Die Schiffe der Wikinger selbst sind seit der Ausgrabung des Gokstadschiffes und der nachfolgenden Funde für uns heute kein Rätsel mehr, was jedoch ein solches bleibt ist ihre Besegelung. Immer wieder sehen wir Nachbauten die wohl der Bauweise folgen aber das einzelne Quersegel in moderner Weise bedienen. Obwohl ich bereits vor einem halben Jahrhundert die hier aufgeführte Hypothese mit meinem Graupner-Baukasten OSEBERGSCHIFF und an einem Modell für das damalige Verkehrsmuseum, dem heutigen Deutschen Technikmuseum Berlin, der Öffentlichkeit zugänglich machte ist es bislang von keinem der „Replik“ Konstrukteure aufgegriffen worden. Viel wurde über ägyptische Schiffe geschrieben und wie sie besegelt waren und wir wissen von römischen Schiffen das deren Segel mit einer Anzahl von Gordings wie eine Jalousie verkleinert wurden, aber niemand hat sich ernsthafte Gedanken darüber gemacht was die rautenförmigen Linien auf den Segeln der germanischen Bildsteine bedeuten.
1.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Bildstein aus Stenkyrka Smiss auf Gotland
2.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Ein Schiff der Expedition der Königin Hatshepsut nach Punt, 1500 BC
3.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Römisches Handelsschiff aus dem 2. Jahrhundert AD. Dieses Schiff hatte 12 Buggordings zum Reffen des Segels.
Last uns einmal die eingangs abgebildeten Bildsteine und die nachfolgenden Skizzen zusammen mit der Münze betrachten, dann erkennen wir das diese rautenförmigen Linien jedem germanischen Bildschneider so wichtig waren das sie bei keinem noch so kleinem „Schiffchen“ vergessen wurden.
4.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Auf diesem kleinen Bildstein von Halla Broa auf Gotland sind, ebenso wie auf dem vorhergehenden, die Schnittpunkte der diagonalen Linien besonders markiert. Über das wozu wird in der nachfolgenden Hypothese diskutiert.
Mit den folgenden Skizzen möchte ich weitere Steinritzungen vorstellen die noch andere Segel handhabende Leinen derstellen. Alle gemeinsam geben uns ein gutes Bild einer zur Wikingzeit gebräuchlichen Takelage. Alle diese schildführenden Abbildungen müssen als Langboote gesehen werden.
5.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Oben links zeigt neben der Netzzeichnung oberhalb des Segels einmal den Vorstag und die nach hinten weisende Pardune, außerdem die handgehaltenen Netzschoten. Oben rechts sehen wir das Segelnetz, die handgehaltenen Netzschoten, den Vorstag, eine Bulin und eine normale Schot. Unten links wieder ein unterbrochenes Netz mit Knotenpunkten, die Handschoten, Bulin und Vorstag. Unten rechts finden wir eine sonst nicht gezeigte Leine, die von den dicht am Mast ausgehenden Handschoten mehrmals um den Mast geschlungene Leine um den Bauch des Segels dichter am Mast halten zu können.
6.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)7.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Bei diesem Bild kann die zum Schothorn befestigte Doppelleine als ein Ausleger (Baum) mit Schot gedeutet werden. Die Wiking Münze gibt uns ein aufgegeites Segel und neben dem Vorstag zwei Pardunen die im Achteschiff befestigt sind.
Die folgenden beiden Fahrzeuge sind klein und für den normalen Bootsverkehr bestimmt. Es zeigt aber das alle Segel, groß oder klein, nach dem gleichen Prinzip bedient wurden.
8.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Diese Art der Takelung verschwand im 12. oder 13. Jahrhundert und wurde durch Reffbänder ersetzt wie das folgende Bild einer dänischen Kirche aus dem späten 14. Jahrhundert zeigt. Auf die Legende des geheiligten Königs Olav Bezug nehmend gab der Künstler dem Wiking-Langschiff ein Segel seiner Zeit mit zwei Reffbändern.
9.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
In dem folgenden Abschnitt soll nun aufgeführt werden was 1964 von mir bezüglich dieser Hypothese in der Bauanleitung des OSEBERGSCHIFFES niedergeschrieben wurde. Nachdem jahrzehntelang eine dem späten Mittelalter entnommene Takelage für die Wikingerschiffe angenommen wurde, (Siehe obige Abbildung eines 14. Jahrhunderts Kirchenbild) sind in der neueren Zeit einige Änderungen der diesbezüglichen Auffassungen zu verzeichnen. So sind zu den einfachen Schoten die Unterliek-Netzschoten getreten, die auf den Bildsteinen Südschwedens sehr eindrucksvoll dargestellt sind. Diese Schoten wurden von Hand gefahren, also nicht fest belegt. Man hatte so die Möglichkeit, beim Segeln in den Fjorden und Schären, die Segelstellung schnell und wirksam zu verändern und den wechselden Winden anzupassen. Sind nun diese Unterliek-Netzschoten allgemein anerkannt worden, so ist dies bei den diagonalen Streifen noch umstrittene Theorie.
10.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Das Netz auf dem Segel mit jeder Knotenstelle zum Segel genäht. Der Fuß des Segels ist in der Form eines Lateinsegels gerefft. Die am Seitenliek befestigte Bulin hält dieses stetig am Wind.
Diese netzartige Zeichnung war für die damaligen Bildschneider so wichtig, daß sie diese unbedingt mit ins Bild bringen mußten. Bis vor wenigen Jahren ließ man bei Rekonstruktionen die Netzdarstellung völlig außer Acht. Aber auch die heutigen Deutungen scheinen dem Verfasser noch sehr am Kern der Dinge vorbei zu gehen. Weiteste Verbreitung fand die (Landström) Theorie, daß die diagonalen Streifen als Lederstreifen anzusehen sind, die dem nicht sehr festen Segeltuch einen größeren Halt gäben. (Wozu markierte man dann die Kreuzungspunkte der Rauten?) Lederstreifen müßten auf ihrer vollen Länge beidseitig und nicht nur an den Kreuzungspunkten angenäht werden um wirksam zu sein. Außerdem würden Wind und Wetter ausgesetzte Lederstreifen nach einer Weile hart und brüchig werden und mehr Schaden als Gutes tun. Aufgenähte Lederstreifen sind aber nicht so wichtig, daß jeder Bildschneider diese als markante Punkte einer Schiffsdarstellung ansah. Die genau so markante rot-weiß-Zeichnung der Segel, welche uns aus den Funden bekannt wurde, findet keinen Widerhall in Darstellungen. Es liegt auf der Hand , daß die Netzzeichnung für die einzelnen Künstler zu wichtig war um irgendwelchen Vereinfachungen zu weichen. Was sollte hier nun gezeigt werden? Nach der Ansicht des Verfassers eine revolutionierend einfache Reffvorrichtung die der Segelkunst der Wikinger neue Lichter aufsetzt. Verschiedentlich haben Fachwissenschaftler schon die unterschiedlichsten Theorien über die Reffvorrichtungen der Wikingerschiffe veröffentlicht. Alle gingen davon aus daß diese Schiffe Quersegler waren und die Reffvorrichtungen späterer Zeit hier ihren Ursprung hatten. So wie aber alle Theorien entweder eines Tages bestätigt, oder durch andere abgelöst werden, so sind in neuerer Zeit auch Stimmen laut geworden die das Segel auch längsschiffig sehen wollen und dies durch Segelarten der neueren Zeit zu untermauern versuchen. Auf diese Punkte fußend, 1.) erhöhte Festigkeit des Segels, 2.) einfache und wirkungsvolle Reffvorrichtung und 3.) variable Segelstellung, erscheint das Netz als verständlichste Erklärung der Diagonalzeichnungen auf den Bildsteinen und Münzen der Wikinger Ära.
11.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Das OSEBERGSCHIFF mit aufgenähtem Netz und sichtbaren Unterliek-Netzschoten.
Die von den Verfechtern der Lederstreifentheorie angeführte erhöhte Festigkeit wird durch ein auf der Vorderseite befestigtes Netz in der gleichen Weise gewährleistet. Wird es zudem an allen Knüpfstellen auf das Segel genäht, so kommen zu der Stabilisierung des zu weichen Segels noch die Möglichkeiten das Segel in jeder gewünschten Weise zu reffen. Und zwar mit der Hilfe von (losen) Reffbändseln die in den nordischen Sagas genannt werden. Nur über die Anwendung wird nichts ausgesagt. Wenn die hier geschilderte Anwendungsmöglichkeit auf dem ersten Blick auch ungewöhnlich erscheint, so erklärt sie doch gerade bei der Netztheorie die Notwendigkeit der dem Namen nach bekannten Reffbändsel. Mit der Hilfe einer Vielzahl von Verkürzungssteks - in der Art geknüpft wie die spätere Bonnetleine – konnte man mit Reffbändseln die Maschen des Netzes zusammenziehen und somit dem Segel in kürzester Zeit eine andere Form geben, es also verkleinern, trapezförmig oder dreieckig gestalten. Das Netzsegel und die Reffbändsel ließen zusammen mit den Unterliek-Netzschoten eine Segeltechnik zu die der Wikinger würdig war. Durch die nach achtern versetzten Haupttaue des Mastes, die sich aus den achtern angebrachten Klampen ergeben, konnte die Rah nicht nur quer gefahren werden sondern auch längsschiffs. Die an der Unterkante des Segels beim Reffen entstandene Verdickung durch die zusammengezogenen Segelteile brachte keine nennenswerte Behinderung. Sie war sogar gegenüber der frühen Mittelmeer-Reffpraxis, bei der das Segel wie eine Jalousie aufgezogen wurde, ein gewisser Vorteil, denn der mit Reffbändseln verschnürte Segelteil konnte im Gegensatz zu den römischen Segeln im Reffzustand vom Wind nicht aufgebläht werden.
12.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Das OSEBERGSCHIFF mit dem Segel längsschiffs in Settie Stellung
Somit eröffnet das Netz als Segelhilfsmittel in der mannigfaltgen Theorie der Wikinger-Besegelungen völlig neue Perpektiven. In einer Landschaft der Bergfjorde und Schären konnte kein einfaches Quersegel ohne segeltechnische Hilfsmittel bestehen. Widrige Winde und klippenreiches Fahrwasser verlangten mutige und einfallreiche Seeleute. Dieser Einfallsreichtum in Hinblick auf die Segeltechnik wird in bester Weise durch das Netzsegel demonstriert. Bislang war man geneigt den nordischen Seevölkern gewisse Segelkenntnisse wie das „Kreuzen“ abzusprechen, weil es nach der Quersegeltheorie unmöglich erschien. Menschen denen es möglich war mit erbeuteten römischen Schiffen Britannien zu umfahren (82 n.Chr. Umsegelung Britannien durch die Usipier), denen es gelang mit römischen Schiffen ihrer Gefangenschaft am Schwarzen Meer zu entfliehen; deren Fluchtweg durch die Dardanellen, das Mittelmeer, die Straße v. Gibraltar über der Atlantik bis zum Niederrhein führte und deren Fahrten in die Unwirtlichkeit Grönlands nichts Außergewöhnliches waren, sollte man nicht nur ihres Mutes wegen schätzen, sondern hier sollte das überragende seglerisches Können besonders hervorgehoben werden. Ein Können welches auch das Kreuzen“ beinhaltet haben muß, denn ohne dieses wichtige Segelmanöver war das unter-der-Küste-Fahren und waren Flußfahrten gar nicht möglich.
Die Möglichkeiten des schnellen Umreffens und der vollendeten Modellierung der jeweiligen besten Segelstellung durch die Unterliek-Netzschoten (in Kombination mit der die Mitte des Unterlieks zum Mast bringenden Leine) und als weiteres Hilfsmittel – der Baum -, eine lose Stange, die am Schothorn und mit einem Tau am Mast befestigt werden konnte in der Art des frühen Segelspriets zeigen, daß die über tausendjährige Erfahrung der Seevölker eine vollendete Segel- und Fahrtechnik -schuf die erst jetzt mehr und mehr erkannt wird.
13.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Hier ist die Anwendung des Segelspriets, oder Spreizbaums, demonstriert. Im Auge des Schothorns befestigt ging er etwas am Mast vorbei und wurde zu diesem gelascht. Wir sehen hier die Rückseite des Segels mit den Nähstellen der Knotenpunkte, und das Segel wie ein Latainsegel dreieckig gerefft. Auch sind die Netzschoten erkennbar.
Die in Klammern gesetzten und in (italic) geschriebenen Worte gehören nicht zur ursprünglichen Hypothese. Mit dem anschließenden Segelplan möchte ich diese noch abrunden.
Ich habe mein Graupner Osebergschiffchen vor 35 Jahren gebaut :-) und bis heute keine schlüssigere These zur Besegelung vernommen. Der logische Haupteinwand ist freilich nicht die (offensichtliche) Praktikabilität dieser Lösung, sondern die schlichte Frage, warum dieses revolutionäre Verfahren keine Nachfolge erfahren hat und im frühen Mittelalter, zugunsten "traditioneller" (und zweifellos unterlegener) Methoden abgelöst wurde.
Ein guter Bekannter und Hersteller historischer Ausrüstungsgegenstände plädiert seit Jahren dafür, dass antike und frühmittelalterliche Schilde nicht flach aus lederüberzogenen Brettern (wie sie übrigens auch bei diesem Beispielmodell an der Bordwand hängen) sondern sphärisch gebogen (wie Fassdauben) gefertigt waren. Derartige Schilde sind nachweislich erheblich besser zu führen, leichter und buchstäblich unverwüstlich. Die deutlich bessere Lösung also, aber es bleibt die Frage, ob sie tatsächlich gewählt und auch angewendet wurde.
Aber es bleibt dabei, ich bin Anhänger Ihrer Theorie. Hat jemals eine moderne Bootsreplik "Ihre" Netzbesegelung in der Praxis getestet ?
Hendrik Kersten
With many cheerful facts about the square of the hypotenuse. ...
Hallo Karl-Heinz Ein sehr interessanter Bericht, vor allen Dingen auch wegen der ausführlichen Betrachtung der Möglichkeiten, die durch die Netzschoten entstehen könnten. Ich stimme Dir insofern zu, als dass dies ein Detail zu sein scheint, dem bis heute zu wenig Beachtung geschenkt wurde.
Werner Zimmermann erwähnt die Netzschoten kurz in seinem Buch "Nef der Cinque Ports", belässt es aber bei einer einzigen Darstellung (Läbro-Bildstein Gotland) und dessen Kurzbeschreibung. In der ansonsten recht ausführlichen Darstellung der segeltechnischen Möglichkeiten einer Ein-Mast-ein-Segel-Takelung lässt er sie aber völlig außer Acht- schade.
Deinen Ausführungen möchte ich noch einen weiteren Aspekt als bloße Möglichkeit hinzufügen: Das Segel, so wie Du es darstellst, war komplett mit einem Netz überzogen und punktuell an diesem festgenäht. Ich halte eine solche Struktur in der Praxis für sehr bedenklich. Kommt Kraft auf die Netzschoten zu stehen, wird diese auf das Netz am Segel und von dort aus auf das Segel selbst übertragen.
Die Übertragung der Kraft vom Netz auf das Segel erfolgt aber nur an den erwähnten Punkten und hier auch nicht gleichmäßig. Betrachtet man eine Leine des Netzes, so ist sie beispielsweise an 10 Punkten mit dem Segel vernäht. Ich halte es für unmöglich, diese Punktnähte so zu setzen, dass ein Zug auf diese Leine an alle Punkte gleichmäßig verteilt wird. Auf einen Punkt wird die meiste Kraft einwirken und hier ist die Gefahr, dass das Segel Schaden nimmt am größten.
Vielleicht war es aber auch so, dass die Kleider der Segel nicht vertikal, sondern diagonal vernäht wurden. Dies brächte weitere Möglichkeiten ins Spiel. Die Kleider hätten selbst miteinander verflochten werden können, wie Schuss- und Kettfaden. Eine auf diese Art hergestellte Takelung würde die Darstellungen auf den Bildsteinen vollständig erklären.
Dadurch hätte sich eine Dopplung des gesamten Segels ergeben, wodurch diese sicher auch erheblich winddichter geworden wären (bei den womöglich noch recht groben Leinensegel nicht unbedingt ein Nachteil). Darüber hinaus würde der Verlauf der Nähte dann viel näher an den hauptsächlichen Verläufen der entstehenden Zugkräfte liegen. Die Netzschoten unter dem Unterliek wären dann eine konsequente Fortführung der bei den Nähten eingeschlagenen Richtung und der anzunehmenden Kraftlinien, denn natürlich kann eine Naht in ihrer Verlaufsrichtung weitaus mehr Kraft aufnehmen, als in jeder anderen.
Ich würde daher eher diagonal miteinander verflochtene und vernähte Kleider als Ursprung der gezeigten Darstellungen annehmen, als ein über das Segel gelegtes Netz zumal dann, anders als beim Netz, die Diagonalstruktur von beiden Seiten des Segels erkennbar gewesen wäre. Was meinst Du?
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
Vielen Dank für diesen sehr interessanten Beitrag. Es ist immer wieder erstaunlich, wie viel auf alten Darstellungen vorhandene Information ignoriert wird, einfach weil man sie nicht gleich versteht. Da ist sicher noch eine Menge Forschungsbedarf für die "nordischen" Kollegen und man kann nur hoffen, dass solche Recherchen eine Diskussion anstoßen.
Hallo Karl Heinz, ich habe diese Segeldarstellungen mit den Rautenformen schon häufig gesehen. Ohne mir jemals Gedanken über die Takelung der Schiffe und die Logik meiner Intuition zu machen war für mich immer der intuitive Gedanke, dass es sich um diagonal übereinandergelegte bzw. verwobene Segeltuchbahnen handelte (eventuell unterschiedlich gefärbt und dadurch entsprechend prominent), aus denen das Segel zusammengesetzt ist. Schließlich ist auf so vielen Abbildungen ja auch sonst keinerlei Takelage zu sehen.
Auf die Idee mit dem Netz wäre ich nie gekommen. Es stellt sich mir nun die Frage, wie und ob ein Künstler aus der Wikingerzeit die beiden Varianten dargestellt hätte (diese wollten ja offensichtlich zeigen, wie es aussieht, und mussten sich Gedanken machen, die der Betrachter das Bild nun interpretieren wird).
Hallo Willi, Dem Argument das dies diagonal verbundene Segelbahnen wären möchte ich entgegenhalten das solche nur das Segelgewebe verstärken, diesem ein doppeltes Gewicht geben und besonders bei Nässe sehr unhandlich werden konnten. Sie erfüllten aber keine andere Funktion. Kraft von den Netzschoten kann nicht auf das Netz übertragen werden denn sie sind nicht mit diesem verbunden; sie sind keine Verlängerung dieses sondern eigenständig am Unterliek fest. Das Netz selbst stärkt wohl das Segelgewebe, die wichtigste Funktion ist aber das Reffen, also die Verkleinerung des Segels. Warum sind bei einigen Steinbildern die Netzlinien breiter und tiefer gehalten und haben an den vier Rautenspitzen regelrechte Knotenverbindungen markiert? Das widerspricht völlig der diagonalen Verdopplung des Segels, die ja dort nur Nähte darstellen würden, also keine markanten tiefen Riefen mit Knoten. Segelüberlappungen konnten in jeder Weise angebracht werden und waren nicht so dominierend um auf jedem Steinbild zu erscheinen. Außerdem waren sie nur eine " Björn Landström" Theorie das Lederstreifen das zu weiche Gewebe verstärken sollten. War es zu weich? Niemand kann es mit Gewissheit sagen. Mir geht es nur darum zu beweisen das dieses Netz die ideale Möglichkeit des Reffens war. Herzlichen Gruß
Hallo, in diesem Zusammenhang möchte ich nochmal auf das Buch "Sailing into the Past" hinweisen, in dem Erkenntnisse der experimentellen Archäologie mit Ruder- und Segelfahrzeugen zusammengetragen werden. Auch den Wikingerschiffen ist ein Kapitel gewidmet.
Vielleicht lohnt es sich, mal zu verfolgen, was die Experimentatoren seit der Erstellung des Buches vor 5 Jahren denn noch so alles herausgefunden haben.
Im Zusammenhang mit der Segelkonfiguration: beim Pâris ist ein Norwegisches Fischerboot dargestellt, dass ein bisschen an eine Knorr erinnert. Interessant ist die Besegelung: die sieht so aus, als ob Mama ein Rahsegel war, Papa ein Lateiner und die große Schwester ein Lugger geworden ist. Vielleicht lohnt es sich, mal nach weiteren Zeichnungen, Fotos und anderen Unterlagen zu stöbern, denn diese Boote sind die direkten Nachfahren der Vikings und sind bis vor kurzem ja noch aktiv gefahren worden.
Ich bin mal Deinen Rat gefolgt und habe "Sailing into the Past" angeklickt. Man spricht darin von einer Segelstellung bis zu 60°. Darf ich dabei auch auf das abgebildete Replik SKULDELEV 2 aufmerksam machen. Ein Mast und ein Quersegel, die Betonung liegt auf eins, mit sage und schreibe: 4 Buggordings, 2 Bulins, 5 Reffbänder davon das unterste bereits gerefft, 2 Brassen und zwei Vorwärtsbrassen, um die Balance der Rah, anstelle der zu der Zeit noch nicht vorhandenen Toppnanten, zu ersetzen, Aufholleinen zwischen den in der Höhe der Reffbanden am Seitenliek befindlichen Kauschen; außerdem an den Schothörnern normale Schoten und --- Halsen. Der Mast hatte --nur--- 2 Vorstage, 5 Wanten beidseits und 2 Backstage ins Heck des Schiffes. Alles in allem doch "ein klein wenig" übertakelt.
Die Reffbänder sind übrigens erst seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts nachweisbar und zwar auf den Siegeln von La Rochelle und Hastings, der Trend gelang demnach scheinbar von der französischen Atlantikküste zur englischen Kanalküste, in einer Zeit die man nicht mehr als die der Wikinger bezeichnen kann. Danach gibt es viele Abbildungen dieser Art aber nicht vorher und da keiner so richtig die Steinbilder Gotlands deuten kann machen es sich die "Replikaner" leicht und greifen auf die Zeit danach, wie man sieht an SKULDELEV 2 mit vollen Händen.
Den norwegischen Fischerbooten in Souvenirs de Marine sieht man den gleichen Gedankengang an, der mich vor einem halben Jahrhundert beflügelte in der Netzstruktur etwas anderes als Lederstreifen oder geflochtenes Segel zu sehen. Das von Dir erwähnte ist zwar moderneren Erkenntnissen gefolgt, zeigt aber daß die Fahrt durch die Schären und die widrigen Winde in den Fjorden nicht ohne schnelle Veränderung der Segelstellung bewerkstelligt werden konnte.
Ich frage mich, ob das Ganze in der Praxis nicht viel einfacher zu handhaben war, wenn man das einzelne Rahsegel bei Am-Wind-Kursen nicht eher wie einen Lateiner gesegelt hat. Die Wikinger hatten ja in Ihrer Zeit durchaus jede Menge Kontakte in den Mittelmeerraum und müssen das Lateinersegel auch gekannt haben. Und solche Besegelungen sind viel einfacher zu Handhaben, als die überlieferten rechteckigen Rahsegel. Auf der anderen Seite habe ich auch schon Abbildungen von Lateinerbesegelten Fahrzeugen gesehen, die bei Vor-dem-Wind-Kursen das Segel wie ein Rahsegel gefahren haben.
Solche "Laken" platt vor dem Wind sehen natürlich eindrucksvoll aus, vor allem, wenn sie auch noch gestreift sind, auch mit Hinblick auf bildliche Darstellungen.
Ich hin so einem Schiff auf der Ostsee mal begegnet. Das hatte allerdings dieses "Netz" nicht und wurde überwiegend gerudert.
Ich frage mich auch, wie man die Schoten, die von dem Netz ausgingen, wohl belegt hat. Das müssen dann ja rund 10 Schoten gewesen sein, die man an Deck irgendwo hätte belegen müssen. Auf den Schiffen findet sich nichts, wo man die sinnvoll hätte festmachen können. Belegt man diese Schoten an der Bordwand, verzieht sich das Segel, weil der Druck nicht gleichmäßig abgeleitet wird.
das geht aber nur bei leichtem Wind und ist ziemlich ermüdend. Sinnvoller wäre eine Mimik, mit der die Schoten belegt werden könnten. Bei den verschiedenen Wracks ist meines Wissens nichts bekannt, dass die an Deck Klampen hatten. Einige Haltepunkte gibt es an der Bordwand, aber für einen hoch am Wind segelnden Wikinger müsste es dann auch mehrere Punkte dichter an der Mittschiffslinie geben.
Hallo Karl Heinz, ich habe eben in Mondfeld, Band 3.1, S. 169 eine Abbildung einer Holzschnitts aus dem 1494 in Basel erschienen Kolumbus-Brief gefunden, die ebenfalls eine Netzstruktur auf den Segeln darstellt. Könnte das ebenfalls ein solches Netz, wie du es für die Wikingerschiffe annimmst, sein?
Glücklicherweise habe ich auch ein Bild davon bei Wikipedia gefunden:
Hallo Bodo Die von Dir eingestellte Abbildung kam mir gleich so bekannt vor, aber nicht als Kolumbusbrief. Das früheste, mir bekannte Erscheinen dieses Stichs stammt aus dem Jahr 1486 aus Mainz und zwar in Bernhard Breydenbachs Peregrination in Terram Sanctam (Pilgerreise ins heilige Land)http://historic-cities.huji.ac.il/greece...1486_modon.html. Da wurde also fleißig abgekupfert (in diesem Fall darf man das sogar wörtlich nehmen), bzw. sogar dieselbe Platte verwendet. Das Schiff scheint mit zwei Bonets am Großsegel zu fahren. Dieses ist mit den zu dieser Zeit häufig zu sehenden Mittelschoten ausgestattet. Ich bin nach wie vor nicht der Ansicht, dass es sich bei den erkennbaren Rechtecken auf dem Segel um ein Netz handelt, sondern glaube nach wie vor, dass es die vernähten Kleider des Segels sind. Die Darstellung des Lateinsegels am Besanmast würde diese Annahme unterstützen, denn hier ist zweifelsfrei kein Netz dargestellt und eine Reffvorrichtung würde hier bei dem gezeigten Verlauf der Linien auch nicht sinnvoll sein. Was bleibt ist, dass hier die Kleider der Segel dargestellt sind.
Allerdings liegt zwischen dieser Abbildung und den Wikingern mehr als ein halbes Jahrtausend. Von daher würde ich nicht von diesen Abbildungen auf die Beschaffenheit von Wikingersegeln schließen.
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.