Es ist nur sehr wenig über Vlieboote bekannt. Wikipedia definiert sie als Küstensegler mit geringem Tiefgang. Der Name leitet sich von dem Wort Vlie ab. Dieses Vlie ist eine tiefere Stelle im Wattenmeer zwischen den Inseln Vlieland und Terschelling. Hier konnten entsprechend gebaute Plattbodenschiffe vom Ijsselmeer in die Nordsee gelangen. Dieser Schiffstyp wurde von 1592 bis kurz nach 1600 auch im Auftrag der niederländischen Marine gebaut, also nur für eine kurze Zeit. Die Marinebehörde schloss Bauverträge mit Schiffsbaumeistern. Diese Bestecke konnte Werner Ulrich im Zeeuws Archief in Middelburg, NL sichten und auswerten. Auf Grundlage dieses Archivmaterials schrieb W. Ulrich das Buch "Das Vlieboot" in der Reihe Quellenstudien zur Schiffsbaugeschichte und stellte die Entwicklung und Konstruktion dieses niederländischen Schiffstyps dar. Den Beginn der niederländischen Flotte setzt man auf das Jahr 1589. Beim Flottenbau wurden kleinere Einheiten bevorzugt. Sie ließen sich schnell und kostengünstig herstellen. Zudem waren sie im Unterhalt billiger. Diese Segler sollten sich nicht von gewöhnlichen Handelsschiffen unterscheiden. Es waren Dreimaster ohne Aufbauten und Marse. Ihre Länge zwischen den Steven betrug ursprünglich 69 Fuß und wuchs dann bis auf 100 Fuß an. Hatten die ersten Vlieboote nurmehr ein durchgehendes Deck, wurde später ein Halbdeck und eine Back gewünscht. Die Boote ab 1593 erhielten achtern und vorn Kastelle um Entermannschaften aus erhöhter Position bekämpfen zu können. Das Rundgattschiff erhielt einen oberen Spiegel und vielleicht auch ein Plattgatt. Der Höhepunkt des staatlich unterstützten Vliebootbau war im Jahr 1594. In diesem Jahr entstanden 12 Kriegsfahrzeuge. Entwicklungsmäßig war das Maximum für ein so kleines Fahrzeug erreicht und in den folgenden Jahren gab es keine Änderungen mehr. Nach 1600 verlor die Marine das Interesse an diesen kleinen Seglern. Neben den von der Marine in Auftrag gegebenen Vliebooten wurden viele weitere Fahrzeuge für die Handelsschifffahrt gebaut. Auch in England verbreitete sich dieser Schiffstyp und wurde Flyboat genannt. Eine Reihe von Entdeckungsfahrten wurden nachweislich von Vlie/Fly Booten ausgeführt, da sie sich für die Erkundungen in Mündungsbereichen und beschränktem Seeraum eigneten. So sollte Henry Hudson, der im Dienst der niederländischen VOC einen nördlichen Seeweg nach Asien suchte, ursprünglich eine Vlieboot führen. Er bekam dann aber die verwandte Jagt "Halve Maen" zugewiesen. Das kleinste Schiff der Jamestown Flotte (1606/07) war die nur 12 Meter lange "Discovery", ein Flyboat. Während die Galeone "Susan Constant" und die "Godspeed" nach der Ausschiffung der Kolonisten nach England zurücksegelten, blieb die "Discovery" in der Chesapeake Bucht. Sie führte Erkundigungsunternehmungen durch, wobei grundlegende Karten erstellt wurden. Mehrere Fahrten fanden statt um die Nahrungsmittelkrise in der Kolonie zu mindern. 1610 soll Henry Hudson das Schiff in die Arctic geführt haben. Seine Besatzung meutete und setzte den rastlosen Entdecker, seinen Sohn und 7 loyale Seemänner im Beiboot aus. Das war ihr Ende. Diese "Discovery" soll aber ca. 55 Tonnen verdrängt haben und war vermutlich ein anderes Schiff. Gewiss war der Name "Discovery" in dieser Zeit der Expansion recht häufig. Ich beabsichtige ein segelfähiges Modell von einem Vlieboot nach den Rissen von Werner Ulrich zu bauen.
Hallo Klaus, ich bin noch nicht tief genug in der Materie. Das soll Werner entscheiden. Mein Eindruck: 1. Das Modell verfügt über ein Sprietsegel am Großmast. Es sollte eigentlich Rahsegel führen. 2. Beim Vlieboot steht der Großmast gemeinhin 1en Fuß hinter der Mitte. Hier ist der Mast (wie bei Sprietseglern üblich und notwendig) zu weit vorne. 3. Das Model verfügt über ein Orlogdeck mit Geschützen. Das ist ungewöhnlich für Vlieboote. 4. Es ist nicht erkennbar, ob das Modell ein Rund- oder Plattgat hat. Vlieboote hatten gewöhnlich ein Rundgat. 5. Es passt nicht zu den Bestecken, die die Marine 1592 bis 98 in Auftrag gegeben hat. Natürlich könnte es sich um ein Kapererschiff handeln. 6. Der Modellbauer hat sich vermutlich von diesen auf dem Wandteppich dargestellten Kleinschiffen inspirieren lassen. Sie sind mit Sprietsegeln ausgestattet und könnten ein tieferliegendes Geschützdeck innehaben.
P1250368.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Tatsächlich ist es so, dass selbst in den Niederlanden keine beschreibende Literatur zu Vliebooten vorhanden ist. Werner Ulrichs quellengestütztes Buch ist das erste und einzige Werk zu Vliebooten.
Gruß Jörg
Egal wie leer du im Kopf bist, es gibt Menschen, die sind Lehrer!
Der Wandteppich in Beitrag # 7 befindet sich im Zeeuws Museum in Middelburg, NL. Er ist wohl um 1604 entstanden und glorifiziert den Unabhängigkeitskampf der Niederländer auf See um 1570. Wir lernen dort, dass nicht die Niederländer allgemein, sondern die Zeeländer die Spanier vertrieben haben. Jan hat das Modell aus dem Arbeitskreis gefunden. Es stellt eine Orlogjacht um 1670 da. Ist also rund 100 Jahre zu spät.
Das Problem bei diesen frühen niederländischen Kleinschiffen ist, dass sie so schwer zu unterscheiden sind. Gemeinsam haben sie das ausgeprägte Flach, sehr häufig das Rundgat und dazu den Krummsteven vorn. Mir fällt die Zuordnung sehr schwer.
Gruß Jörg
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In der Literatur werden oft niederländische Klein- und Küstenschiffe aller Art verallgemeinernd als Vlieboote bezeichnet, allermeistens von nicht-niederländischen Autoren. Etwa so, wie alles, was im 16. Jh auf dem Meer segelte, als Galeone bezeichnet wird. Da liest man dann z.B., daß der Herzog Medina Sidonia 1588 an den Herzog von Parma eine Depesche gesandt haben soll, worin er gefragt haben soll, wieviel Vlieboote er denn habe.
Zitat von Gebbi im Beitrag #7 (...) Das Problem bei diesen frühen niederländischen Kleinschiffen ist, dass sie so schwer zu unterscheiden sind. Gemeinsam haben sie das ausgeprägte Flach, sehr häufig das Rundgat und dazu den Krummsteven vorn. Mir fällt die Zuordnung sehr schwer.
Gruß Jörg
... deshalb hat der Autor des Ak-Berichtes seine Bilder auch nicht beschriftet. Beim vermeintlichen Vlieboot-Modell hätte er sich schon ziemlich in die Nesseln gesezt
Ich habe Dein/Jans Modell aus dem Fries Scheepvaart Museum im Internet gesucht und mir die Beschreibung dazu vollständig und auch in Englisch geholt. @amateur Da steht: Aftergrondinformatie: Dit oorlogsjacht is in de basis een vlieboot maar dan aangepast voor oorlogstaken - angepasst für kriegerische Unternehmungen.
Orlogschiff.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Es ist wohl so, wie Hartmut @Cirdan schreibt. Der Ausdruck Vlieboot wurde allgemein für Plattbodenschiffe benutzt. Jedenfalls hat dieses Modell nur wenige Übereinstimmungen mit dem von mir geplanten Fahrzeug .
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Der ältere Bub (44 J.) hat gescannt und vergrößert, so kann ich arbeiten. Das Blatt mit den Mallen werde ich 7 x kopieren, Spiegeln ist überflüssig. Die Mallen 13 und 14 vorne habe ich selbst eingetragen, die Bugspitze wird wieder aus Massivholz werden. Es wird ein recht breites Schiff - 2,9 ist das Länge/Breiteverhältnis.
Nein, Marcus, ich bin nicht schnell, ich bin nur fleißig: @Marcus.K.
Gruß Jörg
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Ich bin enttäuscht. Menschlich und schwer. Da arbeitet man voll Hingabe und Herzblut. Die Koniferen hier liken, aber es ist historisch falsch. Ich lasse es jetzt aber als Mentekel. Sollen sie immerdar sehen, was sie angerichtet haben.
Es geht um die Belegnägel und die Nagelbänke um den Großmast des Vlieboots.
Wahrscheinlich hatte ein solches Schiff noch Kreuzhölzer und Klampen zum Belegen von Tauen. Belegnägel findet man im 17. Jh. zuerst an der Reeling und später dann an Nagelbänken. Nicht verlässlich sind Reproduktionen wie von B. Lavery (Susan Constant) oder W. Jaeger (Niederl. Jacht im 17. Jh.). Selbst zeitgenössische Modelle sind zweifelhaft, da sie in den Jahrhunderten ihrer Existenz wiederholt restauriert wurden und verfälscht sein können. Aussagekräftig sind Wrackfunde (Mary Rose, Ghost Ship, Wasa) und zeitgenössische Stiche/Gemälde. Wir haben über diesen Sachverhalt einen Thread, da wurde darüber viel Material zusammengetragen.
Und dann ist da noch das binnachle..... Meinem Weiberl gefällt es sehr.
Gruß Jörg
PS.: Vor Hansi liegen die 28 Rüsteisen für die beiden Modelle zum Trocknen.
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