hier ein Schreiben von Karl Heinz Marquardt, das mich vor kurzem erreichte und das ich Euch nicht vorenthalten möchte. Karl Heinz Marquardt hat der Veröffentlichung zugestimmt, so dass auch darüber diskutiert werden kann.
Grüßle Kay
Ich habe mich einmal in der Forum Sparte ENDEAVOUR umgesehen, weil es mich interessierte kennenzulernen inwieweit mein vor 17 Jahren erstmalig, und danach mindestens ein halbes Dutzend Mal neu aufgelegtes Buch ”Captain Cook’s ENDEAVOUR“ auch deutsche Modellbauer inspiriert. Dieser Blick in die Sparte war nicht besonders herzerwärmend, obwohl mein Buch aus der internationalen Kritik als ’Das Beste, die ENDEAVOUR beschreibende Buch‘ hervorging und am Internet eine überall fünf Sterne Rating hat. Man kann dabei aber nicht den gutgläubigen Amateurmodellbauer verurteilen; es sind immer wieder verantwortungslose Designer von Baukästen die mit ihrem Halbwissen glauben Spielzeuge für Erwachsene, und keine Kulturgüter zur Bereicherung des Wissens, herzustellen. Wer einmal mit diesem Halbwissen, kombiniert mit der damit leider einhergehenden Unkenntnis zeitgenössischer Schiffbautechnik und Takelung infiziert ist, hat es schwer zu eigenem Denken und Forschen zurück zu finden. Schiffsmodellbau sollte mehr sein als nur die teuren Jigsaw-Puzzles dieser Baukastenentwickler zusammenzusetzen, deshalb blätterte ich noch weiter in dem Forum herum und sah mir einmal „ Ich baue heute ein Segelschiff...“ an. Schiffsmodellbau wird zum Kunsthandwerk wenn es die Zeichnung eines Designers dreidimensional umsetzt und zur Kunst, wenn Forschung, Design und Ausführung in einer Hand liegen. Der Kernpunkt eines Schiffsmodells ist das Design, welches sich aus Forschung und Fachwissen zusammensetzt. Diese beiden Dinge sind bei jedem Einzelnden aber so individuell das zwei mit der Lösung einer gleichen Aufgabe betraut zu zwei unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Deshalb wird jemand der nach Zeichnungen eines bekannten Schiffes von vor der Mitte des 17. Jahrhunderts sucht wohl nur auf Rekonstruktionen stoßen und diese sind sehr „individuell‘; wo das dabei an Fachwissen mangelnde sehr oft durch Fantasie ersetzt wurde. Sobald ein solches Objekt der Öffentlichkeit vorgestellt wird unterliegt es der Kritik anderer, die entweder gut, medioker oder miserabel ausfallen kann. Ganz egal wie, sie ist immer hilfreich wenn man daraus lernt. So möchte ich z.B. als Kreator einiger Graupner Baukästen einmal auf die Worte eines MAYFLOWER Erbauers (Model Mariner) eingehen, der schrieb das er in seiner Jugend eine MAYFLOWER nach dem Graupner Bauplan baute (ein Zeichen das dieser gut war, sonst hätte er ihn als junger Mensch sicher nicht begriffen) „bei dem man noch die Teile selbst aussägen mußte“! Ist das ein Problem für moderne Schiffsmodellbauer? Ist es der Ansporn des mentalen und manuellen Schaffens der einen Schiffsmodellbauer antreibt oder ist es der Reiz ein komliziertes Jigsaw-Puzzle erfolgreich zusammenzusetzen? Diese Graupner „Werkstoffpackungen“ (Was ist der Unterschied zum modernen Baukasten; das man dabei noch ein wenig sein Hirn in Anspruch nehmen mußte?) waren nicht als das Letztere gedacht, sie sollten Freude am Schiff und die latenten manuellen Fähigkeiten in einem Menschen wecken . Johannes Graupner, Deutschlands leitender Modellbaukastenhersteller setzte sich 1957/58 bald nach der Atlantiküberquerung der MAYFLOWER II mit mir in Verbindung um für den noch jungen Modellbaumarkt Pläne eines MAYFLOWER Modells in einer einfachen, vom Anfänger zu verstehende Bauweise zu schaffen. Meine erste Reaktion war negativ, es ging gegen alles Denken eines jungen Mannes der bislang nur für den Museumskreis arbeitete. Wie kann man die Zeichnung eines Schiffes schaffen von dem man nur den Namen, die Zeit und eventuelle Größe wußte? In einer Zeit in der es weder Komputer gab, noch große Möglichkeiten existierten gute Unterlagen in den oft noch halbzerstörten Bibliotheken des im Wiederaufbau befindlichen Deutschlands zu finden, versuchte ich mein Glück und wandte mich an das NMM in Greenwich. Auch dieses konnten mir in dieser Beziehung nur ein Photo von dem R.C. Anderson entwickelten Modell und eine photogroße Darstellung einer Zeichnung von G. Robinson anbieten. Mit diesen änderte sich meine Meinung; wenn solche eminenten englischen Marinegeschichtsforscher unter besseren Voraussetzungen sich nicht scheuten ein Handelsschiff ihres Landes von der Größe und Zeit der MAYFLOWER zu rekonstruieren und William A Baker seine Mayflower II zu bauen, dann sollte ich als immer noch junger Arbeiter auf den Feld wohl meine Skrupel abschütteln und versuchen eine eigene Version als Modell für Anfänger zu schaffen das nicht nach Anfänger ausah. Nach diesen geringen Unterlagen ist dann innerhalb eines halben Jahres ein sehr detailierter drei Blatt Bauplan in einfacher Bauweise mit Bauanleitung und Baustadienphotos, nebst Mustermodell entstanden; (kann jemand es schneller und besser?) wobei die Quellen in der Bauanleitung bereits deutlich gemacht wurden; sie sind also keine verschwiegene Neuheit.
Mayflower KHM.png - Bild entfernt (keine Rechte)
Niemand weiß bis heute wie die MAYFLOWER aussah, wann sie gebaut wurde und wie groß sie wirklich war (180 tons?). Man spricht von 9 Score und im englischen wurde Score folgendermaßen angewandt. = Five score’s a hundred of men, money and pins; Six score’s a hundred of all other things. Dementsprechend hatte das Schiff entweder eine Verdrängung von 180 oder 150 tons. Das widerum wirkt sich auf die Abmessungen des Schiffes aus. Die ältesten uns überlieferten dimensionalen englischen Regeln (1620) besagen: Die gewöhnlichen Maße eines Schiffes waren drei: Länge, Breite und Tiefe; wenn diese variierten veränderten sich Form und Tragfähigkeit. Die Breite ist wählbar, die Tiefe muß niemals größer als die Hälfte der Breite noch geringer als ein Drittel sein, und die Länge niemals weniger als die doppelte oder mehr als dreimal die Breite. Die Länge ist die des Kiels, ausschließlich des herausragenden Stevens und Achterstevens; die Breite wird auf dem Midschiffsbalken inklusive aller Hölzer [also auf der Beplankung], die Tiefe im Raum wird von diesem Balken bis zur Oberkante des Kiels inklusive der Flurplanken gemessen. Diese drei Maße miteinander multipliziert und das Produkt durch 100 geteilt ergibt die Tragfähigkeit des Mustermodell des Graupner Baukasten MAYFLOWER vo 1958 Schiffes.
Model Mariner schreibt dann daß der Kiel viel zu kurz sei und der Vorstevenvorfall viel zu lang. Worauf basiert er diese Äußerung; weiß er mehr über das eigentliche Aussehen der MAYFLOWER und hat er unanfechtbare neue Unterlagen die den vielen ernsthaften Schiffbauhistorikern entgangen sind? Dann sollte er es wirklich mit dem Forum teilen. Seinem Modell ist davon jedoch nichts zu entnehmen. Es hat nahezu die gleichen Dimensionen wie das Grauper Modell, ist aber im Heck viel zu hoch gebaut. Er benutzt für sein Modell den in der TREATISE ON SHIPBUILDING von 1620 abgebildeten Spantenriss ohne zu akzeptieren das dieser zu einem Kriegsschiff von 100‘ Kiellänge gehörte, mit dem extremen Tumblehome und den Unterwasserlinien eines schnelleren Kriegsfahrzeuges, und nicht zu einem völligen Handelsfahrzeug. Außerdem gibt er seinem Modell die gleiche Geschützpfortenanordnung wie sie Anderson bereits 1925 andeutete, die ich 1957 noch akzeptierte und die bis heute noch slavisch nachgeahmt wird; wie so vieles andere was einmal zu Papier gebracht wurde. Wo bleibt da sein Claim einer neuen Rekonstruktion? Niemand sollte vergessen das Schiffbaugeschichte eine gerade ein Jahrhundert alte ernstzunehmende Sparte unserer Geschichte ist , die auch heute noch nicht von allen interessierten Menschen völlig verstanden ist. Ich vertrete heute die Ansicht das ein Schiff von 180 oder 150 tons mit 10 Kanonen ein Kriegsschiff und kein Handelsschiff war, dementsprechend eingerichtet sein mußte, und die beschriebene Besatzung von 20 -25 Mann die eines Handelsschiffes war und nicht die eines Kriegsfahrzeuges. Ein spezielles Orlopdeck für diese Kanonen waren in einem Handelsschiff nicht vorhanden. Es gab wohl zwei Kanonen unter dem Halbdeck, deren Gunner während des ersten amerikanischen Winters zusammen mit der Hälfte der Besatzung verstarb; alle anderen angeführten Geschützpforten sind Humbug. Sie sollten nach dem heutigen Stand weggelassen werden. Ein guter Baukasten soll historische Genauigkeit mit einer vereinfachten Bauweise verbinden und mit seinem Mustermodell genau das durch den materiellen Inhalt des Kastens mit Hilfe der Zeichnung zu erzielende Resultat representieren. Er soll einen Novicen zum richtigen Modellbau führen, aber nicht zu einem Puzzlespiel bei dem es nur noch darum geht die Teile richtig zusammenzusetzen; man muß dem Käufer noch genügend Eigeninitiative geben um der Arbeit seinen eigenen „Stempel“ der Individualität aufdrücken zu können. Leider war und ist das meiner Erfahrung nach zu einem hohen Prozentsatz nicht der Fall und das verlockende Bild auf der Verpackung dient oft nur einen glorifizierenden Werbezweck um den unvoreingenommenen Käufer anzulocken und hat nichts mit der Wirklichkeit des darin vorhandenen Materials zu tun. Es gibt heute bereits ein paar Produzenten die der historischen Treue schon etwas näher gekommen sind, sogar einen der mein ENDEAVOUR Buch (natürlich ohne zu fragen) zu einer hundertprozentigen Vorlage seines Baukasten machte. Von dem, was ich an Abbildungen davon sah, ist auch dieser mehr ein „Tausend und ein Teil Jigsaw-Puzzle“ als eine Leiter zu seriösem Schiffsmodellbau. Es ist offenkundig das diese Produkte jetzt so abgerichtet werden um den Käufer auf weitere „süchtig“ zu machen. Aber mit dieser Ansicht bin ich wohl nur ein „einsamer Schreier in der Wilderness“. Nachdem Hans Graupner in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts an mich herantrat habe ich selbst für Graupner-Modellbau in dem darauffolgenden Jahrzehnt eine Reihe historischer Schiffsmodelle entwickelt und baukastenreif gemacht, dabei auch einige Plastikteile entworfen. In meiner Museumsarbeit immer darauf bedacht gewesen das zu behandelnde Objekt nicht nur schiffahrts- und bautechnisch zu sehen sondern auch zu versuchen es historisch richtig einzustufen, wurden auch die Baukästen nach diesem Prinzip geschaffen; sie gehörten mit einer Gesamtverkaufszahl von rund einer Viertelmillion wohl zu den „Bestsellern“ der Branche und führten auf internationaler Ebene Tausende auf den Weg zum ernsthaften Schiffsmodellbau. Es waren Kästen, die das versteckte handwerliche Geschick eines Menschen zum Vorschein brachten, das sich spätestens nach einem dritten Baukasten darin versuchte ein ‚scratch-model‘, also ein freihand Modell nach Plan zu bauen. Nach diesem Prinzip wurde das Projekt erst einmal entweder vorhandenen Orginalzeichnungen folgend, oder ein berühmtes Fahrzeug aus der Zeit von dem nur Name und eventuelle Abmessungen überliefert waren den zeitgenössischen Abbildungen entsprechend zu entwerfen. In dieser ersten Stufe sollte es egal sein ob dieses Projekt als Ausstellungsstück eines Museums oder für einen Baukasten geplant war. Auch ein Baukasten sollte belehrend wirken und nicht in die Fantasiewelt führen. In der zweiten Phase mußte sich der Designer mit den Problemen der Produktion befassen. Wie groß durfte das Modell werden um nicht nur auf der Vitrine einer durchschnittlichen Wohnung zu wirken, sondern auch für den Käufer preislich ansprechend zu sein. Dabei kam es manchmal nicht nur zu ungewöhnlichen Maßstäben; es mußten auch Vereinfachungen vorgenommen werden um die Anzahl der Materialteile, sprich Kosten, zu reduzieren. In der dritten Phase sollte dann mit dem Bauplan begonnen werden, in dem der Designer gedanklich möglichst präzise sein Modell in allen Einzelteilen auf Planbögen nicht größer als Din A 1, zuerst in Bleistift und zum Schluß mit Tinte zu Papier brachte (Es war in den 50er und 60er Jahren noch Pergamentpapier was dafür zur Verfügung stand und dieses war sehr witterungsempfindlich, wobei an trockenen Tagen die Dimensionen von denen normaler, oder feuchter Tage abwiechen). Ein Modell, das entweder im Sandwich Stil, vertical oder horizontal, oder auch nach dem Spanten/Planken System geschaffen wurde, von dem ein jedes Teil nummeriert, bezeichnet und sowohl mit seinen Abmessungen als auch Material in einer Stückliste aufgeführt wurde. Nach diesem Plan und der Liste entstand dann das Mustermodell, wenn möglich vom Designer und nur mit dem angegebenen Material. Falls der Bau in irgendeiner Art nicht mit dem Plan übereinstimmte sollte diese Abweichung umgehend im Plan vermerkt werden um die Identität beider zu gewähren. Nur so konnte ein Baukasten geschaffen werden der auch hält was er verspricht; heute überläßt man dies wahrscheinlich dem Komputer, aber auch ein Komputer ist nicht allwissend, er speichert nur das Wissen (oder Halbwissen?) was von den unterschiedlichsten Quellen beigesteuert wird. Danach gehörte dann noch eine ausführliche, möglichst Bauphasen bebilderte Bauanleitung dazu. Diese vielleicht etwas harsche Kritik an den Baukastenmarkt kommt von einer langen Kenntnis dieser Materie. Meine nähere Auseinandersetzung mit ENDEAVOUR began 1983, als ich der Leitung des Melbourne Maritime Museums als Hon. Curator den Bau eines größeren Modells vorschlug, wobei gewisse Zweifel an R.A Lightley’s Modell dem National Maritime Museum in Greenwich zur Aufklärung vorgetragen wurden. Es ging dabei um die Frage ob der Spiegel nur vier wirkliche Fenster besaß, oder fünf wie jedes Modell sie zeigte und auch das o. a. Modell des Museums sie aufwies. Ich versuchte den Herren im Museum klarzustellen daß das mittlere, größere Fenster eine Atrappe war welche nur der Symmetrie der Fensterreihe diente. Hinter diesem „Fenster“ war der Ruderkoker angebracht und kein Schiffbauer in der Welt würde den Spiegel im Ruderkoker durch ein Fenster schwächen. Ein zweiter Stein des Anstoßes war in Lightley’s Model Shipwright Nr. 24 Artikel zu lesen, in dem er diese fünf Fenster unterstrich und außerdem schrieb, das über diesen Fenstern eigenartige, schwenkbare Deckel hingen. (Sydney Parkinson’s Heckansicht der ENDEAVOUR) Lightley nannte sie in einem Schreiben: als vom Zimmermann in den Tropen angebrachte schattenspendende Bretter bei denen das Museum entschied das man sie besser weglassen solle‘. Meine Kritik an dem Modell gefiel weder den Erbauer noch dem Museum und die Antwort war dementsprechend. Solange meine Meinung nicht mit mehr Beweise als die Parkinson Darstellungen belegt werden könne, hätte diese nicht mehr Wert als die des Erbauers. Ein Beweis das sie nicht wußten was diese darstellten. So, ich lieferte Ihnen diese Beweise, mehrere holländische und französische bildliche Darstellungen des 18. Jahrhunderts, und zeigte damit das die „schattenspendenden Bretter in den Tropen“ in Wirklichkeit Pforten der Fenster waren, die bei schlechtem Wetter geschlossen wurden um Wassereinbruch in die Kabine zu verhindern, das mittlere, größere jedoch keine hatte da es keine benötigte. Diese für das geplante Modell vorbereiteten Zeichnungen, die auf die vorhandenen Originale, die von J.C. Beaglehole zusammengefassten ENDEAVOUR Journale und auf Sydney Parkinson’s Journal of a Voyage to the South Seas in HMS ENDEAVOUR basierten, erschienen dann 1986 in meinem ersten englisch sprachigen Artikel DO WE REALLY KNOW THE ENDEAVOUR? in dem Journal der Australian Association for Maritime History und wurden bald darauf vom Interim Council des für Sydney geplanten Australian National Maritime Museum aufgegriffen um der Regierung den Nachbau der ENDEAVOUR als Museumsschiff vorzuschlagen. Man suchte nach von der Regierung finanzierte Projekte für die Zweihundertjahrfeier in 1988, dies wurde aus typisch politischer Kurzsichtigkeit abgelehnt. Das Replik Projekt aber durch private Finanzierung ‚gerettet‘, jedoch nicht in der ursprünglich gewünschten Weise und an einem fernen Bauplatz . Wer ein Interesse an der Baugeschichte dieses Repliks und Zugang zu DAS LOGBUCH hat kann etwas ausführlicher darüber nachlesen. (Der ENDEAVOUR Nachbau, 31 Jg. 1995 H.2 Seiten 74 – 83). Einen weiteren Artikel: H.M.S. ENDEAVOUR, What do we know really about the ship? schrieb ich 1990 für das Nautical Research Journal (USA). Vol. 35. Part 1 Seiten 28 – 41. Den bei der Replik und den unterschiedlichsten ENDEAVOUR Modellen gemachten Fehlern, von denen keines ohne Fehler ist , wollte ich dann 1995 mit meinem Buch CAPTAIN Cook’s ENDEAVOUR eine Schiff gegenüber stellen das völlig auf die originalen Zeichnungen, die wenigen von Sydney Parkinson, dem offiziellen Zeichner an Bord, gemachten Darstellungen des Schiffes und auf die Journale der Schiffsoffiziere basiert und in keiner Weise von der Fantasie anderer beeinflußt ist. Mit diesem kurzen Ausflug in den Mayflower Baukasten und dem ENDEAVOUR Buch möchte ich den im Forum vereinten Schiffsmodellbauern einen Blick in die Hintergünde solcher Arbeiten geben und zeigen das ernsthafter Schiffsmodellbau keine Spielerei ist. Man muß auch darin oft gegen heftige Anwürfe ankämpfen, besonders wenn sich jemand auf etwas beruft was wann selbst nicht gelesen hat. Mein Vater Karl Marquardt senior, Mariner, Marineartist und Historiker sagte mir in meiner Jugend; Junge wenn du vom Schiffsmodellbau infiziert wirst ist das wie eine Krankheit die du Zeit deines Lebens nie wieder los wirst. Er hatte Recht, heute im Winter meiner Jahre muß ich sagen, Schiffbaugeschichte und der damit zusammenhängende Modellbau ist ein Buch mit sovielen Kapiteln das es von Tausenden geschrieben werden muß. Es ist Menschheitsgeschichte, von der jeder Einzelne nur Bruchstücke erzählen kann. Abschließend noch an die Jünger des Schiffsmodellbaus ein paar Worte aus einem langen Leben in der maritimen Kunst: Als ich dreißig war glaubte ich alles Wissenswerte absorbiert zu haben, heute, mehr als ein halbes Jahrhundert weiter, weiß ich das die Zeit nicht reicht und man zehn Leben braucht um auch nur das Allerwichtigste in sich aufnehmen zu können. Viele Grüße Karl
Hallo Herr Marquardt Lassen Sie mich die Gelegenheit benutzen, mich einmal bei Ihnen zu bedanken. Insbesondere Ihre Bücher "Schoner in Nord und Süd" und "Bemastung und Takelung von Schiffen des 18. Jahrhunderts" sind für mich unentbehrliche Nachschlagewerke geworden und ich wage gar nicht, mir vorzustellen, wieviel Arbeit und Mühe es gekostet hat, diese Bücher zu recherchieren und zu schreiben. Arbeit, die sie uns Modellbauern abgenommen haben, von der wir heute profitieren. Ihre Verdienste in dieser Sache sind unbestritten und gar nicht hoch genug zu bewerten.
Bei Ihrem Brief habe ich allerdings das Gefühl, dass Sie einige Zeit damit verbracht haben, ihn zu schreiben, und dass Sie sich in dieser Zeit in eine seltsame Stimmung hinein geschrieben haben. Aus ihm lese ich ein hohes Maß an Frustration. Worauf gründet diese? Es ist doch in allen Bereichen so, dass es gute und schlechte Qualität gibt. Wenn Sie der Ansicht sind, dass die von Ihnen entworfenen Baukästen erstklassig sind und alle seit dem von Anderen entworfenen Schrott, der nur dazu dient, gutgläubige Kunden über's Ohr zu hauen, dann zeugt das von einem ausgeprägten Selbstbewusstsein und ist natürlich Ihr gutes Recht. Dies in dieser Form öffentlich zu machen, lässt aber ein bisschen Souveränität vermissen, die man schon haben sollte, wenn man wie Sie als Autor den Schritt an die Öffentlichkeit wagt.
Zu einer solchen Souveränität würde es meiner Ansicht nach auch gehören, Ihren Standpunkt, wie Sie ihn gegenüber Klaus (ModelMariner) vertreten, für sich zu behalten. Seine eigenen Ansprüche auf Andere zu projezieren, halte ich in unserem Metier für unzulässig. Hier kann nur jeder für sich selbst entscheiden, welchen Ansprüchen er genügen will und ob er, z.B. Ihren Ratschlag annehmen will oder eben nicht. Wolfram zu Mondfeld beispielsweise ist hier im Forum schon häufig (z.T. sicher auch berechtigt) kritisiert worden und es wurde nicht gerade zimperlich mit ihm umgegangen. Würde er sich jedes Mal in der von Ihnen gezeigten Art und Weise dazu äußern, würde dieses Forum die Bühne zu einer wüsten Streiterei.
Hinsichtlich Ihres Briefes verstehe ich weder den konkreten Anlass, noch welchen Zweck Sie mit ihm verfolgen. Wollen Sie die Modellbauwelt verbessern, abtrünnige Modellbauer zur Räson rufen, oder wollten Sie sich einfach mal Ihren, bei verschiedenen Gelegenheiten angesammelten Unmut Luft verschaffen?
Lieber Herr Marquardt, verstehen Sie mich bitte nicht falsch, oder gar diesen Post als Angriff auf Ihre Person. Meine Wertschätzung und Hochachtung Ihnen gegenüber ist nach wie vor ungebrochen und gerade ihr ist es geschuldet, Ihnen diese Zeilen zu schreiben. Das ist alle Male besser, als Getuschel hinter vorgehaltener Hand. Ich hoffe daher, dass Sie mir meine Kritik nicht übel nehmen und verbleibe mit wirklich ehrlich gemeinten freundlichen Grüßen
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
hier ein Schreiben von Karl Heinz Marquardt, das mich vor kurzem erreichte und das ich Euch nicht vorenthalten möchte. Karl Heinz Marquardt hat der Veröffentlichung zugestimmt, so dass auch darüber diskutiert werden kann.
Grüßle Kay
Hallo Kay
Ich hab‘ dieses Schreiben mit Interesse gelesen und werde auf die in meine Richtung gehenden Punkte (Mayflower) weiter unten etwas und später separat noch detaillierter eingehen.
Dieses Schreiben beinhaltet aber meines Erachtens etliche Themen, die in unterschiedliche Richtungen gehen, die sich aber überschneiden. Fall es hier als Grundlage einer (oder mehrerer) Diskussion(en) dienen soll , wäre es zweckmäßig es in einige getrennte Themen zerlegen, sonst würde es bei mehreren Antworten verschiedener Diskussionsteilnehmer bald zu unübersichtlich.
Als erstes beklagt sich hier Herr Marquardt (ausgehend von seinem Buch über die Endeavour) über die häufig mangelhafte Qualität von Modellbaukästen (das allein wäre schon ein umfangreiches Diskussionsthema). Dann geht er (ausgehend von meinen Bemerkungen über den Graupner Baukasten Mayflower) auf das Thema (oft sehr mangelhafter) Rekonstruktionen im Zusammenhang mit dem Graupner Baukasten und meinem Modell im speziellen ein und geht dann auf Rekonstruktionen für Baukästen (und deren Design) im Allgemeinen ein. Dann kommt Herr Marquardt wieder auf die Endeavour (sein Buch, Fehler bei den diversen Repliken und Baukästen zurück).
Das wäre schon wieder ein eigenes Thema: „Rekonstruktionen als Grundlage für Baukästen und Modellpläne (Scratchbau)“.Bei Baukästen haben wir es nach meiner Ansicht mit 3 Problemen zu tun: - wie fachkundig ist der (Re)Konstrukteur? - die Hersteller setzen auf Grund kommerzieller Überlegungen nicht immer das um, was manche Designer gerne hätten oder geben ihm nicht die notwendige Zeit und Mittel , so dass die Baukästen im allgemeinen mehr oder weniger gute Kompromisse sind. - Auswahl schlechten Materials (z. B. ungeeignetes, aber billiges Holz).
Nun einige kurze Kommentare zu den mich persönlich betreffenden Punkten „Mayflower“: Zitat: „Model Mariner schreibt dann daß der Kiel viel zu kurz sei und der Vorstevenvorfall viel zu lang. Worauf basiert er diese Äußerung; weiß er mehr über das eigentliche Aussehen der MAYFLOWER und hat er unanfechtbare neue Unterlagen die den vielen ernsthaften Schiffbauhistorikern entgangen sind? Dann sollte er es wirklich mit dem Forum teilen“
Nein, ich habe keine derartigen „neuen“ Unterlagen die den vielen ernsten Schiffsbauhistorikern entgangen sind und weiß auch nicht mehr über das eigentliche Aussehen der Mayflower (wie sollte ich auch?). Was ich aber verwendet habe sind auch Unterlagen, die zur Zeit der von Andersson ausgearbeiteten Rekonstruktion noch nicht veröffentlicht waren, hauptsächlich die 1958 von der Society of Nautical Research herausgegeben „anonyme Abhandlung „ aus dem frühen 17.Jahrhundert sowie einine andere zeitgenössische Angaben die ich aus Brian Lavery’s Buch „The Colonial Merchantman Susan Constant 1605” habe (detaillierter aufgeführt unter „Recherche“. Model Mariner's Rekonstruktion der Mayflower Ob Andersson die „anonyme Abhandlung“ kannte und verwendet hat oder nicht, weiß ich nicht, ich habe leider bisher keinen Plan der Andersson Rekonstruktion finden können. Dass niemand (und damit auch ich) nicht weiß wie die Mayflower aussah, habe ich auch ganz klar in der Einleitung zu meinem Beitrag unter obigem Link geschrieben.
Zu meiner Bemerkung über den zu „kurzen Kiel und zu langen Vorstevenvorfall“ bei der Graupner Mayflower stehe ich noch immer, sollte das aber vielleicht damit ergänzen, dass das in Zusammenhang mit der gesamten Rumpflänge zu sehen ist. Wenn man die Kiellänge nur nach den Verhältnisregeln Kiellänge, Breite, Tiefe ansieht, liegt sie schon im Bereich der dafür angegebenen Toleranzen. Die Länge des Vorstevenvorfalls ergibt sich gemäß der „anonymen Abhandlung“ durch den Radius des Vorstevens zwischen 75% und max. 100% der Breite beträgt (als bester Wert wird 80 % angegeben). Die Außenkante des Vorstevens ist dabei ein Viertelkreis, dessen Mittelpunkt auf einer Senkrechten über dem Vorderende des Kiels liegt. Nun entspricht bei der Graupner Mayflower der Vorstevenvorfall genau der Breite, allerdings ist der Radius des Stevens 121 % der Breite, der Kreismittelpunkt liegt dabei aber nicht auf einer Senkrechten über dem vorderen Kielende, sondern wesentlich weiter hinten, der Steven besteht nicht aus einem Viertelkreis, sondern aus einem Bogen der ca. 1/ 5 eines Kreises darstellt.
Nachstehend einige Bilder von Galleonen, (darunter die Rekonstruktion von Andersson) in denen ich den Vorstevenfall in % der Kiellänge eingetragen habe. Bei allen (auch bei einigen anderen, für die ich keine solchen Bilder angefertigt habe) liegt der Vorstevenvorfall im Bereich von ca. 30 bis 34 %, lediglich die Graupner Mayflower weist hier einen Wert von 45% auf (der Vorstevenradius beträgt fast 55% der Kiellänge). Die von mir gewählte Stevenform und damit Länge des Vorfalls stimmt mit 33,7 % mit allen diesen (ausgenommen Graupner) überein.
niederländisches Schiff (aus Architectura Navalis J. Furttenbach):
Es ist mir bewusst, dass die meisten dieser Galeonen größer sind als die Mayflower, ich vertrete aber im Gegensatz zu Herrn Marquardt die Ansicht (die offenbar auch von Brian Lavery geteilt wird), dass die Konstruktionsmethoden der Abhandlung sehr wohl auch für kleinere Schiffe angewendet wurden.
Herr Marquardt stellt weiters fest, dass mein Modell nahezu die gleichen Dimensionen wie das Graupner Modell hat, aber im Achterschiff wesentlich zu hoch sei und ich den in der „Treatise on Shipbuilding“ abgebildeten Spantenriß verwende. Das mit den nahezu gleichen Dimensionen ist richtig, wenn man die beiden auf gleiche Rumpflänge bringt (abgesehen von den oben beschriebenen Unterschieden in Kiellänge und Steven)
Vergleich Graupner / Model Mariner:
Vergleich Graupner / Andersson:
Ich würde nun gerne wissen, worauf sich die Behauptung des zu hohen Achterschifffs stützt. Falls das richtig ist, trifft es offenbar auf das Graupner Modell genauso so zu wie auf wie auf meines oder die Andersson Rekonstruktion. Dass ich den Spantriß aus der Treatise verwende, der nur für ein Kriegschiff und nicht für ein Handelsschiff anwendbar ist, stimmt nicht. Ich habe den Spantriß Spant für Spant konstruiert und mein Modell hat fast genau die gleichen Abmessungen (Kiellänge, Breite und Tiefe) wie das von B. Lavery als Vergleichsschiff für seine Susan Constant herangezogene Handelsschiff „Adventure of Ipswich“ (das in der Treatise dargestellt Schiff ist verhältnismäßig länger bei geringerer Tiefe und Breite). Wenn die von mir verwendete Konstruktionsmethode für die Mayflower falsch ist, dann müsste das erst recht für die wesentlich kleinere Susan Constant von Brian Lavery (den ich in diesen Dingen bisher für sehr kompetent hielt, liege ich da falsch?) gelten.
Worauf stützt sich die Behauptung, dass nach heutigem Wissensstand mehr als 2 Geschützpforten für ein Handelsschiff in der Größe der Mayflower Humbug sind? Brian Lavery führt eine aus dem Jahr 1626 stammende Liste der Bewaffnung von Handesschifffen an, darin sind etliche Schiffe von 100 Tonnen angeführt, die zwischen 6 und 10 Kanonen trugen und damit wohl auch entsprechend viele Geschützpforten hatten. Ich lasse mich gerne eines besseren belehren.
Auf die Rumpfform der Mayflower Rekonstruktionen gehe ich später noch detaillierter ein, ich muß jetzt Schluß machen.
Ich hatte beim Lesen des Briefes Herrn Marquardts einen ähnlichen Eindruck wie Willi: Es hört sich nach einem gewissen Maß an Frustration - woher auch immer - an. Und wenn man gegenüber dem ein oder anderen gegen eine Wand redet, kann man das auch verstehen. Klar, es wäre schön, wenn wir genau wüßten, wie was war und jeder Baukasten historisch absolut exakt wäre (ich überlege gerade, ob es wirklich glücklicher machen würde nur gegebenes hinzunehmen). Aber gerade das Thema Mayflower zeigt doch gerade wie es ist: Wir waren damals nicht dabei und wissen einfach nicht 100% genau, wie es ausgesehen hat. Deshalb gibt es für den historischen Schiffsmodellbau eines im Überfluß: Interpretationsspielraum. Es wird viel generalisiert, viel "es müsste so gewesen sein", viel "das hätte man damals so und nicht so gemacht weil" (ich erinnere mich z.B. an Diskussionen über rote Farbe), vieles, von dem es widersprüchliche Quellen gibt (obwohl manches vielleicht nicht so widersprüchlich ist, wie es zunächst vermutete werden kann).
Es muss nicht jeder - und ich sage es jetzt absichtlich ketzerisch klingend - BASTLER - auch ein hervorragender Historiker mit entsprechender freier Zeit und Zugang zu entsprechenden Quellen (das kostet ja auch ein wenig) sein, so dass das auch nicht ehrenrührig ist, wenn Spanten fertig aus dem Baukasten entnommen werden. Man muss nur immer dazu sagen "so könnte es gewesen sein, so ist es meine Interpretation" (und das ist dann auch das kreative Moment, das ich sehr mag). Und hier kommen für mich Foren wie dieses ins Spiel: Diese Interpretationen können diskutiert werden und damit kann sich "VIELLEICHT EIN WENIG" an die wahrscheinlichsten Formen z.B. der Mayflower angenähert werden.
Ich hoffe in diesem Sinne, dass die Diskussion über die Mayflower, die Herr Marquardt hier in mit einem leicht provokant erscheinenden Unterton aufgebracht hat, und auf die Klaus hier in einer lobenswerten, aufgeschlossenen, interessierten Weise unter Angabe seiner konkreten Quellen eingegangen ist zu einer gegenseitigen geistigen Befruchtung und dem Kind namens Erkenntnisgewinn (für alle Mitleser) mündet.
Hier viel das Wort Provokation, welches für mich immer ein kleinen negativen tuch hat. Man kann auch positiv provozieren, und das, so glaube ich, versucht Karl hier. Ich steh jetzt eine geraume Zeit mit Karl im Briefwechsel, und dieser war mehr als fruchtbar für mich. Und wenn man etwas verändern will, was für den Historiker ja auch eine Berufung ist, muss man a) ein hohes Maß an Wissen besitzen b) ein gesundes Selbstvertrauen haben und c) auch provokant sein.
Ich wollte dies nur mal hier einfließen lassen um das Feuer ein wenig zu löschen.Ich freue mich auf eine weitere Diskussion.
Zitat von Model Mariner im Beitrag #3... mein Modell hat fast genau die gleichen Abmessungen (Kiellänge, Breite und Tiefe) wie das von B. Lavery als Vergleichsschiff für seine Susan Constant herangezogene Handelsschiff „Adventure of Ipswich“ (das in der Treatise dargestellt Schiff ist verhältnismäßig länger bei geringerer Tiefe und Breite). ...
Hallo Klaus
sehr klare Darstellung, die sich m. E. gut nachvollziehen läßt.
Zu der von Dir genannten "Adventure of Ipswich" konnte ich weder in meinen Büchern noch im Internet etwas finden. Kannst Du mir da bitte etwas auf die Sprünge helfen?
Gruß, Alexander
Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten. (Katharina von Siena)
sehr klare Darstellung, die sich m. E. gut nachvollziehen läßt.
Zu der von Dir genannten "Adventure of Ipswich" konnte ich weder in meinen Büchern noch im Internet etwas finden. Kannst Du mir da bitte etwas auf die Sprünge helfen?
Gruß, Alexander
Serie Anatomy of the Ship: The ColonialMerchantman Susan Constant 1605 von Brian Lavery:
Kapitel General Layout (Seite 10):
dort schreibt Lavery über die Auslegung der Abmessungen seiner Rekonstruktion der Susan Constant:
"Another possibilityis to choose the dimension of a particular ship, preferably a merchantman. The best known of these was the Adventure of Ipswich, which was used as an example for devising new tonnage rules in 1627 (Tinity house Transactions,pp 79-80). Her dimensions were: Lenght of keel 63ft 6in, Breadth 26ft 2in, Depth in Hold 11 ft, Tonnage 182.8".
Ich möchte hier, wie kürzlich angekündigt, noch etwas auf die Rumpform der verschiedenen Mayflower Rekonstruktionen eingehen. Was habe ich zugrunde gelegt, Vergleich mit zeitgenössischen Angaben und dem Graupner Modell:
Zitat aus dem Schreiben von K H Marquardt: "Er (Model Mariner) benutzt für sein Modell den in der TREATISE ON SHIPBUILDING von 1620 abgebildeten Spantenriss ohne zu akzeptieren das dieser zu einem Kriegsschiff von 100‘ Kiellänge gehörte, mit dem extremen Tumblehome und den Unterwasserlinien eines schnelleren Kriegsfahrzeuges, und nicht zu einem völligen Handelsfahrzeug. Außerdem gibt er seinem Modell die gleiche Geschützpfortenanordnung wie sie Anderson bereits 1925 andeutete, die ich 1957 noch akzeptierte und die bis heute noch sklavisch nachgeahmt wird; wie so vieles andere was einmal zu Papier gebracht wurde. Wo bleibt da sein Claim einer neuen Rekonstruktion? "
Zu "extremes Tumblehome": laut Treatise on Shipbuilding beträgt das Tumblehome mindestens ¼ der Breite, maximal 1/3 der Breite (siehe Zeichnungen weiter unten) Die Verbindung vom Breadht Sweep (Radius 3) zur Toptimber line erfolgt entweder tangentiell oder in einer nach innen gekrümmten Kurve (Radius 4 gleich der Breite). Bei früheren Schiffe war dies eher tangentiell, bei späteren die Kurve. Das nachstehendeBild zeigt den wahrscheinlich ältesten Plan eines englischen Schiffes, die Seiten sind an der Toptimberline 28% der Breite eingezogen.
Bei der Mayflower II beträgt das Tumblehome 1/3 der Breite, bei meinem Modell ebenfalls. Brian Lavery hat für seine Rekonstruktion der Susan Constant ebenfalls 1/3 angewandt. Beim Graupner Modell sind die Toptimbers nur 13,7 % eingezogen.
Zu Form der Unterwasserlinien: bzw. des Rumpfes:
Nach der im späten 16. Und frühen 17. Jahrhundert in England angewandten Verhältnisregel darf bei frei gewählter Breite der Kiel maximal 3 mal, mindestens 2 x so lang sein wie die Breite. Die Tiefe muß mindestens 1/3 der Breite betragen und darf nicht mehr als die halbe Breite sein. Um eine Schiff von 180 tons zu konstruieren hat man damit bei einer angenommenen Breite von 26 Fuß einen Spielraum von 52 Fuß Kiellänge bei 13 1/3 Fuß Tiefe bis 80 Fuß Länge und 8 2/3 Fuß Tiefe. Die Andersson Rekonstruktion hat eine Kiellänge von 64Fuß bei 26Fuß Breite und 11 Fuß Tiefe und hat damit 183 tons, die Mayflower II ist bei gleicher Breite mit 60 Fuß Kiellänge etwas kürzer, hat jedoch eine Tiefe von 13 Fuß und damit 202,8 Tonnen. Für meinen Entwurf habe ich ebenfalls 26 Fuß Breite angenommen, die Kiellänge mit 62 Fuß und die Tiefe mit 11 Fuß 2 Zoll festgelegt, damit komme ich genau auf 180 tons. Mein Rumpf ist damit etwas breiter im Verhältnis zur Länge als der von Andersson und etwas schmäler als Mayflower II. Wie schon erwähnt, sind die von mir gewählten Abmessungen nahezu identisch mit denen des Handelsschiffs“ Adventure of Ipswich“ und damit offensichtlich nicht so falsch.
Das nächste Bild zeigt die Konstruktion meines Haupspants gemäß der in der Treatise on Shipbuilding beschriebenen Methode, Links habe ich zusätzlich den Hauptspant der Graupner Rekonstruktion (schwarze Linie) eingetragen, dieser hat kein Flach, das Tumblehome beträgt nur 13,7%. Wie dieser Vergleich zeigt, hat der von mir konstruierte Hauptspant im Unterwasserschiff eine wesentlich größere Fläche als der Graupner-Querschnitt - so viel dazu, dass mein Entwurf für ein Handelsschiff nicht völlig genug ist.
Der Spant wird aus 4 Kreisbögen konstruiert, die an das Flach (gerade rote Linie) anschließen von unten nach oben: Floor Sweep (grüner Bogen, Radius R1), Reconciling Sweep (blau – Radius R2), Breadhts Sweep (hellblau, R3 geht durch die größte Breite des Rumpfes), Toptimber Sweep (rot R4, Radius gleich der Breite). Das Flach ist mindestens 1/4, maximal 1/3 der Breite (für meine Konstruktion habe ich 1/3 angesetzt). Die Toptimber Line verläuft in der Draufsicht parallel zur größten Breite um 1/3 (mindestens 1/4) der Breite nach innen versetzt und definiert damit auch das “Tumblehome”. Die genannten Bögen haben bei allen Spanten gleichen Radius.
Im nächsten Bild habe ich in die Spantformen mit minimalem und maximalem Flach und minimalem und maximalem Tumblehome gegenüber gestellt. Die Toptimbers können entweder mit einer Krümmung nach innen (linkes Bild) oder geradlinig (rechtes Bild) ausgeführt werden.
Die Konstruktionsmethode werde ich demnächst unter "Recherche" noch eingehender erläutern.
Zu: „Wo bleibt da sein Claim einer neuen Rekonstruktion?“ Ich glaube mit den obigen Bildern und Erklärungen doch begründet zuhaben, dass ich hier einen Rumpf nach zeitgenössischen Angaben und Konstruktionsmethoden (re-)konstruiert habe, falls das übertrieben scheint, hätte ich schon gerne gewußt, was noch zusätzlich zu tun wäre, um von einer Rekonstruktion sprechen zu können. Falls meine Darstellungen fehlerhaft sind oder auf falschen Annahmen beruhen, wäre ich für jeden Hinweis dankbar, was falsch oder korrekturbedürftig ist (ich habe kein Problem mit negativer Kritik, falls diese begründet ist und wird. Die Aussage "Ich neige zur Ansicht" ist mir allerdings als Begründung doch etwas zu wenig)
Über das Graupner Modell habe ich in meinem Beitrag (abgesehen von der Bemerkung über den zu kurzen Kiel und zu langen Vorstevenfall) auch noch festgestellt, dass die Rumpform frei erfunden zu sein scheint, ohne auf zeitgenössischen Konstruktionsmethoden aufzubauen. Ich habe versucht, den Spantriß des Graupner Modells durch Kombination verschiedener Kreisbögen nachzubilden, dies ist mir jedoch nicht in einer vernünftigen Weise gelungen. Die Spantformen lassen sich weder durch die Konstruktionsmethode der Treatise noch durch die von William A Baker für die Mayflower II angewandte Methode annähernd errreichen. Die Position des Hauptspants sollte bei 2/ 3 der Kiellänge (vom hinteren Kielende) sein , beim Graupner Modell liegt sie bei 77,8%. Vielleicht kann uns Herr Marquardt (der ja, wie ich inzwischen weiß, auch Forumsmitglied ist) erläutern, wie und auf welcher Basis dieser Spantriß konstruiert wurde.
deine Ausführungen zur Rekonstruktion sind aus meiner Sicht sehr glaubwürdig. Wenn man nach den Regeln der damaligen Schiffbauer eine Rekonstruktion wagt, versucht man dem Schiff näher zu kommen. Genau das hast du gemacht. Ob damit wiklich die Mayflower getroffen wird, könnten man nur durch eine Zeitreise in Erfahrung bringen. Wir sollten dieses Thema sachlich bearbeiten, denn es gibt sicher keinen Menschen, der dieses Schiff wikrlich vor Augen hatte.
Den etwas aufgestörten Gemütern in Bezug auf die MAYFLOWER möchte ich doch ein wenig Wasser aufs Feuer gießen. Vorweg jedoch ganz besonders meine Entschuldigung zu denen die ich dabei wohl ein wenig auf den Schlips getreten habe. Ich nehme die Rüge dankend an. Das ich die MAYFLOWER aufgriff war eigentlich nur weil sich der Schreiber etwas abwertend über den 1958 erschienenen Baukasten auslies und davon sprach das er eine genauere Rekonstruktion schuf. Es war im Anfang nicht für den allgemeinen Gebrauch geschrieben, wurde dann aber etwas später zur Veröffentlichung freigegeben weil es wahrscheinlich für manchem Modellbauer von Interesse sein könnte.
@Willi
Zurückblickend muß ich Dir recht geben; es wäre besser gewesen dies völlig zu ignorieren, aber auch der selbstsicherste Don Quichote hatte mit seinen Windmühlflügeln sicher einmal eine Frusteruption. 63 Jahre im Fach brachten nicht nur Freude im Beruf sondern auch etlichen Verdruss, etwas das man leider nicht immer im Zügel halten kann. Meine Frustration hing viel mehr mit dem Schließen eines Marine Museums zusammen und einigen dabei "verloren gegangenen!!!", von mir gestifteten Gemälden und nicht mit der von Model Mariner gebauten MAYFLOWER. Es ist aber immer nur ein Funke der eine Detonation hervorruft und es war hier der Strohhalm der eines Kamels Rücken brach. Ich denke auch nicht das meine zwischen 1958 und 1965 geschaffenen Baukästen unbedingt erstklassig waren. Sie waren nur mit den zur Verfügung stehenden Mitteln der Zeit von A bis Z sorgfältig durchgearbeitet worden, sie waren besser als viele andere auf dem Markt und der Käufer hatte für ca. drei Jahrzehnte dementsprechend reagiert. Willi, ich werde wohl kaum die Modellbauwelt verbessern können, eine Welt zu der ich wenige Jahre nach dem 2. Weltkrieg mit beitrug die Grundsteine zu legen. Ich will auch nicht, wie Bodo sagt, das jeder "Bastler" der aus Spass an der Freude ein Modell baut, gleich zum Historiker wird (auch diese sind nur Menschen), hoffe aber das kommende Generationen mit ihrer Arbeit weiterhin dazu beitragen die Schiffbaugeschichte durchsichtiger zu machen, etwas das sich bereits in der Vielfalt der seit dem 2. Weltkrieg geschaffenen maritimen Literatur ausdrückt. Wer heute mit der Kenntnis von lasergesteuerten Schnellfeuergewehren fragt warum die "alten Germanen" diese nicht auch schon benutzten, anstelle von Speer und Streitaxt, hat die Nachkriegssituation in Deutschland nie kennengelernt.
@Model Mariner
Ohne mehr Verdruss zu schaffen möchte ich sagen, dass die verschiedenen von Ihm aufgeführten Sparten in dem an Kay gerichteten Brief nicht geplant waren. Ich habe in diesem zuerst persönlichen Schreiben auch erwähnt das ich damit einen Blick in den Hintergrund solcher Arbeiten geben wollte und das ernsthafter Schiffsmodellbau keine Spielerei sei. Dabei wurde auch die Entwicklung des ersten MAYFLOWER Baukastens erklärt. Wenn ich 1957/58 die heutzutage so einfach erreichbaren Unterlagen in die Hand bekommen hätte wäre der mir damals, nun sichtbare Fehler der Rumpfentwicklung nicht unterlaufen. Nicht der "zu kurze" Kiel. Dazu darf ich einmal den 1620er Text zitieren, der mir damals auch nicht geläufig war: and the length never less then double nor more than treble the breadth. und Captain John Smith schreibt in seinem A SEA GRAMMAR von 1627 über dem Vorwärtsfall des Stevens: The Rake forward (der Stevenfall) is neere halfe the length of the keele, and for the Rake aftward, about the forepart (fourth part) of her Rake forward. Einmal von gelehrten Schiffbauern(?) als weitreichende Grundregel (2-3x) niedergeschrieben und zum anderen von einem bekannten Seefahrer (2+) bestätigt war der Baukasten mit einer Kiellänge von 2,4 x Breite im Mittelmaß des 1620er Textes und genau in der von John Smith erklärten Länge. Mit dem längeren Kiel Deinerseits hatte ich die achterliche Höhe ohne abzumessen als zu hoch geschätzt, also 1: 0 für dich. Ergänzend zu den Zeilen über den "zu kurzen" Kiel ist eine dritte zeitgenössische Äusserung von Willam Borough, Comptroller der Royal Navy von 1589 - 1598 (William A Baker THE MAYFLOWER etc. Seite 31/32): The mean and best proportion for shipping for merchandise likewise very serviceable for all purposes. Length of keel two or two and a quarter that of beam, Depth of hold eleven-twenty-fourths that of beam. Soweit über die Kiellänge von Schiffen um 1600. Die vielleicht etwas zu flache Kurve des Stevens, die beanstandet wurde, ist auch nur eine Annahme wenn man von der absoluten Mathematik der schriftlichen und zeichnerischen Dokumente der Zeit ausgeht. Diese waren damals aber nur einer privilegierten Minderheit zugänglich, sie waren meistens nur Handschriften und dementsprechend kostbar. Man muss davon ausgehen, dass Schiffbau zum Beginn des 17. Jahrhunderts noch keine akkurate Wissenschaft war, man sprach von Naval Art, also Schiffbaukunst. Dazu kam das damals mehr als die Hälfte aller Menschen in Europa weder lesen noch schreiben konnten, davon auch ein größerer Prozentsatz von Schiffbauern. Trotz aller Forschungen gibt es nicht einmal Aufzeichnungen wann und wo das Schiff gebaut wurde und, es gab um 1600 ca. 40 die den Namen MAYFLOWER trugen. Ein mittleres Frachtschiff stellte keine großen Ansprüche im Bau und so konnte in der gleichen Weise wie das Schiff selbst der Erbauer "einer von 12 in einem Dutzend" gewesen sein der seinen Beruf bei seinem Vater erlernte, niemals eine Schulbank sah und seine Arbeit dem gespeicherten Wissen entsprechend ausführte. Ich möchte auch darauf hinweisen das deine Abmessungen absolut nicht falsch sind, bei dem Wenigen was wir von der MAYFLOWER wissen, und bleiben durchaus im Rahmen des Vorhandenen und dem 9 Score = 180 t angepasst. Die alte Regel ist aber Five score's a hundred of men, money and pins, Six score's of all other things. also im ersten Falle ist 1 Score = 20 für Menschen, Geld und einigen Gütern, im zweiten ist 1 Score = 16 2/3 für alle anderen Dinge. Daraus ergäbe sich eine Größe von 150 t, wobei die richtige Auslegung dieser Regel eine Komplikation ist, die vielen Historikern zu schaffen macht. In anderen Worten, wir wissen so gut wie NICHTS und wie dieses NICHTS individuell umgesetzt wird hängt davon ab ob dieses umgesetzte NICHTS einem vorhergehenden Versuch "wie aus dem Gesicht geschnitten" ist, oder eine andere Form angenommen hat. Nur das letztere kann man "good, bad or ugly" als eigenen Rekonstruktionsversuch bezeichnen. Aber das ist meine persönliche kritische Einstellung dazu die, wie mir bewusst ist, nicht von jedem geteilt wird. Auch das Wort "Replik" hat im modernen Sprachgebrauch völlig seine ursprüngliche Bedeutung als " Kopie eines Kunstwerks bei dem Künstler selbst" verloren. Heutzutage wird der original große Nachbau jedes historischen Schiffes, ob dieser ähnlich ist oder nicht, als Replik oder Replica bezeichnet. Bei dem Modell sind aber nahezu alle Linien der Seitenansicht mit dem Graupner Modell identisch, dass, wie ich schrieb, mit kleinen Abweichungen Anderson's Modellentwurf folgte. Ich habe niemals erklärt, weder damals noch jetzt, das dies eine neue Rekonstruktion von mir war. Es gibt eine Anzahl von mir geschaffener Baupläne von 1400 - 1900 von denen ich sagen kann, dass sie Rekonstruktionen oder der Versuch einer solchen sind, (wie z.B. mein Modell der HMS CHALLENGER als Forschungsschiff für das Deutsche Schifffahrtsmuseum) also nachgeforscht und nach Linienrissen der Schiffsklasse und Photos selbst entworfen und das erste Modell dieses weltbekannten Forschungsschiffes geschaffen. Ich kann jedoch nicht erkennen wie jemand die MAYFLOWER als seine Rekonstruktion beschreibt, wenn er nicht ein völlig unterschiedliches Modell vorstellt. Ein Modell das nicht offensichtlich von vorherigen Konstruktionen abweicht kann kein Versuch einer eigenen Rekonstruktion sein, in der gleichen Weise wie ein Buch, das nur ein wenig im Wortlaut geändert wird, ein neues Buch ist. Aber wie gesagt, das ist meine Ansicht. Baker's MAYFLOWER II war eine, die er auch durch die (II) im Namen unterstrichen hatte, ebenso R.C. Anderson's, ein Modell dessen Design und Bau er nur beratend beeinflusste. Neben diesem gab es zu ungefähr der gleichen Zeit noch unterschiedliche Modelle von Captain J. W. Collins für das Smithsonian Museum, von Prof. J. Robertson vom Massachusets Institution of Technology und ein Silbermodell als Geschenk für Walter Hines Page, den damaligen amerikanischen Botschafter in England . F. Alexander Magoun schrieb 1928 in seinem Buch: THE FRIGATE CONSTITUTION AND OTHER HISTORIC SHIPS: In September 1922, Mr. R.C. Anderson, a Vice-President of the English 'Society for Nautical Research' and formerly editor of the 'Mariner's Mirror' undertook for the Pilgrim Society of Plymouth, Mass., to supervise the design und construction of a model of the MAYFLOWER which should be the finest thing of its kind. This was completed in 1925, the costs for manual labour alone being about $ 2500. Mr. Anderson gave his services. In Bezug auf die Geschütze an Bord möchte ich auch auf Baker's Buch zurückgreifen. Er zitiert auf Seite 30 eine Fußnote von Governor Bradford'S HISTORY OF THE PLYMOUTH PLANTATION: There is, however, nor reason for believing that she (MAYFLOWER) differed materially from the merchant vessels of that day or that an English vessel of her class differed materially from a merchant vessel of any other commercial people of Europe.----Whether the map was English, Dutch or German, the vessel have the same general appearance. Ich kann dies nur unterstreichen. Wir finden auf Hafenansichten der Zeit sehr viele nicht oder nur minimal bewaffnete Handelsschiffe und wenn Brian Lavery, der wohl der britische Marine Historiker unserer Zeit ist und mit dem ich an dem Buch The Frigate SURPRISE zusammenarbeitete, von dem Fundus des NNM Greenwich eine Liste von Handelschiffsbewaffnungen um 1600 zusammenstellte, Handelsschiffe die zur Zeit der spanischen Bedrohung zum Verteidigungsdienst herangezogen werden konnten. Was nicht besagt das alle englischen Handelsschiffe der Zeit die Bewaffnung führten die man der MAYFLOWER zuschreibt. Wenn ich auf zwei Kanonen unter dem Halbdeck hinwies, dann war es, weil nur ein "Gunner", der in Amerika verstarb, erwähnt wurde und die gesamte Besatzung aus nicht mehr als 20 - 25 Mann bestand, also die eines Frachtschiffs war. Die weiteren 8 Kanonen hätten die doppelte Anzahl an Personal bedurft. Logik sagt uns, dass die erste Frage die sich beim chartern eines Transportschiffes von 9 Score Größe stellt ist, kann man auf dem Zwischendeck 100 + Menschen unterbringen und hat man in der Hold noch genügend Raum um alles Lebensnotwendige dieser Passagiere, nebst Werkzeug, Saatgut u.s.w. zu stauen? Dabei muss man außerdem den Raum für die Mannschaft von ca. 20 Mann in Betracht ziehen, die im Vorschiff und die Kabinen des Kapitän und der Maate (Bootsmann, Zimmermann, Koch, Gunner u.s.w.) die unter dem Halbdeck untergebracht waren. Man nimmt also ein Fahrzeug in dem man ohne großen Aufwand ein Zwischendeck einziehen konnte oder dessen Zwischendeck nicht mit Kanonen besetzt war und die Hold durch Pulverkammer und dergleichen beeinträchtigt wurde; also eines das man schnell ausbauen konnte. Dazu eine Hold die frei von unnötigen Stauräumen war. Ein zweiter Hinweis ist der Zeitpunkt der Charter in der Mitte des Juni 1620 und der ihres vollendeten Umbaus nicht einmal 4 Wochen später. Man hatte nicht viel Zeit zum Umbau,sie verließ London am 15. Juli 1620. Man kann also über die MAYFLOWER argumentieren, wie man hier sagt "until the cows come home', und kommt zu nichts. Nicht einmal zur richtigen Größe des Schiffes. Mein Hauptargument war und immer noch ist, das man keinen Nachbau eines Schiffes der zu mindest 95% vorhergehenden Nachbauten angepasst ist seine eigene Rekonstruktion nennt. MAYFLOWER Nachbauer nehmt es bitte nicht zu tragisch wenn ich bei meinem Standpunkt ein wenig "über Bord" ging.
ich möchte Ihnen unbedingt beipflichten. Ein Mensch verträgt in der Regel eine ganze Menge an Ungereimtheiten und dergleichen, doch irgendwann platzt einem dann doch der Kragen. Dass die Modellbaufirmen für einen gut gelungenen Baukasten immer den vermeintlich günstigen und vertretbaren Weg nehmen, braucht sicher nicht besonders hervorgehoben werden. Die Firmen, und sicher auch die, die einen solchen Baukasten entwerfen, möchten ja auch wenigstens ihre Unkosten und einen kleinen Gewinn nach Hause tragen. Sie haben in einer Zeit damit begonnen, Rekonstruktionen von historischen Schiffen zu entwerfen, als die meisten Menschen hier in Europa mit ganz anderen Dingen zu kämpfen hatten, nämlich den Dingen des täglichen Lebens. Die Archive und Sammlungen waren in der Regel nur wenigen Interessierten zugänglich. Die großen Museen waren sicher auch noch nicht so weit, ihre teilweise wertvollen Modelle, Zeichnungen usw. dem Bewunderer zugänglich zu machen. Das müssen wir uns heute bei der Beurteilung der damaligen Pläne immer vor Augen halten. H. Winter, R. Höckel und anderen erging es sicher ähnlich wie Ihnen. Sie alle wollten dem angehenden Modellbauer etwas an die Hand geben. Ich finde es gut, dass Sie Ihrem Herzen Luft verschaffen möchten und hier im Forum Stellung zu den Dingen beziehen, die Sie beschäftigen. Ich wünsche mir, dass Sie Ihre Zurückhaltung bezüglich des Forums etwas lockern. Wir können jeden Tag Neues entdecken und uns darüber austauschen. Noch vor Jahren war es undenkbar, sich in dieser Form auszutauschen.
Mit freundlichen Grüßen aus dem noch kühlen Emden Werner
Zitat von Lady Nelson im Beitrag #11..................................... Das ich die MAYFLOWER aufgriff war eigentlich nur weil sich der Schreiber etwas abwertend über den 1958 erschienenen Baukasten auslies und davon sprach das er eine genauere Rekonstruktion schuf. ........................................................ @Model Mariner .................................................In anderen Worten, wir wissen so gut wie NICHTS und wie dieses NICHTS individuell umgesetzt wird hängt davon ab ob dieses umgesetzte NICHTS einem vorhergehenden Versuch "wie aus dem Gesicht geschnitten" ist, oder eine andere Form angenommen hat. Nur das letztere kann man "good, bad or ugly" als eigenen Rekonstruktionsversuch bezeichnen. Aber das ist meine persönliche kritische Einstellung dazu die, wie mir bewusst ist, nicht von jedem geteilt wird. ...........................................................................................
Karl Heinz Marquardt
Wenn ich die Argumente in Herrn Marquardt's Posting lese, kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie in erster Linie eine Reaktion darauf sind, dass ich mich in meinem Baubericht - um seine Worte zu verwenden - über den 1958 erschienenen Baukasten „etwas abwertend ausließ“ und dass jemand zwar selbst nicht mit Kritik spart, selbst aber keine verträgt.
Dazu möchte ich zunächst einmal feststellen, dass es mir fern lag, die Arbeit Anderer abzuwerten und ich glaube auch nicht, dass ich das getan habe. Sollten meine Hinweise und Bemerkungen auf den / zum Graupner Baukasten in meinen Bauberichten (egal ob hier oder im lange vorher entstandenen Baubericht im MSW Forum) so aufgefasst werden, tut es mir leid und das war nicht meine Absicht. Bei MSW habe ich über den Graupner Plan sogar geschrieben: „the plans were well drawn“, diese Bemerkung ist allerdings bei der späteren Übersetzung für den Baubericht in diesem Forum unter den Tisch gefallen, sei sie hier nachgeholt.
Ich habe mich allerdings auch darüber geäußert, dass ich die Rumpfform (und damit ist nicht nur die Seitenansicht - mit dem bereits diskutiertem Verhältnis Kiellänge / Vorsteven - sondern in erster Linie der Spantriß gemeint) des Graupner Modells als „frei erfunden und nicht nach zeitgenössischen Konstruktionsmethoden konstruiert“ ansehe. Das sehe ich nicht als Abwertung, sondern als (meiner Meinung nach) berechtigte Kritik. Zur fraglichen Rumpf- bzw. Spantform ließe sich hier noch viel ausführen, das Thema möchte ich hier nicht überbeanspruchen. Sollte Herr Marquardt der Meinung sein, dass diese meine Ansicht falsch ist, steht es ihm ja frei, hier genau darzustellen, wie und warum dieser Rumpf so konstruiert wurde.
"Rekonstruktion ist der Vorgang des neuerlichen Erstellens oder Nachvollziehens von etwas mehr oder weniger nicht mehr Existierendem oder Unbekanntem, beispielsweise eines verloren gegangenen Werkes der Musik, Literatur oder Kunst, eines zerstörten Gebäudes, eines Tathergangs oder eines Datenbestandes. Die Rekonstruktion ist nicht nur der Vorgang, sondern auch sein Ergebnis."
Ich denke, das ist es, was ich gemacht habe, ich habe etwas nicht mehr Existierendes / Unbekanntes neuerlich erstellt bzw. nachvollzogen (re-konstruiert).
Zitat von Lady Nelson im Beitrag #11 .................... Ich kann jedoch nicht erkennen wie jemand die MAYFLOWER als seine Rekonstruktion beschreibt, wenn er nicht ein völlig unterschiedliches Modell vorstellt. Ein Modell das nicht offensichtlich von vorherigen Konstruktionen abweicht kann kein Versuch einer eigenen Rekonstruktion sein, in der gleichen Weise wie ein Buch, das nur ein wenig im Wortlaut geändert wird, ein neues Buch ist. Aber wie gesagt, das ist meine Ansicht. ..................... .............................. Mein Hauptargument war und immer noch ist, das man keinen Nachbau eines Schiffes der zu mindest 95% vorhergehenden Nachbauten angepasst ist seine eigene Rekonstruktion nennt. .
Karl Heinz Marquardt
Diesem Argument kann ich nicht ganz folgen. Wenn ein Entwurf vorliegt, der in vielen Punkten nicht unrichtig scheint, sehe ich keinen Grund diesen komplett umzustoßen (das sehe ich im Hinblick auf die im Vergleich zur Andersson Rekonstruktion annähernd gleichen Dimensionen und die Anordnung der Geschützpforten gegeben), sonst habe ich eigentlich nichts von Andersson übernommen (und schon gar nicht von der Graupner Mayflower). Bei der Takelage werde ich mich allerdings schon an Andersson's Buch halten. Wie schon angeführt, habe ich bisher keine Kopie des Plans von Andersson finden können, damit konnte ich dessen Spantriss weder kopieren noch mit meinem vergleichen.
Die oben angeführten „95%“ habe ich hier in ein Bild umgesetzt, es scheinen doch nicht ganz 95 %zu sein ;) . Dazu ist zu sagen, dass für das Bild der Umriss der Graupner Mayflower auf annähernd die Rumpfänge meines Modells vergrößert wurde, bei gleichem Maßstab wäre auch ein erheblicher Größenunterschied sichtbar.
Die Rumpform meines Modells ist rein durch Konstruktion nach den in der Treatise on Shipbuilding beschriebenen Methode entstanden und damit hat sich eben ein Rumpf ergeben, der in der Seitenansicht dem Andersson Modell wesentlich ähnlicher ist als dem Graupner Modell. Ob die Spant- und Wasserlinienrisse der Andersson Rekonstruktion ähneln oder nicht, kann ich nicht sagen, ich bezweifle aber stark, dass hier eine Übereinstimmung von 95 % oder mehr gegeben ist.
Wenn man das Argument gelten lässt, dass ein Modell vollkommen unterschiedlich als die vorher von Anderen vorgestellten Modelle aussehen muss, um als Rekonstruktion gelten zu können, dann müsste man allerdings auch Martinez Hidalgo und W. Mondfeld / Peter Holz für die von ihnen veröffentlichten Karavellenenwürfe Nina und Pinta das Recht aberkennen, von Rekonstruktionen zu sprechen (als nur zwei von vielen Beispielen), schließlich gab es vorher auch schon sehr ähnlich aussehende Entwürfe.
Abschließend möcht ich noch einmal festhalten, dass ich nie behauptet habe, dass mein Entwurf dem Aussehen der Original Mayflower näher kommt als andere Mayflower Rekonstruktionen oder Modelle und wiederholen was ich in der Einleitung zu meinem Bericht unter "Recherche" geschrieben habe:
Es gibt weder Originalpläne noch zeitgenössische Gemälde der Mayflower noch Angaben über die Abmessungen, das einzige was bekannt ist, ist dass sie eine Tonnage von ca. 180 Tonnen hatte. Man kann damit nur ein Schiff rekonstruieren, von dem man sagen kann: „ so ähnlich könnte es ausgesehen haben.
Eigentlich wollte ich mich zum Brief von Herrn Marquardt nicht äußern. Aber ganz in Ruhe gelassen hat mich das Thema nicht, zumal ich durch meinen Bau der Endeavour schon doch etwas betroffen bin. Wahrlich kann ich mich nicht als Experte im Schiffsmodellbau aus Holz äußern, sondern ich bin da ein blutiger Anfänger, auch wenn ich allgemein den Modellbau in mehreren Sparten schon lebenslang und manchmal über alles Maß betreibe. Die Äußerungen von Hernn Marquardt kann ich nicht nachvollziehen und finde sie teilweise bezogen auf die heutige Zeit unüberlegt. Ich kann mich nur wundern, dass es so viele Firmen gibt, die noch Bausätze herstellen. Diejenigen, die noch den Modellbau betreiben nehmen doch immer mehr ab. Welcher Jugendliche, ich hatte mit vielen zu tun, widmet sich in seiner Freizeit denn solchen Themen. Die Neuzeit hat doch eine Menge an anderen Beschäftigungen hervorgebracht. Im ganzen Sektor des Modellbaus ist ein Abbau zu verzeichenn. Nehmen wir mal als Beispiel die früher weit verbreitete Modellbahn. Hier geht doch der Reihe nach eine Firma nach der anderen in Insolvenz. Die Bausatzfirmen, ob es einen gefällt oder nicht, müssen doch auch auf die Wirtschaftlichkeit achten. Dann werden eben Normteile verwendet und viele Abstriche an Maßstäblichkeit und Genauigkeit gemacht. Ich hätte mir auch von meinem Bausatz der Firma Artesania Latina authentischere Vorlagen gewünscht. Bei den Preisen kann ich nicht mehr verlangen. Wenn den Konstrukteuren freie Hand gelassen wird, dann kostet ein Bausatz eben über 1000 Euro. Und wer kauft dann noch? Wenn an einem Bausatz die Genauigkeit nicht stimmt, ist dann eben der Modellbauer gefragt. Das ist doch nun wirklich kein Problem, Teile die den Anforderungen nicht genügen selbst zu fertigen. Außerdem war niemand von uns beim Bau von historischen Schiffen mit dabei und kann dann beurteilen, wo der Fehler im Bausatz liegt. Es hilft nichts über die Gegenwart zu schimpfen, sondern man muss das Beste draus machen und die Welt nicht so verbissen zu sehen. Volkmar Kunze
Ich habe 1959 oder 1960 solch einen Baukasten der Graupner-Bauplan Mayflower AD 1620 mit 3 Bogen und illustrierter Anleitung deutsch/englisch, mit Ihrer Signatur am Plan vom 24.5.1958, seinerzeit erworben. Durch meine Übersiedlung ein Jahr darauf, ging die illustrierte Anleitung verloren. Beim ausräumen eines Archives sind mir jedoch die Pläne der Mayflower wieder in die Hand gekommen. Jetzt möchte ich meinen damaligen Jugendtraum in der Pension verwirklichen. Meine Frage: Kann man noch an die illustrierten Anleitungen kommen? Das wäre wunderbar. Herzliche Grüße aus Innsbruck. Homebastler.