf dem Zeichenbrett: Cutter Alert, 1777, HM Sloop Fly, 1776, HM Fireship Comet, 1783, HM Boomb Vessel Aetna, 1777
Pause: HMS Triton, 1771 - 1:48
"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen." "Habe keine Angst vor der Perfektion - Du wirst sie nie erreichen" Salvador Dali
Hallo Alexander, auch ich möchte mich auf die Warteliste einer 1:48 Version deiner Anson eintragen. War schon von deinen Sphynx-Plänen begeistert. Beste Grüße Ralph