Passend zur Vorweihnachtszeit beginne ich den Baubericht mit
"Es begab sich aber zu der Zeit... " ... dass ich mal wieder im Technikmuseum Berlin die schönen Schiffsmodelle gesehen habe. Und daraufhin Lust hatte, mich mal wieder mit mittelalterlichen Schiffen zu beschäftigen. Und da ich schon so viele Koggen gebaut habe, auch eine Nao und zwei Karavellen gemacht habe, nun etwas anderes aus dem Themenfeld versuchen wollte. Und da fiel mir mein Rekonstruktionversuch von diesem Schiff ein:
ist die Entwicklung der Karackenrekonstruktion nachzusehen. Letztens wollte ich einfach mal prüfen, wie groß das Schiff im Maßstab 1:100 werden würde. Und siehe da: die Zeichnungen passen kommod auf drei A3-Blätter:
Da ich bisher hauptsächlich in den Maßstäben 1:250, 1:350 oder 1:700 tätig war, ist 1:100 ein Großmodell für mich. Das Modell wird eine Rumpflänge von satten 15 Zentimetern haben! Um zu sehen, ob meine Zeichnung als Modell umsetzbar ist, scheint mir der Maßstab aber angemessen.
Auf das Unterwasserschiff werde ich verzichten. Ich möchte den vorbildgebenden Stich nachbauen, das Modell in eine Wasserdarstellung setzten und nur das Großsegel gebläht zeigen. meien Bautechnik bleibt gleich: Karton und Papier müßen wieder herhalten
Aus Graupappe kommen Grundplatte und Spanten ins Spiel. Die Grundplatte ist mit einer 2 mm starken Balsaholzschicht unterklebt. Das soll später etwas Unterwasserschiff darstellen (sieht realistischer aus bei einem Diorama). Die Spanten haben einen Schnitt im Bereich der Balkenbucht des Oberdecks bekommen, der darüberliegende Teil wird später nach dem Anbringen der Bordwände abgerissen (Kennt Ihr alles schon...). Den mittleren Spant habe ich gestückelt und zwischen die Spanten geklebt.
Klabauter
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Bug- und Heckbereich habe ich mit Knetmasse ausgefüllt. Damit habe ich gut Erfahrungen gemacht, da fettet nichts durch und das Material ist auch nach der Beplankung gut formbar. Um die Bordwand zu erhalten, habe ich mir zwei Schablonen aus Karton geschnitten.
Klabauter
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Nach dem Verdoppeln der Schablonen kamen die Rumpfabwicklungen um die Spanten. Der untere Bereich wurde fest mit UHU an die Spanten geklebt. Der obere Teil ist mit Klebelaschen um unteren Teil fixiert, darf aber natürlich nicht an die oberen Bereiche der Spanten fixiert werden (wisst Ihr alles!)
Da der obere Teil des Schanzkleides leicht nach innen kippt, habe ich hier und da Keile ausgeschnitten und mit aufgeklebten Papierstreifen die Abwicklung in die Wunschform modelliert.
Klabauter
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Ja, Jan, kann sein dass ich an irgendeinem Sonntag fertig sein werde
Doch, der Bau ging mir gut von der Hand, ein Teil passte zum nächsten. Die Beplankung aus Zeichenkarton schmiegte sich harmonisch um das Spantengerippe und lief achtern passend in den Heckbalken ein. Bis zur Oberkante des Schanzkleides passte alles Stoß an Stoß ohne Lücken oder Zwischenräume.
Als Plankenbreite habe ich 3 mm genommen (Auf dem Stich von W.A. sind zwischen den Barghölzern drei Plankengänge eingezeichnet. Das war mein Maß).
Das Deck hat nach Botticellli und aneren Stichen W.A.s sehr breite Planken bekommen. Die einzelnen Planken machen sowohl einen Sprung als auch eine Balkenbucht mit.
Klabauter
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Hier habe ich weitere Schablonen angeklammert um die Lage der Barghölzer zu ermitteln. Das wäre eigentlich nicht nötig gewesen da die Planken deren Positionen gut vorgaben.
Das Deck hat Farbe bekommen und ist mit einem Leibholz umschlossen. Die Wegerung ist dargestellt. Unter der Back haben die Ankerbeting und das Kabelluk Platz genommen. Das Kabelluk ist in einem weiteren Stich W.A.s zu sehen. Da das Vorbildbild keine aus der Bordwand ragenden Betingköpfe zeigt, habe ich eine einfache Ankerbeting angenommen. Die Beting hat einen Balsakern der mit Zeichenkarton umklebt ist. Das Ankerspill - nach Botticelli und anderen - ist im Kartonrohbau zu erkennen. Gemalt habe ich mit Aquarell und Acrylfarben sowie Pastellkreiden. Die Plankenstöße an Deck sind mit einem Strich vom weichem Bleistift dargestellt. Die Länge der Decksplanken habe ich unterschiedlich gesetzt.
Klabauter
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Zur Darstellung der geplankten Seitenwände des hinteren Decksbereichs habe ich es mir leicht gemacht. Ebenso beim Bau des Unterbaus der Bugkastells (Konstruktion des Dreiecksrahmens nach Pastor: Die Kolumbusschiffe. Der mittlere Balken ist das Vorstevenscheg).
Klabauter
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Der Rahmen des Bugkastells ist hier fertig gebaut zu sehen. Daneben liegt das vorbereitete Achterdeck auf Graupappenbalken. Alle Balkenköpfe habe ich rot gefärbt. Das ohne konkrete historische Vorlage, abwegig scheint mir das Detail aber nicht zu sein (siehe z. B. Balkenköpfe an alten Fachwerkhäusern)
Klabauter
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Der in der Literatur so bezeichnete "Triumphbogen" musste wieder mit einer Schablone eingepasst werden. Nach Vorlage von W.A. und anderen setzt er unten an Deck an. Die Beplankung habe ich wieder nach anderen mittelaterlichen Bildern ähnlicher Schiffe geklinkert ausgeführt. Bei der Planzeichnerei habe ich Trittlatten an dieser Stelle vorgesehen. Von der Idee bin ich abgekommen und habe in einer Planänderung den Aufstieg zum unteren Backdeck mit einer Leiter vorgesehen. Überhaupt habe ich während des bisherigen Modellbaus einige Korrekturen an den Plänen vorgenommen.
Bei der deutlichen Darstellung der Scherstöcke war ich zögerlich. Ich habe sie am Ende als Dopplung auf die Decksplanken aufgeklebt. Manche Modellbauer und Fachbuchautoren machen das so, ein historischer Beleg dazu fehlt mir jedoch.
Klabauter
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Alles bisher gezeigte ist seit dem 30. November 2023 entstanden. Die Arbeit lief wie am Schnürchen und machte einen Riesenspaß. Nun möchte ich mein bisheriges Werk vorstellen und den Baubericht dann in "Echtzeit" weiterführen.
Das Modell ist soweit ausgerüstet um in den nächsten Schritten das untere Backdeck und das Achterdeck aufsetzen zu können.
Fangen wir mit der Inventarliste achtern an: Das Ruder mit Pinne und Beschlägen ist da. Die Großschoten sind mit Morope vorbereitet und an Klampen (nach Pastor) belegt. Unter Deck habe ich an Backbord eine kleine Kabine eingebaut (siehe den Bereich auf dem Vorbildbild. Der Bremer Koggenfund zeigt solch eine Konstruktion. Es könnte eine temporäre Kabine eines mitreisenden Passagiers gewesen sein). Die Fenster habe ich mit Schiebeluken dargestellt (s. Bremer Koggenfund).
Vorm Gangspill sind zwei einfache Lenzpumpen an Deck. Speigatts im Leibholz und aussenbords sorgen für den Wasserabfluß. Die Ladeluke folgt wieder einem anderen Bild W.A.s und anderen zeitgenösischen Abbildunmgen. Kabelluk und Beting - die Beting jetzt mit belegtem Ankerkabel (linksgeschlagen, nach zu Mondfeld) - habe ich schon erwähnt.
Der Rumpf ist in verschiedenen Brauntönen gemalt. Die Seiten des erhöhen Achterdecks und der Pinnenkopf ist rot. Auch die Berghölzer sind holzfarben (nach Winter gab es um die betreffende Zeit keine farblich abgestzten Berghölzer. Alte Abbildungen bestätigen das). Die Rüstbretter für die Großwanten sind da, ebenso die Gatts für die Großhalsen.
So sieht's jetzt aus.
Doof ist, dass wie bei meinem 1:250er Modellen in den Makroaufnahmen Macken zu sehen sind, die das bloße Auge nicht sieht . Ich hatte gehofft, das Problem bei 1:100 nicht mehr zu haben...
Klabauter
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Ach, ein Bild habe ich noch: Die kleine Karacke auf den Plänen der großen Karacke von Martin Koschwitz aus dem LOGBUCH 2007_4. Beide Vorbilder stammen vom Meister W.A. (Willem a croce).
Klabauter
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Sehr schön , Klaus , @Klabauter , das ist ganz genau auf den Punkt nach meinem Geschmack . Die Änderungen , die du vorgenommen hast - münden sie dann mal in eine Konkretisierung deiner Pläne ? Es kann gut sein , dass ich irgendwann mal diese Pläne von dir ordern möchte . Auf den Abbildungen von Cruce sieht man nichts ; aber kann es nicht gut sein , dass der Betingsbalken bogenförmig und vor allem die Bordwand durchstoßend ist ? Oder scheint das nur ein Alleinstellungsmerkmal von Naos dieser Zeit zu sein ?
das freut mich natürlich, dass Du als Kenner solcher Schiffe Interesse hast. Ja, die Pläne aktualisiere ich. Die Rumpflinien habe ich aber gelassen wie sie waren. Zumindest das Überwasserschiff ließ sich sehr schön und mühelos planken. Insofern ist die Formgebung für mich stimmig und wird wahrscheinlich auch für den Unterwasserteil hinhauen.
Den durchstossenden Betingbalken finde ich auf Abbildungen auch nicht. Ein weiteres Bild von W.A. (weiter oben im Text erwähnt, aber nicht gezeigt) ist dieses:
Wie Du schon schreibst, bleibt offen was unter der Back los ist. Ein durchgestossener Balken ist nicht zu sehen. Schön sind aber Kabelluk und Ladeluke zu erkennen. Ebenso der Ansatz des Triumphbogens an Deck und die Konstruktion der Bordwandinnenseiten sowie die Konstruktion des Achterdecks.
Auch auf diesem Bild findet sich kein durchstossender Betingbalken. Dafür ein doppeltes Backdeck wie bei W.A. und achtern eine Ladepforte (Beachte auch das Schiff rechts im Hintergrund):
Ich habe mich bei der "kurzen" Beting an Winters Hanseschiff und die Rekonstruktion der großen Karacke nach W.A. von Noldt, zu Mondfeld und Koschwitz sowie meinen Beobachtungen alter Bilder gehalt. Ein Argument für solch einen Balkenkopf könnte die Lagerung der Anker sein. Bei der kleinen Karacke gehe ich aber von einem ebenso kleinen und leichten Anker aus der gut mit einer Flunke in den Schanzkleidinnenseiten ruhen kann (So wie beim Kieler Koggennachbau praktiziert: https://www.arbeitskreis-historischer-sc...ansekogge-kiel/)
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Mein kleines Schiff ist für mich ein wenig eine "Pocket-Karacke": Das Schiff zeigt auf kleinem Raum fast alle Charakteristika der Karacken der damaligen Zeit. Das macht es für mich interessant.
Für meine Rekonstruktion war auch dieses W.A. Bild wichtig. Es zeigt eine kleine Karacke von Achtern. Der Strich unter der Back könnte ein durch die Bordwand gehender Betingbalken sein. Oder auch nicht... Extrem spannend ist - neben vielen anderen Details - die Darstellung der doppelten Laschung des Bugspriets:
W.A. war einer der ersten Künstler, die ein Schiff allein für sich, isoliert aus religiösem Kontext, zeigte. Auch war er einer der ersten, der ein Schiffswrack darstellten. Nach einem W.A.-Stich einer aufgelaufenen Bardze ist diese Buchillustration entstanden. Die monchrome Farbgebung des Schiffes ist u.a. interessant: