Heute etwas aus der Rubrik "Vertraue nie blind der Bauanleitung!"
Die Profis hier - also im Prinzip ja ihr alle - werdet sicher die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, Schreikrämpfe und Lachflashs abwechselnd kriegen und dennoch hoffentlich ein wenig Spaß an meinem Beitrag haben.
Ist ja nicht so, dass ich mich nicht regelmäßig mit meiner MERCURY beschäftige. Aber derzeit bin ich mal wieder viel mit der immer mehr Fragen als Antworten gebenden Bauanleitung beschäftigt. Und aktuelle Ereignisse, zu denen ich gleich komme, bringen mich dazu, mich noch intensiver vorausdenkend mit meinem Modell zu befassen. Dann habe ich noch beim Herrn dafi die eine und die andere Platine mit Ätzteilen bestellt und musste dann feststellen, dass er offenbar irgendeine Geheimlegierung benutzt, die sich meinem ansonsten zuverlässigen Brüniermittel beharrlich widersetzt; da muss auch noch für Klärung gesorgt werden, was aber angeleiert ist. (Danke für das nette Telefonat heute, dafi! )
Aber es juckte mich, mal wieder was Greifbares zu produzieren. Und da es ja, wenn denn die Rüstbretter endlich mal fertig sind, unweigerlich in die Höhe geht, habe ich mich mal mit dem Großmast befasst. Und dabei habe ich festgestellt, dass die bei Shipyard manchmal aber wirklich echt nicht alle Latten am Zaun zu haben scheinen - oder sie wollen es für uns Modellbauer extrem spannend machen. Also: Hier mal der Großmast in Rohform. Er ist bereits seit ein paar Tagen auf die in der Bauanleitung aufgezeigte Länge geschnitten und mittels Sandpapier der Stärken 80 und danach 150 leicht verschlankt. Daneben liegt die Bauanleitung, nach der ich mich genau gerichtet habe: M334.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Dann habe ich den Mast gestrichen, mit einer wasserlöslichen Acrylfarbe von Vallejo, "Patina Ocre 70.831 Tan Glaze". Und da der Klüverbaum ja auch schon als fertiger Rohling da liegt, kam der auch gleich unter den Pinsel. Die Farbe sehr dünn aufgetragen, damit die Holzstruktur zu erkennen bleibt. Aber nach zwei Anstrichen war ich nicht zufrieden, beide Rundhölzer sahen irgendwie rauh aus und fühlten sich auch so an. Nun ja, Sandpapier mit Körnung 150 ist nun nicht gerade das Zarteste... Ich fand dann noch einen Bogen 400er - und siehe da, die Farbe war nun zwar wieder runter, aber meine Masten sahen viel besser aus. Erneut gestrichen, zwei mal das Ganze, und dann noch mit Acryl "Matt Varnish", ebenfalls von Vallejo, was den Hölzern einen feinen seidigen Glanz gab. Sieht man auf dem Foto jetzt nicht - glaubt es mir einfach: M335.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Die rumliegenden Teile zeigen die Mastschalen, den Masttop, die Mastbacken und die 4 Decksbalken, die als Auflieger für die Beiboote dienen. Und beim Masttop begann nun der Spaß. Auf dem folgenden Bild sieht man den Masttop mit Mastbacken, fast fertig gebaut, was noch fehlt, sind die restlichen Eisenbänder sowie die Scheibgatts auf beiden Seiten. M336.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Und an der Stelle höre ich auf, denn sicher habt ihr die Idiotie erkannt: Shipyard meint, den Masttop als extra Teil bauen zu lassen. Das heißt, dass die Verbindung zwischen dem Untermast und allem, was dann da oben noch drauf kommt, aus einer Klebefläche von weniger als einem halben Quadratzentimeter besteht. Hört sich nach einer stabilen Basis für vielen verschiedenen Zugkräfte, die da später von allen Seiten ansetzen, an.
Hab mir mal den Weißleim genommen, um euch zu zeigen, wie das dann aussehen soll: M338.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Sorry, Shipyard, bei allem Respekt, aber was euch da geritten hat, wisst ihr wohl selber nicht. Ich könnte ja mal darüber nachdenken, einen Stahlstift einzusetzen, um eine feste Verbindung zu schaffen. Aber ich glaube, ich werde mir ein neues passendes Rundholz für den Großmast holen und das dann so bearbeiten, dass Mast und Masttop ein einheitliches Ganzes sind.
Als ich das Rundholz auf die "richtige" Länge brachte, hatte ich dieses Problem noch nicht auf dem Schirm, weil ich einfach nicht damit gerechnet habe, dass mir Shipyard ein derartiges Ei legt! So richtig glauben kann ich es immer noch nicht, aber auch beim zwanzigsten Mal Bauanleitung anschauen komme ich zu keiner anderen Erkenntnis: Die meinen das ernst! Unglaublich. Ab sofort also noch viel mehr vorheriges Gucken, Denken, Fachbücher zu Rate ziehen...
Hallo Bonden. nun melde ich mich auch mal. Es ist für mich unbegreiflich, was Du aus Karton erstellst. Als Kind habe ich eine Zeitlang Flieger und Häuschen aus Pappe gebaut. Na ja... Aber was Du da zauberst, ist beeindruckend. Da können wir Holzwürmer nur staunen.
Freue mich auf weitere Fortschritte Deiner Fregatte!
Gruß
Jörg
Egal wie leer du im Kopf bist, es gibt Menschen, die sind Lehrer!
Das bestätigt meine Meinung über Baukästen. Meist habe ich diese nur als grobe Orientierung genutzt. Meine Aussage stützt sich insbesondere auf Billing Boats Anleitungen. Wesentlich besser waren meine Erfahrungen mit Aeronaut und Robbe. Robbe erwähne ich nur weil sie diesen wunderschönen Vanadis ex Valdaiva auf den Markt gebracht haben. Daher mein Ziel irgendwann mal nach Plan zu bauen.
Gruß Kay
Wir sollten wieder lernen, aus der Freizeit Muße zu machen. (Otto Flake, Schriftsteller)
@Seebaer Da mein Polnisch noch schlechter ist als mein Englisch, muss ich das - wie alle Fragen, die ich mit Shipyard bisher zu klären hatte - über Slawomir von http://www.kartonmodellshop.de/ anschieben. Aber ich warte mit dem Meckern noch, bis ich das Schiff fertig habe; habe da schon eine Mängelliste, die sich weiter füllt. Bis dahin schreibe ich die nur an, wenn mal ein Teil fehlt oder irgendwas total unklar ist... Und da kam bisher auch immer sehr schnell Antwort.
Aber, bei aller Kritik, der Fairness halber will ich hier auch deutlich sagen, dass ich insgesamt noch immer sehr zufrieden bin mit dem Baukasten. Die Teile sind sauber gearbeitet, die Passgenauigkeit ist exzellent, die Ideen bei Details oftmals sehr witzig. Und wie habe ich in irgendeiner Signatur gelesen? Modellbau ist das, was man daraus macht.
Hallo Bonden Ich will mich nicht zum Anwalt für die Baukastenfirma machen, aber tatsächlich ist die Trennung von Masttopp und Untermast auch bei meiner Fregatte vorhanden und ohne von Deiner Bauanleitung zu wissen habe ich sie auch noch selbst ersonnen. Bei mir lagen allerdings Gründe dafür vor, die ich bei Deinem Modell beim besten Willen nicht sehen kann.
Untermast und Masttopp sind bei meiner Fregatte über einen Stahlstift zusammen gesteckt. Link Dadurch konnte ich den Untermast aus einem Stück leichter Angelrute (Kohlefaser) herstellen und den Topp aus Holz. Das spart enorm Gewicht über der Wasserlinie und erhöht damit die Stabilität (i.S.v. Kentersicherheit) sehr.
Es ging mir darüber hinaus darum, ggfs. die gesamte Bemastung und Takelage vom Modell abnehmen zu können. Das kann für Transport oder Reparatur einmal nötig werden, ist eben ein Fahrmodell und kein kleines. Normalerweise reicht es, die Stengen abzunehmen, mein Auto ist groß genug, dass ich die Untermasten mit den dazu gehörenden Rahen und Spieren drauf lassen kann, aber man weiß ja nie, ob es irgendwann nicht doch mal nötig sein wird, alles abzunehmen.
Außerdem bietet diese Trennung bei mir noch die Möglichkeit, die Unterwanten nachzuspannen, eine Funktion, die nicht nur für Fahrmodelle sinnvoll sein kann. Die Untermasten stehen auf einem Gewindestift und der sitzt in einer passenden Mutter, die in einen, auf dem Kielschwein montierten Träger eingelassen ist. Lässt nun die Wantenspannung im Laufe der Jahre nach, kann ich den Untermast unabhängig von allem, was sich darüber befindet drehen, und durch die Gewindestange in der Mutter so nach oben schrauben. Nach ein paar Drehungen sind die Wanten wieder durchgesetzt.
Nach meinen Erfahrungen beeinträchtigt diese Trennung die Festigkeit der Masten nicht (jedenfalls nicht, wenn Du einen Stift einsetzt). Der Zug der Wanten presst die beiden Teile so zusammen, dass sie nicht mehr ohne Weiteres voneinander zu lösen sind. Allerdings zwingt diese Trennung dazu, den Zug der Wanten zu beiden Seiten seeeeehr gleichmäßig zu verteilen, ansonsten wäre ein Knick zwischen Untermast und Topp die unschöne Folge.
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
danke für deinen Beitrag! Sehr interessant, wie du das gelöst hast - aber deine Gründe dafür treffen ja auf mein Schiff nicht zu: Wäre sicher nicht allzu klug, ein Kartonmodell zu Wasser zu lassen. Also werde ich nachher mal im Baumarkt um die Ecke nach einem geeigneten Rundholz suchen.
Ganz tolle Arbeit, vor allem, dass auch dein Material- und Technikverständnis wächst!
Stahlstift ist für mich im wahrsten Sinne ein Notnagel - wenn nicht wie bei Willi zu weiterem verwendet. Es kommt dort noch einiges an Zugkraft auf - Und willkommen in der wunderbaren Welt der Holzwürmer wenn du den Mast am Stück baust ;-)
Manchmal geht's schnell. So, ihr Holzwürmer, hier meine Strafarbeit aus der Tischlerwerkstatt - mit Feile und einem Dremel-artigen Gerät von Westphalia habe ich versucht, aus dem Runden was Eckiges zu machen. Daneben der Masttop von gestern. Also ich bin wie ein bissel stolz auf mich! M339.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Es geht einigermaßen gut voran, Bilder folgen später... Ich habe da mal Fragen an das fachkundige Publikum:
Je mehr man sich mit einem Thema befasst, desto verwirrender wird es machmal. Ich wollte nun die ersten Wuhlings am Großmast meiner Mercury anbringen. Die Frage nach der Taustärke war dann schon das erste Problem, das habe ich wie folgt gelöst: Blick in den Marquardt, Tabelle Seite 402, Umrechnen, also 0,25 m Durchmesser nehmen. (Da ich beim ersten Mal den am Anfang der Tabelle stehenden Wert genommen habe - 110 bis 74 Kanonen - durfte ich die Wuhling am Bugspriet wieder runterfetzen, sah mir gleich so verdächtig fett aus mit dem 0,5er Garn...)
Nun meine offenen Fragen:
1) Der Bauplan sieht vor, die Wuhlings mit Bändern einzufassen, und die in Farbe des Mastes. Da ich ja nun gelernt habe, erst einmal nichts zu glauben, was in der Bauanleitung steht, habe ich mal in diversen Büchern geblättert, meine Fotos aus dem NMM in Greenwich studiert und mir hier im Forum viele Modelle angeschaut. Da finde ich nun überall einen bunten Strauß an Möglichkeiten: - Wuhling ohne Einfassung - Wuhling mit schwarzer Einfassung - Wuhling mit mastfarbener Einfassung Ich neige ja dazu, sie schwarz einzufassen, wenn aber jetzt alle schreien "Oh nein, tu es nicht!" - und zwar überzeugend! - überdenke ich die Sache nochmal.
2) So, dann geht es aber weiter. Thema Mastschalungen. Auf jeder Seite ist eine. Die Wuhlings umfassen auch diese, aber es gibt neben den Wuhlings noch einfache Eisenbänder. Davon gehen welche, wie die Wuhlings, über die Mastschalungen, andere umfassen nur den Mast, gehen also unter den Schalungen durch. Ist das wirklich so, und wenn ja, nach welchem Prinzip entscheidet sich, ob so ein Band unter oder über der Schalung läuft?
3) Zu guter Letzt gibt es noch eine dritte Mastschalung, länger als die beiden seitlichen. Sie wird bugwärts angebracht, und ich soll in die Zwischenräume zwischen den Wuhlings jeweils ein Stück Karton einkleben, sicher damit diese Schalung schön plan verläuft und nicht so huckelig daherkommt. Muss das wirklich so sein? Auf diesem Bild sieht man gut, was ich meine. Mir erschließt sich der Sinn dieser mittigen Schalung nicht so richtig. Das einzige, was ich mir vorstellen kann, wäre eine Reserveschalung, für den Fall aller Fälle, so wie man ja auch Ersatzspieren und so mitführt. Und die recht piepselige Art der Festmachung würde das auch erklären. Dennoch, seltsam, ich bin da mal sehr gespannt auf eure Meinung.
Hallo Bonden, was du auf dem Bild (dein Link) siehst ist richtig, also Anordnung und Farbe der Mastbänder und Wuhlings.Die gezeigte Frontschalung erscheint mir aber wesentlich zu stark. Die Einfassung der Wuhlinge bestand aus Holz, deshalb Farbe wie der Mast. Die Bänder bestanden aus Eisen, deshalb an den Modellen meist schwarz. Die Frontschalung diente wohl dem Schutz der Untermasten. Der Besanmast hatte keine solche Schalung, wohl deshalb, weil an diesem Mast an der unteren Rah kein Segel angebracht wurde (Bondensegel).
Gruß bernd
Edit: Irrtum, nicht richtig hingesehen. Nach meiner Meinung gehören die Bänder unter die Schalungen und die Wuhlings darüber und halten diese damit am Mast
Die Frontschalung diente meinem Verständnis nach zum Schutz von Mast und Rahen beim Auf- und Abfiehren der Rah. Die Schalung war somit ein Verschleißteil und deswegen aufgesetzt damit sie leicht ausgewechselt werden konnte.
Bei den anderen Schalungen ist auch wieder zu unterscheiden: Einige der Woolings und Bänder dienen dem Mast selber, einige zum Halten der Schalungen. Deshalb die Differenzierung.
Sensationell, wie schnell ihr geantwortet habt, danke! Ok, dann weiß ich jetzt Bescheid und schaue mal, wie ich das umsetze - aber erst im nächsten Jahr!