Zitat von Werner im Beitrag #1529Was würde denn geschehen, wenn wir den Versuch unternehmen müssten, die Farben des 17. Jahrhunderts herzustellen? Wären wir in der Lage, die Rezepturen der einzelnen Künstler, oder auch Maler/Anstreicher zu rekonstruieren? War Grün immer Grün? ... Es gibt für mich sehr viele Fragen um die Farbgebung der Schiffe. Was hatte die Werft im 17. Jahrhundert für Möglichkeiten. Konnte man wie heute die Farben fertig kaufen, oder musste ein Jeder sie müsam herstellen. Ich denke, das es eine industrielle Fertigung, wie wir sie kennen, für die Menschen schlicht fremd war. Wir haben es bei der Vasa gesehen, welche Farbenvielfalt es gegeben hatte.
Normierte Ölfarben aus der Tube gibt es erst seit dem späten 19. Jahrhundert. Und auch die Verfügbarkeit synthetischer Ersatzpigmente für die teils unerschwinglichen des Barockzeit wie das bekannte Ultramarin ist noch nicht allzu lange gegeben. Zu Zeiten des HZM war es jedenfalls noch Aufgabe der Lehrlinge, die Farben anzusetzen, also die Mineralien etc. stundenlang zu mahlen und sie mit Lösungs- und Bindemitteln zu versetzen. Eine strenge Normierung nach RAL halte ich deshalb für ausgeschlossen, da in der Regel das an Pigmenten verwendet wurde, was der Markt gerade hergab, wobei so ein schmutziges Olivgrün natürlich viel billiger zu haben war als reinere Grüntöne. (Die ockerfarbenen "Nelson-Colours" scheinen ja auch in allen nur erdenklichen Nuancen variiert zu haben, während das schlichte Grau der heutigen US-Marine immer exakt dieselbe Zusammensetzung hat, wie ich irgendwo einmal gelesen habe.)
Leider kenne ich keine vernünftige Literatur zu alten Farbfassungen auf Holz im Außenbereich. Für die Innenausstattung gibt es allerdings einiges an sogenannten Werkstattbüchern, in denen die jeweiligen Rezepturen von Malermeistern gesammelt waren. Ich kann morgen ja mal ein paar Beispiele anführen, aber die Bücher sind nebenan in meiner Werkstatt und ich bin zu faul rüberzugehen. :-)
Übrigens, bei der Vasa besteht das Problem, zwar die verwendeten Farben zu kennen, nicht aber die genaue Farbfassung ihrer Skulpturen. Und da wird leider oft sehr unbarock "rekonstruiert". Eher Popart-mäßig als authentisch, wie ich finde... x´(
man hat bei der Rekonstruktion auch zeitgenössische Skulpturen (z.B. aus Kirchen) sowie Gemälde herangezogen, um zu den Ergebnissen zu kommen. Das hat also durchaus Hand und Fuss.
Eine empfehlenswerte Quelle ist Daniel V. Thompson "The Materials and Techniques of Medieval Painting" . Zum größten Teil lesbar über Google-Books. Zum Vasa-Farbprojekt gibt es die Broschüre "Vasa bekänner Färg" mit englsichen Summaries und vielen Bildbeispielen. Kann ich Dir elektronisch schicken.
Farbpigmente waren damals Verdigris und Berggrün. Für die geklinkerten Flächen kam aus Kostengründen nur Verdigris in Frage, da dies einfach herzustellen ist. Berggrün besteht aus zerstoßenem Malachit- das ist ein gemahlener Halbedelstein und entsprechend teuer.
Grüße, Alexander
Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten. (Katharina von Siena)
Danke Alexander, aber das ist mir alles aus eigener Anschauung im Vasamuseum bekannt, ebenso die von dir erwähnte Literatur. Mir geht es auch mehr um die Umsetzung beziehungsweise Nachempfindung barocker oder spätmanieristischer Farbkompositionen, und die ist im Vasamuseum teilweise mit Verlaub unter aller Sau. Als ob ein sechsjähriger Klavierschülernovize eine komplizierte Beethovenpartitur zu Gehör bringen wollte. Er wird vielleicht Note für Note spielen können, aber ohne irgendeine Harmonie zustande zu bringen und dabei auch noch im Takt zu bleiben. Ähnliches hatte ich in einem Danziger Museum gesehen, wo einige der vielgerühmten polnischen Restauratoren unglaublich kitschige Beispiele ihrer Fassmalereikünste präsentierten. Aber wer in dieser Materie nicht sein Leben lang tief drinsteckt, wird natürlich auch keinen besonderen Zugang zu solcher Dingen haben, logisch. Ein schwieriges Thema, bei dem ich auf anderen Foren schon einige Male übelst angegiftet wurde, weswegen ich das jetzt auch nicht vertiefen möchte...
Also gute Nacht erst mal und ein schönes Wochenende gewünscht! :-)
ich weiß jetzt nicht, wo Du diese Farben her hast, aber normalerweise sollte das ein blaugrün sein welches idealerweise in Richtung eines satten Grüns geht.
Thompson schreibt, dass die Farbe stark von der Art der Herstellung abhängt und dass wir heute auch nicht mehr genau wissen, welche Metallkombination und welche Art Essig bei der Herstellung früher verwendet wurde. Davon hängt aber stark die Farbgebung und auch die Stabilität der Farbe ab.
Ein weiterer Punkt ist die Verarbeitung der Farbe. Das hatten die Flamen nach Thompson gut im Griff, eine gute Stabilität der Farbe zu erreichen. Hier eine Seite, wie bei einem Gemälde der satte Grünton erreicht worden ist: Dabei wird mit Bleiweiß grundiert. die eigentliche Farbschicht ist Bleizinngelb und Verdigrs. Darüber kommt eine Schicht Kupferresinat. Das ist ein Verdigris, welches mit Lärchenterpentin und Harz verkocht wird und damit eine lasierende firnisartige Sperrschicht bildet.
Verdigris war die Farbe, welche am anfälligsten für Farbveränderungen war, wenn fehlerhaft gearbeitet wurde So konnten Landschaften auf Gemälden von grün zu braun werden. Es gibt wohl viele Beispiele in mittelalterlichen Gemälden.
Grüße, Alexander
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das ist die gleiche Seite, die ich auch in #1536 verlinkt habe. Verkaufen die die Pigmente?
Aber die Verarbeitung dieser Originalpigmente ist sehr schwierig wie ja dort auch deutlich gemacht wird und die Farben sind teilweise - und Verdigris ist sicher - gesundheitsschädlich. Da würde ich für Dein Modell doch moderene Farben verwenden, die den gewünschten Farbton nachstellen.
Da Du ja ein Modell nachbaust und nicht primär das Erscheinungsbild des Originalschiffes das Ziel ist, würde ich ein sattes dunkles Grün wählen. Das ist ja auch die Farbe in Winters Farbbild, welches Du weiter oben gepostet hast. Ich habe von Mussini ein "Chromgrünton dunkel" was ein etwas blaustichiges dunkles Grün ist und m.E. den Farbton gut trifft. Die Farbe hat die maximale Lichtechtigkeit und ist sehr gut deckend. Dennoch ist eine weiße Grundierung sicher empfehlenswert um die Farbe richtig zur Geltung zu bringen.
Dein rechtes Farbmuster kommt dem ja eigentlich auch sehr nahe.
Das Originalschiff dürfte dann im Einsatz doch eher eine blaugrüne Färbung gehabt haben, da hier die Verwitterung schnell voranschreitet. Da ist die Farbgebung des Batavia-Nachbaus eine gute Richtschnur.
Grüße, Alexander
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Zitat von Foxtrott im Beitrag #1538 Ich habe von Mussini ein "Chromgrünton dunkel" was ein etwas blaustichiges dunkles Grün ist und m.E. den Farbton gut trifft. Die Farbe hat die maximale Lichtechtigkeit und ist sehr gut deckend. Dennoch ist eine weiße Grundierung sicher empfehlenswert um die Farbe richtig zur Geltung zu bringen.
Ich werde das ausprobieren, vielen Dank Alexander :-)
Ich habe die Rumpfplanken, die ich auf Grund des falschen Musters der Dübel wieder entfernen musste, weitgehend wieder ersetzt. Die sind hier als helle Streifen zu erkennen. Man kann gut erkennen, wie das umgebende Eichenholz im vergangenen Jahr nachgedunkelt ist.
Ich habe im Bild unten die Lage der Spanten mit farbige Linien angegeben. Dier roten Linien zeigen die Lage der geneigten Rumpfspanten. Die gelbe Linie dagegen ist wohl das letzte Spant, das sich anhand der Dübelreihen ausmachen lässt. Es scheint, dass der Rumpf links von der gelben Linie unterhalb der Planken massiv war. Die Dübel scheinen hier unwillkürlich reingetrieben zu sein, die Lage von Spanten ist nicht mehr genau auszumachen.
Hallo Peter, im Vorschiff hatten die niederländer Drehspanten. Man versuchte mit den normalen Spanten möglichst weit noch vorne zu kommen. In Höhe des Backfrontschottes setzten dann meist die Drehspanten ein.
Das Wort Drehspanten ist missverständlich. Ich hab hier eine kleine Fotomanipulation gemacht. Dieser Befund ergibt sich aus archäologischen Funden (z.B. Den Helder-Pinasse und andere). Sobald der Vorsteven zu steil wird, schneidet man die Stevenwrangen nicht mehr schräg, sondern setzt sie ca. 90 Grad zur Steven-Innenkante. So spart man natürlich eine Menge wertvolles Bauholz. Die Sitzer entfallen und man setzt gleich die Bugauflanger drauf. Möchte noch sagen, sehr wahrscheinlich sind bei einem Kriegsschiff diese Bughölzer ganz eng beieinander (muß stärker gebaut sein), bei Handelsschiffen eher so wie auf diesem Bild. Könnte also beim HZ auch so sein, ein stark gebauter massiver Bug.
Warum missverständlich? Die Spanten im Vorschiff liegen nicht rechtwinklig zur Mitte des Schiffes. Die Außenfläche, die mit der Beplankung in Berührung kommt, liegt in etwa parallel zur Fläche der Planken. Anders ausgedrückt werden die Drespanten möglichst rechtwinklig zur Außenkontur gestellt. Die Spantfüße ruhen an einem Querspant.
Nun, ich glaube eben, der Hovingbefund hat die größte Plausibilität, besonders auch wegen der Einfachheit der Bauweise, und weil die Querschiff-Festigkeit des Spantenverbundes auch vorne aufrecht bleibt. Ist ein sehr guter Artikel.