Mit einem Halstau, das bis zum Stengetopp geführt wird, könnte das Stagsegel über die Länge seines Führungsstages an jeder Position gesetzt werden und nicht nur mit dem Segelhals direkt am Bugspriet. Ob das segeltechnisch irgendwelche Vorteile hat, kann ich allerdings nicht sagen.
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
Willi hat meinen Gedanken richtig erfasst. Aber wie bereits geschrieben bin ich nicht sicher, da ich es eigentlich nur so kenne, dass der Segelhals vom Vorstengestagsegel unten am Bugspriet festgezurrt und nicht beweglich ausgeführt ist. Den Niederholer habe ich ja eindeutig identifiziert, und zwar mit dem steuerbordseitig beschriebenen Einfachblock. Nur dem 2. Tau, das nach oben läuft (im Bild: Vorstengestagsegelhals), konnte ich eigentlich keine sinnvolle Funktion zu teilen, deshalb als beweglichen Hals angenommen. Was könnte es sonst noch für eine Funktion haben?
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Zitat von archjofo im Beitrag #4834 Nur dem 2. Tau, das nach oben läuft (im Bild: Vorstengestagsegelhals), konnte ich eigentlich keine sinnvolle Funktion zu teilen, deshalb als beweglichen Hals angenommen. Was könnte es sonst noch für eine Funktion haben?
Könnte es sich dabei um ein Stagsegelstag/leiter handeln? Ich kenne es allerdings so (bei engl. Schiffen), daß es am Bugspriet fest war und über einen Block am Stengetop geführt mittels Talje in Mars/Deck festgesetzt wurde. Aber auf alle Fälle lief es zum Stengetop.
Hallo Johann Ich habe mal in den Plänen für "Le Cygne" und "La Vénus" nachgeschaut. In beiden sind am Bugsprieteselshaupt diese Einfachblöcke vorhanden. Könnte es sein, dass es sich um Blöcke für die Toponanten der Blinde handelt? (balacine de civadiėre / spritsail-yard lift)
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
Hallo Kollegen, vielen Dank für eure Hinweise. Hat etwas länger gedauert, bin aber immer mit der Klärung befasst. Die Blöcke am Bugsprieteselshaupt sind für die Bulins der Fockmarssegel, das ist schon richtig, wie nochmals geprüft. Allerdings, wenn eine Blinde gesetzt wäre, dann bräuchte es zusätzlich zwei Blöcke für die Toppnanten, was Willi erwähnt hat. Ob es sich bei dem zweiten Tau um einen Stagsegelleiter handelt, dem werde ich weiter nachgehen. Ich denke, ob fest am Stengtop und unten ein Block angebracht ist, oder umgekehrt, müsste doch auch funktionieren, oder? Aber es wäre doch auch grundsätzlich möglich, dass Vorstengestagsegel ohne Leiter direkt am Vorstengestag bzw. -borgstag anzuschlagen? Dann stellt sich wiederum die Frage, was hat das 2. Tau für eine Funktion. Beim Fockstag ist lt. Monographie und Originalmodell kein Stagsegelleiter vorhanden. Kann es sein, dass das Fockstagsegel nur bei Bedarf, dann aber direkt am Fockborgstag angeschlagen wurde? Ja, immer noch Fragen über Fragen.
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Hallo Johann Da es sich bei Deiner Creolin um eine Korvette, also um ein Kriegsschiff handelt, von mir dazu folgende Überlegungen:
Der Fockstag war doppelt vorhanden (Fockborgstag). Fock- und Großstag waren oftmals über eine Art Reihleine mit ihren Borgstagen verbunden. Ob das bei dieser Korvette auch so war, weiß ich nicht. Wenn aber doch (und sei es nur temporär), schließt es m. E. nach das direkte Anschlagen des Vorstagsegels am Stag aus, so dass ich dann einen Stagsegelleiter annehmen würde, wenn das Fockstagsegel als Zusatzsegel (im Gegensatz zur Standardbeseglung) nicht sogar fliegend gesetzt wurde.
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
Nach meiner Kenntnis waren Stag und Borgstag der Stengen im Gegensatz zu denen der Untermasten generell nicht durch eine Schlangenleine verbunden. Unabhängig davon wird im Schrage dem Vorstengestagsegel optionslos ein Segelstag zugeordnet (Achtung: Schrage beschreibt engl. Schiffe). Marquardt schreibt, daß nach Steel und Lavery zum Jahrhundertende das Vorstenge-Stagsegel vorwiegend am Vorstenge-Borgstag gefahren wurde, sie gehen auf eine Segelstag gar nicht ein.
Eine Schlangenleinen zur Verbindung vom Vorstenge- und Vorstengeborgstag, wie auch bei den anderen, hatte die Creole definitiv nicht. Wenn ich euch nun richtig verstanden habe, könnte es segeltechnisch durchaus Praxis gewesen sein, dass das Vorstagsegel direkt am Fockborgstag angeschlagen war, und das Vorstengestagsegel mittels Stagsegelleiter gefahren wurde. Dann war noch die Frage, ob der Stagsegelleiter unten oder oben am Stengetop festgemacht ist?
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Zitat von archjofo im Beitrag #4840 Wenn ich euch nun richtig verstanden habe, könnte es segeltechnisch durchaus Praxis gewesen sein, dass das Vorstagsegel direkt am Fockborgstag angeschlagen war, und das Vorstengestagsegel mittels Stagsegelleiter gefahren wurde. Dann war noch die Frage, ob der Stagsegelleiter unten oder oben am Stengetop festgemacht ist?
So habe ich Marquardt und Schrage auch verstanden. Bei größeren Schiffen waren manchmal Vor- und Vorborgstag auch mittels Schlangenleine verbunden, dann erhielt das Vorstagsegel ebenfalls einen Segelleiter. Daß der Vorstenge-Segelleiter am Stengetop fest war habe ich allerdings noch nicht gesehen, wäre aber bzgl. der Funktion sicher auch denkbar. Gewundert habe ich mich auch, daß die Leitblöcke an den Stengestagen befestigt sind, nach der Literatur jedenfalls ist der des Niederholers am Stagsegelhals befestigt. Auf dem Bild des Pariser Originalmodells sind mir in dem gezeigten Bereich noch andere Abweichungen von der in der Literatur beschriebenen Anordnungen aufgefallen, es scheint aber auch, daß es in diesem Bereich über die Zeit viele Änderungen gegeben hat. Also, richtig viel zur Funktion des gezeigten Einfachblockes konnte ich auch nicht beitragen, nur Vermutungen. Ich denke aber nicht, daß er für den Stagsegelhals da war, dieser war lt. all meinen Literaturstellen fest mit Bugspriet verbunden.
mittlerweile recherchierte ich nochmals intensiv bezüglich der beiden unklaren Taue (Niederholer und Vorstengestagesegelhals) in den mir zur Verfügung stehenden Unterlagen. Die Hinweise von Dir und den Kollegen – Stagsegelleiter, Blöcke für Toppnanten der Blinde - habe ich meine erneuten Überlegungen mit einbezogen. Danke dafür ! Insbesondere die Möglichkeit, dass es sich dabei um einen Vorstengestagsegelleiter handelt, verfolgte ich intensiv weiter und habe wie schon so oft entscheidende Hinweise im Buch - Das Modell der Brigg Irene - von E. W. Petrejus gefunden. So wurden Anfang des 19. Jahrhunderts wenige Stagsegel an den eigentlichen Stagen gesetzt, sondern an Stagleitern und Borgstagen gefahren. Dementsprechend komme ich zu der Annahme, dass es durchaus möglich und wahrscheinlich war, dass hier bei der La Creole ein Vorstengestagsegelleiter getakelt war und habe insofern die Erläuterungen des bereits vorgestellten Bildausschnitts ergänzt. Bugspriet_LaCreole.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Zur Führung der Bulins für das Großbram- und das Großroyalsegel habe ich leider noch keine Reaktion von der Restauratorin des Pariser Marine Museum erhalten. Ich hoffe, das da noch was kommt.
Bis dann ...
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
doch, hab ich wohl übersehen bzw. nicht gefunden. Danke für diese interessante Information, die bringt mich in diesem Detail wesentlich weiter. So in dieser Richtung habe ich das versteckte Detail auf dem Bildausschnitt von der Fockbramsaling der La Creole interpretiert. Fockbramsaling_LaCreole_Bulins.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Da sich Marquardt bei seiner Abbildung auf Darcey Lever bezog, habe ich noch weiter recherchiert und das hier gefunden. DarceyLever_Bowlines_S.57_1843.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
In seinem Buch "The young sea officer's sheet anchor; or, A key to the leading of rigging, and to practical seamanship" ist zu lesen, dass manchmal der Raum zwischen den hinteren Längssalingen mit einem Holzstück gefüllt war, worin sich 4 Scheiben befanden. Zwei für Bulins, und zwei für Brassen, soweit sie von vorne kamen. Im Fall der La Creole wären es allerdings vier Bulins.
Jetzt werde ich mir noch überlegen, wie ich dieses Detail gestalten soll. Bernd nochmals vielen Dank, Dein Hinweis war klasse.
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Ich verfolge die Recherche hier mit riesigem Respekt. Auch wenn Dies die ganz hohe Schule ist, und diese Detailtreue für meine Modelle aufgrund fehlenden Fertigkeiten nie und nimmer eine Rolle spielen wird, ist die Tauführung zu verfolgen hochinteressant.
Das wollte ich nur mal sagen, ich setze mich wieder hinten links in die Ecke und bin ganz still....
Uwe vom Dunkelwald (lat.: Miriquidi)
Mitglied des Phantomprojektes Recherche: Fleute Zeehaen Kiellegung: Golden Hinde Fertiggestellt: Die Kolumbusflotte