Ich hab deinen Bericht nun sicher schon 3x gelesen und kann nur eines dazu sagen..... Total klasse was du hier zeigst und wie du dein Modell baust.....
Danke, @achilles - ich habe also alles richtig gemacht, als ich meine Mercury (1779) an den bewussten Stellen in ein freundliches Schwarz gekleidet habe!
Ganz viel von dem, was ich in diesem Baubericht zeige, sind Premieren für mich. Ich habe ein Modell mit diesem Anspruch und in diesen Dimensionen noch nie gebaut; jedes Teil ist eine neue Herausforderung für mich. Daher berichte ich auch gern mal etwas ausführlicher über so relativ kleine Dinge - wie zum Beispiel ein Backstag...
Zum stehenden Gut am Bugspriet gehören auch zwei Backstage. Oder auch Bugstage - hier sind sich die Experten offenbar nicht einig hinsichtlich der Bezeichnung; beim Mondfeld sind's die Bug-, beim Schrage die Backstage. Aber sie meinen beide das Gleiche. Was ist denn nun die korrekte Bezeichnung? Egal, es muss auf jeden Fall gebaut werden.
Diese Stage gehen vom Bugspriet jeweils an die Steuerbord- und Backbordseite des Rumpfes und stützen den Bugspriet seitlich gegen die von oben wirkenden Zugkräfte ab. Für jedes Bugstag wird ein Stagkragen gefertigt, ähnlich denen für die Wasserstage, mit dem einzigen Unterschied, dass die Herzkausche seitlich vom Bugspriet liegt. So, und jetzt mach ich das mal mit Bildern deutlich. Das hier ist die Ausgangslage, wir sehen die beiden Wasserstage mit ihren Stagkragen. M456.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Tja, sieht gut aus, was? Aber, aber, aber... Direkt rechts neben den linken Stagkragen des Wasserstages müssen noch die zwei Stagkragen der Bugstage. Aber da ist kein Platz mehr, da dort ja schon der Klüverbaumsattel, also der Auflieger für die Verlängerung des Bugspriets, befestigt ist. Also gab es zwei Varianten: Die Halteklampen für den Stagkragen des Wasserstags abpuhlen und das alles zwei bis drei Millimeter schiffswärts setzen oder den Klüverbaumsattel vorsichtig lösen und das Teil ein Stück nach oben setzen. Nun ratet mal, wofür ich mich entschieden habe? Richtig! M457.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Jetzt war Platz genug. Also fertigte ich den Stagkragen für das Steuerbord-Bugstag. Dazu nahm ich wieder ein Stück gekleedetes Tau, band die Herzkausche ein, gab den beiden vorher in der Länge ausgemessenen Enden je ein kleines Auge und legte das dann um den Bugspriet und verzurrte das Stag durch die beiden Augen. Dann bekam ein aus 3x 0,5mm geschlagenes Tau an ein Ende die andere Herzkausche eingebunden und am anderen Ende einen Haken aus Herrn dafis wunderbarem Ätzsatz. In die Bordwand steckte und klebte ich einen Augbolzen (von ebenda). Nun brauchte ich nur noch mit einem 0,1mm-Amati-hell-Faden als Taljereep die beiden Herzkauschen straff miteinander verbinden, und fertig war die Laube: M458.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Den Klüverbaumsattel befestigte ich dann auch wieder; ihr seht, das noch reichlich Platz für den Stagkragen des Backbord-Bugstags ist. M459.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Und hier meine Orientierung: M460.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Tja, das war's schon. Die Backbordseite werde ich genauso bauen, jetzt ist ja Platz am Bugspriet.
Der Winter naht! Zwar ist noch kalendarischer Sommer, aber die aufkeimende Unruhe in mir beim Blick auf und bei den Gedanken an meine Mercury nahmen zu - ein untrügliches Zeichen, wofür auch immer. Und so habe ich vorfristig die Werftruhe beendet und mich nach monatelanger Abstinenz wieder mal an ein wenig Modellbau gewagt.
Und da muss ich mit einem Lob anfangen: Die Ätzplatinen von dafi sind mal wieder Gold wert! Nachdem ich ja alle Rüstbretter angebracht und alle dazugehörigen Jungfern und Rüsteisen ebenfalls montiert hatte, wollte ich das Thema Rüstjungfern ein für allemal abschließen, was bedeutete, dass ich mich um die Marsplattformen kümmern musste. Die für den Großmast hatte ich zwar schon fertig, aber das war, bevor ich dafis Platinen für mich entdeckt hatte. Ich profitiere hier ja eindeutig von dem glücklichen Umstand, dass etliche Kleinteile für eine Victory in 1:100 richtig gut für eine 6-rate-Fregatte in 1:72 passen. So fand ich dann auch die Rüstjungferneinfassungen für die Marsen ideal für mein Schiffchen, so dass ich kurzerhand die früher mühevoll zurtechtgebogenen, aber eben doch nicht soooo toll aussehenden Selfmade-Teile abfetzte. Dafis Messingteile kamen ins Brünierbad, dann wurden die 4mm-Jungfern (bzw. 3,5mm für den Besan) reingefriemelt, anschließend wieder Nuten gefräst für die Taljereeps und dann konnten sie auch schon angebracht werden. M463.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) M464.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Fock- und Besanplattform hatten noch kein Geländer, das wurde dann auch noch gebaut, und so schaut die Ausbeute des ersten Werfttages nach der Sommerpause aus: M465.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Außerdem wurden die Stückpfortendeckel für die Steuerbordseite für die Montage vorbereitet und an ein paar Figuren herumgemalt. Das zeige ich später, wenn's fertig ist.
Bezüglich der Bug/ -Backstage. Beides ist richtig, wie so oft. Während die Bezeichnung Backstag bzw. Backstay aus dem Englischen sich auf rückwärts gewandte Stage am Spriet bezieht, hält man es im Deutschen mehr mit der Örtlichkeit, nämlich dem Bugbereich.
Da es ja nun bei meiner Mercury bald in die Höhe geht, habe ich heute eine endgültige Entscheidung getroffen bezüglich der benötigten Blöcke. Wie schon bei der Papegojan werde ich von den Shipyard-Selbstbau-Blöcken nur die nehmen, die ich nicht im Fachhandel aus Holz bekomme, und dann noch die Herzkauschen - die sehen richtig gut aus, siehe meine Bugspriettakelung. Nun hatte ich mir ja bei diversen Fachhändlern hier im Lande schon einiges an Blöcken zusammengekauft. Aber was soll's, man guckt halt immer, was es noch so gibt... Wie weiter vorn berichtet, habe ich mir bei einem US-amerikanischen Onlinehändler (Syren) eine Kleedemaschine gekauft und dabei mal probeweise zwei Tütchen Blöcke mitbestellt. Nun habe ich die Ami-Teile (im Bild rechts) mal direkt neben die gute deutsche Wertarbeit (im Bild links) gelegt und eine Entscheidung getroffen. Seht selbst; im Vergleich 4mm-Einfachblöcke und 6mm-Doppelblöcke: m466.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Noch Fragen?
Ich weiß, dass hier in diesem Forum der Trend eher zu selbstgefertigten Blöcken geht - aber ich bin nun mal kein Holzwurm, habe nicht das nötige Equipement und nicht die nötige Herstellungskenntnis. Und selbst wenn ich die hätte - mir anzumaßen, dass ich in dem Maßstab besseres als das von Syren angebotene Material hinbekomme, erlaube ich mir nicht. Also habe ich heute meine Bestellung nach Übersee geschickt und freue mich auf die Lieferung.
Zum Bau selbst kann ich berichten, dass ich zwei der fünf Stückpfortendeckel jetzt am Schiff angebracht habe; wenn da alles fertig ist, werde ich hier wieder mit Bildern schildern.
Zitat von dafi im Beitrag #234Weise Entscheidung, sonst hätte ich meine Ätzteile zurückgefordert - man hat ja schließlich auch seinen Stolz ;-)
Puh, da bin ja froh - mir vorzustellen, die vielen Teile wieder abzureißen... Und dann noch die Frage, mit welchem Mittel man die Brünierung wieder zurücknimmt...
Zitat von Dubz im Beitrag #236Chucks handgearbeitete Blöcke sind eine weise Entscheidung ;)
Dirk
Wahnsinn! Vor einer Woche bestellt, heute schon im Briefkasten, mit einem Aufkleber, der da lautet: "Von zollamtlicher Behandlung befreit." Na super, nur die Teile selbst und der Versand - ich bin begeistert! Und die Blöcke sehen ja sowas von schön aus! Wenn ich ein Segelschiff wäre, oder das Tauwerk eines Segelschiffes - ich wäre rettungslos und für immer verliebt! Und so als Modellbauer? Also ich fühle mich grad wie so Tauwerk...
Die Geister, die ich rief... Auch wenn es hier gar nicht danach aussieht: Es tut sich etwas auf meiner Werft. Aber momentan bin ich in einer Phase, in der ich gefühlt 95% meiner Werftzeit mit der Nase im Schrage sowie in den verschiedenen Bauberichten und anderen Threads dieses Forums stecke. Dem Takelplan von Shipyard traue ich immer weniger über den Weg; zu oft stelle ich Fehler fest (immer ausgehend von der Annahme, dass die Leute bei Shipyard die Schrages, Marquardts und Mondfelds dieser Welt nicht halb so gründlich gelesen haben wie ich mittlerweile...). Ok, sie haben sich schon Mühe gegeben, aber zum Beispiel setzt Shipyards nirgends auf Strops mit Kauschen, da läuft alles über Blöcke. Auch anderes ist ... seltsam. Mal so ein Beispiel: Auf einer der Bauplanzeichnungen sieht man die Befestigung des Ankers am Kattblock, deutlich erkennt man einen Dreifachblock. Was ja auch richtig ist. Die Sache hat nur zwei Haken: Zum einen gehören zum Selbstbaublocksortiment dieses Bausatzes keinerlei Dreifachblöcke, zum anderen ist der dort zu sehende mit der Nummer 345 versehen - das ist demnach ein 2mm-Einfachblock. Ich komm ja vor Lachen nicht in den Schlaf. Als ob ich's geahnt hätte: Bei meiner Bestellung bei Chuck hab ich einfach mal so auf Verdacht auch ein Tütchen 4mm-Dreifachblöcke bestellt. Was ein Glück - so schaut das jetzt aus: M525.JPG - Bild entfernt (keine Rechte) M526.JPG - Bild entfernt (keine Rechte) Im zweiten Bild wollte ich nur mal zeigen, wie es später aussieht, da ist noch nix befestigt. Die Anker liegen mittlerweile wieder brav in der Devotionalienkammer und werden erst viel später angebracht.
Wie ihr seht, habe ich auch die Butluv-Spieren angebracht; deren Wanten fertige ich "an Land" und bringe sie dann später an. Wollte eben nur mal wieder zeigen, was sich hier so tut. Nun könnte ich euch noch den Klüverbaum zeigen, den ich nochmal neu gearbeitet habe, aber da ich da mittlerweile schon wieder Stropps und Leitblock von der Nock gerupft habe, zeige ich das dann, wenn's fertig ist. Und Schuld seid ihr! Ich habe mich überzeugen lassen, dass meine Mercury keine Bovenblinde braucht, was dann natürlich andere Stropps nötig macht; außerdem will ich, im Gegensatz zum ersten Entwurf, diese eben doch ordnungsgemäß mit Kauschen und nicht nur mit Buchten herstellen.
Ok, ich korrigiere mich: Ich bin selbst schuld. Was frage ich auch...
Ja, je mehr man sich auf dieses Spiel einlässt, umsomehr wird man da reingezogen ...
Aber im Ernst, Dein Modell entwickelt sich zu einer Preziose. Ein wirklich tolles Modell. Sogar bei den Jungfern sind die Gatts für die Läufer ausgekeept.
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner