Forum für historischen Schiffsmodellbau und Geschichte
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Traumschiffe der Renaissance - Schiffspokale und Seefahrt um 1600
Gestern war ich in einer Ausstellung im Bayerischen National Museum in München. Die Ausstellung läuft noch bis 1.9.24 Webseite des Nationalmuseums
Viele Museumsstücke vorwiegend aus bayerischen Museen wurden zusammengetragen. Auch die Bilder, die Originalatlanten und Gemälde sind erwähnenswert. Es sind ein paar Tische mit typischen Werkzuegen der Hersteller dieser Prunkpokale aufgestellt. Einige Schiffsmodell. U.a. die süße Karavelle unseres Freundes und Kollegen Peter Holz @Woodpecker illustrieren das ganze. Videos zeigen, wie die Pokale genutzt wurden.
Es ist im Hirmer Verlag auch ein Ausstellungskatalog erschienen. Herausgegeben von Frank Matthias Kammel. Kostet 49 Euro.
Alles in allem sehr sehenswert.
Hier ein paar Eindrücke:
Sehr beeindruckend fand ich auch eine Videoinstallation, die den Weg der Sklavenschiffe von Afrika nach Amerika von 1520 bis 1860 in einer Timelapse anzeigt. Man kann diese Seite auch weiterhin noch unter SlaveVoyages am heimischen PC aufrufen und hier jederzeit die Timelapse pausieren und sich die einzelnen Schiffe mit den dokumentierten Details anschauen. Hochinteressant und erstaunlich umfangreich, was da zusammengetragen wurde. Die meisten Sklavenschiffe liefen unter der Flagge Brazil/Portugal dicht gefolgt von Great Britain - zuletzt sogar mit Steamern. Ein schmutziges Geschäft, von dem wir zumindestens eine Ahnung haben sollten, wenn wir besagte Schiffe bauen.
Grüße, Alexander
Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten. (Katharina von Siena)
Habe es leider nicht. In der Ausstellung gabs auch keine Ansichrsexemplare. Hätte mich nämlich auch interessiert.
Vielleicht gibts im Internet beim Verlag eine Leseprobe? Aber ich halte das Buch für Modellbauerzwecke als nicht so ergiebig. Ist eher was für Geschichtsinterssierte . Oder als Coffeetable-Book
Grüße Alexander
Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten. (Katharina von Siena)
Apropos Sklavenhandel: die Animation zeigt nur den Transatlantischen Sklavenhandel der Europäer bzw. Nordamerikaner. Nicht zu vergessen sind auch die Sklavenströme aus Nordafrika nach der Arabischen Halbinsel, die noch bis zu Beginn des 20. Jh. andauerten - in Deutsch-Ostafrika gab es immer wieder Kämpfe zwischen der Schutztruppe mit arabischen Sklavenjägern/-händlern. Hauptdurchgangsstation war Sansibar. Außerdem wurde der Sklavenhandel erst dadurch möglich, daß die Afrkaner gegenseitig Jagd auf sich machten und so den Markt regelmäßig belieferten. Natürlich hat die europäische/amerikanische Nachfrage dies beflügelt.
Das ganze war Teil eines Dreieckshandels, wobei die Schiffe mit billigen Waren und obsoleten Waffen nach Westafrika fuhren, von dort mit Sklaven nach den Amerikas und schließlich auf dem Rückweg noch Europe, Zucker, Rum, Farbhölzer und andere 'Kolonialwaren' mitbrachten. Das war zeitweise so ertragreich, daß sich schon nach einer Reise der Bau und die Ausrüstung eines Schiffes amortisierten. Da die Schiffe z.T. monatelang vor der westafrikanischen Küste liegen mußten, bis genügend Sklaven zusammenkamen, gab es aber auch große Verluste unter den Seeleuten durch Tropenkrankheiten.
Zitat von Foxtrott im Beitrag #1.... Sklavenschiffe .... Ein schmutziges Geschäft, von dem wir zumindestens eine Ahnung haben sollten, wenn wir besagte Schiffe bauen.
Grüße, Alexander
Es ist ganz wichtig, sich mit der Geschichte unserer Vorfahren zu beschäftigen. Aber eine moralische Interpretation aus heutiger Sicht zu nehmen führt ins Absurdistan. Das müsste bei den griechischen Sklaven-Galeeren anfangen und über Wikingerschiffe bei den Schlachtschiffen von heute weitergehen.
Uwe vom Dunkelwald (lat.: Miriquidi)
Mitglied des Phantomprojektes Recherche: Fleute Zeehaen Kiellegung: Golden Hinde Fertiggestellt: Die Kolumbusflotte
Die Wertung "schmutziges Geschäft" war von mir. Du bist natürlich frei, deine eigene Meinung zu haben. Die Internetseite ist frei von solchen Wertungen
Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten. (Katharina von Siena)
Ich habe mit der Antwort etwas gewartet, da es ja eigentlich bei diesem # um deinen schönen Ausstellungsbesuch in München geht. Da hier keiner weiter antwortete, gestatte mir, auf meinen zugegeben launischen Kommentar etwas tiefer einzugehen. ......Ich musste mir mal Luft verschaffen...nicht wegen deiner Einschätzung, natürlich war es schmutzig, sondern:
Mein Unmut ist eher der Natur, dass es eine vielleicht kleine, aber sehr laute und leider medial einflussreiche Gemengelage gibt, die alles gesagte und getane unserer Vorfahren mit heutigen Moralvorstellungen werten und mit großer Polemik kritisieren.
Die Großen Errungenschaften unserer Vorhergegangenen mit den Erfindungen und Entdeckungen, welche unser Leben so ungleich leichter machen als zu Alten Zeiten wird als Selbstverständlichkeit hingenommen, aber die Unzulänglichkeiten, aus heutiger Sicht diskriminierenden Aussagen oder auch Unmenschlichkeiten damaliger Zeit wird gleichzeitig von denen aufs schärfste Bewertet .
Ernst-Moritz Arndt hat gegen die Fremdherrschaft Napoleons sein Leben riskiert, wird aber heute als Antisemit angeklagt und die Universität Greifswald war sich nicht zu Blöd, sich umzubenennen. Luther und Marx wird es auch vorgeworfen. Und da sind wir im Absurdistan, wenn diese gleichen Kräfte in den Universitäten mit Greta laut schreien: from River..........
Natürlich ist Sklaverei und Menschenhandel ein Verbrechen. Und ich denke, es hat auch jeder eine Ahnung davon. Gottseidank gibt es das heute nicht mehr! .....Vonwegen. Wir als so aufgeklärte Gesellschaft müffeln über die Alten die Nase und feiern gleichzeitig in Katar ein weltweites Fußballfest......Absurd oder?
Ich Zitiere als Atheist mal aus der Bibel: Bergpredigt: „Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht? “ (Matthäus 7,3) Ich denke, wir haben genug mit uns jetzt Lebenden zu tun.
Lernt von der Geschichte, aber last die Alten ruhen, sie haben Großartiges geleistet!
(Im übrigen, um zum Schiffsthema zurückzukommen: Was ist eigentlich der Unterschied zwischen dem bedauerlichen Teenager, welcher von der Küste Afrikas nach Amerika verschleppt und versklavt wurde, zu dem Teenager, welcher von seinem südenglischen Bauernhof auf ein Kriegsschiff verschleppt wurde und bei der ersten Gelegenheit eine Kanonenkugel vorm "heldenhaften" Kopf bekam ?)
Ein wunderschönes sonnige Wochenende
Uwe vom Dunkelwald (lat.: Miriquidi)
Mitglied des Phantomprojektes Recherche: Fleute Zeehaen Kiellegung: Golden Hinde Fertiggestellt: Die Kolumbusflotte
Zitat von Marten im Beitrag #8Was ist eigentlich der Unterschied zwischen dem bedauerlichen Teenager, welcher von der Küste Afrikas nach Amerika verschleppt und versklavt wurde, zu dem Teenager, welcher von seinem südenglischen Bauernhof auf ein Kriegsschiff verschleppt wurde und bei der ersten Gelegenheit eine Kanonenkugel vorm "heldenhaften" Kopf bekam ?)
Der Unterschied ist der, dass der bedauernswerte Teenager vom südenglischen Bauernhof ja immerhin ein christliches Landeskind, vulgo ein Untertan war und der Tenager von der Küste Afrikas ein Nichteuropäer. Ergo aus Sicht der damaligen Zeit ein minderwertiger Mensch. Stichwort Rassismus. Es gibt tolle Forschungen zum Kolonialismus, Sklaverei und "Haltung" von Exoten an europäischen Fürstenhöfen.
Auch fand ich den Universitäten-Vergleich mit Greta eher platt. Es schreien sicher nicht alle in den Universitäten "From the River to the..." und sicher auch nicht mit Greta.
Und kleine, aber laute Minderheiten gibts eine ganze Menge. Verschiedener Strömungen. Politisisieren schafft nur böses Blut.
Fertig: um 1800 Armed Longboat 1:24 - Model Shipways Berlin, La Couronne, Schnittmodell Victory Irgendwann, wenns die modellbauerischen Fähigkeiten erlauben: La Jacinthe, Furttenbachs "Fulmen in Hostes"
ich war etwa kurz angebunden, aber da waren mir zu viele Widersprüche in Uwes Aussage, die ich aber nicht groß diskutieren wollte und auch aus Zeitgründen nicht konnte.
Wir sind ja ein Forum für historischen Schiffbau und Geschichte. Und da sollten wir über Geschichte auch durchaus diskutieren können. Alles zu relativieren, Whataboutism und letztlich über alles Schweigen: Das bringt nur Blutdruckerhöhung beim Gegenüber.
Wir leben inzwischen in einer Welt der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit. Religion ist bei uns nicht mehr so wesentlich. Da bin ich bei Uwe.
Wir reden aber über die Zeit um 1600. Da war die Moralität (entschuldige, wenn ich jetzt auch über Moralität spreche) vorrangig durch das Christentum und eine enge Bibelauslegung geprägt. Es gab noch nicht den Rassismus des Gobineau, welcher auf einer kruden Rassentheorie basierte. Der erblickte erst 1853 bis 1855 das Licht der Welt. Das gab es also um 1600 noch nicht, wenn, dann nur ansatzweise.
Die Europäer sahen die Menschheit allesamt als Nachkommen Adams aus Gottes Familie. Das ewige Leben bedarf allerdings der Erlösung, die nur das Christentum im Programm hat. Alle Christen glaubten an Himmel und Hölle und setzten auch alles daran, in den ersteren zu dürfen. Um sich als lautere Christen den Sklavenhandel zu erlauben / 'schönzureden' wurde der Mythos entwickelt, dass unter den Eingeborenen Kannibalismus und Heidentum herrschen. Damit war zwangsläufig das ausbleibende Seelenheil der 'Wilden' verbunden. Vor Gott kann man als Christ also nicht besseres tun, als diese Heiden zu bekehren. Moralische Menschen brauchen Gründe, wenn sie andere nicht so gut behandeln wollen - zur Not tun es aber auch Fake-News und ein griffiger Mythos. Den Mythos kenne ich noch aus den Witzblättern meiner Kindheit. Da gab es regelmäßig eine Zeichnung mit einem Kochtopf von Wilden in dem ein Forscher mit Tropenhelm schmorte.
Gut, die Eingeborenen wurden ausgebeutet aber sie bekamen durch ihre Bekehrung zum Christentum reichen Lohn im Jenseits. Die Missionare bekamen auch eine hohe Himmelsdividende: Eine Win-Win – Situation für alle Beteiligten.
Außerdem sah man sich den Heiden in den Dingen des täglichen Bedarfs, der Kultur überhaupt in Allem überlegen. Die Entdecker waren überhaupt DIE Helden dieser Zeit.
Die damaligen Staaten, die Aufklärer der Renaissance, und auch viele Missionare hatten allerdings durchaus ihre moralischen Bedenken, ob es in Ordnung ist, die Indios in den Bergwerken und dann als diese unergiebig waren, in Zuckerrohrplantagen arbeiten zu lassen. Auch dafür gab es Zeitzeugnisse in der Ausstellung.
Später wurden dann gekaufte Sklaven aus Afrika eingeführt, da die Indios nicht die geforderte Arbeitsleistung erbrachten. Letztlich konnten sich diese Bedenkenträger aber nicht gegen die Geschäftsinteressen der Plantagenbesitzer und Sklavenhalter durchsetzen.
Insgesamt hatte der Sklavenhandel nur eine schlechte Gewinnmarge. Es sollen so 4 - 5 % Nettogewinn gewesen sein. War aber eins der großen Verbrechen der Geschichte.
Jetzt ist das ganze etwas sehr Sklavenlastig geworden. Das entspricht jetzt überhaupt nicht dem Verhältnis in der Ausstellung. Aber das macht ja nichts. Wir können uns ja noch genug über den Gewürzhandel und über Seeschlachten austauschen. Schiffstypen und Trinkgewohnheiten sowieso.
Grüße, Alexander
Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten. (Katharina von Siena)