Eilmeldung: Das @dafi wagt den Blick übern Tellerrand!
Beim Besuch einer der bekanntesten Schiffswerften in Berlin-Köpenick inspizierte Dr. Dr. vic dafi den Bau verschiedener Schiffsmodelle aus der Ära des Age of Sail. Darüber hinaus gab es einen regen Erfahrungsaustausch mit den anwesenden Werftmeister*innen Jessica R. und Barrett B.
@Morgan aus dem MSW hat als guter Forensiker mich auf ein kleines Detail des großen turnerschen Schlachtengemäldes hingewiesen. Unter dem Focksegel hat er die Ankerscheuer entdeckt.
Bei Durchsuchen der turnerschen Skibbles hat er auch an dieser Stelle einen Strich gefunden, der sich als die Konsole der weggeschossenen Ankerscheuer deuten lässt.
Bei der fast zeitgleichen Queen Charlotte sieht man, wie das Ding ausgesehen haben könnte, auch sie hat die hochgesetzten Rüsten. Zwar stimmt die Perspektivzeichnung nicht ganz, aber ich denke es sollte als Muster passen :-)
Zuerst den Rahmen eingesetzt ...
... dann gemerkt, dass ja unten die Konsole hin muss. Eine meiner Treppenstufen genommen, die Länge passte zufällig genau ...
... aber bei der Montage Schiffbruch erlitten.
Die Ersatzkonsole war leider falsch rum gebogen, was hilft? Natürlich abwarten und Tee trinken. Und währenddessen das Resin reinhängen bis es biegsam wird und in der neuen Form erkalten lassen.
Nach der Montage merken, dass die nicht sauber anliegt.
Grrrr. Farbe hat auch nicht geholfen.
Also nochmals runter ...
... und neu.
Die Scheuer dient ja dazu, dass der Anker die Bordwand nicht beschädigt und auch die Rüsteisen in Ruhe lässt. Auch wenn ich meine, dass eine gute Crew den Anker hochbekommen sollte, ohne anzudetschen, wollte ich zur Erklärung einige Riefen reinmachen. Doch wo saßen diese? Deshalb einen Ersatzanker genommen und den Weg mal aufgezeichnet. Wegen des Ankerstocks zeigt die Fluke nämlich immer in Richtung Bordwand und die Scheuer waren einfach einige Bretter, die regelmäßig und leicht zu ersetzen waren :-)
Doch wie sehen solche Schrabbelspuren aus? Es ist kein Stahlrumpf, an dem es saubere kreisförmige Schleifspuren gibt. Deswegen optiere ich auf horizontale Absplitterungen an den Bretterkanten und Lackabplatzer. Es war ein langer Weg dorthin. Farbton unter der Farbe ist silbergrau, so wie exponiertes Eichenholz halt aussieht.
Erst nachdem etwas Tusche die Spalte hervorhebt kam es in eine mir passende Richtung.
Dann noch viel künstlerische Freiheit und ich konnte auch das Pfortenreep wieder installieren.
Die schrammen sind der Hammer! Sehen sehr real aus!! da stimme ich wefalck direkt mit zu
toller bau und klasse Bericht!
Eine Frage zur Position: auf dem Gemälden und Zeichnungen im Bericht scheint er mir weiter oben zu sitzen, und so gibt es dann auch keinen Konflikt mit dem Pfortenreep. Meine dessen Durchführung durch die Bretter. Sitzt deine extra so tief, oder sind die Zeichnungen einfach ungenau?
Zitat von der Captain im Beitrag #2437Die schrammen sind der Hammer! Sehen sehr real aus!! da stimme ich wefalck direkt mit zu
toller bau und klasse Bericht!
Eine Frage zur Position: auf dem Gemälden und Zeichnungen im Bericht scheint er mir weiter oben zu sitzen, und so gibt es dann auch keinen Konflikt mit dem Pfortenreep. Meine dessen Durchführung durch die Bretter. Sitzt deine extra so tief, oder sind die Zeichnungen einfach ungenau?
Ja, dass weiss ich, meinte nur: deine Version ist ziemlich breiter als die 1765-er, und auch als die Charlotte. In beiden ist das Brett kaum breiter als ein Geschutzpforte. Deine version ist fast doppelt so breit. In beiden liegt die untere Konsole auf die hoehe der Bolzen der puttingeissen. Deine version liegt ziemlich weit darunten. Ich weiss: so lange es funktioniert ist es gut, aber die kleinere Versionen sehen besser aus .....
Und es sieht aus wie hier: IMG_0989.JPG - Bild entfernt (keine Rechte) Flach, und die Pfortendeckel darunter kann nicht ganz geofnet werden.
Das von dir gezeigte Bild und die von mir oben gezeigte Version sind recht ähnlich. Die Breite ist bei beiden der Standard über die ersten 3 durchgehenden Eisen. Für die Höhe habe ich beide Varianten gefunden, die mit Höhe nur bis zum ersten Bolzen und die längere bis zum unteren Bolzen, wie auf deinem Bild auch. Die Scheuer war ja konstruktiv nicht mit den Rüsteisen verbunden und kann entsprechend beide Varianten haben, einmal parallel und nah zu den Eisen oder mit mehr Abstand.
Lieber Gruß, Daniel
PS: Die Pforten sind in der Realität gar nicht so weit zu öffnen wie in diesem - und in vielen anderen - Modellen zu sehen. Der Öffnungswinkel kann nach meinem technischen Verständnis gar nicht über die Höhe des Auslasses der Pfortenreeps hinausgehen .-)
Wie immer hervorragend recherchiert und bewundernswert ausgeführt. Nun die Frage vom Doofie: ist so eine Ankerscheuer Standardausrüstung für alle (britischen) Schiffe Ende 18. / Anfang 19.?
Ich hätte darauf getippt. Ist auch auf vielen Modellen, Zeichnungen und Gemälden zu finden. Da die Konstruktion aber "auf Abrieb" konzipiert war, wird sie meist in offiziellen Plänen nicht gezeigt. Inwieweit sie auch ständig gefahren wurde weiß ich auch nicht, da eine schwere See das "Brettle" wahrscheinlich schnell entsorgen konnte. Evtl wurde sie auch zeitweilig demontiert?
Ein Detail viel mir dabei noch auf: Der Teil, der die Rüsten abdeckt, liegt ja auf der Konsole auf. Diese erstreckt sich aber auch bis unter die angrenzenden Stückpforten, als ob dort die Möglichkeit gegeben wäre, den schrägen Teil der Scheuer kurzfristig erweitern zu können. Sieht man auf Jans Bild oben recht schön :-)
Auch auf der Zeichnung der Queen Charlotte sieht man das, die Konsole geht komplett unter der vorderen Stückpforte durch.
Zitat von dafi im Beitrag #2442Der Öffnungswinkel kann nach meinem technischen Verständnis gar nicht über die Höhe des Auslasses der Pfortenreeps hinausgehen .-)
Stimmt das? Solange das Reep sich bei Öffnungsbewegung des Pfortendeckels zwischen Befestigungsring am Pfortendeckel und Auslass am Rumpf verkürzt wohl schon. D.h. erst wenn Befestigungsring, Auslasspunkt und Scharnier auf einer Linie liegen - Pforte geschlossen oder senkrecht auf - ist Schluß. Eine andere Frage ist die erforderliche Kraft am Reep in unmittelbarer Nähe dieser zwei Stellungen. Ich habe mal irgendwo gelesen, daß ein geschlossener Pfortendeckel zum Öffnen erstmal angestoßen wurde.