Zitat von Eddie im Beitrag #136Aber welcher genaue Farbton - ob nun eher gelb- oder orange-stichig - präferiert oder als allgemein verbindlich angesehen wurde, lässt sich ohne authentische Farbschichtanalysen wohl kaum noch konkret feststellen. Deshalb sollte man vielleicht von vorneherein eine gewisse Toleranz gegenüber mutmaßlich unhistorischen Anstrichen zeigen, zumal ein klar definierter Farbton im Modellbau eigentlich nicht 1:1 übernommen werden kann.
Farbkasten.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)Es sind Farbschichtanalysen, die zu diesem von Crick-Smith als »light shade of ochre - a kind of pale, rust colour« beschriebenen Farbton führen. Gelb ist das in unseren Augen nicht, und bei Ocker denke ich spontan an die dritte Farbe von rechts unten, genauso wie ich Preußisch Blau mit Sicherheit links unten ausmache. Es sind Gewohnheiten, die uns daran hindern, »Terrakotta-Hell« mit Gelb in Verbindung zu bringen, aber fällt der Farbraum Ocker unter den Begriff Gelb, spricht nichts gegen den »unhistorischen« als Pink geschmähten Farbton.
Rein prinzipiell hab ich auch nichts gegen das neue "hello Kitty". Mein Problem ist nur, dass mir bis heute keine nachvollziehbare Beweiskette vorliegt, wo genau dieser Farbton gefunden wurde und wie aus dieser Probe auf die Gesamterscheinung des gesamten Schiffes zu schließen ist. Kennst du da näheres?
Zitat von Maik.L im Beitrag #137 ...Es sind Gewohnheiten, die uns daran hindern, »Terrakotta-Hell« mit Gelb in Verbindung zu bringen, aber fällt der Farbraum Ocker unter den Begriff Gelb, spricht nichts gegen den »unhistorischen« als Pink geschmähten Farbton.
Über Farben zu reden ist wie über Architektur zu tanzen. :-)
Aber in deinem Farbensortiment kommt das helle Orange dem Original wohl am nächsten, wenn man sich an den aktuellsten Farbschichtanalysen orientiert. Wobei ich tatsächlich denke, daß dieser Anstrich von der wunderschönen Farbgebung der Navy Board-Modelle inspiriert wurde. Geschichtlich gesehen entstanden die Ockeranstriche scheinbar Ende des 17. Jahrhunderts, als man keine vergrauten und schmutzig dunklen Rümpfe mehr neben immer herrlicheren vergoldeten Verzierungen akzeptieren wollte. Zuerst versuchte man also, mit irgendwelchen Ockeranstrichen die vergangene Pracht eines Neubaus wiederherzustellen, wobei sich dann automatisch ein farbgeberischer Mainstream herausbildete, der dann auch international übernommen wurde. Soweit jedenfalls meine Vermutung...
Zitat von dafi im Beitrag #138wo genau dieser Farbton gefunden wurde
Zitat von theguardian.comThe good news for the current guardians of the ship, the National Museum of the Royal Navy at Portsmouth Historic Dockyard, is that the Crick-Smiths discovered a remarkable amount of original material.
The upper decks are almost entirely reconstructions, but on the lower decks they discovered mainly original timber and hundreds of patches of original paint, dating all the way back to the very first paint scheme in 1765.
They also picked through a warehouse full of thousands of samples of timber removed from the ship in generations of repairs, and found many more. One sample of the ochre paint – "diabolical quality", Ian Crick-Smith said - came from an old capstan which was once used as a plinth for a bust of Nelson at Windsor Castle.
»One sample of the ochre paint« bedeutete, dass es noch andere Fundstücke zum Ockerton als die Winde in Windsor Castle gab.
Als ich meine erste Revell-Victory runderneuerte, las ich irgendwo »Lichter Ocker« und dachte: Prima, dass ich noch die passende Amphibolin Wandfarbe herumliegen habe. Im Kontrast zu Schwarz sah das dann auch wirklich so gelb wie auf Fotos aus Portsmouth aus.
Wie ich den Erwähnungen zu den aufgelisteten Farbposten vom September 1805 entnehme, hätte die Farbe mit dem von Nelson bevorzugten hohen Weißanteil aber auf jeden Fall anders aussehen müssen, und wenn sich der aktuelle (helle) Ton nach Farbprobenanalysen richtet, stellt sich die Frage, welche Kriterien bei der Wiederherstellungsplanung 1922 die Farbentscheidung bestimmten.
Es mag sinnlos sein, einen Farbton genau zu beschreiben, der Helligkeitsaspekt führt aber zu einer grundlegenden Veränderung. Es muss sich nicht um strahlendes Titanweiß handeln; und etwas Vergilbungseffekt durch Öl als Bindemittel ändert nichts an der Tatsache: der reine Farbton aus der Tube ist nicht im eingeschränkten Farbraum enthalten.
ocker-2.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Bei den Zeichnungen musste ich feststellen, dass ich Einiges nicht wahrgenommen habe, solange ich sie über den Umweg Portsmouth betrachtete, bei der Farbe scheint es mir ganz ähnlich.
Wie ich den Erwähnungen zu den aufgelisteten Farbposten vom September 1805 entnehme, hätte die Farbe mit dem von Nelson bevorzugten hohen Weißanteil aber auf jeden Fall anders aussehen müssen, und wenn sich der aktuelle (helle) Ton nach Farbprobenanalysen richtet, stellt sich die Frage, welche Kriterien bei der Wiederherstellungsplanung 1922 die Farbentscheidung bestimmten.
(...)
Farben, Eingangspforten, Verschanzungen um die Back und die Poop, Galion, Davits, Federn des Prince of Wales, Schiffsname an der Gillung, Gestaltung der Frontreling der Poop, etc. ... Von all den Dingen habe ich erst vor ein paar Jahren durch @dafi i ertfahren. 1922 wird man doch auch geforscht und recherchiert haben um den »Zustand von Trafalgar 1805« wiederherstellen zu können. In Brian Lavery, »Nelson's Victory: 250 Years of War and Peace«, steht, dass die Seitenpforten zwecks besserer Begehbarkeit durch die Besucher wiederhergestellt wurden. Und der ganze andere Rest? Gründe der Sparsamkeit? Der Pragmatik? Des Nichtwissens? Das was hier und in anderen Foren, meist doch von kundigen, interessierten Laien (das ist jetzt nicht despektierlich gemeint!) – zusammengetragen wurde, sollte doch auch schon 1922 den beteiligten Fachleuten bekannt gewesen sein?
Tja manchmal denke ich, dass das 1:1 Modell in P. eher die Sicht verstellt als fördert. Man muss hier stark darauf achten, alte gedankliche Zöpfe vollständig abzuschneiden.
Scheinbar fielen viele Unstimmigkeiten der Rückbauplanung schon während des Umbaus 1920 auf, so auch die Schanz der Back. Doch war das Budget für die Rekonstruktion der Rekonstruktion leider nicht ausreichend.
Außerdem leben wir im Moment gerade in dem großen Luxus, viele Unterlagen einfach miteinander verknüpfen und vergleichen und als Team bewerten zu können, vor 100 Jahren war das noch schwieriger.
Nochmals ein Zitat aus dem MSW von Gary: https://modelshipworld.com/index.php?/to...&comment=596998 Concerning the yellow currently used for the ship’s sides and other applications in the Victory, a letter dated 6 December 1805 from William Marsden, Secretary of the Navy Board, states that Commissioner Middleton, ‘submitted a proposal from Lord Nelson that the private ships in the fleet are painted three times a year and the flagships four times a year. The proportion of white paint to yellow is to be 6 lbs to 1 lb’.14 In short Nelson authorised a six-to-one mix of white and yellow, which would be so light as to verge on the colour cream.
So the yellow / white mix must have been plastered on! Or the the black has better coverage. All above from Goodwin.
Wenn ich das wörtlich interpretiere heißt das, dass dies Nelsons Vorschlag war. Ob die Vic bei Trafalgar aber schon so weißlich daherkam lässt es aber offen.
Zitat von dafi im Beitrag #143Wenn ich das wörtlich interpretiere heißt das, dass dies Nelsons Vorschlag war. Ob die Vic bei Trafalgar aber schon so weißlich daherkam lässt es aber offen.
Zumindest kann man aber sagen, dass Crick-Smith einen Farbton mit hohem Weißanteil gefunden hat, der zu seinem Vorschlag besser passt als der kräftige Farbton.
6 September 1805: 1. White – 86 lb 2. Yellow – 234 lb 3. Black Varnish – 66 gallons. lb 4. Oil. – 2 1/2 gallons White-Yellow Balance 0,35:1
14 September 1805: 1. White 450 lb 2. Yellow 350 lb 3. Black 150 lb 4. Oil 47 gallons White-Yellow Balance 1:1,3 Weiß-Schwarz 3:1
Keine einzige dieser Lieferungen kommt auch dem 6:1 Weiß/Ocker-Verhältnis nahe 6:1, die beiden Ersten mit fast 4:1 die am verdünntste Farbe. Oft war sogar das Ocker in der bedeutenden Mehrmenge ...
Wofür das ganze Gelb der Lieferungen?!?
Auch das Schwarz ist im Gegensatz zum Weiß sehr wenig. @Eddie: Wie sieht es bei diesen Farben mit der Deckkraft aus? Inwieweit könnte sich dies auf die benötigten Mengen auswirken?
Nächste Frage: Wie unterscheiden sich Black und Black Varnish?
Und noch eine: Wird die weiße Farbe auch für Whitewash benötigt? Oder kommt der weiße Farbton woanders her?
Zitat von dafi im Beitrag #145 @Eddie: Wie sieht es bei diesen Farben mit der Deckkraft aus? Inwieweit könnte sich dies auf die benötigten Mengen auswirken?
Nächste Frage: Wie unterscheiden sich Black und Black Varnish?
Und noch eine: Wird die weiße Farbe auch für Whitewash benötigt? Oder kommt der weiße Farbton woanders her?
Fragen über Fragen.
XXXDAn
Schwarz hat auch mit dem billigsten Pigment (Ruß) die höchste Deckkraft. Und wenn man davon ausgeht, daß ein Neuanstrich auch seine Gründe haben muß, daß also der alte Anstrich verwittert ist und das dunkle Holz stellenweise durchkommt, dann ist eigentlich klar, daß ein größerer Bedarf an hellem Ocker bestand als an Schwarz. Weil Hell auf Dunkel immer problematischer ist als Dunkel auf Hell.
Und Black Varnish (schwarzer Lack/Firnis) deutet eventuell auf eine zusätzliche Lackierung eines normalen schwarzen Anstrichs bzw. auf ein glänzend auftrocknendes Schwarz hin, das dann nicht nur aus Leinöl und Pigmenten gemischt, sondern mit zusätzlichem Harz o. ä. veredelt wurde.
Die im Vergleich zu Schwarz größere Menge an Weiß dürfte wohl auch dem Umstand geschuldet sein, dass Weiß auch für den Anstrich der Innenräume verwendet wurde.
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
Wegen größerer Umbrüche, insbesonders dem beruflicher Natur, fiel es mir im letzten halben Jahr trotz oder wegen der positiven Entwicklung schwer, das Interesse an der Spurensuche aufrechtzuerhalten - und im Grunde genommen ist der Geschichte auch nichts Wesentliches mehr hinzuzufügen. Nur beim Thema Farbe ist es ausgefranst und ich versuche, dem Ganzen etwas mehr Gestalt zu geben.
Zitat von Goodwin - von @Morgan (alias Gary) in modelshipworld.com bereitstelltDie Gesamtanalyse zum Betreff Farbe, umfasst 1805 in den Berichten des Tischlers der Victory folgende Punkte:
1)
Kalk und Leim wurden verwendet, um die Innenseiten des Schiffs entlang der mittleren und unteren Gundecks und ebenso des Orlops und im Laderaum zu tünchen.
2)
Schwarzer Lack wurde für Höfe, Tops, Kreuzbäume und höchstwahrscheinlich auch für die Obersegel- und Blecheinfassungen der einzelnen Masten verwendet.
3)
Leinöl wurde mit den Farbpigmenten vermischt.
4)
Teer wurde zum Schwärzen der Barkhölzer verwendet, insbesondere an den "Kurven", wie beispielsweise dem Hauptbarkholz in der Nähe der Wasserlinie des Schiffes.
5)
Black oakum * wurde ebenfalls aufgetragen.
Das Dokument berücksichtigt sorgfältigst alle verwendeten Lackfarben und Pigmente, gibt aber keinerlei Auskunft zur roten Ockerfarbe, die vordergründig Synonym für Kriegsschiffe dieser Zeit ist. Rote Farbe, die auf die Innenflächen und Kanten von Geschützpfortendeckeln, Geschützlafetten, Trempelrahmen, Stürzen und Seitenverkleidungen aufgetragen wird, gilt allgemein als vorherrschendes (und vielleicht ikonisches) Malmerkmal auf den Schiffsmodellen des Admiralty Board. Rot zeigt sich auch in vielen Gemälden anerkannter Marinekünstler, wie Brooking, Cleveley, Dodd, De Loutherbourg, Luny und Pocock, um nur einige zu nennen.
* "Black Oakum" verstehe ich als "schwarzes Kalvaterband", das außenbords zum Abdichten eingesetzt wurde.
Die Materiallisten habe ich der Übersicht halber mal zusammengerechnet und Pfund, Gallonen und Bushel in Kilogramm bzw. Liter umgerechnet.
Insgesamt wurden zwischen 18. August und 6. September 1805 geliefert:
White
460 lb
Weiß
208,65 kg
Yellow
720 lb
Gelb
326,59 kg
Black
230 lb
Schwarz
104,33 kg
Verdigris *
5 lb
Grünspan
2,27 kg
Prussian Blue
1 lb
Preussisch Blau
0,45 kg
Black Varnish **
122 gal
Schwarzer Lack
461,82 l
Oil
79,5 gal
Öl
300,96 l
Glue
12 lb
Kleber
5,44 kg
Lime ***
8 bu ****
Kalkfarbe
291,2 l
Zitat von @Morgan modelshipworld.comDer Eintrag vom 14. September protokolliert, was auf dem Schiff aufgetragen / bemalt wird, die anderen früheren Einträge sind die vom Schiff empfangenen Vorräte, also sind sie nicht additiv. Aber die Frage angesichts der unverhältnismäßigen Beträge (Weiß-Gelb) bleibt bestehen.
14. September 1805:
White
450 lb
Weiß
204,12 kg
Yellow
350 lb
Gelb
158,76 kg
Black
150 lb
Schwarz
68,03 kg
Oil
47 gal
Öl
177,91 l
* Kupfer(II)-acetat (auch Grünspan; lateinisch Cuprum aceticum oder Aerugo) ist ein Kupfersalz der Essigsäure mit der Konstitutionsformel Cu(CH3COO)2. Die Bezeichnung Grünspan leitet sich, volksetymologisch umbedeutet aus mittelhochdeutsch spangrün, ab von mittellateinisch viride Hispanum, dem Spanischen Grün, ein im Mittelalter aus Spanien eingeführtes Farbpigment.
** Schwarzer Lack, auch "Japan" genannt, eine Klasse von Öllacken, bei denen Bitumen (eine Mischung aus asphaltartigen Kohlenwasserstoffen) die natürlichen Gummierungen oder Harze ersetzt, die als Härter in Klarlacken verwendet werden. Schwarzer Lack wird häufig als Schutzschicht für Eisenarbeiten im Innen- und Außenbereich wie Rohrleitungen, Tanks, Öfen, Dachdeckungen und Schiffszubehör verwendet. Das Bitumen bildet eine Schutzbarriere gegen Korrosion. Zu den verwendeten Bitumen gehören Erdölbitumen, Naturasphalte wie Uintait und Peche wie Steinkohlenteer.
Der billigste schwarze Lack ist Braunschweig Schwarz, eine Lösung aus Bitumen in Waschbenzin. Im schwarzen "Japan" der Karosseriebauer werden nur die reinsten Asphalt- oder Pechqualitäten sowie ein Hartgummi wie beispielsweise Kopal verwendet. Berlin Black hat eine matte oder eierschalenartige Oberfläche, die durch die Verwendung eines Anteils von Gemüse- oder anderem Ruß erreicht wird.
*** Whitewash oder Kalkstein, Kalsamin, Calsomin oder Kalkfarbe ist eine Art von Farbe, die aus gelöschtem Kalk (Calciumhydroxid, Ca(OH)2) oder Kreidekalziumkarbonat (CaCO3) hergestellt wird, manchmal auch als "Wittling" bezeichnet. Manchmal werden verschiedene andere Additive verwendet.
**** Das Bushel ist eine von den Britischen Inseln stammende angloamerikanische Maßeinheit zur Bestimmung des Volumens von Waren. Das Wort Bushel ist eine Anglifizierung des altfranzösischen boissiel und buissiel "Fässchen". Abgekürzt wird diese Einheit mit bu oder bsh. Eine typologisch vergleichbare Maßeinheit ist das Scheffel.
Obwohl das Bushel eigentlich ein Raummaß ist, wurde es auch als äquivalentes Gewichtsmaß für bestimmte Waren benutzt, beispielsweise für Äpfel. Hierzu wurden Umrechnungstabellen erlassen, die – je nach Art der Ware – das bushel weight festlegten, also die Masse, die einem Bushel einer bestimmten Warenart entsprach.
Heutzutage wird das Bushel nur noch als äquivalentes Getreidemaß in den Vereinigten Staaten verwendet; eine andere Anwendung hat diese Einheit praktisch nicht mehr. Es gibt das – mittlerweile historische – britische Bushel (imp bu) mit grob 36,4 Liter und das US-amerikanische Bushel (US bu), welches mit grob 35,2 Liter ca. 3 % kleiner ist.