Ich fange mal klein an. D.h., ich fange an, als ich ein kleiner Junge war. Mein Vater brachte mir etwas mit, das er wahrscheinlich nicht für mich gekauft hatte. Es war schwer und in der Lage, einen kleinen Jungen für sich zu interessieren. Und vielleicht hat es auch an seinem Gewicht gelegen, dass das Teil mir nicht abhandengekommen ist und mich seit über 60 Jahren begleitet. Es ist neben einem Steiff Tier mein ältester Besitz
Kenner der Materie wissen jetzt Bescheid. Das ist ein großformatiges Modell einer 24 Pfund Kanone der Vasa. Etliche Details stimmen: die Proportionen, das Wappen, die Signatur des Königs und die Jahreszahl 1626. Auch die Lafette ist aus Metall gegossen.
Etliche Jahre später sah ich ein ähnliches Exemplar auf eBay, das Rohr wahrscheinlich aus derselben Form (oder nach demselben Urmodell) gegossen, aber mit einer Holzlafette mit ähnlichen Metallteilen als Beschlägen.
Der Kontakt mit dem Käufer ergab folgendes: Das Modell stammt aus einer Gießerei in der Nähe meiner Heimatstadt. In deren Belegschaft muss Anfang der sechziger Jahre jemand gewesen sein, den die Auffindung und Hebung der Vasa in Stockholm begeistert hat und der in der Lage war, einen so hochwertigen Nachbau einer Kanone herzustellen. Damals waren drei Kanonen der Vasa geborgen worden, während die übrigen ca. 60 schon im 17. Jahrhundert gehoben und irgendwann wahrscheinlich eingeschmolzen wurden. Wahrscheinlich wurden ein paar Dutzend Exemplare in der Gießerei hergestellt und als Werbemittel verteilt. Mein Vater arbeitete damals in leitender Position in einer großen Maschinenfabrik. So wird das Modell in seine dann in meine Hände gekommen sein. Ich habe ihn nicht danach fragen können. Als ich das zweite Modell mit der Holzlafette erwarb, war er schon seit geraumer Zeit tot. Warum erzähle ich das alles? Das Modell hat irgendwann mein Interesse am Originalschiff geweckt, und seitdem verfolge ich (wie sehr viele Menschen auf der Welt) dessen Schicksal. Am letzten Wochenende nun habe ich mir einen lange gehegten und zum Schluss von Corona geschredderten Traum erfüllt und bin in Stockholm gewesen, um das dortige Vasa-Museum zu besuchen. Mein kurzer Kommentar dazu: Man muss vielleicht nicht nach Paris fahren, um sich einen Eindruck von der Mona Lisa zu machen. Aber Tausende Fotos der Vasa im Netz können nicht ansatzweise vermitteln, welche Aura vom Original ausgeht. Fotos gegenüber ist man immer der große Betrachter. Dem Original der Vasa gegenüber ist man selbst das Objekt der Wirkung, die von ihm ausgeht. Ich hatte eigentlich für mich selbst abgehakt, ein Plastikmodell der Vasa zu bauen. Gerade entstehen hier im Forum drei Exemplare, denen ich nichts „Individuelles“ würde hinzufügen können. Aber noch im Museum hat mich die Frage gepackt, ob nicht ein Nachbau im Ist-Zustand etwas wäre, dass mich interessieren und locken könnte? Und was ist dieser Ist-Zustand? 98 % des Schiffes sind, so heißt es, original. Manches ist ergänzt worden, und das kann man erkennen: etwa der Ersatz für das Oberdeck, das bei frühen Hebungsversuchen zerstört wurde, einige Planken im Heckbereich. Sie unterscheiden sich in Farbe, insbesondere aber durch ihre Glätte von den Originalteilen, denn die haben durch den Verwitterungsprozess etwa 1 bis 2 cm ihrer Außenhaut verloren. Der gesamte Rumpf wirkt wie die Haut eines gigantischen Drachens aus einem Fantasy Film: schwärzlich. fleckig, schrundig, dicht an dicht gesprenkelt mit den Spuren Tausender Bolzen, die zuerst weggerostet waren und dann zweimal durch moderne Materialien ersetzt wurden. Die Farbe des Rumpfes ist schwer zu bestimmen, zumal im Museum aus konservatorischen Gründen gedämpftes Licht herrschte. Fotos in anderer Beleuchtung zeigten statt des schlierigen Schwarz ein sattes Braun. Und nun die große Frage: Kann man ein Plastikmodell im Maßstab 1:150 so herrichten, dass es diesen Eindruck wiedergibt? Was wäre dann zu tun? Ich freue mich über Kommentare und Anregungen. Schmidt
Aus LIDAR-Scans mit enstsprechender Auflösung könnte man eine Druckdatei entwickeln, die die Oberflächenstrukturen im Millimeterbereich wiedergibt. Keine Ahnung, ob so etwas mit der VASA schon einmal gemacht wurde.
LIDAR: https://de.wikipedia.org/wiki/Lidar. Inzwischen haben sogar schon Immobilienmakler solche Systeme, die für etwa 3000€ zu haben sind, um (zusammen mit darübergelegten Photographien) rasch ein 3D-Modell einer Wohnung herzustellen, da man durchwandern kann.
Schöne Geschichte, gute Idee, aaaaber..... Ein wirklich vorbildnaher Nachbau wäre m.E.n. extrem anspruchsvoll. Die Asymmetrie des Schiffes insgesamt, die keinem Verlegemuster folgenden Planken, die Verwitterung...Junge, Junge, das ist schwierig und dann auch noch in 1:150...
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
Ich bin selbst ja vorletztes Jahr dort gewesen und kann nur bestätigen: vor so einem Schiff zu stehen ist etwas ganz anderes als Fotos davon zu sehen. Was den Nachbau des Istzustandes angeht: interessantes Projekt, nur zu!
Mit entsprechender Software kann man mit dem aktuellen IPhone bzw. IPad Pro solche Scans in erstaunlicher Genauigkeit erstellen.
Gruß Christian
in der Werft: Cutter Alert, 1777, HM Sloop Fly, 1776 - 1:36 auf dem Zeichenbrett: Cutter Alert, 1777, HM Sloop Fly, 1776, HM Fireship Comet, 1783, HM Boomb Vessel Aetna, 1777
Pause: HMS Triton, 1771 - 1:48
"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen." "Habe keine Angst vor der Perfektion - Du wirst sie nie erreichen" Salvador Dali
PS: Was du beschreibst kenn ich. Ich stand davor und hatte sofort einige Tränchen in den Augen - ÜBERWÄLTIGEND!
XXXDAn
So wie @dafi ging es mir auch. In der DDR mit dem kleinen Büchlein von Günter Lanitzki aufgewachsen, hätte ich mir nie träumen lassen, als 50jähriger selbst einmal davor zu stehen. Wenn sich einem nach dem engen Eingang die Halle eröffnet und über einem das große, fast schwarze Schiff erscheint ist man schlicht umgehauen.
Die Idee, den Ist-Zustand zu modellieren finde ich richtig innovativ. Aber wenn dann richtig, so wie @Willi es schreibt: mit Unsymmetrie und dem Plankenpuzzle. Bei dem Baubericht säße ich sofort in der ersten Reihe. Mach et Otze!
das zweite Kanonenmodell habe ich auch als dauernde Leihgabe von einem sehr guten Freund und Studienkollegen bekommen. Kurz darauf ist er tragisch ums Leben gekommen. So ist mir diese Kanone eine dauernde Erinnerung an diesen für immer jugendlichen Freund. Er hat sie damals im Souveniershop der Vasa erworben.
Die hatten eigentlich schon immer auch sehr hochwertige Dinge im Angebot. ich war ja oft dort und es gab dort immer ganz fantastische Souvenierartikel - So z.B die Passgläser, die Zinnflaschen, eine Faksimileversion des Gedda-Ostsee-Atlasses.
Wie wäre es, ein Foto des Vasa-Museums in der Jetztzeit mit Besuchern und dem farbigen 1:10 Modell im Vordergrund als Architekturmodell umzusetzen?
Das ganze VasaMuseum mit einem Aufschnitt wie in der Zeichnung aus Lanitzkys Buch dürfte zu groß werden aber es reicht ja auch ein Stück der Halle mit Besuchern . Ein Teil des Drydocks mit der Vasa.
Am Fuß des Drydocks liegt ja der Rumpf des Großbootes, welches bei der Vasa gefunden wurde . Oben drüber dann das farbige 1:10 Modell (z. B. als verkleinertes Kartonmodell)?
Wünsche auf jeden Fall viel Erfolg, Burkhard!
Viele Grüße Alexander
Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten. (Katharina von Siena)
@Foxtrott Da muss ich doch einmal nachhaken! Dein verstorbener Freund hat dieses Modell tatsächlich im Museum in Stockholm erworben? Das würde ja bedeuten, dass die von mir erwähnte Gießerei in der Nähe meiner Heimatstadt tatsächlich für das Vasa-Museum produziert hat! Kannst du rekonstruieren, wann das Modell gekauft wurde. Vielen Dank für eine Antwort. Schmidt
@Foxtrott Es gab tatsächlich eine schwedische Gießerei, die sich auf diese und ähnliche maritime Merchs spezialisiert hatte. Meine Wasa-Kanone hatte ich aber 1992 in Karlskrona gekauft - Verpackungskarton ist noch erhalten. Am Ende der Reise mit viel zu wenig Geld - dafür wurde auch am Essen gespart! All die Verkaufsprospekte hatte ich bis vor kurzem aufgehoben und erst jetzt nach Platzproblemen in die Ablage "rund" gegeben. Die Gießerei zog, in der Hoffnung auf Kosteneinsparung, in die Provinz ging dann aber trotzdem pleite. Die Lafette ist bei mir aber viel einfacher gestaltet. Ich schreibe aber aus einem anderen Grund: Auf Internet-Seiten [https://www.facebook.com/groups/77843445...210413/?__cft__[0]=AZXqKlFJ6lC70-UWNj5-pnZftwjyqLj7tbAP5nLlCdKEaKCLpddgcm11BEuIXV5Skdog-wSLN9VpFMpuqqEXgxlShvpKeoC0la1kNh3sbIy60n-knZ8F6_JHS1EfnDOmn_pZXYbaVwU6NrnQvvAE3fi_tdTlLSRzWO0p4bNw7oINlw&__tn__=%2CO%2CP-R] ; [https://www.flaggskeppet.com/en/marine-d...-cannon-vasa-29] kann man sogar für ein klitzekleines Handgeld eine funktionierende Salutgun erwerben. Witzigerweise scheint es eine Nachfolgefirma der ursprünglichen Firma zu sein? Also ich hatte damals einen ganz anderen Preis bezahlt - hab ich da ein Schätzchen mit überragender Wertsteigerung?!