Du hast ja recht, diese plastische Chirurgie hat so etwas Haptisches. Plastisch eben und nicht abstrakt digital. Ich verbringe ja auch den größten Teil des (Arbeits)tages vor dem Computer und will eigentlich nicht noch mehr Zeit damit zubringen - aber der 3D-Druck ist doch irgendwie attraktiv ...
Mal sehen, wohin Deine Frankenstein-Fingerübungen den Heiligen Ludwig treiben lassen .
Im übrigen scheint es wohl so gewesen zu sein, daß viele der repräsentativen (und damit teuren) Zierrate vor ernsthaften Seereisen oder -schlachten abmontiert wurden, um sie irgendwo sicher aufzubewahren. Vielleicht waren diese exponierten Türmchen auch demontierbar ?
interessant! Womöglich waren diese Türmchen am Anfang des Jahrhunderts sogar deswegen so konstruiert. Beim Ludwig und bei der sagenumwobenen Couronne habe ich außerdem das Gefühl, dass das gestalterische Element der Krone in den Dächern der Türme aufgegriffen wird. Schmidt
Ich bezweifel sehr, dass diese Türmchen zu wehrdienstlichen Zwecken benötigt wurden, schon gar nicht mit Pfeli und Bogen, dazu waren sie für das Handling schlicht zu klein. Außerdem hätte man vom Oberdeck ein viel besseres und vor allem höheres Schußfeld.
Als dekoratives Element anlehnend an die Festungen auf Land schon eher, hohe Türme, Glanz und Gloria, juhui! Zweckentfremdung als Latrine istr auf der Vasa bisher nicht nachgewiesen, und die bei den Niederländern später häufig dargestellten Fallrohre fehlen meines Wissens nach auf den zeitgenössischen Zeichnungen.
...hier z.B. die Heckansicht der LA COURONNE, sicher artgleich, die Türme leicht begehbar und sicher nicht zum "Lustwandeln", obwohl die achterlichen Türme meines Erachtens möglicherweise und tatsächlich dem Kommandanten vorbehalten sein konnten. ( aus Paris, Segelkriegsschiffe des 17. Jahrhunderts )
SAM_0979 (3).JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
- und im Bugbereich, was sollten sie dort. Als Latrine hatten sie sicher nicht gedient-
SAM_0978 (2).JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
-und hier noch ein recht naiv 'gemaltes' Deckelbild (Pyro ) der ARK ROYAL
Wären die Erker für die Verteidigung nicht wichtig gewesen, hätten sie gehindert und nur um Landkastelle nachzuempfinden ? Dann hätte man auch konsequenterweise Zinnen auf die Schanzkleide aufsetzen müssen .
Ja, die berühmte "Rekonstruktion" der Couronne durch den Admiral Paris. In der Literatur, die ich konsultiert habe, wird sie heftig angezweifelt, was Generationen von Baukastenkonstrukteuren und Modellbauern allerdings nicht davon abgehalten hat, sie als Vorbild zu akzeptieren. Ich bin weder Schiffbauingenieur noch Statiker, aber die völlig freistehenden und voll verglasten Türme kommen mir doch sehr "gewagt" vor. Da steht eine ziemliche Menge Material auf wenigen dünnen Beinen - und so soll es durch Wind und Wellen gegangen sein? Ich weiß nicht. Schmidt
Hier mal die Seitengalerie der Eendracht von 1653/54. Zeichnung Willem van de Velde der Ältere. Rekonstruktion des Hecks von ca. 2010.
Gruß Werner
Werner
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Seitengalerie-Streekarchi
Seitengalerie.jpg
Spiegel.JPG
Ich stehe dem auch kritisch gegenüber, man darf eben nicht alle als 'bare Münze' nehmen, nur weil es näher an den Zeitzeugen bzw. Zeitgenossen zu sein scheint.
Es ging aber eigentlich um die Türme an sich. Irgenwo hatte ich es gelesen -in verschiedenen Quellen- aber ohne Ergebnis beim Suchen, dass diese Türme Schützenstände gewesen sind, um wahrscheinlich Enterungsversuche abzuwehren. Zwar nur in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, verschwanden sie wieder und wurden durch verbesserte Drehbassen, Falconets und Svievelguns abgelöst.
Es geht aufs Ende zu, wenngleich wahrlich nicht mit Siebenmeilenstiefeln. Den neuen Balkon habe ich nach Hinweisen in einem anderen Forum überarbeitet und ihm etwas Schwung verpasst, angelehnt an die Vasa. Die Türmchen haben leicht schräge Fundamente bekommen. Obwohl es auf dem Foto wahrlich nicht so aussieht, stehen sie jetzt senkrecht zur Wasserlinie. Alle Übergänge werden bearbeitet, wenn die endgültigen Gussteile hergestellt worden sind und verbaut werden.
Die Seitenansicht. Ich fürchte, die Meerestiere auf der oberen Abdeckung der Galerie sind mir zu massiv geraten. Eine schlankere Version ist in Arbeit.
Wenn man mal Parallelen zu Landbefestigungen zieht:
Als im 16. Jh. die polygonen Befestigungswerke wegen der effektiver werdenden Artillerie aufkamen, mußten Plätze geschaffen werden, von denen aus man den Fuß der Mauern beobachten und von dort aus Maßnahmen gegen Angreifer dirigieren konnte. Diese Ecktürmchen waren aber sehr dem gegnerischen Feuer ausgesetzt und verschwanden bald wieder. In Spanien haben sie sich wohl am längsten gehalten.
Entsprechend könnten solche Ecktürme an Vorder- und Achterkastell durchaus eine ähnliche Funktion gehabt haben. Mit der auch auf größere Entfernung effektiver werdenden Artillerie dürfte eine derart exponierte Position fast einem Himmelfahrtskommando gleichkommen, zumal die stark durchfensterten Türme nicht einmal Schutz gegen Kugeln aus Handwaffen geboten hätten.
Ich würde daher davon ausgehen, daß diese Türme im 17. Jh. nur noch dekorative und repräsentative Funktion als Ausdruck von Imponiergehabe hatten.
@pollux Herzlichen Dank für den Link und den Hinweis
Und jetzt ist es soweit: ich kann die Ziellinie nicht nur sehen, ich kann sie sogar riechen! Hier der Ludwig im Kreise seiner Lieben.
Türme, Abdeckung und Galerie-Unterteil sind jetzt miteinander verbunden und schon weitgehend aneinander gestartet. Der Plan ist – natürlich – der, das Teil im Ganzen wieder von der Bordwand abzulösen und zu reproduzieren. Dabei wird Vorsicht angebracht sein. Aber im ganzen handelt es sich um ein nicht besonders komplexes Teil mit einer großen Auflageflächen und kaum Hinterschneidungen. Da kann man einen Abformversuch wagen. Wer genau hinsieht, wird bemerken, dass ich den Balkon noch einmal verändert habe, indem ich nach außen gebogen habe. Das ist der große Vorteil bei Gussteilen aus Resin, dass man sie im halbharten oder erhitzten Zustand sehr gut verformen kann. Schmidt
Haha! Und jetzt wird es ernst! Genau drei Wochen, nachdem ich mich in das (nicht ganz richtig eingeschätzte) Abenteuer dieses Umbaus gestürzt habe, ist es so weit, eine erste Form der Steuerbord-Seitentasche herzustellen. Ich bin bewusst vorsichtig vorgegangen, habe das Urmodell auf eine Glasplatte geklebt und zunächst einmal vorsichtig mit Silikon bestrichen, damit das Material auch sicher in jede Nische fließt.
Diese Methode hat den Vorteil, dass man auf der Rückseite der Glasscheibe sehen kann, inwieweit das Silikon in die Hohlräume der Form gedrungen ist. Das hilft dabei, einzuschätzen, wie vorsichtig man das Urmodell aus der Form nehmen muss.
Hier vernetzt sich erstmals das Resin in der Form.
Natürlich muss ausgerechnet beim ersten Abguss das Resin nicht vollständig abbilden. Dennoch war das Ergebnis geeignet anzuzeigen, wo die Form noch mit scharfer Schere und spitzer Pinzette nachgearbeitet werden sollte. Den zweiten Abguss habe ich sofort grundiert, damit weitere Patzer besser sichtbar werden.
Im Ganzen würde ich sagen: gelungen. Mal sehen, was die Farbe noch macht. Schmidt