Seit wir denken können ist das Schiff eine der wichtigsten Entwickelungen in der Menschheitsgeschichte und doch muß man immer wieder erkennen wie wenig dem Einzelnen die Geschichte des Schiffbaus bekannt ist. Dabei hat die Evolution dieses Transportmittels mehr als alles andere in der Welt unser Leben voran getrieben und verändert. Nicht viele denken über ein Schiff nach wenn sie es sehen und noch weniger über dessen Herkunft.
Da nimmt es nicht Wunder wenn man eines der seltenen Schiffsmodelle des ausgehenden 16. Jahrhunderts immer wieder zur Restaurierung in Hände gibt deren Wissen und Können nicht ausreicht um es zu erhalten. Würde man einen da Vinci oder Michelangelo in solche geben? Niemals und würde man dem gleichen Modell das antun wenn ein berühmter Name dahinter stände? Die Antwort bleibt die Gleiche. Es wäre der Name vor dem man sich in Reverenz verbeugt, die Arbeit selbst hätte sich nicht verändert. Diese ist und bleibt ein Zeitzeuge dem man, mit oder ohne Namen, mit der gleichen Ehrfurcht begegnen sollte. Aber dies erscheint konträr zur menschlichen Natur. Was wäre die „Mona Lisa“ ohne des Malers Signatur? – Krass gesagt, ein Frauenportrait in einem Dutzend!
Das Schiffsmodell bekannt als „Peller Modell“ ist ein Modell eines im holländischen Stil gebauten, bewaffneten Schiffes um 1600 wie es dieser Bildausschnitt einer Amsterdamer Stadtansicht von Claes Jansz Visscher von 1611 zeigt. Das gleiche Schiff ist bereits auf einer ähnlichen Stadtansicht von Pieter Bast 1599 sichtbar. Wie aus den obigen Bild erkennbar,sind die Rumpfformen des Kupferstichs und des Modells nahezu identisch. Die nicht mehr vorhandene Jahreszahl 1603 am Spiegel des Modells weist auf das Alter des Modelles hin. Die Symmetrie beider Abbildungen wird nur durch die überhohe Bemastung des Modells und dessen Besegelung gestört.
Was wir über die Herkunft dieses Modells wissen ist dokumentarisch nicht belegt und kann nur aus der Art und Weise des Baus und anderer Einzelheiten geschlossen werden. Deshalb müssen wir davon ausgehen das dies eine holländische oder eine von diesem Schiffbau beeinflußte kontinentale Arbeit ist bei der das später im Spiegel hinzugefügte „Peller“ Familienwappen das Lübecker Stadtwappen übermalte und demzufolge von ursprünglich lübischer Herkunft hätte sein können.
Fest steht auch das es ursprünglich gebaut wurde um an einer Decke zu hängen. Die dafür benötigten starken Ösen sind noch auf den Photos 1923 und 1930 deutlich sichtbar; auf dem mit 1966 datierten Bilde nach der W. Jäger Bearbeitung kann man sie allerdings nicht mehr erkennen. Am Modell wurden, wahrscheinlich im 18. Jahrhundert, auch außenbords Großsegelhalsklampen angebracht, die es hundert Jahre vorher noch nicht gab.
Wie kam nun die wohlhabene und 1585 geadelte Nürnberger Peller Familie in den Besitz des Modells und was für ein Zusammenhang bestand zwischen dem mit 28 (!) Kanonen bestückten Fahrzeug und der im tiefen Inland lebenden Familie Peller? Es ist kein Handelsschiff, wobei ich vor allem die 6 unter der Back und 6 der unter dem Halbdeck gesetzten kleineren Geschütze entsprechend der Ikonographie um 1600 nicht als original bezeichnen möchte; demzufolge fallen kommerzielle Gedanken für ein mit ca. 16 Kanonen bestücktes kleineres Kriegsschiff aus und es verbleiben in der Hauptsache nur noch Geschenkzwecke oder eine Votivgabe übrig. Es wäre gut wenn das Germanische Nationalmuseum diesen Zusammenhang feststellen könnte. Immerhin ist das Modell das älteste in Deutschland vorhandene und dementsprechend wertvoll.
Der Sohn des 1585 in den erblichen Adelstand versetzten Martin Peller, Tobias Peller war Marktvorsteher zu Nürnberg und hatte sicherlich kaufmännische Beziehungen (zu und mit wem?). Dessen Sohn Christoph Peller von und zu Schoppershof (28. Nov. 1630 – 25. März 1711) war ein Rechtsgelehrter Rath mehrerer Reichsstände und bereiste während seiner Studienzeit zwischen 1651 und 1658 das Elsaß und Holland und hielt sich in Straßburg und längere Zeit in Utrecht auf. Kann er in letzterem Ort das zum Verkauf stehende (lübische Farben aufweisende?) Modell als Geschenk für seinen Vater erworben haben? Der einzige gesicherte Zeitpunkt und Standort 1822, den Besitzer des Modells als Georg Ulrich Frieser, Kaufmann in Nürnberg angebend, und der Ankauf des Modells durch das Germanische Nationalmuseum um 1870 von dem Antiquar Pickert in Nürnberg besagen zu einem hohen Prozentsatz an Wahrscheinlichkeit das dieses Modell nach dem Erwerb durch einem Angehörigen der Peller Familie Nürnberg wohl nie wieder verließ. Die Frage ergibt sich, war G.U. Frieser ein Nachkomme der Peller Familie und das Modell für 200 Jahre Familienbesitz?
Der Zeitpunkt der ersten Restaurierung 1715 kam kurz nach dem Hinscheiden Christophs in 1711. War das Zufall oder gehörte das Modell zum Nachlass? Fragen die wirklich eine Antwort suchen. Über die damit verbundenen Restaurierungen soll gleich noch gesprochen werden.
In meiner Auseinandersetzung mit dem Modell, oder besser gesagt mit seiner Takelage, kann ich nur von wenigen Photos ausgehen, gesehen habe ich das Modell im Original leider nicht. Ich hatte auch nur Kopien zweier Seiten des W. Jäger Buches zur Hand die sich auf den Sprietmast bezogen. Über seine weitere Aussage hinsichtlich des Modells bin ich nicht informiert.
Nehmen wir das Datum der ersten Restaurierung als gegeben, dann klafft zwischen dem Baujahr und diesem eine Lücke von 112 Jahren in der das Modell entweder eine zeitgemäße Besegelung hatte oder ohne Masten war. Das Jahr 1715 kann in etwa die zu großen Masten und besonders das Bramsegel erklären; ein drittes um 1603 bislang nur auf Großschiffen gefahrenes neues Rahsegel. Da eine genaue Höhe der Masten zu der Zeit wohl kaum zum Allgemeinwissen gehörte wurden diese von dem ausgedienten Seemann? (der gewöhnliche Weg zu einer Erneuerung von der Takelage) oder welchen Beruf Michael Küchel auch immer hatte, sicher über den Daumen gepeilt. Das gilt auch für das überlange Bugspriet.
Die Hypothese das Modell 1715 in Peller Besitz, also in Nürnberg sehend, schließt auch diesen Ort als Wohnsitz des Restaurators (Kunsthandwerkers) nicht aus. 1715 war auch die Zeit in der das Jahrhundert eines Sprietmastes zum Ende kam. Deshalb besteht durchaus eine gewisse Möglichkeit das ein solcher wohl zur „Küchel Restaurierung“ gehören konnte, aber auf keinem Fall zur Originaltakelung. Wo war dieser bei der späteren, der 1822 Restaurierung? Das Modell hat entsprechend der Photos verschiedene kleinere Überholungen gesehen und bei keiner ist der Sprietmast aufgetaucht; bis Werner Jäger schrieb:“ War nur eine Große Blinde unter dem Bugspriet oder auch noch eine, allerdings für die Zeit um 1600 seltene Bugsprietstenge [Sprietmast!] mit Segel gesetzt? Das besonders geformte Bugsprietende, der kleine dem Modell beigegebene Mars und die lose beigefügte (nicht zeitgenössische) Stenge sind hierfür noch kein Beweis. Den Beweis für eine früher vorhandene Bugsprietstenge liefert jedoch ein nachweislich altes, mit Sonne und Mond bemaltes Segel. Es fällt durch seine starken „Wölbungen“, die lang ausgezogenen Schothörner und die von den übrigen zeitgenössischen vier anderen Segeln abweichende Form besonders auf. Auch Jäger gibt keine Erklärung darüber wo dieses Fanthom plötzlich herkam, „es war beigegeben“ und erschien dann promt auf dem 1966er Photo des Modells, wo es für Verwirrung in der Schiffsmodellbauwelt sorgte. Auf dem 1923 Photo ist der obere Besanmars unterschiedlich zu den anderen, also später erneuert. Ohne den von Jäger erwähnten „dem Modell beigegebene Mars“ gesehen zu haben kann ich nur schätzen das dieser ursprünglich am Besanmast saß und nicht die Basis für einen Sprietmast bildete.
Gewisse maritim-handwerkliche Kenntnisse für die Restaurierung voraussetzend ist der Besanmast gewiss keine Entgleisung des Herrn Küchel. Er hätte 1715 einen solch monströsen Mast niemals geschaffen, denn so etwas kam nicht in sein Blickfeld. Was er an Schiffen zu Gesicht bekam hatte in den Jahren nur einen Mast mit einer Besanrute (Lateinsegelrah) plus Lateinsegel und einer Kreuzrah mit einem kleinen Besan-, oder in der neueren Sprachweise, Kreuz-Marssegel darüber. Um 1603 existierte weder dieses Besan-Marssegel noch gab es eine Kreuzrah. Beide waren eine Entwicklung des etwas späteren 17. Jahrhunderts. Der vorhandene Besanmast des Modells muß 1822 von jemanden, im Jargon der Küstenbewohner ausgedrückt, einer „Landratte“, geschaffen worden sein der wohl die Abbildung eines getakelten Schiffes seiner Zeit vor sich hatte aber nicht richtig wußte was damit anzufangen war. Was damals mit dem Besanmast geschah hätte selbst „der kleine Moritz“ nicht besser machen können, während die nachfolgenden Restauratoren aus irgendwelchen nicht nachvollziehbaren Gründen diesen „Schandfleck“ (ich will es nicht derber ausdrücken) nicht ausradierten sondern nur darum herumspielten.
In dem von Johannes Uhlenhaut im Jahrbuch des Altonaer Museums in Hamburg von 1971 veröffentlichten Restaurierungsbericht von 1970 wurde geschrieben (In Italienisch ausgedrückt): Bei der Restaurierung von 1970 handelt es sich um die dritte bekannte Überarbeitung des Modells. [----] Die Restaurierung von 1970 lag in den Händen von Willy Bußtorf aus Hamburg-Blankenese, dem Schiffsmodellbauer und –Restaurator des Altonaer Museums.
Den Zustand des Modells vor der Bearbeitung durch W. Jaeger dokumentieren die Abbildungen 1, ein Foto von 1930 (?) und 2, ein Foto von 1966. Nach der Bearbeitung war das Modell in seine Einzelteile zerlegt.(Warum, wenn dieses auf dem Photo von 1966 völlig restauriert erscheint?) In diesem Zustand kam es in die Hände des Restaurators.
Die Richtlinien für die Restaurierung, die in einem Restaurierungsplan zusammengefaßt wurden, waren folgende: Das Modell ist in einen Zustand zu versetzen, der dem ursprünglichen so weit wie möglich nahe kommt, ohne dabei dem Modell seine Geschichte zu nehmen und weitere Forschungen zu beeinträchtigen. Alle fehlenden Modellteile die zur Vervollständigung des Gesamteindrucks notwendig sind, sollen ergänzt oder erneuert, alle zerstörten und beschädigten Teile, die für die Festigkeit des Modells wichtig sind, sollen überholt und erneuert werden.
Dies wäre ein Freibrief für einem Restaurator der wußte was er tat und es verantworten konnte. Es war aber auf der Kehrseite auch ein „Händewaschen“ des Anordnenden, der damit sagte:“ Ich habe keine Ahnung was zu tun ist, möchte aber das es richtig getan wird“. Das ist auch daraus zu entnehmen daß der Auftraggeber das Modell in dem entgültigen Restaurierungszustand abnahm, also mit der Arbeit seines Restaurators zufrieden gewesen sein mußte.
Wenn wir dafür das „Mona Lisa“ Beispiel noch einmal in unser Blickfeld zurückrufen hieße dies; „nimm der schönen Frau um Gottes Willen nicht den Bart ab und den „Afro look“ weg wenn du nicht ganz sicher bist ob dieser echt ist oder erst nachträglich angemalt wurde!“ Der nächste Satz dieses Berichtes gibt dann bereits die Entschuldigung.
Es war also nicht beabsichtigt, eine Rekonstruktion des Zustandes von 1603 zu versuchen, wie sie nach den Untersuchungen W. Jaegers im gewissen Umfang (!!!) möglich gewesen wäre.
Demzufolge traute man weder W. Jäger, der sich im Hinblick auf den Sprietmast nicht ganz sicher war, ihn jedoch dem Modell hinzufügte, noch sich selbst (ein maritim orientiertes Museum) und machte damit den Besitzer des Modells zum Gegenstand öffentlichen Gelächters.
Dabei hätten zuviele Teile verändert, ersetzt oder ergänzt werden müssen und zu viele nicht reservible Eingriffe in eine zwar spätere, inzwischen aber ebenfalls historische Substanz aus den früheren Restaurierungen vorgenommen werden müssen. So hatte man auch darauf verzichtet,....
3.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Das Modell ca. 1923 ohne Sprietmast nach R. Morton Nance, Classic Sailing Ship Models
Zuviele „nicht reversible Eingriffe“? Dies ist in meinen Augen absoluter Unverstand, denn die ersten großen „nicht reversible Eingriffe“ wurden bereits 1715 gemacht, 1822 weiter geführt und dann aus Angst etwas verkehrt zu machen von den Restauratoren des 20. Jahrhunderts fortgesetzt.
Zwei oder mehr Fehlentscheidungen resultieren noch nie in einer richtigen und die falsche Besegelung in eine richtige umzusetzen hieß nur daß der Restaurator sicher in dem sein mußte was er tat. Die einzige „historische Substanz“ war in diesem Falle das Fehlverhalten aller Restauratoren die aus einem historisch wertvollen Modell eine Witzfigur machten. Wobei im Falle des gegenwärtigen Peller Modell Zustandes ein Richterspruch lauten würde: „Schuldig der Beihilfe nach der Tat.“.
Wenn man diese „historische Substanz“ behalten wollte brauchte man nur die Masten gesondert aufheben und die entsprechenden Photos des über Jahrhunderte falsch getakelten Modells mit Kommentar zur Schau stellen. Das würde nur die Kosten eines extra Schaukastens erfordern um dem Publikum die Möglichkeit zu geben das Schiff so zu sehen wie es ursprünglich wirklich war.
Es ist nicht bekannt was mit dem Modell zwischen 1822 und dem Bild von 1923 geschah. Dazu müssen wir uns die vorhandenen Photos einmal etwas näher betrachten.
Der Rumpf selbst ist auf dem ersten Photo gesäubert, ihm fehlen die fünf unteren Geschütze, die Anker sind zu groß und aus dem 19. Jahrhundert, während sich außenbords Großsegel-Halsklampen des 18. Jahrhunderts im vorderen Ende der Kuhl befinden. Auffällig im Heck ist die völlig fehl am Platz befindliche Hecklaterne, sie gehört nicht in den Anfang des 17. Jahrhunderts. Schiffe der Zeit führten noch keine Hecklaternen. Die smart gekleideten Seeleute des 19. Jahrhunderts sind einmal zu groß und zum anderen gehören sie nicht auf das Modell und helfen dabei fleißig dieses lächerlich zu machen. Masten und Takelung haben auf diesem Bilde stark gelitten und die Segel sprechen von verschiedenen Zeitaltern.
Man spricht im Altonaer Museums Restaurierungsbericht von sechs bemalten Segeln. Das Original konnte im besten Falle nur vier davon besessen haben. Bemalte Segel sind sehr selten in der Ikonographie des Zeitalters zu finden. Sie wurden vielleicht an einem Schaumodell angebracht, wie beim Peller Modell, oder sollten auf einem Bilde das Admiralsschiff einer Flotte markieren.
4.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Ein sehr seltenes Bild eines holländischen großen viermastigen Kriegsschiffes mit Bramsegel und bemalten Segeln um 1600.
Man könnte sie als Paradesegel bezeichnen, sie waren zu kostbar um alltäglich gesetzt zu werden. Im Gefecht wären sie vor allen anderen ein ausgezeichnetes Angriffsziel, für jedes feindliche Schiff deutlich zu sehen wo sich der Admiral der Flotte befand; selbst auch nur dem Wind und Wetter ausgesetzt wären sie nach einer Weile zerschlissen, wurden geflickt oder ersetzt. Zwei (oder sind es vier?) weitere dieser bemalten Segel sind wahrscheinlich die Arbeit des an der 1822 Restaurierung mitarbeitenden Kunstmalers Johann Christoph Heimer. Aus den beigefügten Bildern kann ich nur die sich am Fockmast befindliche Fock und das Marssegel als original zu dem Modell sehen, die anderen erscheinen 1.) zu klein um am Großmast oder selbst am Fockmast gefahren zu werden und 2.) sind als Bramsegel absolut überflüssig. Die vier weiteren, Blinde, Großsegel, Großmarssegel und Großbramsegel, sind nicht gerade gut gelungene Stücke des 19. Jahrhunderts. Sie wurden von jemand hergestellt der nicht einmal wußte wie und wo Reffbändsel angebracht wurden und wie groß die Wasserlöcher am Spritsegel sein durften. Man gab diesen neuen Segeln entsprechend dickere Rahen und nicht zu akzeptierende Fußpferde, aber keine Racks. Außerdem zeigt das Modell vor der Blinde am Bugspriet noch eine lose hängende Bovenblinde (18. Jahrhundert), die offensichtlich während der folgenden sieben Jahre entfernt wurde.
5.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Das Modell ca. 1930 mit einem Göschstock auf dem Ende des Bugspriets.
Wegen dieser sechs zeitlich völlig falschen Segel das Status Quo nicht zu verändern läßt nur ein kopfschüttelndes Lächeln zu, während die im Restaurierungsbericht niedergeschriebene Begründung....ohne dabei dem Modell seine Geschichte zu nehmen und weitere Forschungen zu beeinträchtigen... als unbegreiflich erscheint. Zuviel ist in den vier Jahrhunderten verloren gegangen und durch Unwissenheit verfälscht worden, da sollte man doch wirklich nicht mehr von einer Beeinträchtigung der „Geschichte und Forschung“ sprechen um den eigenen Mangel an Wissen zu verbergen.
6.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Der endgültige Zustand des Modells nach der Restaurierung von 1970. (?) Dieses Bild muß dem Zustand entsprechend in den Jahren zwischen 1930 und 1966 aufgenommen worden sein.
Im Bild des 1923er Modell sichtbar sind noch drei Stander (lange Wimpel) und am Besanmast weiterhin eine dreifarbige Landesflagge (Rot-Weiß-Blau?). Der Besanmast hat dort auch nur zwei Segel. Warum hatte man des Modell um diesen Teil „seiner Geschichte“ beraubt?
7.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Zustand des Modells im Jahre 1966
Zwischen dem 1923 und dem 1930 Photo muß eine Minirestaurierung stattgefunden haben, denn abgesehen von dem Göschstock wurden die Masten des 1923er Bildes gerade gesetzt, man brachte einige Ordnung in das Wirrwarr des Tauwerks, hatte die Flaggen entfernt und dem Besanmast noch ein Bramsegel gegeben. Außerdem setzte man die Laterne gerade und die „Besatzung“ an unterschiedliche Plätze. Beeinträchtigte man damit nicht auch den für die „Geschichte“ und Forschung“ so wichtigen Plunder? Vielleicht wären ja die drei Stander und Flagge wichtiger gewesen als angenommen?
Das nächste Bild, das man im Restaurierungsbericht 1970 als „Der entgültige Zustand des Modells nach der Restaurierung von 1970“ bezeichnet ist sicher ein Versehen, denn es entspricht nicht dem letzten Bild von dem man sagt das es der „Zustand des Modells im Jahre 1966“ war. Da dieses Modell sich seit 1870 im Besitz des Germanischen Nationalmuseums befindet sollte eine nähere Zeitangabe möglich sein. Vom 1930er Bild ausgehend ist diese Aufnahme wieder one Göschstock, die 1930 geschaffenen Blinde Toppnants sind in Unordnung, alle 29 Personen und auch die Hecklaterne fehlen, während das Besanbramsegel verkehrt hinter dem Mast angebracht ist.
Die letzte Vollansicht des Modells ist die als Zustand des Modells im Jahre 1966 bezeichnete. Hier hatte der Restaurator (W. Jäger?) die vorhandenen Segel entsprechend des 17. Jahrhunderts getakelt, dem Modell einen Sprietmast gegeben, die leeren Stückpforten mit schwerem Geschütz bestückt und das Achterschiff ist neu gemalt. Ansonsten verblieb das Modell in seinem unmöglichen Zustand.
8.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Das Besan-Mars-Segel mit den Aufschriften wurde erst 1822 geschaffen. Dies wird aus der Nennung des derzeitigen Restaurators und Besitzers des Modells deutlich. Gibt es neben diesem Segel noch einen anderen Beweis für das Baujahr 1603 und des ersten Restaurators 112 Jahre später, oder ist dies die einzige Dokumentierung? Man nimmt an das sich bei der 1822er Restaurierung im Rumpf des Modells ein Zettel verbarg und diese Aufzeichnungen davon stammen. Eine Annahme die richtig sein könnte, wobei dann der Zettel später achtlos beiseite geworfen wurde.
Mein Ratschlag, wenn ich ihn geben darf und dieser auch angenommen würde, wäre zuerst einen Restaurator mit ausgezeichnetem Fachwissen zu suchen und dann die über Jahrhunderte total vernichtete gegenwärtige Bemastung und Takelung entfernen um dem Modell eine absolut der Zeit um 1600 angepasste neue Bemastung, Besegelung und Takelung zu geben. Die beiden originalen Frontsegel (Fock und Vormars) sollten in diese neue Besegelung mit einbezogen werden. Es gibt keine andere Möglichkeit um die Würde dieses alten Modells wieder herzustellen. Das entfernte Material sollte dann wie beschrieben in einem seperaten Schaukasten mit entsprechenden Erklärungen ausgestellt werden. Für diese neue Bemastung sind hier einige zeitgenössische Dimensionen der Masten und Rahen um 1600: Zu den ganz frühen Publikationen dieser Art zählt Captain John Smith A Sea Grammar von 1627. In dieser berichtet er daß die meist benutzte Formel für die Länge des Großmastes war 4/5 der Schiffsbreite x 3, diese Länge in Yard als Zoll gesehen bedeutete den Durchmesser eines solchen. Der Fockmast war 4/5 der Großmast Abmessungen und das Bugspriet dem Fockmast gleich. Der Besanmast sollte die halbe Länge des Großmastes ausmachen. Smith erwähnt weder die Länge des Masttopps noch die der Marsstengen und Flaggstöcke.
Während die Länge der Masten von der Schiffsbreite her gemessen wurden war für die Rahen die Länge des Kiels zuständig. Länge des Kiels war niemals weniger als die doppelte und mehr als die dreifache Breite des Schiffes, (A Treatise on Shipbuilding 1620). John Smith schreibt:“Aber dies erscheint am Besten: habe die Großrah als 5/6 der Kiellänge und ¾ Zoll pro yard Länge als Dicke. Die Länge der Fockrah ist 4/5 der Großrah, die der Marsrahen 3/7 der unteren Rah. Die Sprietsailrah ca. 5/7 der Großrah und die Besanrute so lang wie der Besanmast, beide in Durchmesser ½ Zoll pro yard Länge. An anderer Stelle: Die Marsrahen waren die halbe Länge und Dicke der unteren Rahen“. Über die Länge der Rahnocken wurde nichts ausgesagt, sie mußten aber lang genug gewesen sein um das Segel zu spreizen und Topnanten sowohl als auch Brassen aufzunehmen.
Von R.C. Andersons The Rigging of Ships 1600 – 1720 ist zu entnehmen das Manwayring um ca. 1623 von 12/5 Schiffsbreite, also gleich Smiths 4/5 x 3, sprach und entsprechend seiner Forschungen um 1600 die Masttopplänge 1/15 der Mastlänge betrug. Wobei alle Mastlängen mit denen von Captain Smith korrespondierten. Die Länge der Marsstengen war ca. ½ der Untermasten. Für Flaggstöcke gab es keine Abmessungen.
Ferner sollte man bei der Takelung der Segel berücksichtigen das um 1600 die Segel keine Reffbändsel und die Untersegel Bonnets und Drabbler zur Verkürzung hatten und neben den Geitauen und Buntleinen Martinets zum Bergen des Segels benutzten. Ich könnte mir vorstellen das mit der Hilfe dieser Angaben das Peller Modell zu einem zentralen Schmuckstück des Nürnberger Germanischen National Museums werden kann.
wahre Worte über dieses historisch wichtige Modell. Der Vergleich mit der Mona Lisa: sehr treffend! Aber insbesondere die Kritik an der letzten Restaurierung 1970 ist gerechtfertigt. Ich war tief enttäuscht, als diese Takelage und die Fässer und und die Mannschkal mit den Hüten alle wieder dran waren, als wäre nichts passiert. Sicher ein Grund, daß dieses Modell so wenig Beachtung bei Modellbauern findet. Dabei wäre es sicher ein sehr schönes Schiff, wenn man die Takelage nach den neusten Erkenntnissen restauriert (Jaegers hervorragende Arbeit ist evtl schon wieder in bestimmten Punkten veraltet; Du hast ja Vorschläge gemacht; die Leute im Vasa-Museum haben sicher auch noch viele neue Erkenntnisse)
Vielleicht erbarmt sich ja einer der Verantwortlichen und es wird irgendwann nochmal kompetent restauriert? Und vielleicht hilft Dein Beitrag dabei? BTW: Das wäre doch ein schöner Beitrag fürs Logbuch?
Grüße, Alexander
Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten. (Katharina von Siena)
ein sehr interessantes Thema zu dem ich gerne etwas beitragen möchte. Werner Jaeger hat sich in seinem Buch "Das Peller-Modell von 1603" ausführlich mit der Takelage des Modells auseinander gesetzt. Er kam zu dem Schluß, dass der Fockmast ursprünglich ist und gewisse Fachkenntnis erkennen lässt. So ist er z.B. nicht symmetrisch zu seiner Mittelachse verjüngt, vielmehr verläuft seine Achterkante gerade ohne Bucht (eine Besonderheit auf die auch schon Witsen und van Yk hinwiesen). Der Großmast ist nicht mehr der Ursprüngliche ( viereckiger Mastfuß der bis über Deck reicht) und falsch positioniert (Kuhl), aber offensichtlich nach dem Original gefertigt. Die Masttops zeigen die typische vorne offenen, mit einem Bügel zu schließenden, Eselshäupter der Zeit. Die Drehreeps der Unterrahen liefen über Scheibgats in den Wangen. Eine Besonderheit stellen auch die Stengen dar. Es sind lange Stengen, also Mars und Bramstenge sind ein einziges durchgehendes Stück, mit achtkantigen Tops mit Scheibgats für Mars und! Bramfall! Der Besanmast ist ebenfalls mit seiner Kreuzstenge aus einem durchgehenden Stück gearbeitet. Er zeigt als Besonderheit zwei schräg zueinender angeordnete Scheibgats in Querrichtung, welche eine Führung des Rutenfall hinter den Mast, wo ein Loch im Deck auch als mögliche Position eines Knechts vorhanden ist,ermöglicht.
Nach Jaeger können einige Segel als ursprünglich angesehen werden, z.B. Großmars-, Großbram- und Vormarssegel. Auf der Aufnahme von 1930 fälschlich als Fock, Kreuzmars- und Vormarssegel gesetzt. Als 100%ig von 1603 sieht Jaeger die Großmarsrah an. Die Rahlängen verhalten sich folgendermaßen zueinander Marsrah = 5/9 Unterrah, Bramrah = 4/9 Marsrah, Blinderah = 4/9 Großrah
Die insgesamt stark überhöhte Takelage liegt in der ursprünglichen Funktion als hängendes Modell begründet und sollte der, durch die so gegebene Blickrichtung verursachten, starken perspektivischen Verkürzung entgegen wirken. Also eine realistisch anmutende Gesamterscheinung vortäuschen.
Möglicherweise alles nur Indizien statt Beweisen. Dennoch, ich habe mir einmal das Vergnügen gemacht und die Von Jaeger als ursprüngliche angesehene Anordnung der Takelage, in den gegebenen Verhältniswerten zueinander, aber in realistischerer Größenordnung darzustellen. Wenn man die Schlussfolgerungen Jaegers übernimmt, müsste die Takelage etwa so ausgesehen haben:
Rekonstruktion nach Peller-Modell, Seitenansicht.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Der gezeigte Schiffskörper ist nicht der des Modells, sondern eine entzerrte Version. Der originale Rumpf ist ja ebenfalls dem Modelltyp (Hängemodell) entsprechend nicht realistisch proportioniert.
ich hab hier mal eine kleine Zeichnung der Marsenmars.png - Bild entfernt (keine Rechte)
Oh, seh gerade links fehlt ein Stück. Aber man kann das Wesentliche sehen. Oben die Marsen der Masten. Unten der lose beiliegende Mars, der nach Jaeger mögl. Sprietmars.