Wahnsinn... ich kann fast hören, wie die Pallen beim Drehen klackern, und der gespannte Kabellar nachrutscht... Passend dazu auch Beruhigungspille im Bild ;))) Klasse Teile, Daniel!!
Zitat von Alexander im Beitrag #213Wahnsinn... ich kann fast hören, wie die Pallen beim Drehen klackern, und der gespannte Kabellar nachrutscht... Passend dazu auch Beruhigungspille im Bild ;))) Klasse Teile, Daniel!!
Alexander
dem ist nichts mehr hinzuzufügen - geht mir genauso. Tolle Arbeit, Daniel
"Ich gibs so gut / als ichs errang / Drumb ist mir vor keim Momo bang. Wer bessers waist / und kans erweisen / Der gebs herfür: Ich will ihn preisen." (Joseph Furttenbach 1591-1667)
Nachdem in den meisten Bauberichten immer nur die tollen Ergebnisse gezeigt werden, aber selten der Wahnsinn, Verzweiflungen und die Irrwege, die dahinter stecken, die aber mit der Arbeit einhergehen, möchte ich hier noch das Making of meiner letzten kleinen Bastelei nachreichen, ich denke der Titel hierzu passt ganz gut ... Spillwork Orange
Im April 2010 noch stolz vorgestellt die Spills V1 To Victory and beyond ... (2) Damals entstanden als einfache Version, um dem Unterdeck in der Durchsicht durch die Stückpforten ein wenig Leben zu geben, doch es hat sich der Bau ja mittlerweile etwas verselbstständigt, also hier der Beginn der Versuchsreihe Spill V1 =tolles Teil für die Tonne (tTT) :-)
Das neue Teil sollte diesmal so gut sein, dass es für einige Close-ups tauglich sein könnte, die ich noch in anderem Zusammenhang machen will. Und so ging sie los die Odyssee, wie üblich harmlos mit der Durchsicht meiner Literatur ...
Aber schon hier die erste Hürde. Viele Bücher, viele Meinungen. 5 Rippen, 6 Rippen, gerade Rippen, konvexe Rippen, 5 Spaken, 6 Spaken, 8 Spaken, 10 Spaken, 12 Spaken, 14 Spaken, keine Pallen, Metallpallen unten, Holzpallen unten, Holzpallen oben vom Deckenbalken, dicke Kalben, dünne Kalben, keine Kalben, konvexe Kalben, konkave Kalben usw ...
... und alles in meinem Zielzeitraum von 1765 bis 1805 ...
... gehe zurück zu Los, kassiere keine 4 Spills ein ...
Parallel dazu tolle Produktionskonzepte ausgedacht, Messingschraube als Kern um Umspannen zu erleichtern ...
... rein in die Maschine, man beachte den schwäbischen Teileapparat, die Papierschibe mit den Winkeln zum Aufkleben der Rippen und ...
... erste Drechselversuche seit fast 30 Jahren, die letzten waren in einer uralten Schreinerei an einer Maschine mit Lederriemenantrieb und dem Warnschild 440 Volt (!!!) ...
... zweimal umgespannt und in die Fräse, wieder der Papierteileapparat, ...
... und die Löcher für die Spaken gefräst.
Freude, Passprobe, Freude, dass das Prinzip funktioniert ...
... aber halt nur im Prinzip da krumm und schief und ungleichmäßig.
... gehe zurück zu Los, kassiere keine 4 Spills ein ...
... und der aufmerksame Leser ahnt es schon, die neue Formel: V2 = tTT :-(
Also neues Konzept, jedes unnötige Umspannen muss entfallen, der Plan ist Vordrehen, Spaken fräsen, neu einspannen und jetzt erst alles fertigdrechseln, jetzt mit eingeklebter Achse und Markierung in welcher Lage eingespannt wird.
Also Material vorbereitet ...
... Spillpfosten vorgebohrt, dabei gemerkt ...
... dass der 8mm Buchrundstab aus dem Baumarkt eine Dicke von 7,5 bis 8,5 mm aufweist, dementsprechend das gute Stück gleichmäßig gedrechselt ...
... den bewährten Teileapparat zum Einkleben der Rippen verwendet ...
... Deckel druff, vorgedrechselt ...
... gefräst, wieder eingespannt und fast fertig und dann mit dem Flacheisen zu optimistisch hinein, ein unschönes Geräusch, welches danach noch öfters erklang, Rippen ade ...
... und ...
... gehe zurück zu Los, kassiere keine 4 Spills ein ...
... und als Erweiterung der Versuchsreihe V3 = tTT
Also neues Material gerichtet, und mit weiterem Bruch und Reparaturen endlich zwei Doppelspills auf dem Tisch liegen gehabt. Freude :-)
Dann genau hingeschaut, und autsch, nur kurze Freude, komplett falsche Proportionen und mein kleiner Maßstabswerftarbeiter von einem Meter achzig könnte sich wunderschön an den Spaken festbeißen ...
Arrrgghh, Basballschläger und andere Massenvernichtungsmittel oder kurz gesagt ...
... gehe zurück zu Los, kassiere keine 4 Spills ein ...
... quod erat demonstrandum Dank der vielen Zwischenfails: V4 = V5,5 = V6,8 = V7 = tTT :-(
Danach erst ein Mal Sedativa zur innerlichen Beruhigung und Ruhigstellung ...
Und hier das Familienbild, V1 bis zu den finalen V9 3/4 ...hihihihihihi...
Aber zurück in mein angerichtetes Chaos ...
... der erste richtig interessante Hinweis kam von Goodwin aus seinem neuen Buch "HMS Victory Manual" Darin erwähnt er, dass das Jeer Spill scheinbar noch das Originale ist und das Main Spill ein Nachbau aus den Tiefen des letzten Jahrhunderts.
Irgendwann hat es auch geschnackelt, dass das Main Spill das hintere und nicht das vor dem Mainmast ist und dementssprechend das Jeer Spill das Vordere und deshalb auch als Fore Spill bekannt ...
.. und weiter erzählt Goodwin, dass dieses Originalspill unten 12 und oben 14 Spaken hat. Tja, aber alle Bilder im Buch und in dafis Bibliothek zeigen unten nur fünf ...
... McKay, Goodwin und Harland erwähnen 12/14 und dafi zählt nur fünf ..
... woher die die Nummern haben weiß der Henker, dafi nicht ...
... aber mittlerweile hatte ich auch die Geschichte der Spills etwas verstanden. Erst hatten die Dinger im Untergeschoss keine Spaken und wurden aus dem Obergeschoss gedreht, damit unten keiner über die bewegten Seile stolpert. Dann kamen zuerst 5 Spaken und später die 10 Spaken auf. Und sowohl im Arming and Fitting ist ein zeitgenössisches Doppelspill mit 5 unten und 12 oder 14 Spaken oben zu sehen ...
... - genau wie gesucht und passend zu meinen Fotos - als auch im NMM ist genau das Gleiche zu finden und Beides genau im Zeitraum des Baus der Vic, juch-hui :-)
Der Klassiker unter den Spills ist der mit 10 unten und 12 oben. Da ich ja 1805 baue, warum nicht mischen? Könnte in den 40 Jahren zwischen Bau des Schiffes und 1805 gut passiert sein, dass das Mainspill, also das Hintere zum Anker hieven verwendete, einmal ersetzt worden ist. Und eine tolle Gelegenheit und Ausrede beide Varianten gleichzeitig darzustellen :-)
In der Regel wurden im unteren Geschoss 5 Rippen und im Obergeschoss 6 Rippen verwendet. Dies könnte damit zusammenhängen, dass unten die dickeren Taue mit schwererer Last bewegt wurden und das Fünfeck evtl. für besseren Grip gesorgt hat.
Hy, hier kommt dafi, Vorhang auf, ...
Also wieder Material hergerichtet, das solltet ihr ja mittlerweile kennen, ich zumindest tat es und hier die verschiedenen Zwischenstadien ...
... und nach einigen Malen Knack herumfliegenden Rippen - immer wieder das Flacheisen bis es verbannt wurde und nur noch das Schrägeisen zum Einsatz kam, deswegen auch Versionsnummer mit 3/4 - und irgendwann, ja irgendwann waren da tatsächlich zwei Doppelspills in einer gut genuggen Qualität :-)
Die Kalben hatte ich noch vor dem finalen Gnadendreh eingeklebt, so waren sie schön rund in die Form eingebunden, ein bisschen Grundierung drauf und ...
... noch die ganzen Trennfugen mit dem Cutter eingedrückt - jaaaaaa ich weiß, es ist getrickst, merkt aber keiner der hier nicht mitliest -, die jeweils unteren Kalben noch konkaviert - sonst sind die im Weg, da sich das Kabel ja fünf- bzw. sechseckig um die Rippen legen muss -, die Arretierungen eingeklebt, man sieht wieder den schwäbischen Teileapparat, ...
... die Pallen hinein - gesteckt nicht geklebt -, ein bisschen Tusche für die Tiefe in die Ecken laufen lassen und die von den Tauen abgeriebene Farbe angedeutet ...
... an bisserl Tau rumgewickelt ...
... und sieht doch aus, als ob es so gehören würde :-)
Hy, hier kommt dafi, Vorhang auf, für diese Horrorshow!
Und die Moral von der Geschicht? Nicht gleich aufgeben, Bruch, Verwirrung und Verzweiflung gehören genauso zum Basteln wie der Sekundenkleber zwischen den Fingern, also alles Gute, Daniel
Danke-danke, kinners, und dabei war ich ja noch gar nicht fertig ...
... es fehlte ja noch die Eisenplatten im Fuß, in der die Pallen befestigt sind, einfach, da abklebbar und etwas Farbe drauf ...
... dann sind da noch die 2 Haltebolzen je Palle, die in einer kleineren Eisenplatte stecken und herausgezogen werden können, damit die Pallen horizontaler Stellung darauf aufliegen und so von der Arretierung freigehalten werden können, der Leerlauf sozusagen. Auch hier wieder abkleben aber in einer tieferen Höhe ...
... danach nur angebort und einen Drahtstift hineiengesteckt.
Und hier sieht man auch schon das Nächste: Am Trundelhead die Halteklammern die die beiden Halbschalen zusammen halten. Das war trickier, da Malen wegen der Trennfuge nicht ging und die Standardmaterialien alle zu dick waren.
Also Papier mit dem Copic-Marker durchgefärbt, ein Edding täte es auch - so entstehen keine weißen Kanten ...
... Rückseite mit Sekundenbäpp und Vorderseite mit Farbe bestrichen ...
... und schon kann man 0,5 mm Streifen abschneiden, die unter einem Zehntel Millimeter dick sind. Diese dann nur aufkleben. Dazu braucht man spitze Pinzetten. Wie spitz die sind habe ich gemerkt, als mir neulich eine aus Arbeitshöhe aus der Hand fiel und im Tisch senkrecht stecken blieb :-)
Sodele, da hatten wir jetzt alles, dass ich zeigen wollte ...
... hier noch ein Blick in die konkave Fläche der Kalben des oberen Teils ...
... die verständlich wird, wenn man sieht, wie sich das Kabel um Winkel um die Rippen legt.
Und jetzt muss ich noch die richtige Messengerdicke und -art herausfinden. Unten das 24 inch Ankerkabel, links das 12 Inch Messenger aus Tauen links geschlagen, rechts ein normales Rechtsgeschlagenes Tau (etwas zu dünn) ...
... und das gleiche 12 Inch Messenger aus Tauen links geschlagen und zum Vergleich in 17 Inch aus Tauen links geschlagen. Vorgegeben sind als Regelfall vier Umwicklungen, mal schauen, wer von den Dreien das Rennen macht, :-)
was Du da an filigraner Modellbaukunst präsentierst, dagegen fühl ich mich wie ein Grobmotoriker ... einfach nur Wahnsinn!!! Wie hoch ist denn so eine Spilltrommel? Ich schätze so um die 1,5 cm ... ? Die Pallen dürften so um die 3 mm Länge haben ...?
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Cool!! Dafinismus pur!! "ironie an" Aber jetzt habe ich ein Fehler gefunden ,ja , Haben die Seeleute damals schon ihre Haare gefärbt???? Dein Werftarbeiter verschweigt offensichtlich sein wahres Alter. Bei dem Haaransatz."ironie aus"
Wuste ichs doch das Deine Serie noch kein Ende hatte. Dem ist ja nicht mehr viel hinzu zufügen, denn alle haben schon vorher ausgedrückt was ich auch sagen wollte. Tja Dafinismus ist doch was tolles. Es macht immer wieder Spass, solch perfekt gefertigten Bauteile anzuschauen. Wenn man obendrein auch noch weiß wie klein diese Bauteile sind kann man nur staunen. Mögen Dich Deine Finger niemals im Stich lassen, damit wir noch lange so schöne dafinistische Sachen von Dir hier zu sehen bekommen.