hier meine zweite Amtshandlung als Neuzugang: habe erst kürzlich diesen Baubericht von Ab Hoving auf Papermodelers entdeckt. Da für mich dieser Schiffstyp immer ein kleineres Mysterium war, war ich recht angetan davon, Infos von einem anerkannten Fachmann darüber zu erhalten.
ein Modell eines Vliebbots habe ich im letzten Jahr mal in Sneek (NL) gesehen. ich kann mich an kein anderes modell dieses Schiffstypes erinnern. Es ist in der Bildersammlung unten, in der dritten Reihe von oben rechts zu sehen:
Da ich auch sehr gerne mit diesem Werkstoff arbeite war der Beitrag eine Fundgrube guter Ideen. Das fertige Modell ist von einem »echten« Modell aus Holz kaum unterscheidbar.
Es gibt mehrere, vergrößerbare Fotos zu dem Modell. Wenn man die Vergrößerung aktiviert, erscheinen unten links Pfeile mit denen ein weiteres Modellbild zu sehen ist. Es wird hier auch »Oologjacht« genannt. Interessant unter anderem die beiden Stückpforten direkt beidseits des Vorstevens!
vielen Dank für das Bild. Ich hatte schon irgendwie die Ahnung, daß das Vlieboot kein fest definierter Typ ist (in Bezug auf Takelung und Rumpf), sondern offenbar einfach ein kleines, für die flachen niederländischen Gewässer geeignetes Fahrzeug. Dieses Modell könnte von den Darstellungen der Wandteppiche im Zeeuws Museum in Middelburg inspiriert sein:
In irgendeiner Publikation (ich glaube "Zeemacht in Holland und Zeeland in de zestiende eeuw" oder so ähnlich) nennt Peter Sigmond solche Typen "Boeiers" (Bojer), wenn ich mich recht erinnere. Ich glaube Hoving hat auf Papermodelers den von ihm vorgestellten Vlieboot-Typ "Buis" (=Büse?) genannt.
Gerade in Bezug auf die Bugbewaffnung von einem der Bojers oder Vlieboote aus dem Bergen op Zoom Wandteppich hätte ich übrigens eine Frage, auf die du oder jemand anders vielleicht eine Antwort weiß (ich wage es mal, ein Detail daraus einzustellen; es ist nur ein kleiner Ausschnitt, mit dem nach bestem Wissen und Gewissen niemand was Unrechtes anfangen kann):
Bergen op Zoom 02.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Sieht es nur so aus, oder ragen hier wirklich 3 Geschützrohre steuerbords des Stevens übereinander aus dem Bug? Mit zweien könnte ich noch leben, aber 3 übereinander, bei so einem kleinen Fahrzeug? Und warum sind es nur steuerbords 3 und backbords nur 1 Geschütz? Immerhin war der Designer der Vorlagen für die Teppiche kein Geringerer als Vroom. Der mußte eigentlich wissen, was möglich ist oder nicht, auch wenn er die Vorlagen lange nach den dargestellten Ereignissen entworfen hat.
Grüße, Hartmut
P.S. Ich bin übrigens auch AK Mitglied (seit 2015) und das Heft mit Hovings Beitrag hab ich auch.
Ich hab nochmal nachgeschlagen bei Katie Heyning: The Zeeland Tapestries. Middelburg 2007, bzw. in meinen Aufzeichnungen daraus. Bei diesen Wandteppichen war der Produktionsprozeß 3-fach verschachtelt, soll heißen, es gab den Entwerfer (Vroom bei den meisten), dann einen Maler, der die Entwürfe in einen Karton (direkte Vorlage für den Teppichweber) übersetzt hat und dann schließlich den Weber. Im Falle eines anderen berühmten Wandteppichs (dem, der die Eroberung von Tunis durch Kaiser Karl V. darstellt), waren Entwerfer und Kartonmaler identisch (Jan Cornelisz Vermeyen, unterstützt durch Assistenten). Es könnte ja durchaus eine Quelle für Irrtümer und Fehler darstellen, wenn Entwerfer und Kartonmaler nicht diesselbe Person sind und so könnte eine sich auf 3 Etagen türmende Bugartillerie bei einem Vlieboot dabei herausgekommen sein. Aber so richtig befriedigt mich eine solche Erklärung auch nicht, denn immerhin waren die niederländischen Maler nun wirklich Spezialisten auf dem Gebiet der exakten Darstellung, so daß ich mir nur schwer vorstellen kann, daß sie etwas Unmögliches dargestellt hätten. So gehe ich also fürs erste davon aus, daß ich das falsch deute oder daß es wirklich so war.
... dann mach doch bitte weiter , Werner , @Werner . Dein Wissen und Dein Einsatz wird hier sehr geschätzt . Deine Rekonstruktion eines Vliebootes und auch die Eendracht warten auf Fortführung .
Oha, da wird sogar die Halve Maen zu den Vliebooten gezählt (im Beitrag von Benjamin Raule, im obengenannten Link enthalten - bin leider unfähig, ihn als Zitat einzubinden). Jetzt wird's spannend. Insgesamt gewinnt man aber eher wieder den Eindruck, als sei das Vlieboot doch ein festgelegter Typ, zumindest in Bezug auf die Takelung: 3 Masten mit Rahsegeln an den beiden vorderen und Latein am Besanmast.
Ein Bezug auf den geringen Tiefgang der Fahrzeuge würde am meisten Sinn machen. Im Englischen nennt man sie "Flyboat", was aber wahrscheinlich nichts mit Fliegen (also Schnelligkeit) zu tun hat. Man könnte ja einfach mal Ab Hoving (auf Papermodelers) konsultieren, aber ich schrecke doch eher davor zurück, einen Baubericht zu sehr für eigene Fragen zu mißbrauchen.
Flachboot eher weniger. Flach = platt. Flyboat halte ich eher für wahrscheinlich. Fliegen = vliegen. Vielleicht ist Vlieboot eine alte Schreibweise, Jan @amateur ?
Wahrscheinlich kommen unsere niederländischen Kollegen heute Nacht vor lachen ob der Übersetzungsversuche kaum in den Schlaf...
Ich zitiere mal aus dem Baubericht von Ab Hoving [s.o. Papermodelers]. Über die Bedeutung des Wortes "Vlieboot" sagt er zwar nichts, aber anscheinend ist es schon eher der Typ, der auch hier von Werner vorgestellt wird:
"They were vlieboats, vessels about 80 feet long, three masts and even carrying some guns."
[Das hieße, daß die 2 bzw. 1 ½ Master des Bergen op Zoom Wandteppichs im Zeeuws Museum demnach doch keine Vlieboote sind.]
"I had access to some original specification contracts dated 1594, the legal description of what the ship should look like, the agreement between the commissioner and the shipbuilder. But that alone is not enough to build a model.
It was only last year that I spotted a small painting owned by a friend and art-collector, painted by Cornelis Claeszn. van Wieringen (1577-1633) picturing a vlieboot with so many details that a model might be possible."
[Um das Bild zu betrachten, muß man sich bei Papermodelers anmelden, ein Link (Bildadresse) nutz hier also nix. Ich hab das Bild zwar abgespeichert, kann es hier aber wegen des Urheberrechts natürlich nicht einstellen. Der Link zum Baubericht ist ganz oben zu finden.]