Ich möchte jetzt den Bericht über die vergangenen Aktivitäten beim Bau des Rumpfes unterbrechen. Ich werde dies aber später fortsetzen.
Ich glaube, daß es für den einen oder anderen interessant ist, wie ich die Schnitzereien fertige. Da dies momentan meine Hauptbeschäftigung ist, habe ich am Beispiel des "Edlen Kriegers" (Fund Nummer 23007) das Vorgehen bildlich dokumentiert.
Hintergrundinformation: Der edle Krieger befand sich an der Steuerbordseite des Vorschiffs. Die Figur ist 2,55 m groß und sehr gut erhalten. Geschnitzt in Pinienholz. Sie stellt einen Krieger in Angriffshaltung mit erhobenem Arm dar. Der Arm und der wehende Umhang ist separat mit dem Fundstück 23027 geschnitzt worden. Zum Fuße des Kriegers in römischer Uniform liegt ein Löwe. Auf diesem Löwenkopf steht ein Hund. Iconographisch nimmt die Figur Bezug auf die "Naturalis Historia" von Plinius. Gustav Adolf kannte dieses Buch mit Sicherheit, da sein alter Lehrer Johan Skytte, welcher verantwortlich für das allegorische Programm der Vasa war, dieses Buch in einer Ausgabe von 1608 besaß. In Plinius' Enzyklopädie schildert er das großzügige Wesen der Löwen gegenüber unterlegenen Kreaturen. Der Löwe, der den unterlegenen Hund gewähren läßt und nicht wegbeißt. Will heißen: Ein edler Krieger kämpft nur gegen ebenbürtige Gegner.
Zu der Steuerbordfigur muß es ein ähnliches Pendant auf der Backbordseite gegeben haben, welches aber leider fehlt.
Vorgehensweise: Im Maßstab 1:50 wird die Figur 5,1 cm hoch. Im Gegensatz zu den vielen Figuren der Vasa, die kleiner sind, sollte sich diese Figur sowie ihr Backbord-Partner recht ordentlich schnitzen lassen. Also säge ich mir zwei Stücke Buchsbaumholz welche ausreichend dick sind und auch zu den Seiten aureichend Platz haben, zurecht und klebe diese mit Weißleim auf ein Stück Sperrholz. Lieber etwas zuviel Holz als zu wenig!
Aus Mondfelds Vasa-Buch kopiere ich die entsprechende Strichfigur im richtigen Maßstab auf ein Blatt Papier. Da ich diese Vorlagen erfahrungsgemäß im Verlauf in einzelne Teile zerschneide, um spezielle Baugruppen besser aufs Holz kopieren zu können, wird die Figur gleich mehrfach aufs Papier gedruckt. Für die Backbordfigur auch spiegelbildlich. Diese Zeichnungen sind äußerst hilfreich beim Schnitzen. Um die Form letztlich beurteilen zu können - was ist oben und was ist unten? - benötige ich aber auch noch Fotos aus verschiedenen Perspektiven.
Die Backbordfigur muß entsprechend von der Armhaltung angepaßt werden, da ja beide Krieger Rechtshänder sind. Die Schwerthand muß also anders geführt werden. Die Backbordfigur soll deshalb gleich den rechten Arm in der richtigen Armhaltung bekommen. Nur der Umhang soll hier separat geschnitzt werden.
Die Zeichnungen wurden mit Kohlepapier auf das Holz übertragen.
Zur Erinnerung: Meine Schnitzeisen hatte ich hier vorgestellt: Schnitzmesser
Mit Hohleisen (Stich 11 und 9 in unterschiedlichen Breiten) wurden nun die Umfassung sowie die Hauptgruppen angelegt. Die U-förmigen Schnitte ins Holz haben noch nicht einen zu definitiven Charakter, wie ihn zum Beispiel ein geraderes Eisen oder ein Geißfuß (V-Form, 13er Stich) hätte. Daher kann man in der Folge mit der Form noch etwas spielen. Jedes Tiefergehen ist ein neues Ausprobieren auf der Suche nach der richtigen Form. Dabei hat die Vorzeichnung vom (kopierten) Original her nur noch eine untergeordnete Rolle. Es dient nur noch zur Kontrolle. Wichtiger ist es, immer wieder mit Bleisitft die Umrisse neu zu finden und neu zu definieren.
Wenn die korrekte Tiefe gefunden wurde, sollte dann alles an der richtigen Stelle sitzen. Das ist die ganze Kunst.
Wenn aus Versehen etwas zuviel weggeschnitzt wurde, sollte man noch genug Reserve im Holz haben, um das weggeschnitzten Teil nochmal neu anzulegen. Deshalb sollte genug Holz zu den Seiten und in die Tiefe zur Verfügung stehen und man sollte da nicht geizen.
-- Ich werde dann später noch weitere Bilder zum weiteren Bearbeiten der Figur hier einstellen.
Grüße, Alexander
Foxtrott
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Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten. (Katharina von Siena)
Das Schild des Kriegers ist der höchte Teil der Figur und wird als erstes ausgearbeitet. Dann im rechten Bild sieht man daß der Kopf des Löwen als nächsthoher Teil seine Form bekommt. Der Hund steht auf dem Kopf des Löwen und wird anschließend mit einem Hohleisen angelegt.
Auf dem linken Bild ist zu sehen, daß die Kopfparie insgesamt eine ganze Ebene nach unten verlegt wird. Der Einfachheit halber habe ich in diesem Bereich alles plan geschnitzt und dann die Strichzeichnung an dieser Stelle wieder neu auf das Holz kopiert. Der Hund wird ausgearbeitet und die Beine des Kriegers dahinter werden angelegt. Gleichzeitig wird der Rumpf mit dem Lederrock in die richtige Form gebracht. In der Mitte und rechts sieht man, wie der Kopf langsam in Form gebracht wird. Der Kopf mit dem Helm und seinen Federbüschen wird ausgearbeitet. Hund und Beine sind nun schon ausgearbeitet.
Links: Nun geht es an allen Teilen der Figur darum, die endgültige Form zu finden. Der Waffenrock wird detaillierter und bekommt mehr Rundung in die Tiefe. Die Federbüsche und der Helm bekommen ihre richtige Form. Mitte: Der rechte Arm mit dem Umhang wird als separates Teil geschnitzt, was recht einfach ist. Die Figur des Kriegers selbst wird von dem Sperrholzuntergrund abgehebelt und wird nun frei weiter bearbeitet. Vorsicht: Da man nun keine Befestigungsmöglichkeit mehr hat, steigt das Risiko, sich zu verletzen. Buchs ist hart. Die Messer sind scharf und die Figur ist klein, so daß schnell die Hand getroffen wird. Details möchte ich Euch ersparen. Rechts: Nun wird die überschüssige Höhe mit der Kreissäge mit hochgefahrenem Tisch abgefräst. Die Figur bekommt die entsprechenden Vertiefungen, um an die Berghölzer angepaßt zu werden. Die Figur wird freihändig hinterschnitten um die endgültige dreidimensionale Form zu bekommen. Die Figur wird mit dem scharfen Löffel und mit Schlüsselfeilen sowie mit den Schnitzmessern geglättet. Schnitzkanten sollten möglichst verschwinden und sanfte Rundungen sollten vorherrschen. Diesen Arbeitsschritt sollte man nicht unterschätzen, da jetzt erst die harmonischen Formen entstehen. Man sollte die Figur auch immer wieder aufs neue zur Hand nehmen, ob man neue Unregelmäßigkeiten unter der Lupe erkennen kann. Zum Schluß werden mit einem Geißfuß (13er Stich) die Kerbungen (z.B. an den Federbüschen) angebracht.
Natürlich muß auch immer wieder eine Probe gemacht werden, ob die Figur auch richtig an den Schiffskörper paßt. Im Bild sieht man, daß es im Modell etwas enger zugeht als im Original. Irgendwer hat mir hier wichtige Millimeter geklaut
Parallel habe ich die Backbordfigur geschnitzt. Beide Figuren bekommen noch einen Krummsäbel in die Faust gedrückt. Und fertig ist die Schnitzerei.
Nächste Woche folgt dann die Bemalung.
Grüße, Alexander
Foxtrott
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Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten. (Katharina von Siena)
Aber zwei Fragen habe ich an dieser Stelle auch: Wie groß ist die Figur und welches Holz hast du genommen? Im Text habe ich gerade nichts dazu gelesen (oder überlesen...).
"Ich gibs so gut / als ichs errang / Drumb ist mir vor keim Momo bang. Wer bessers waist / und kans erweisen / Der gebs herfür: Ich will ihn preisen." (Joseph Furttenbach 1591-1667)
sehr schön wie Du die Vorgehensweise zum Schnitzen einer Figur erläuterst. Damit werde ich mich demnächst wohl oder übel auch beschäftigen müssen. Hoffentlich gelingt mir das auch so hervorragend wie Dir.
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
sehr, sehr feine Arbeit.Kompliment. Als ich anfing zu schnitzen habe ich es genau so versucht wie Du, also von oben nach unten zu schnitzen. Ich bin absolut nicht klar gekommen. Willi gab mir dann mal den Tipp es anders herum zu probieren, also den tiefsten Punkt zuerst herauszuarbeiten. Das wäre bei deinem Krieger der Hals. Dann hat es bei mir auch geklappt, aber es wurde noch viel Holz für den Grill produziert. Hier hilft dann nur üben. Vielleicht noch einen kleinen Tipp zum glätten der geschnitzen Flächen. Ich ziehe immer mit einem Scalpell quer über die geschnitzte Fläche, kratze so gesehen die Späne ab. Das gibt dann eine sehr glatte Oberfläche. Aber unbedingt vorher probieren, man kann das Holz so nur in einer Richtung bearbeiten, ansonsten wird es rau. Auch hat sich ein Glasradierer sehr bewährt, gerade an Stellen wo man mit Schleifpapier und Scalpell nicht rankommt.
Hier handelt es sich immerhin um Figur 35 und 36 von 250 (geschätzt). Also langsam komme ich rein ins Thema rein - und Übung ist schon sehr wichtig beim Schnitzen. Die ersten Versuche sind für die Tonne - erst später kommen dann brauchbare Ergebnisse. Deshalb habe ich auch erst einfache und eher nicht so wichtige Figuren gemacht, um Erfahrungen zu sammeln. Viele Figuren haben zwei bis drei Anläufe gebraucht, bis es was Brauchbares war. Wenn ich dann mit der Vasa fertig bin - kann ichs wahrscheinlich. Aber dann habe ich sicher keine Zeit und keine Lust mehr, nochmal sowas anzufangen. Vielleicht fange ich dann damit an, die ersten Figuren wieder runterzureißen und neu anzufertigen. Ich baue momentan keine Schiffe - noch nicht einmal ein Schiff. Sondern eigentlich "nur" Figuren. Aber das habe ich ja vorher gewußt und es muß einem dann auch Spaß machen.
@ Kay: Sicher kann man auch von unten nach oben arbeiten. Oft ist Improvisation angesagt. Als Standardvorgehen könnte ich es mir für mich aber nicht vorstellen. Das Teil, was noch von den oberen Sachen im Holz steht, behindert doch dann bei der Führung der Schnitzeisen. Die müssen ja in flachem Winkel geführt werden. Ich würde mir dann bei der Arbeit an niedrigen Teilen notgedrungen teilweise die Bleistift-Anzeichnungen der hohen Teile wegschnitzen. Das würde mich stören, da die vorgezeichneten Figurenteile plus die bereits geschnitzen Teile müssen ja immer ein stimmiges Gesamtbild ergeben soll und für Messungen und Vergleiche zur Verfügung stehen.
Was anders ist es, wenn man mit Fräsern arbeitet.
Aber vielleicht kannst Du Dein Vorgehen auch mal vorstellen. Hattest Du ja kürzlich schon mal angeregt.
Mit Sandpapier bin ich vorsichtig, da manchmal Sand-Steinchen im Holz bleiben und die Schnitzmesser stumpf machen. Glasfaserradierer kenne ich nicht, aber ich befürchte, daß die Problematik ähnlich ist.
Grüße, Alexander
Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten. (Katharina von Siena)
Dank Dir fürs Kompliment, Pollux. Momentan habe ich mir auch nicht viel anderes vorgenommen.
Wie versprochen, gehts gleich weiter mit der Bemalung der beiden geschnitzten Figuren.
Die Figuren werden zuerst auf einen Sockel oder wie hier auf eine Leiste geklebt, um sie beim Bemalen gut und sicher handhaben zu können.
Linkes Bild: Die Figuren werden mit Dupli Color Auto-Grundierung weiß gespritzt. Dabei ist besondere Sorgfalt besonders im Gesicht erforderlich. Hier muß die Grundierung makellos sein, sonst wird die Bemalung hinterher nicht gut gelingen.
Rechtes Bild: Für die Bemalung der Gesichter und der fleischfarbenen Partien verwende ich immer das gleiche Schema mit leichten Variationen. Generell verwende ich Mussini-Ölfarben von Schminke. Die sind nicht ganz billig - aber halten auch ewig bei den Mengen die ich für meine Figuren brauche.
Der Trick ist, mit ganz wenig Farbe im Pinsel zu malen. Die Farbe darf auf keinen Fall zu fett aufgetragen werden. Ich tupfe zuerst einen kleinen Farbkleks auf ein Stück Plastikfolie. Den Klecks mit dem Pinsel etwas auszuziehen. Den Pinsel an einem Lappen abstreifen. Auf die Spitze ein bißchen Farbe aufnehmen. Den Pinsel auf dem Handrücken noch etwas ausstreichen und erst dann die Farbe ganz vorsichtig in die Grundierung einreiben. Nur so bekommt man eine schönen, seidenmatten Farbauftrag. Nur so ist das saubere Vermischen und Verblenden der Farben an der Figur möglich. Wenn die Farbe hinterher etwas mehr Dichte benötigt, kann man immer noch nacharbeiten. Immer saubere trockene Pinsel verwenden. Wenn Pinsel in Pinselreiniger gesäubert wurden, diese für die nächste halbe Stunde nicht mehr verwenden, da sie sonst den bereits bestehenden Farbauftrag verschmieren und zerstören!
Der erste Auftrag der Hautflächen erfolgt mit Mussini Lasur-Oxid-Gelb. Bei Figuren mit dunklerem Teint nehme ich Lukas Fleischocker
Für die Nasenkonturen, die Augenhöhlen, den Hals, die Ohren, Muskelschattierungen nehme ich Gebranntes Siena. Beide Farben werden an den Grenzen verblendet!
Linkes Bild: Mit einem Zahnstocher "male" ich das Weiß des Auges. Hierzu nehme ich eine Titanweiße Acrylfarbe, um zu vermeiden, daß sich die Farbe mit dem Schwarz der Pupille später vermischen kann. Ebenfalls mit angespitzem Zahnstocher wird mit Elfenbeinschwarzer Ölfarbe die Pupille aufgetragen. Der Löwe ist mit Lichtem Ocker Attisch bemalt
Rechtes Bild: Mit Acrylfarben und matten Humbrol Email-Farben grundiere ich die Flächen der Kleidung, um den späteren Ölfarben mehr Tiefe zu geben. Diese Grundierung sollte dabei einen Tick heller sein, als die später vorgesehen Ölfarbe.
Haare, Augenbrauen und Bärte mit Gebranntem Umbra. Mund mit Englischrot
Linkes Bild: Endgültige Bemalung mit Ölfarben.
Rechtes Bild: Das Anbringen von Lichtern ist oft recht einfach, indem einfach die Ölfarbe mit einem trockenen Pinsel etwas wegwischt, damit die hellere Grundierung durchscheint. Oder mit Titanweiß verblenden. Schattierungen mit Elfenbeinschwarz oder mit Sepia (Casslerbraun). Die Lichter und Schatten müssen vorsichtig verblendet werden, um nicht alles wieder miteinander zu vermischen. Das Schild wird mit Blattgold vergoldet.
Auch für die Bemalung gillt: Übung ist sehr wichtig. Ich selbst habe die Bemalung mit einer ganzen Reihe Zinnfiguren geübt und es hat mir immer viel Spaß gemacht.
Der Vergleich meiner Figuren mit dem Bemalungsentwurf des Vasamuseet an einem originalgetreu großen Abguß (2,55 m) zeigt, daß einige Abweichungen bestehen. Die sind dem kleineren Maßstab geschuldet. So habe ich auf die goldenen Haare und den goldenen Bart, der an den Figuren der Vasa oft zu sehen ist, eigentlich immer verzichtet, da ich meine, dies sieht an den kleinen Figuren nicht gut aus.
Grüße, Alexander
Foxtrott
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Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten. (Katharina von Siena)
"Ich gibs so gut / als ichs errang / Drumb ist mir vor keim Momo bang. Wer bessers waist / und kans erweisen / Der gebs herfür: Ich will ihn preisen." (Joseph Furttenbach 1591-1667)