Das Spill ist jetzt installiert. Auch die Verriegelung des Spillagers wurde imitiert.
Das neuangefertigte Spill an seinem Platz
In der Zwischenzeit wurde auch der Rumpf von angegossenen Belegnägeln und ähnlichen Ausstülpungen sowie dem ebenfalls angegossenen Kragen für die Seitenschwerter befreit. Alle diese Teile werden später aus Metall gefertigt werden. Die Löcher für die Belegnägel usw. wurden auf den richtigen Durchmesser aufgebohrt. Der fehlende Stevenkopf - er war bei dem in der eBucht erworbenen Bausatz abgebrochen, wurde ersetzt und die Bänder usw. in Poystyrol bzw. Kupferdraht ergänzt.
Das neuangefertigte Spill an seinem Platz
Bei näherem Hinsehen stellte sich auch heraus, daß der Achtersteven zu schmal geraten war, um die Fingerlinge für das Ruder aufzunehmen. Er wurde entsprechend verbreitert und die Fingerlinge aus Kupferblech hinzugefügt. Die Ruderpinne entsprach merkürdigerweise so gar nicht den Vorbildern. Ich habe Bilder über Bilder studiert, aber auf keinem war eine Pinne der Form zu sehen, wie sie dem Bausatz beilag. Daher wurde die Ruderpinne aus einem Stück Plexiglas vorbildgerecht neu angefertigt. Der Beschlag besteht aus einem Streifen Polystyrol.
Die neue Ruderpinne
Der Leuwagen für die Großschot bestand bei den Marker Bottern aus Holzbalken mit Eisenbeschlägen, während dem Bausatz ein Ätzteil für einen eisernen Leuwagen beiliegt. Der Leuwagen wurde entsprechend in Plexiglas aus der Krabbelkiste ergänzt, das zufällig die richtige Dicke hatte. Die eisernen Schutzbänder wurden mit Kupferdraht immitiert.
Dadurch, daß die Seitenschwerter in einer offenen Form gegossen worden waren, ist ihre Rückseite glatt und nicht skulpturiert. Beim Vorbild hatten die Seitenschwerter aber ein Profil ähnlich dem eines Propellers. An einigen Bereichen war das Profil auch hohl, um einen hydrodynmischen Auftrieb zu erzeugen, der der Abdrift entgegenwirkt. Die Gußteile wurden also entsprechend mit Feilen und rotierenden Diamantfräsern bearbeitet. Die einzelnen Bretter aus denen die Seitenschwerter zusammengesetzt sind, wurden ebenfalls auf der Rückseite eingraviert.
Bearbeitete Seitenschwerter
Über das Boot verteilt gibt es verschiedene Belegklampen. Der Bausatz enthält für diese Ätzteile, die aber ein bißchen flach auf der Brust sind. Außerdem führten die Marker Botter überwiegend Halbklampen. Deswegen wurden die Klampfen aus einem Ms-Rechteckprofil roh zugefräst und dann mit dem Handbohrschleifer fertig bearbeitet.
Bearbeitung der Klampenrohlinge auf der horizontalen Fräsmaschine
Die fertigen Halbklampen installiert
Der Artitec-Rumpf ist durchaus schön skulpturiert, nur waren die Artitec-Leute ein bißchen zu enthusiastisch und er hat eine ziemlich rustikale Anmutung. Wenn es beim Vorbild tatsächlich so große Lücken zwischen den Planken gäbe, würde das Boot wie ein Sieb in der Zuiderzee versinken. Ich habe deswegen diesen Spalten eine Kalfaterung mit feinster Seide (aus dem Bedarf für Fliegenfischer) verpaßt.
'Kalfaterung' des Rumpfes mit Garn zum Binden von Fliegen für die Fliegenfischerei
Auch der gegossene Mast sah eigentlich ganz nett aus, hatte aber den Nachteil, daß er zu kurz war für einen Botter dieser Größe. Außerdem war das Gußteil ziemlich verzogen und hatte den falschen Hummer für einen Marker Botter. Deswegen wurde er durch ein Drehteil aus Stahl ersetzt. Stahl, weil ich keinen passenden Stab aus Buchsbaum o.ä. zur Verfügung hatte und Ms, Aluminium oder Plexiglas nicht steif genug bei der Bearbeitung gewesen wären (s.o.).
Metall-Teile mit Polyurethan-Harz: 2K Epoxid-Harz (oder Cyanoacrylat). Kalfaterung: Nitrozellulose-Lack (Clou Schnellschleifgrundierung), der hat den Vorteil, daß man mit Hilfe eines Tropfens Lösungsmittel korrigieren kann.
Bin aber immer noch auf der Suche nach einem 1K Kleber, der so gut hält, wie Epoxid-Harz oder CA, aber eine Topfzeit von 2-3 Minuten hat (so daß man Zeit zum Zielen mit den Teilen hat).
Ich nehme Lack oft zum Kleben, vorallem, wenn keine Kraft auf den Teilen liegt. Die meisten Klebstoffe, wenn sich nicht, wie Klebstoffe z.B. für Polystyrol, das Material anlösen und quasi verschweißen, bilden ja lediglich einen Film, der die verklebten Teile durch physikalisch-chemische Prozesse zusammenhält. Viele Klebstoffe sind eigentlich nichts anderes als sehr dickflüssige Lacke.
Die Schnellschleifgrundierung habe ich genommen, da sie ja ein 'gefüllter' Lack ist, und so die etwas 'rustikale' Oberflächenstruktur des Artitec-Bausatzes abgemildert hat.
Wie der Mast, so wurde auch der Baum auf der Drehbank gedreht und zwar aus einem 2 mm Stahldraht. Das natürliche Ausweichen des nicht durch eine Lünette unterstützten Drahtes wurde ausgenutzt, um den Bauch anzudrehen. Allerdings muß man mit geringster Spantiefe arbeiten, damit der Draht nicht über die Schneide des Drehmeisels springt. Ebenfalls angedreht wurden die Bänder. Der Schwanenhals wurde als gerades Stück angedreht und dann nach Weichglühen des Endes in Form gebogen.
Drehen des Baumes
Die Gaffel hat einen eigenartigen, birnenförmigen Querschnitt. Das Längsprofil ist ebenfalls stark geschwungen. Die Gaffel wurde aus einem Ms-Draht gedreht und dann in die entsprechende Form gebogen. Ein Stück Ms-Blech wurde in die passende Form geschnitten und hart an den Draht gelötet. Die Birnenform wurde mit Weichlot aufgefüllt und die Gaffelklauen aus Ms-Blech ebenfalls angelötet. Anschließend wurden die 0,2 mm-Löcher führ die Reihleine gebohrt.
In der Zwischenzeit war auch die Werftschmiede nicht untätig und hat verschiedene Beschlagteile für den Botter geliefert:
Ringbolzen und Mastkräne:
Anm.: der Mast hat einen Durchmesser von ca. 3 mm.
Der umlegbare Mast wird im Maststuhl durch einen ‚geschmiedeten’ Riegel gesichert:
Anm.: die verwendeten Drähte haben einen Durchmesser von 0,2 mm.
Der ausrennbare Bugspriet wird durch eine Brille gehalten. Der Bugspriet selber wird allerdings auf dem Modell nicht erscheinen, da es im Winterrig dargestellt werden wird. Im Herbst wurde der Bugspriet an Land gegeben. Der Ring wurde aus Messing gedreht und auf einen Träger gelötet, der aus Stahldraht gedreht und gefräst wurde. Viele Schmiedeteile haben teilweise einen quadratischen oder rechteckigen Querschnitt, wohl weil sie aus rechteckigen Barren geschmiedet wurden und um ein Verdrehen zu verhindern.
Brille für den Bugspriet
Die Seitenschwerter werden durch einen eckigen Ring gehalten, der über den Schwertpoller gestülpt wird. Diese Ringe bestehen aus Messingstreifen, die nach dem Zusammenlöten in Form gefeilt wurden. Später werden ein Bolzen Ringe und Seitenschwerter verbinden.
Halterung für die Seitenschwerter
Eine größere Herausforderung an die Drehkunst stellten die verschiedenen Belegnägel und Dollen dar. Im Original beträgt der Durchmesser an den dicken Stellen maximal 40 mm, während die zylindrischen Teile um die 20 mm Durchmesser haben. Im Maßstab 1:90 bedeutet das 0,2 bis 0,4 mm Durchmesser bei einer Länge von 3 bis 4 mm. Es gibt insgesamt fünf verschiedene Typen, der Form und Abmessung der Literatur zu entnehmen sind (VAN BEYLEN, 1995; DORLEIJN, 2001).
Anm.: der Durchmesser des Pollernagels beträgt 0,2 mm am dünnen Ende.
Die Herstellung aus dem Messing in meinen Vorräten war nicht möglich, so daß wieder auf Stahldraht (Schweißdraht) ausgewichen wurde. Sie fliegend, d.h. nur mit einem Ende in der Spannzange gefaßt, zu drehen stellte sich ebenfalls als unmöglich heraus. Daher wurde eine Mikro-Lünette für den Einsatz im Reitstock entworfen und gefertigt. Die Köpfe der Belegnägel wurden freihändig mit Feilen und Schleifpapier geformt.
Schon lange habe ich intensiv über Wege nachgedacht, Blöcke des späten 19. Jahrhunderts überzeugender darzustellen, als das sonst meist der Fall ist. Die kleinsten Blöcke sind hier nur etwa 1,6 mm, während die Mehrzahl knapp 2 mm lang sein wird. Die meisten Blöcke haben außenliegende eiserne Beschläge. Das laufende Gut hat im Maßstab 1:87 etwa einen Durchmesser von 0,15 mm bis 0,25 mm, je nach Verwendungszweck. Das bedeutet, daß eine größere Anzahl Löcher mit diesen Durchmessern und bis zu einer Tiefe von 1 mm gebohrt werden müssen – eine ziemliche Herausforderung. Ich wollte dies umgehen, indem ich ensprechende Schlitze in das profilierte Rohmaterial schnitt und dann versuchen wollte, richtige Scheiben einzusetzen. Das Sägen solch’ dünner Schlitze ist im Prinzip einfacher als das Bohren, vorallem in zähen Materialien wie Messing. Messing war das ursprüngliche Material der Wahl, weil ich dann hätte die Beschläge auflöten können, was der Belastbarkeit zugute gekommen wäre. Die noch offenen Schlitze am unteren Ende der Blöcke wären dann verspachtelt worden.
Fräsen der Blockform mit einem Schlagzahnfräser
Ansicht der Einrichtung auf der Fräsmaschine
Es stellte sich dann aber heraus, daß das Rohmaterial mit den Schlitzen für die weitere Bearbeitung zu empfindlich war. Deswegen wurde am Ende ein anderer Weg eingeschlagen.
Schlitzen des Profilmaterials auf der Drehbank
Ansicht der Einrichtung zum Schlitzen auf der Drehbank
Die äußere Form der Blöcke wurde durch Formfräsen auf der Fräsmaschine in einem Teilkopf hergestellt. Als Rohmaterial wurde bei ersten Versuchen Rundmessing und schließlich Plexiglas verwendet. Mit dem Messing wurde ein kleiner, selbsthergestellter Schlagzahnfräser von 15 mm Durchmesser verwendet, während für das Plexiglas Dentalfräser zum Einsatz kamen. Durch den kleineren Durchmesser der Dentalfräser sind die Querkräfte auf den Rohling geringer. Um die Außenform der Blöcke zu erzeugen wurde eine Frästabelle erstellt, die für jeden Durchgang den notwendigen Abstand von der Rotationsachse des Teilkopfes festlegte. Dabei wurde die Achse der Scheibe der Blöcke in die Rotationsachse gelegt. Dies ermöglichte die Scheiben durch teilweises Ausfräsen mit einem Miniatur-Kugelkopffräser anzudeuten, indem der Block einfach um einen entsprechenden Winkel gedreht wurde. Anschließend wurde die restliche Bohrung mit einem Spiralbohrer vorgenommen.
Fräsen der Scheiben aus dem Vollen im Teilkopf
Viele Schiffsmodellbauer bohren nur und schrägen die Ecken etwas ab, falls sie eine dünn genuge Feile haben. Wie auch immer, das hat zur Folge, daß die Enden mit einem Knick mehr oder weniger seitwärts aus dem Block kommen, anstatt parallel nach unten. Das so profilierte Material wurde dann in den Teilkopf auf der Drehbank gespannt und Blöcke der festgelegten Dicke abgesägt. Die Mikrometerschrauben auf beiden Maschinen, der Fräsmaschine und der Drehbank, erlauben eine exakte Positionierung. An das Rundmaterial, das als Ausgangsmaterial diente wurde vorher ein Zapfen angedreht, der als Anschlag beim Spannen diente. Dies war einerseits wegen der möglichen axialen Verschiebung beim Fräsen und wegen des Umspannens notwendig.
Ein Botter verfügt über diverse recht spezielle Blockarten, die sonst kaum irgendwo vorkommen, wie z.B. den Schafskopfblock für das Vorsegelfall. Diese Blöcke wurden auf ähnliche Weise aus Rundmaterial im Teilkopf gefräst. Der einzige nötige Violinblock wurde aus mehreren Schichten Hartpapier verleimt zwischen denen aus Messing gedrehte Scheiben eingefügt wurden. Die äußere Form wurde freihändig gefeilt.
Die eisernen Beschläge der Blöcke bestehen am Modell aus Kupferdraht. In der Wirklichkeit werden die Beschläge vom Werftschmied aus Stabeisen verschiedener Dicke zu unterschiedlichen flachen oder ovalen Querschnitten ausgeschmiedet. Bis zu einem gewissen Grade wurde dieser Prozeß auch im Modell nachvollzogen, in dem Kupferdraht kontrolliert abgeplattet wurde.
Steineinpress-Apparat aus der Uhrmacherei
Als Presse diente dazu ein alter sogenannter Steineinpress-Apparat aus der Uhrmacherei. Diese Pressen haben einen Stempel, dessen Anschlag mit einem Mikrometer genau eingestellt werden kann. In der Uhrenreperatur dienen diese Pressen dazu, Lagersteine auf eine vorbestimmte Tiefe in die Platinen einer Uhr einzudrücken. Für diese Presse habe ich mir der Aufgabe entsprechende Stempel und Ambosse gedreht. Die Dicke der zu erzeugenden Abplattung wurde mit einer Fühlerlehre festgelegt und der Anschlag blockiert. Nun können diese Abplattungen feinfühlig und wiederholbar hergestellt werden.
Eine Auswahl noch unlackierter Blöcke (der Abstand der Linien auf der Schneidmatte beträgt 10 mm)
Das Resultat dieser Bemühungen ist noch keineswegs perfekt, kommt aber immerhin dem Original näher als anderes, was ich in dieser Größe schon gesehen habe.
Ist wirklich unglaublich, was Du hier zeigst! Habe so etwas noch nie gesehen, Metallarbeiten in höchster Präzision und einem unwahrscheinlich kleinen Maßstab! Da bleibe ich gespannt weiter dran.
Grüße, Joachim
Schöne Grüße Joachim
Mein neues Buch in Deutsch und Englisch erhältlich: "Die Farbe Blau im historischen Schiffbau - von der Antike bis in die Neuzeit" siehe dazu: http://www.modellbau-muellerschoen.de
Nach einem Sprung über den Kanal (oder besser gesagt unter dem Kanal), um Silvester in London (ohne Internet) zu verbringen geht es nun weiter.
Da nun viele, eigentlich die meisten, Teile fertig sind, habe ich mich mit den Segeln beschäftigt. Ich tat das vor dem Bemalen des Modells, da das wiederholte Anpassen diese beschädigen könnte.
Der Plan war, die Segel in einem halbgesetzen Zustand zu zeigen, so wie sie wären, wenn das Boot seine Segel trocknen würde. Dieser Zustand ist vermutlich schwieriger überzeugend zu realisieren, als richtig gesezte oder aufgetuchte Segel. Da der Botter im Winterrigg dargestellt werden soll, werden es aber nur zwei Segel sein.
Das Ausgangsmaterial war ein altes, sehr dünnes Seidenpapier, das sich unter meinen Materialvorräten fand. Der erste Schritt bestand darin, einen Segelriß für den Ist-Zustand zu zeichnen, d.h. für die tatsächlichen Dimensionen von Mast, Baum und Gaffel.
Segelriß ‚wie gebaut’
Segelriß ‚wie gebaut’ (Detail)
Die einzelnen Kleider erscheinen in der Projektion in die Ebene als gekrümmt. In Wirklichkeit hat das Segel natürlich einen Bauch. Die Form der Kleider wurde mit einem Kurvenlineal eingezeichnet. Die Zeichnung wurde dann auf ein festes Stück Pappe gelegt und mit Frischhaltefolie überzogen. Nach dieser Zeichnung wurden die einzelnen Kleider der Segel mit einer Zugabe von 1 mm für die Säume mit der Schere ausgeschnitten. Diese Zugabe ist für den Maßstab 1:87 ziemlich reichlich, doch wird man das am fertigen Segel nicht bemerken. Das Segel wird nicht durchscheinend sein, da das Vorbild geloht und gelabsalbt war, d.h. mit Eichenrindesud gebeizt und dann mit einer Mischung aus Öl, Fett und Ocker bestrichen war. Diese Behandlung verhindert, daß die Segel stockig werden, d.h. schimmeln, wenn sie naß aufgetucht werden. Wahrscheinlich nehmen sie auch weniger Wasser auf und gefrieren deswegen im Winter weniger.
Die Kleider des Großsegels
Die einzelnen Segelkleider wurden mit Clou-Schnellschleifgrund aufeinander geklebt. Ich bevorzuge diesen gefüllten Nitrolack über verdünnten Weißleim oder gar Sekundenkleber, weil ich die Klebestelle jederzeit mit einem Tropfen Nitroverdünnung wieder lösen und korrigieren kann. Der Schleifgrund zieht auch vollständig in das Papier ein und bildet mit ihme eine Art Verbundwerkstoff. Allerdings ist das Resultat recht spröde. Beim nächsten Mal werde ich es mit Acryl-Mattlack versuchen, auch wenn die Korrekturmöglichkeiten beschränkt sind.
Zusammenkleben der Segelkleider
Nachdem das Segel in seinem Hauptteil zusammengestellt war, wurden die Säume und Doppelungen entsprechend den Detailzeichungen in VAN BEYLEN, (1995) und DORLEIJN (2001) hinzugefügt. Anschließend wurden der Umriß der Segel entsprechend der Zeichung auf der Arbeitsunterlage eingezeichnet und die rohen Segel von der Unterlage abgehoben, damit sie ausgeschnitten werden konnten.
Ausgeschnittenes Großsegel mit Säumen und Doppelungen
Der nächste Schritt ist das Anbringen der Liektaue. Die Taue wurden auf der Eigenbau-Reeperbahn dazu selbst aus Fliegenbinde-Garn (Größe 8/0 von UNI-Thread) geschlagen. Nach VAN BEYLEN, (1995) und DORLEIJN (2001) war jedem Segelmacher überlassen, ob er das Liektau auf die Backbord- oder Steuerbordseite des Segels nähte. Da ich alle Doppelungen auf der Backbordseite habe, fand ich ich es zweckmäßig, das Liektau auf die Steuerbordseite zu legen. Aufgeklebt wurde es wiederum mit Porenfüller. Beim Vorbild laufen die Liektaue nicht um das ganze Segel herum, sondern lassen den jeweiligen Segelkopf frei. Das Liektau endet an den Nocken jeweils in einem Augspleiß. Beim Vorsegel werden diese Augen in die Haken des Schafskopfblockes eingehängt, während das Großsegel damit an die Gaffel angeschäkelt wird. Ansonsten wird das Großsegel mit einer Reihleine gewissermaßen an die Gaffel ‚genäht’.
Anbringen der Liektaue
Es gelang mir nicht, Augspleiße mit dem selbstgeschlagenen ‚Tau’ von 0,2 mm Durchmesser herzustellen, einmal wegen der Kleinheit, zum anderen aber vorallem wegen der Steife des Fliegenbinde-Garns. Ich habe mir dann die handwerkliche Freiheit genommen und gebundene Augen hergestellt, die dann eben bekleidete Spleiße vorstellen. Die Bindungen wurden mit Garn der Größe 14/0 von SHEER vorgenommen. Das gleiche Garn wurde auch dazu verwendet, die Spleiße zusätzlich auf das Seidenpapier zu binden. Für diesen Zweck wurden mit einer Nadel winzige Löcher vorgestanzt. Das Ende des Garns wird in Porenfüller getaucht, um das Aufdrüseln des Garn zu verhindern und um es zu versteifen.
Falsche Augspleiße in den Liektauen
Demnächst geht es mit den Legeln, Gattchen usw. weiter.
In kleinen, teilweise mühsamen Schritten geht es weiter.
Bei den zahlreichen Legeln für die Reihleine des Großsegels, die Stagreiter des Vorsegels usw. wurde ein bißchen geschummelt, aber doch vorbildnah: für die ‚Gattchen’ wurde das Segel mit einer Nadel perforiert; durch eines der Gattchen wurde in Garn der Größe 8/0 (UNI-Thread) gefädelt, mit sich selbst verdrillt und mit einem Tropfen Lack gesichert; anschließend wurden die beiden freien Enden wechselseitig durch das zweite Gattchen gefädelt und mit einem Kreuknoten gesichert. So richtig zufrieden bin ich mit dem Ergebnis aber nicht. Vielleicht hätte ich es doch mit falschen Spleißen versuchen sollen.
Die Segel fertig zur Farbgebung
Das Vorsegel hat Stagreiter in Form von relativ großen (ca. 8 cm Durchmesser) eisernen Ringen. Zu diesem Zweck wurde ein 0.1 mm Kupferdraht um einen 0.8 mm Bohrer gewickelt und von der enstandenen Spirale mit dem Skalpell einzelne Ringe abgeschnitten. Diese Ringe wurden mit Garn 16/0 (Veevus) an die Legel des Vorlieks genäht.
Der Kopf des Vorsegels mit Stagreitern am Vorliek
In der Fläche der Segel befinden sich noch verschiedene Gattchen, z.B. für die Reihleine bei gerefftem Segel. Diese Gattchen wurden durch beidseitig aufgebrachte Tropfen von Acryl-Gel immitiert, die nach dem Trocknen mit einer Nadel durchstochen wurden.
Die bemalten Segel
Da die Original-Segel, wie bereits erwähnt, geloht und gelabsalbt waren, wurden sie nun rot-ocker gespritzt. Die verwendete Farbe war ‚terre’ der Marke ‚Prince August Air’, da ich nur diese hier in Paris bekommen konnte. Die Kausche in den Legeln usw. wurden noch zusätzlich dadurch hervorgehoben, daß von beiden Seiten ein weicher, spitzer Bleistift in ihnen gedreht wurde. Dies ergibt eine metallische Anmutung der Löcher.
Die bei der Herstellung der Segel verwendeten Werkzeuge