Santa Maria Gedanken ein historisches Schiff in voller Größe nachzubauen begannen sich in den frühen Jahren nach dem zweiten Weltkrieg stärker zu entwickeln. Ihren Ursprung hatten sie aber bereits in der für die 1892 Vierhundertjahrfeier der Entdeckung Amerikas in Originalgröße nachgebauten Kolumbus Flotte, die ein Geschenk der spanischen Regierung an die USA war. NINA und PINTA wurden wegen ihrer geringeren Größe auf Schiffe verladen und zur Weltausstellung nach Chicago geschickt, während SANTA MARIA, wie das Bild zeigt, ihren Weg auf eigenem Kiel machte. Dieser Regierungs-Entwurf der Kolumbussschiffe wird auch als Duro Replik bezeichnet da dieser Bau von einer staatlichen Kommission übersehen wurde der Kapitän Cesåreo Fernåndes Duro vorstand. Parallel dazu entstand 1892 ein weiterer Entwurf von R. Monleon, der mit Duro zusammen an dem ersten Design arbeitete. Beides waren Plattgattfahrzeuge und wurden als Nao (Schiff) bezeichnet. Ein weiterer Replik-Entwurf von Julio F. Guillén y Tato entstand für die 1929 stattfindende Ibero-Amerikanische Ausstellung in Sevilla Im Gegensatz zu den 1892 Entwickelungen war dieser mit einer unterschiedlichen offenen Back und einem Rundgatt versehen und man nannte diesen Typ Karavelle.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es wieder eine SANTA MARIA die den Auftakt zu den vielen Replik-Entwürfen der letzten Jahrzehnte einleutete. Sie war ein von dem Direktor des Museo Maritimo de las Reales Ataranzanas de Barcelona, José Maria Martinez Hidalgo, entwickelter Entwurf einer Nao mit Rundgatt, die 1951 gebaut wurde. Nehmen wir zu diesen drei noch das darunter stehende Monleon Design (1892) und den italienischen von D’Albertis von 1893, dann haben wir den besten Beweis dafür das jedes dieser unterschiedlichen Entwürfe der Forschung und den Kenntnissen individueller Personen entsprangen und demzufolge kein Ebenbild (Replik) des unbekannten Originals sein konnten. Dazu gehört zumindest ein zeitgenössisches Bildnis des ursprünglichen Schiffes. Deshalb muß solche Arbeit besser als Rekonstruktionsversuch bezeichnet werden.
Es gibt etliche Schiffe und Fahrzeuge von national- oder lokalhistorischer Bedeutung von denen man nur den Namen, die ungefähren Abmessungen, den Typ, das Herkunftsland und die Zeit des Geschehens kennt. Ein solches historisches Gefährt wieder erstehen zu lassen wird dann eher zu einem Rekonstruktionsversuch als zu einer Replik führen (Siehe: www.karl-heinz-marquardt.com V.O.C. Tender DUYFKEN). Obwohl dieses französische Wort in unserem modernen Sprachgebrauch mehr Status verspricht, es fehlt hier das zeitgenössische Vergleichsbildnis.
Mayflower Zwar wurde in 1951 mit dem Martinez-Hidalgo Design der SANTA MARIA der Reigen der Nachkriegsbauten eröffnet, es war aber William A. Baker’s MAYFLOWER II, die 1957 mit ihrer Atlantik-Reise von Plymouth/England nach Plymouth/ Massachusetts die Fahrt der Pilgerväter von 1620 nachvollzog und weltweit Furore machte. Sich dessen bewußt das kein Bildnis der MAYFLOWER vorhanden ist und auch die Berechnung der Größe des Schiffes ihre Tücken hatte, gab Baker seinem Entwurf den Namen MAYFLOWER II und ging damit einer Diskussion über das „Für und Wider“ des Aussehens aus dem Wege. Er nannte sie Nr. II oder wie es auf seinen Zeichnungen steht „The New Mayflower“ und distanzierte seinen Entwurf deutlich von dem 1925 fertiggestellten und von R.C. Anderson beaufsichtigten Design und Modell für die Pilgrim Society of Plymouth, Mass; das wohl bekannteste aller MAYFLOWER Modelle. Auch in der Bauanleitung des von mir 1958 für den Anfänger entworfenen Baukastenmodells MAYFLOWER machte ich klar, dass dies nur ein durch von R.C.Anderson‘s Design inspiriertes englisches Handelsschiff aus den ersten Jahren des 17. Jahrhunderts darstellt, da über das Aussehen der MAYFLOWER, weder eine genaue Angabe der Größe noch ein Bildnis existiert. Wie so oft mußte auch hier auf den geläufigen Typ eines Schiffes der Zeit zurückgegriffen werden.
Zu einer echten Replik hätte die ENDEAVOUR werden können; die Zeichnungen waren vorhanden, es gab Abbildungen des an Bord befindlichen und auf der Reise verstorbenen Zeichners Sydney Parkinson und man besaß die von Cook selbst und von anderen Bordmitgliedern niedergeschriebenen täglichen Vorgänge an Bord. Wenn nur all dies geflissentlich befolgt wäre; man richtete sich aber nach moderneren Deutungen und den Auslegungen eines vom Museum in Greenwich übernommenen Designers! Man vergleiche bitte den unteren, nach S. Parkinsons Zeichnung entwickelten Spiegel des Modells mit dem des vor dem Stapellauf stehenden Schiffes. Die Geschichte dieser verpatzten Replik begann indirekt mit meinem ersten englischsprachigen Artikel Do we Really know the ENDEAVOUR The Great Circle, Vol 8/1 1986 (Siehe meine Website). Dieser wurde vom Interim Council des in Sydney zu errichtenden Nationalen Marine Museums aufgegriffen und ich wurde gebeten meine Zeichnungen für einen Kostenvoranschlag der Regierung gegenüber zur Verfügung zu stellen. Es sollte als ein Symbol der Besiedlung des Landes im Museumshafen vor dem neuen Museum liegen. Eine finanzielle Beteiligung der Regierung an diesem „Geschenk der Bevölkerung an die Nation“ zum 200. Geburtstag der Besiedlung wurde jedoch abgelehnt und um den Gedanken nicht wieder einschlafen zu lassen suchte man nach private Sponsoren und fand einen solchen in der Bond Corporation. Diese hatte aber andere Absichten mit dem Nachbau, verlegte den für Sydney vorgesehenen Bau nach Fremantle bei Perth und da man kein Museumsschiff, sondern ein segelndes (Reklame machendes) Fahrzeug wollte, wurde jegliche australische Beteiligung an dem Design abgelehnt; angeblich um keine Kontroversen zu schaffen. Im Endeffekt schuf man aber eines voller Kontroversen. Meine Antwort auf dieses Fahrzeug war einmal der Artikel „Der ENDEAVOUR Nachbau, die Geschichte einer Idee und die Eindrücke eines „unvoreingenommenen“ Besuchers,“ DAS LOGBUCH 1995/2, (meine Website) und zum anderen mein Buch Captain Cook’s ENDEAVOUR; deutschsprachig als ENDEAVOUR erschienen.
Auch mit dem von mir geschaffenen Nachbau des Schoners ENTERPRIZE, der 1835 die ersten Siedler an den Yarra brachte und die Metropole Melbourne gründete, muß ich kritisch umgehen. Die ursprüngliche Idee diesen Schoner als Museumsschiff des jungen Melbourne Maritime Museums zu bauen wurde 1990 im Museum im Gespräch von Hedley Elliot, dem Besitzer der Emu Bottom Homestead von 1836, vorgeschlagen und von den Anwesenden, dem Direktor des Museums und einem kleinen Kreis an der maritimen Geschichte der Stadt interessierte Personen, zu denen auch ich als Hon. Kurator gehörte, diskutiert und beschlossen diese Idee näher in Betracht zu ziehen. Nach der Gründung des ENTERPRIZE COMMITTEES wurde ich damit beauftragt die historischen Fakten zu sammeln und einen Bauplan zu entwickeln. Es sollte ein Schiff werden das neben der im Trockendock restaurierten Bark POLLY WOODSIDE den seegeborenen Charakter dieser Stadt hervorhob.
10.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Diese beiden zeitgenössischen Bilder und Maßangaben des 1830 in Hobart gebauten Schoners wurden daraufhin von mir in Zeichnungen zum Bau des Fahrzeuges umgesetzt. Nach der Vollendung dieser Vorarbeiten (siehe Zeichnung) wurde vom Vorsitzenden des Komitees in einer Sitzung der Vorschlag eingebracht „den Schoner sein Geld verdienen zu lassen“, diesen also mit zahlenden Besuchern auf der Bay zu segeln. Darüber wurde abgestimmt und überwältigend freudig bejaht. Ich lernte in diesem Moment was es heißt ein Schiff mit einem Komitee zu bauen. Passagiere bedeuteten ein modernisiertes Schiff mit Hilfsmotor, Rettungsmöglichkeiten, extra Unterkünfte, moderne Anker, man brauchte eine ständige Besatzung usw. Alles in Allem, das historische Antlitz des Fahrzeugs so zu verwässern war nicht meine Absicht, aber meine Stimme war nur die einzige dagegen und ich kann heute die ENTERPRIZE, die einer echten Replik hätte nahekommen kommen können, nur als Rekonstruktionsversuch bezeichnen.
Zum Abschluss hier noch drei Bilder des Schiffes. Das oben vom inoffiziellen Stapellauf, bei dem der Rumpf mit einem Kran ins Wasser gesetzt wurde, und die beiden anderen mit dem Schiff an der Pier. Am ersten sehen wir was in der Seitenansicht dieses Nachbaus unterschiedlich zur ENTERPRIZE Zeichnung ist. Man mußte neben dem Angeführten auch Raum für den Einbau des Hilfsmotors schaffen und den Kiel des Schiffes tiefer legen.
Auch beim dritten australischen Nachbau kann man nicht von einer Replik sprechen. Es handelte sich dabei um den Versuch den V.O.C. Tender DUYFKEN von 1603 nachzubauen. Die DUYFKEN wird heute als die SANTA MARIA Australiens gesehen. Bei der Erforschung der südlichen Küste Neu Guineas in 1605 segelte sie entlang Frederik Hendrik Eiland, rundete das Falsche Kap, und ging dann, jedoch mehr südlich, zurück auf ihren ursprünglichen Kurs und vermisste dabei die Neu Guinea von dem südlichen Kontinent trennende Meeresstraße. Diese wurde nur wenige Wochen später von dem Spanier Luis Vas de Torres entdeckt und nach ihm benannt. Die Küste auf die sie trafen und begannen auf einer Länge von 100 Meilen zu vermessen war Australiens nordöstliche Spitze, die westliche Seite der Cape York Peninsula. Kenntnis der „Torres Strait“ wurde von den Spaniern für nahezu zwei Jahrhunderte geheim gehalten. Dieser Rekonstruktionsversuch von Nick Burningham und D. Jong entstand 1999 in Fremantle / Westaustralien. Mein Interesse daran wurde im Jahre 2000 vom Redakteur der deutschen Fachzeitschrift DAS LOGBUCH geweckt, der mich bat doch von australischer Seite her ein paar Worte zu dieser neuesten Vergrößerung der internationalen Replik-Flotte zu schreiben.
Etwas über ein Schiff zu schreiben heißt für mich etwas über dieses zu wissen. Meine geringen Kenntnisse erstreckten sich aber nur auf DUYFKENs Größe und das sie 1603 als Tender mit der ersten V.O.C. Flotte nach Südostasien segelte. Vom Bau-Konsortium erhielt ich dann auch deren Werbeinformation. Dazu benötigte ich aber noch Eigenforschung um eine eigene Meinung zu festigen. Die Suche in meiner Bibliothek nach weiteren Unterlagen stieß dabei auf eine Robert de Baudous Gravierung von 1603, die mit ihrer Unterschrift in Latein darauf hinwies „dass die Batavier mit ihren Schiffen zu den Antipoden segeln“. Es war dieser Hinweis der mich das Bild näher betrachten ließ und die Zahl der dargestellten vollgetakelten Schiffe zu zählen. Es waren zwölf, wie die in dem Jahr unter Steven van der Hagen segelnde erste V.O.C. Flotte. Das kleinere, halb versteckte Fahrzeug (siehe den Bildausschnitt) war dabei auffallender Weise nicht wie alle anderen mit einem Plattgatt, sondern mit Rundgatt gebaut., und da unser Wissen von der DUYFKEN nicht über die ungefähre Größe des Schiffes hinausging, dies in meinem Artikel anführend und das viele holländische Kleinfahrzeuge auch mit Rundgatt gebaut wurden, stellte ich die Frage ob man für die DUYFKEN auch diese Bauweise in Betracht ziehen könne. Eine Frage die zu Diskussionen anregen sollte, die aber den Designer Nick Burningham derart in Rage versetzte das er mich absolut unverständlich nicht nur in einem persönlichen Brief, sondern auch in einem öffentlichen Artikel als „perverse“, und vom „Geiste des Widerspruchs besessen“ bezeichnete. Als ich dann nach meinem Besuch an Bord des Schiffes 2007 weitere Erkenntnisse in Englisch und Deutsch veröffentlichte war ich auf gewisse negative Attacken vorbereitet. Es tut mir sehr leid dies sagen zu müssen, denn es war nur eine offen geführte Diskussion über die „Für & Wider“ eines Rekonstruktionsentwurfs. Ohne auch nur eine der aufgeworfenen Fragen beweisführend zu beantworten stellten die beiden für den Entwurf verantwortlichen Herren sich selbst mit nur wenig verstandenem Halbwissen auf 25 Seiten bloß und gingen dabei weit über das zu Erwartende hinaus. Es endete mit den etwas überheblichen Worten Nick Burningham’s: My thanks to K H Marquardt to whose article [The DUYFKEN Enigma, The Great Circle, Australian Association for Maritime History, Sydney 2007 Vol. 29. No. 1] I have greatly enjoyed responding. It is always easier to criticize other’s work than to come up with something original, and in this case, it was gratifyingly effective.
Es veranlasste mich mit den vorhandenen Kenntnissen die Zeichnungen eines bewaffneten Tenders holländischer Herkunft aus dem Beginn des 17. Jahrhunderts zu entwickeln um als Alternative herauszustellen was bei dem Nachbau in Fremantle alles verkehrt gelaufen ist. Für diese wurde die aus der Baudous Gravierung ersichtliche Schiffstakelung des kleineren Fahrzeugs gewählt; es hätte von der geringen Kenntnis her auch anders getakelt sein können. Fahrzeuge der Art und Größe des Tenders DUYFKEN waren im 17. Jahrhundert vor der südlichen Nordseeküste als Watten-Konvoyer beschäftigt, wie mit Reinier Nooms Darstellung um 1650 und dem von mir in den midfünfzigern restaurierten, sehr seltenen zeitgenössischen Modell eines solchen im Stadt Museum von Oldenburg vorhandenen Watten-Konvoyer dokumentiert wird. Auf meinen Zeichnungen wurde die Größe von 25 bis 30 Lasten berücksichtigt, die Bewaffnung ist, wie damals verlangt, trocken und bedienungsgerecht untergebracht, (siehe auch Nooms Watten Convoyer) und der Baustil entspricht der Zeit. Der Größenunterschied zwischen dem sogenannten DUYFKEN Replik und dem „Alternativen Tender“ ist aus der oberen Abbildung klar ersichtlich. Dieser bisher nicht erörterte Fakt unterstreicht wie leichtfertig mit dem Design des Schiffes umgegangen wurde. Der Bau des Fremantle Entwurfs ist in seiner Berechnung mit über 50 Lasten um mindestens 80% zu groß. Die innere Darstellung zeigt mit ca. 28 Lasten die aktuelle Größe der DUYFKEN. Meine Ausführungen darüber können unter www.karl-heinz-marquardt.com V.O.C. Tender DUYFKEN nachgelesen werden.
22.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
H.M.S. Beagle
Durch diesem etwas verlängerten Blick auf verschiedene Versuche bekannte historische Schiffe in natürlicher Größe für die Nachwelt wieder aufleben zu lassen erkennt man das diese zeitlich unterschiedlichen Designs nur den geschichtlich überlieferten Namen als gemeinsamen Ausgangspunkt haben. Was daraus entsteht ist deutlich erkennbar das Resultat individueller Erforschung der damit zusammenhängenden Fakten. Ist keine zeitgenössische bildliche Darstellung des originalen Fahrzeuges vorhanden, die diesem gerecht wird, so ist es bestenfalls der persönliche Versuch ein Schiff einer bestimmten Periode zu rekonstruieren.
23.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Die Idee, die hauptsächlich nur dem Namen nach bekannte HMS BEAGLE einem größeren Kreis von Schiffsliebhabern auch dreidimensional näher zu bringen, formierte sich nach der Anfrage meines Verlegers ob ich wohl gewillt wäre in der Reihe ANATOMY OF THE SHIP dem Buch über die ENDEAVOUR ein weiteres über ein kleineres historisches Fahrzeug, eventuell eine Brigg, folgen zu lassen. In Australien lebend kam mir der Gedanke der für die Geschichte des Landes so wichtigen ENDEAVOUR eine ebenfalls wichtige, jedoch nahezu unbekannte, BEAGLE zur Seite zu stellen. Das Schiff, dessen Besatzung während eines mehr als sechsjährigen Aufenthalts in Australien gewaltige Strecken der Küste des noch vielfach unerforschten Kontinents kartographisch erfasste, neu entdeckten Flüssen und Buchten, wie z.B. Fitzroy River, Adelaide River, Victoria River, Albert River, die Beagle Bay und weiteren ihren Namen gab; wobei John Lort Stokes, dann 1. Leutnant der BEAGLE, mit einem Walboot am 9. September 1839 an der Nordküste einen größeren Hafen entdeckte und vermaß, den er Port Darwin nannte um damit seinen engen Freund und Kabinenpartner der vorherigen Reise, Charles Darwin, zu ehren. Dadurch wurde, lange bevor dieser selbst berühmt war, sein Name bereits als Teil eines australischen Küstenstreifens und seit 1874 der dortigen Ansiedlung „Darwin“ verewigt, ein Ort der sich zur Hauptstadt des großen australischen Northern Territory entwickelte.
24.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Es war der Gedanke mit der Rekonstruktion dieses unbedeutenden kleinen Kriegsschiffs das so hervorragend dem Frieden diente aus seinem Schattendasein zu befreien. Ein Fahrzeug dessen Name jedoch aus völlig unterschiedlichem Grund in aller Munde ist. Genau wie die ENDEAVOUR nicht nur als Name, sondern auch im Aussehen ein Begriff wurde, sollte von meiner Warte her die BEAGLE nicht nur als Schiff gesehen werden das einen jungen Naturforscher als „Extra“ an Bord nahm, um die Offiziere des Schiffes von der ungewohnten Naturkundearbeit neu kartographierter Gebiete zu entlasten. Das dem zweiundzwanzigjährigen jungen Naturforscher die ihm angetragene Aufgabe zu Schlussfolgerungen verhalf die ihm später zu einem weltbekannten Mann machten sollte nicht von der Bedeutung der außergewöhnlichen Tätigkeit dieser kleinen BEAGLE Besatzung ablenken, die für Monate völlig auf sich selbst gestellt, in arktischen Kälte und in tropischer Hitze, in Gebieten tausend und mehr Seemeilen von jeder Versorgungs- oder Hilfsquelle entfernt der ihr angetragenen Vermessungstätigkeit nachgingen. Die Vollfüllung dieser Aufgabe allein sollte den Namen HMS BEAGLE bereits gleichberechtigt in die Annalen der großen historischen Schiffe aufnehmen. Eine Schiffsanatomie zu erstellen bedeutet bei historischen Fahrzeugen nicht nur die Grundlagen für den Bau eines solchen zu erforschen um diese zu sammeln, sondern sie auch technisch-zeichnerisch und schriftlich aufzuarbeiten. Bei H.M.S. BEAGLE kamen zwar nahezu alle die Fakten zusammen die sich für die Gestaltung einer guten Replik anboten und doch konnte man die Suche, nicht nur der sekundären Fakten, mit einer Sisyphusarbeit vergleichen. Auch wenn es im Zeitalter der Schiffszeichnungen gebaut wurde, ein bekannter Schiffsname hat nicht immer eine Dokumentation wie man sie wünscht. HMS BEAGLE war Nummer 45 einer Serie von mehr als einhundert 10-Kanonen Briggs, eines Designs das 1807 von Sir Henry Peake’s geschaffen wurde. Nummer 45 lief in 1820 vom Stapel; während die letzte 1832 fertiggestellt wurde. Mit 235 t kennzeichnete man diese kleinste Klasse der seegehenden Kreuzer der Royal Navy als CHEROKEE, CADMUS, ROLLA; sie war nächst der 18-Kanonen CRUIZER Klasse die zweitgrößte Anzahl von Brig Sloops die entsprechend einem Design gebaut wurde. Nach einem Design gebaut hieß damals, genau so wenig wie heute, dass ein Fahrzeugtyp in den 25 Jahren seines Bestehens im Bau unverändert blieb. Es gab etliche unterschiedliche Bauzeichnungen in denen nur noch die Dimensionen und Wasserlinien einander glichen, jedoch keine die man direkt mit BEAGLE bezeichnete, nur eine der CADMUS Klasse mit einem schriftlichen Vermerk das am 16 Juli 1817 Kopien für den Bau der HMS BARRACOUTA und BEAGLE nach Woolwich geschickt wurden. Auch eine der BRISK Zeichnungen von 1817 mit Sepping Verbesserungen, von 1817 mit der Maßgabe diese für den Bau der BEAGLE nach Woolwich zu senden. Diese beiden Zeichnungen wurden zur Grundlage der Risse des Schiffes nach den FitzRoy Umbauten für die zweite (Darwin) Reise. Dazu kamen hinterlassene Aufzeichnungen von Robert FitzRoy, dem Kapitän der BEAGLE in denen er Anweisungen spezieller Art gab die auch ausgeführt wurden. Er schrieb: ….fest entschlossen weder Mühe noch Kosten zu scheuen um unsere kleine Expedition in Hinblick auf Material und Ausrüstung so komplett wie möglich zu machen, soweit es meine Mittel und Anstrengungen erlauben, wenn unterstützt bei rücksichtsvolle und zufriedenstellende Vereinbarungen mit der Admiralität.
Dieser Umbau, den Robert FitzRoy mit seinen eigenen Mitteln bis zum Ende unterstützte, kostete mit £ 7583.00 nur £ 220.00 weniger als die originalen Baukosten des Schiffes. Neben den Aufzeichnungen FitzRoy’s trugen auch die Erinnerungen eines Augenzeugen zu der Entwicklung eines ziemlich realen Bildes der 1832 umgebauten BEAGLE bei. Es sind die aus der Erinnerung geschaffenen Handskizzen des früheren Midshipman’s der zweiten Reise von 1831- 1836, Philip Gidley King, der diese 1897 für einen Brief an A.H.H. Murray zusammenstellte. Diese drei authentischen Skizzen waren neben den Darstellungen von Conrad Martens, ein die BEAGLE begleitender Maler, hier eine Bleistiftskizze des Schiffes im Hafen von Sydney und einer weiteren Aquarell der HMS BEAGLE vor dem Fort Macquarie im Hafen von Sydney 1841bei Oven Stanley.
Darstellung der HMS BEAGLE vor dem Fort Macquarie im Hafen von Sydney 1841, Ein Aquarell von Oven Stanley, dem Kapitän des auch im Hafen liegenden Survey-Schiffes H.M.S.BRITOMART, nebst den vielen Anweisungen FitzRoy’s u.a. richtungweisend für die Gestaltung des Buches. Soweit ein wenig über das für die ANATOMY OF THE SHIP gesammelte Material, das seinen dreidimensionalen Ausdruck in dem für das Deutsche Schiffahrtsmuseum in Bremerhaven gebaute Modell fand. Das hier auf fünf Abbildungen dargestellte Modell für das Deutsche Schiffahrtsmuseum in Bremerhaven folgte genau den Beschreibungen und Bauplänen des Buches HMS BEAGLE, Survey Ship extraordinary. Es war 1996 die erste Mini-Replik der HMS BEAGLE in ihrem 1831 Umbau Status. Es darf gesagt werden das neben meinen eigenen Untersuchungen und denen anderer BEAGLE Forscher dies überhaupt zum ersten BEAGLE Modell in einem internationalen Museum wurde. Die ersten drei Fotos zeigen einmal den Bauzustand ohne Masten und Takelage. Man erkennt hier auch deutlich die Enge des Schiffes, in der sich 60 Seeleute für Jahre bei Wind und Wetter in den unwirtlichsten Landschaften der Welt bewegten. Auf den nächsten Bildern ist es dann vollgetakelt zu sehen.
Mit dem in 2009 folgenden 200. Geburtstag Charles Darwin‘s besann man sich auch auf HMS BEAGLE, dem vergessenen Schiff ohne dem die so aussergewöhnlichen Forschungsmöglichkeiten für den jungen Charles Darwin nicht möglich gewesen wären; auch auf das Buch mit seinen in die hunderte gehenden detaillierten Pläne es weltweiten Museen ermöglichte ihren Modellbestand durch ein exaktes HMS BEAGLE Modell zu bereichern, wie zum Beispiel das im Australian National Maritime Museum in Sydney und das hier im Bau sichtbare Großmodell (Maßstab 1:6) des Museo do Mar de Galicia in Vigo/Spanien. Nachfolgend zwei Fotos vom Vigo Großmodell im Bau. Beim ersten Bild ist der Rumpf noch ohne Zubehör, aber bereits mit dem Fockmast und Großmast eingesetzt. Das Detail darunter zeigt das hintere Oberlicht mit dem Steuerrad unter dem Poopdeck und vor dem Kartenhaus, indem Charles Darwin und der 1. Leutnant des Schiffes, John Lort Stokes während der zweiten Süd-Amerika Expedition lebten.
Man erkennt die Türen zu dem Raum auf der für Darwin gefertigten Übersichtszeichnung die eine Aufteilung des Raumes deutlich macht.
38.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Die Einrichtung des Raumes unter dem Poopdeck, rechts der Kartenraum.
Was aber auf der Skizze von Philip Gidley King‘s als unwahrscheinlich erscheint sind die an der Front zwischen den Türen gezeigten Handfeuerwaffen. Dies kann nur so deuten das er damit zur Schau stellen wollte wie die Waffen auf der Innenwand angebracht wurden. Die Luft- und Meeresfeuchtigkeit hätte sie an der Außenseite schnellstens unbrauchbar werden lassen und von der Sicherheit her betrachtet hätte man sie nicht für jeden zugänglich gemacht. Die Euphorie des Darwin-Jahres erweckte auch Eintagsfliegen, wie Baukästen, die hier weiter nicht zur Sprache kommen sollen und es gab Planungen zum Bau einer HMS BEAGLE Replik. Eine dieser Planungen „The HMS BEAGLE Project“ produzierte mit seinen Bitten um Geldspenden so viel Mediawind das allein damit schon das Schiff zum geplanten Stapellauf hätte segeln können. Der Planung folgte aber nicht einmal eine Kiellegung und der Wind blähte nur die tiefen Taschen auf in der das Geld verschwinden sollte. Um so etwas auf die Beine zu stellen müssen den Worten schnellstens Taten folgen. Sonst wird die Bitte um Geld sehr schnell anrüchig. Es war wie eine frische Brise als ich von einem Museumsprojekt erfuhr das sich zum Ziel setzte die HMS BEAGLE in Originalgröße wieder aufleben zu lassen und es nicht nur bei der Planung beließ sondern bereits den Bau begonnen hatte. Es war eben mehr überraschend zu erfahren wo dieses Projekt vonstatten ging und der Ansporn nicht Charles Darwin sondern die Magallan-Straße war. Das Museum ist das private Nao Victoria Museo und dessen Schöpfer und kreative Person dahinter ist Juan L.M. Alonso. Am Rande von Punta Arenas, der am Ufer der Magellan-Straße liegenden südlichsten Stadt der Welt, machte er es sich zur Aufgabe die historischen Schiffe dieser nach ihrem Entdecker benannten Meeresstraße in Originalgröße nachzubauen. Er begann mit dem nebenstehenden ersten Nachbau eines frühen 16. Jahrhundert Schiffes; damit Magellans aus fünf Fahrzeugen bestehende Flotte symbolisierend, von der nur die VICTORIA die Weltumsegelung beenden konnte. Der Name dieses Nachbaus wurde zum Titel seines Museums, NAO VICTORIA.
39.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Inzwischen entstand die für die Vermessung der Meeresstraße so wichtige HMS BEAGLE bereits als viertes Fahrzeug seiner kleinen Flotte und sein Museum wurde zu einem bemerkenswerten und außergewöhnlichen Denkmal für all die Männer, die für diese Großtaten lebten und ihr Leben ließen. Ein Museum, dessen Name heute bereits beginnt über die Grenzen Chiles hinaus zu wachsen. Es bedurfte eines Idealisten der keinen Wind machte und die Tat vor allem anderen setzte. Auch in unserer Welt ist diese seltene Gattung noch vorhanden. Die Planung des Nachbaus der HMS BEAGLE begann gegen Ende von 2011 und wiederum war es mein Buch das dieser Planung in ihren Konstruktionsdetails als Grundlage diente. Die eigentliche Kiellegung fand am 1. November 2012 statt. Auf dem folgenden Bild sehen wir diesen sehr informellen Akt der Kiellegung und danach wenige Wochen später den errichteten Kiel - Vor-und Achtersteven –Verbund mit einigen Spanten gesetzt.
Wie man sehen kann sind hier bereits alle Spanten mit der Ausnahme der Bughölzer (Füllstücke, Klüshölzer und Ohrholz) sichtbar und die angebrachten Senten lassen den guten Verlauf der Spanten erkennen.
44.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Die nachfolgenden Bilder entstanden sicher erst etliche Monate später, der lange antarktische Winter war vergangen und das Gerippe des Schiffes wurde mit seiner Beplankung versehen. Zudem machte am Rumpf eine große Tafel die Besucher des Museums darauf aufmerksam was für eine weitere Attraktion sie beim nächsten Besuch erwartet. Auf dem darauffolgenden Photo erkennt man die Beplankung des Spiegels. Nachdem man die Aussenhautplankung beendete gab es den ersten Anstrich. Die nächste Stufe, der Innenausbau beginnt. Man sieht auf dem folgenden Bild noch die Auflanger der Spanten herausragen.
45.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Wir stehen hier auf der Poop und mit einem Blick aus der Vogelperspektive betrachten wir das frisch geplankte Oberdeck und die Back. Von diesem Bauzustand nun ein Sprung zu Detailphotos an Bord. Zuvor jedoch hier noch die Seitenansicht des fertiggestellten Rumpfes.
Die Bilder an und unter Deck sind alle während des Einbaus aufgenommen und zeigen noch nicht den Endzustand. An Oberdeck stehend richtet sich unser Blick vorwärts zur Back. Auf dieser, aber noch nicht auf ihrem Platz, befindet sich die Carronade. Direkt im Halbdunkel hinter der Back ist im Oberdeck das Loch für den Fockmast und des Weiteren müssen unter dieser noch einige weitere Arbeiten vorgenommen werden. Gefolgt ist es von dem neuen Patent Bratspill, den Niedergängen mit Luke und dem vorderen Bootsständer.
Die Großmast-Position mit dem Hauptniedergang, den Pumpen und dem Beting sehen wir auf dem mittleren Bild. Dahinter der vordere Trägerbalken der großen Walboote. Dieses Bild zeigt einen Blick über das gesamte Oberdeck.
51.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Mit dieser noch etwas unfertigen Ansicht des Achterschiffes verlassen wir das Oberdeck. Mitte vorn auf dem Poopdeck steht der Azimuthkompass dahinter das Oberlicht des Kartenhauses und seitlich die Auflagen der Walboote. Für die Sicherheit der Besucher ersetzte man die Relingsleinen durch Metall Verbindungen. Die Niedergänge stehen auf den Flaggenkästen. Links ist eine Kabine und rechts der kleinere Raum war als Latrine bezeichnet. In der Vertiefung sehen wir das Steuerrad und einen der beiden Kompasse.
52.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Danach blicken wir in den Kartenraum mit dem grossen Kartentisch und der Verkleidung der Steuerleine.
53.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Wir gehen nun den Hauptniedergang hinunter ins Zwischendeck. Es muß dabei gesagt werden, die Aufnahmen wurden während des Baus gemacht. Unser Blick richtet sich vom Mannschaftsraum auf die Wand zum Messraum der Offiziere und der Kaspitänskabine. Hinter dem Gräting sehen wir die Großmastspur und beide Pumpen.
54.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Hier zeigt der Schiffszimmermann auf den nächsten drei Abbildungen einen Teil des Zwischendecks. Diese Aufnahme bringt uns hinter den Pumpen näher zum Eingang des Messraums und zu den seitlich in das Mannschaftsdeck ragenden Kabinen.
56.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Hier sehen wir einige Mannschafts Backen (Tische) und die von Sepping eingeführten hängenden eisernen Gabelkniee.
57.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Dieser Blick nach hinten vom vorderen Niedergang mit abgedeckten Luken und mit einer hier noch frei sichtbaren zum Kettenkasten führende Ankerkette.
58.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Hier ein paar Schnappschüsse der Bemastung und auf einen Anker.
Die Bemastung geschieht hier mittels eines Kranes. Als erster steht hier der Besanmast auf seinem Platz (Oben und Mitte links). Nachdem auch der Großmast und der Fockmast in der gleichen Art und Weise behandelt wurden, schaukelte man kunstgerecht das Bugspriet mit dem Klüverbaum und dem Aussenklüverbaum vor der Back in das Loch für das Bugspriet.
Auf diesem Bild hatte man es geschafft und zusammen mit den Rahen vorgeheißt sieht HMS BEAGLE Replik schon ganz einladend aus.
65.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Hier versucht ein ungeübter Takler ein Großwant auf seine Art und Weise mit einer Rüstjuffer zu verbinden. Der Boss betrachtet dies argwöhnisch und sagt auf Spanisch: “Nee meen Jung, so geht dat nich“
66.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Mit diesem letzten, treffenden Bild soll der Bericht beendet werden. Noch nicht ganz fertig, übersieht dieses Denkmal der H.M.S. BEAGLE an einem ruhigen Sommertag die Magellan-Straße, die vor 190 Jahren sicher des Öfteren vom Original besucht und vermessen wurde. Wo auch, nur wenige Kilometer entfernt, ihr erster Kapitän Commander Pringel Stokes in Port Famine begraben liegt. Das nahe dem Ufer gestrandete Motorschiff zeigt das diese so friedlich aussehende Meeresstraße auch mitunter sehr unangenehm werden kann.
Die Anfänge der Rekonstruktionsgeschichte empfand ich schon immer als ein sehr spannendes Thema. Und tatsächlich bin ich auch noch immer fasziniert von den diversen Graupner- und Revell-Santa Marien, die mich als Jugendlichen prägten, obwohl diese Entwürfe längst als überholt gelten. Den Strang werde ich jedenfalls gleich mal abonnieren, danke!