Zitat von Werner im Beitrag #14Man hatte im 17. Jahrhundert und sicher auch davor die Vorstellung, dass ein Schiff mittels Segelantrieb durch das Wasser gezogen wurde. ...
Wo liegt das Problem? Die hatten recht. Physikalisch gesehen wird ein Schiff tatsächlich "gezogen" - zumindest Rahsegler.
Mal von der Schrankwand "Heckspiegel/Rumpf" abgesehen, die Windlast welche darauf trifft "schiebt" das Schiff tatsächlich, schiebt der Wind die Segel(nicht das Schiff). Die Segel widerum ziehen das Schiff da sie "vor" den Masten angebracht sind. Bei einem Segler bei dem die Segel "hinter" dem Mast angebracht sind sieht es anders aus - Schoner, moderne Kleinsegler. Diese werden in der Tat geschoben.
Ich hatte es sogar immer so verstanden, dass die Segel mehr zogen werden, da der Unterdruck auf der Leeseite strömungstechnisch wirkungsvoller ist als der Überdruck dahinter?
Zitat von dafi im Beitrag #17Ich hatte es sogar immer so verstanden, dass die Segel mehr zogen werden, da der Unterdruck auf der Leeseite strömungstechnisch wirkungsvoller ist als der Überdruck dahinter?
Jo, da hast Du wahr, da bist Du recht, aber nicht bei Raumschotkursen und "platt vor'm Laken", da schiebt der Wind das Segel vor sich her, da es als reine Widerstandsfläche fungiert. Bei Kursen hoch am Wind kommt es darauf an, das Segel so anzustellen, also zu brassen, dass es ein Profil ausbildet, das wie eine Tragfläche wirkt. Dabei muss die Segelwölbung einigermaßen in Fahrtrichtung zeigen. Über die Wölbung legt der Wind eine längere Strecke zurück, als auf der anderen Seite und muss sich daher mehr beeilen. Durch die höhere Windgeschwindigkeit auf der gewölbten Seite entsteht dort ein Unter-druck (Bernoulli-Effekt), der dann das Segel zieht, eben so, wie ein Flugzeug in Richtung des Unterdrucks nach oben gezogen wird (oder auch ein Dachziegel bei Sturm). Wen es interessiert, ich habe mich bei der mini-sail mal darüber ausgelassen: Segeltheorie
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
Im Bezug auf DE LIEFDE habe ich mir das zitierte Originalbild (Wikipedea) angesehen und es hat keine genaue Datierung. Es wird als Detail einer Gravierung des 17. Jahrhunderts bezeichnet. Also keine genaue Zeitangabe. Außerdem wurde das Schiff 1600 in Japan ausgeplündert und lt. Wikipedea gaben die Japaner der Besatzung 1605 eine Dschunke um nach Holland zu gelangen. Diese kam sicher nicht vor 1606 in Holland an. Eine "Reis door de Straet von Magalhaes 1598 -1600" von M. Barent Iansz Amsterdam 1600 konnte ich im Internet nicht ausfindig machen. Er konnte 1600 ja noch nicht in Amsterdam berichtet haben was zu der Zeit gerade in Japan passierte wenn die Kunde erst 1606 Holland erreichte. Dort ist ein langer Titel von Barent Iansz Potgieter genannt der 1617 in Amsterdam veröffentlicht wurde. Dieses Datum würde mit meiner Annahme das wir 1610 als Ausgangspunkt der Sprietmast Blinde ansehen können übereinstimmen.
ich konnte das Buch im Internet ebenfalls nicht finden, was aber nicht heißt, dass es nicht exisitert. Als Quelle wird es oft zitiert.
Die Expedition startete mit 5 Schiffe (de Liefde, de Hoop, het Geloof, de Trouw und de Blijde Boodschap) unter der Leitung von Jacques Mahu und Simon de Cordes. Nur die "het Geloof" hat unter dem Kommando von Sebald de Weert den Weg zurück gefunden. Und das erst nach einer Meuterei und mit nur noch 36 Überlebenden.
Aber wie auch immer - die Frage ist, aus welchem Jahr der Stich in dem Buch stammt. Das Herausgabedatum halte ich mit 1600 für durchaus realistisch. Es ist ja möglich, daß es sich um die Reisebeschreibung der glücklichen Rückkehrer der Expedition handelt. "het Geloof" ist am 13. Juli.1600 zurückgekehrt. Es wäre für eine Veröffentlichung noch in 1600 sportlich, aber durchaus machbar.
Wenn man das Bild datieren kann, wäre damit aber m.E. noch nicht bewiesen, daß es sich bei dem dargestellten Schiff wirklich um "de Liefde" handelt. Es gibt auch Abbildungen, die die Liefde ganz ohne Blinde zeigen. Künstler haben für ihre Arbeit oft, mangels eigener Anschauung, auf Musterbücher zurückgegriffen. Wenn Sie etwas darstellen wollten, von dem keine Vorlagen von Augenzeugen vorliegen. Kupferstecher haben sowieso alles kopiert, dessen sie habhaft werden konnten ("Mein Freund und Kupferstecher"). Ganze Atlanten wurden damals raubkopiert. Einfach den ursprünglichen Autor aus dem Kupfer weggeschlifffen und den eigenen Namen eingraviert.
Die Frage ist aber, ob die dargestellte Führung der Blinde oberhalb des Bugspriets an einer Galeone möglich war. Also ein wahrhaftiges Schiff mit dieser Takelung als Vorbild existiert hat. Oder es ist ein Fehler des Zeichners, der die Blindenrah falsch positioniert hat? Auch das wäre denkbar!
Aber was ich aus dieser Abbildung als Idee hatte und zur Diskussion beitragen möchte:
Ich halte die Crew einer Galeone für durchaus fähig, alternative Riggformen während einer Reise umzubauen und auszuprobieren.
An Bord war alles vorhanden, um entsprechende Umbauten durchzuführen - Material und Know How. Diese Leute waren Abenteuerer und waren gleichzeitig Multitalente. Dazu haben die keine Spezialisten benötigt. So ist es auch bekannt, daß die Vasa nicht von der Werft aufgeriggt wurde. Dies lag im Aufgabenbereich der Offiziere und der Mannschaft. Das war Teil der Seemannschaft im 17. Jahrhundert.
Der Steuermann der Liefde, William Adams, hat für die Japaner zwei komplette Schiffe nach westlicher Bauart gebaut. Außerdem hat er die Truppen des Regenten für den Kampf ausgebildet. Dies ist Thema des Romans "Shogun" von James Clavell, welcher auch verfilmt worden ist.
Wenn so jemand bemerkt, dass sein Schiff zu luvgierig ist und sich schwer steuern läßt, wird ihm schon etwas eingefallen sein: Er hat dann zum Beispiel die Blinde etwas nach oben versetzt. Oder über die Blinde eine Oberblinde gesetzt. Dazu braucht er keine Werft und keine Schiffskonstrukteure.
Daher wird sich das erste Schiff mit einer Oberblinde m.E. auch schwer datieren lassen.
Grüße, Alexander
Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten. (Katharina von Siena)
ich glaube, das sind jeweils Neuveröffentlichungen, die den Bericht zumindest beeinhalten. Vielen Dank für Deine Suche! Leider ist mein Niederländisch zu schlecht, um das einigermaßen lesen zu können.
„Reis door de Straet von Magalhaes 1598—1600", beschrieben durch M. Barent Iansz (Chirurg), Amsterdam 1600 wurde von Werner Jaeger als Quelle genannt. Der korrekte Name des Autors ist wohl Barent Jansz Potgieter. Der Drucker und Herausgeber des Buches war Zacharias Heyns.
In Deinem ersten Link des Buches von Dr. Wieder 1923 ist die Grafik mit dern 5 Schiffen auf Seite 161 (das entspricht Seite 141 des Buches) Auf Seite 164 (das entspricht Seite 144 des Buchs) findet sich ein Vorwort von Zacharias Heyns mit dem Datum: 25. September 1600 in Amsterdam.
Ich hoffe, das hilft Karl weiter - auch wenn die Spur vielleicht nicht so heiß ist, wie es wünschenswert wäre.
Grüße, Alexander
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