Zitat von eugen.t im Beitrag #7Torsten, könntest du bitte deinen Lösungsweg zu Senten beschreiben?
Ich versuche es:
Erstmal habe ich natürlich die Endpunkte der beiden Senten festgelegt: 1) Herzsente: Beginnt hinten am Heckbalken; Länge Heckbalken 10/19 der größten Breite, in einer Höhe von 100/75 der Tiefe am Hauptspant. Herzsente trifft den Vordersteven in einer Höhe von 9/8 der Tiefe am Hauptspant. 2) Flursente: Beginnt am Achtersteven in einer Höhe von 2/3 der Tiefe am Hauptspant und endet bei mir am Vordersteven bei 7/10 der hinteren Höhe, also etwas weniger als das vom unbekannten Verfasser angebene Optimum von 8,55/10.
Die Verläufe habe ich wie gesagt mit Excel für meine Modellmaße gerechnet (1/48). Dazu habe ich Formeln mit entsprechenden Koeffizienten benutzt, die dann natürlich auch nur für diesen Maßstab gelten. Ich betrachte das ganze aber eher als Fingerübung. Ehrlich gesagt finde ich, dass der unbekannte Autor eher mit seinen mathematischen Fähigkeiten angeben wollte - Kreis, Ellipse, quadratisch, kubisch, quartisch, alles dabei ... Ich habe es zwar so umgesetzt, aber ich erwarte, dass ich am Modell da noch viel anpassen muss. Wahrscheinlich genauso wie damals auf der Werft... 😄 Für die Berechnung habe ich die x-Achse auf den Kiel gesetzt, mit dem Hauptspant bei Null. Das Heck liegt dann bei negativen x-Werten, der Bug bei positiven. a) Anstieg Flursente (lower rising line): nach hinten y=-2,71e-6*x^3; nach vorne 4,84e-6*x^3 b) Anstieg Herzsente (breadth rising line): Kreisgleichung y=Wurzel(r^2-(x-b)^2) +c; in meinem Fall ist r=1965,8, b=-30,76 (Offset des Kreises Richtung Vordersteven), und C= 2038. c) Draufsicht Flursente ist nach hinten eine Ellipse und nach vorne quadratisch (y=a*x^2) d) Draufsicht Herzsente ist nach hinten kubisch (y=a*x^3) und nach vorne quartisch (y=a*x^4). Nach vorne schlägt der unbekannte Autor einen zusätzlichen Offset Richtung Bug vor, um diesen völliger zu machen. Das wollte ich nicht, mit dem Argument, dass mein Handelsschiff keine "Jagdgeschütze" nach vorne braucht. Lieber etwas schneller und dazu Heckgeschütze für die Flucht 😎
Ich hoffe das hilft dir, Eugen (@eugen.t ). Ob ich es selber richtig verstanden habe weiß ich aber ehrlich gesagt auch nicht.
Grüße Torsten
Hallo Torsten war in Urlaub... am Schwabenmeer Danke für Erklärung, bei meinem ersten Versuch, habe ich auch am Anstieg von beiden Senten, zwei Kreissegmenten verwendet, aber Manuskript von Harriot sagt über einem Kreissegment das muss ich auch jetzt versuchen, höchstwahrscheinlich breiteste Stelle trifft nicht am Hauptspant. Dann was betrifft Senten von Draufsicht... nach Harriot, rede über kubische Kurven und quartische Kurven
Zitat von eugen.t im Beitrag #17Hallo Torsten, ich habe auch damals für mein verlorenes Projekt Gresham- Falcon als Muster genommen
Das hatte ich natürlich gesehen; dein schön detaillierter Entwurf gefällt mir sehr gut. Da muss ich aber noch schauen ob ich für die Zeit 1640-1650 etwas anpassen muss. Vielleicht sollte ich mir doch das Lavery-Buch "Arming and Fitting ..." zu Weihnachten schenken 😁 Bislang ist meine Lafette ein Dummy um die Platzverhältnisse zu verstehen.
Zitat von dafi im Beitrag #20Noch ein NAchhaker: Es besteht auch die Möglichkeit der zwei-und dreirädrigen Lafetten.
Ist natürlich verlockend, so ein direkter archäologischer Beweis aus der richtigen Zeit...🧐 Die geborgene Lafette der London war wahrscheinlich zweirädrig mit Kufe, oder wie muss man das Bild aus der Royal Collection interpretieren? https://www.rct.uk/collection/1047387/th...r-first-voiadge
Grüße vom neugierig gewordenen Torsten.
PS: hat das Dreirad eigentlich einen plausiblen Vorteil? Mir fällt auf Anhieb keiner ein...
Zitat von torstenmay im Beitrag #21hat das Dreirad eigentlich einen plausiblen Vorteil? Mir fällt auf Anhieb keiner ein..
....weniger Widerstand beim Seitenrichten? Schätze, dass dies maximal bis zu einem 12- Pfunder möglich ist. Das Hauptgewicht liegt hierbei wahrscheinlich in der vorderen Hälfte der Lafette/ Raperte, dewegen auch dort Doppelräder (?).
Im allgemeinen war zu dieser Epoche in England die Lafette der schweren Kanonen mit 4 Rädern ausgestattet, während die leichteren Geschützlafetten auf Quarterdeck, Forecastle und Poop mit hinteren, beidseitig angebolzten, festen Radattrappen ("dead trucks") versehen waren; an der geborgenen Lafette der LONDON, 1656, kann man ihren Anbringungsort noch schwach erkennen. Grund für diese Spezialität des Rohrträgers war der häufig gefährliche und heftige Rückstoss bei kleineren Geschützen (grosse Geschütze geringer Rückstoss, kleine Geschütze starker Rückstoss). Mit Einrichtung der "dead trucks" am hintern Ende der Lafette versuchte man mit deren "Bremswirkung" (erhöhter Reibewiderstand auf Deck)) dieses Problem in den Griff zu bekommen. Teilweise ersetzte man sogar die ursprünglich rotierenden Hinterräder durch derartige Festhölzer, siehe BRITANNIA 1677 (Endsor: The Restoration Warship, S.160). Erst mit Änderung des Pulvergemisches Anfang des 18. Jahrhunderts konnte man schließlich auf solche Lafettenkonstruktionen verzichten. Die Rückholtakel waren zu dieser Zeit schon länger in Gebrauch. Bei Seegefechten auf Lee waren sie grundsätzlich notwendig, um eine Beschädigung der Bordwand durch das Anrammen schwerer Geschütze zu vermeiden.
bei Leegefechten neigten die tonnenschwere Geschütze nach dem Schuss "bergab" Richtung Bordwand zu rollen. Um diese nicht zu beschädigen, war es notwendig, die Rückholtakel auf Vorspannung zu halten. Hierzu waren mindestens 2 Männer notwendig. Gleiches galt beim Laden der Geschütze zur Sicherung der Lademannschaft. Die Kanone musste hierbei im notwendigen Abstand zur Bordwand in Position gehalten werden. Dies erklärt u.a., dass zur Bedienung der einzelnen Geschütze mindestens 6- 8 Leute eingeteilt wurden, die alle einen Knochenjob erledigen mussten. Unfälle mit Todesfällen waren, neben Krankheiten und Gefechtsverlusten, bei diesen Geschützmanövern an der Tagesordnung. In Kriegszeiten befanden sich, am Beispiel der LENOX, ca. 350 Mann an Bord: Um das Schiff zu segeln wurden demgegenüber nur 35 augebildete Seeleute gebraucht.
Zitat von achilles im Beitrag #23Grund für diese Spezialität des Rohrträgers war der häufig gefährliche und heftige Rückstoss bei kleineren Geschützen (grosse Geschütze geringer Rückstoss, kleine Geschütze starker Rückstoss)
Die Erklärungen von @achilles finde ich sehr interessant, danke dafür. Ehrlich gesagt verstehe ich es aber physikalisch nicht ganz. Das kleine Geschütz hatte sicher eine geringere "dämpfende" Trägheit, aber bestimmt auch weniger "Bumms". Die Aussage oben bedeutet dann wohl, dass das Verhältnis Pulvermenge zu Gesamtgewicht Geschütz bei den kleinen Kalibern größer war und dadurch die kleine Lafette eher einen Bocksprung machte als die große. Hätte ich so nicht erwartet...
Wie waren denn die "dead trucks" konstruiert? Zwei Radscheiben ohne Achse an die Seite gebolzt, oder zwei halbe Scheiben ("Kufen) unten drunter? Oder ganz anders?
Hallo Torsten, zum Verhalten der kleineren Geschütze kann ich wenig beitragen. Hier sind die Militärexperten gefragt. Endsor jedenfalls beschreibt ihr Verhalten beim Schuss als "very boisterous". Da solche Geschütze (drakes, cutts) für größere Entfernungen eingesetzt und leichter waren, hatte vermutlich die Pulvermenge und das geringere Gesamtgewicht des Geschützes einen entscheidenden Einfluss. Bei neuzeitlichen Versuchen mit 1,5 Pfündern sprangen diese beim Schuss ca.5 Fuss hoch und kamen (ohne Takelung) erst 15 Fuss hinter ihrem ursprünglichen Standort zum Stehen! Aus der Sakerlafette im Windsor Castle und aus dem Wrack der Sirling Castle hat Endsor die Lafetten mit dead trucks interpretiert (Bild: grobe Nachzeichnung meinerseits nach einer Abb. S.163, Endsor: The Restoration Warship)
Grüße Volker
achilles
hat folgende Bilder an diesen Beitrag angehängt
Zitat von achilles im Beitrag #28Bei neuzeitlichen Versuchen mit 1,5 Pfündern sprangen diese beim Schuss ca.5 Fuss hoch und kamen (ohne Takelung) erst 15 Fuss hinter ihrem ursprünglichen Standort zum Stehen!
5 Fuss hoch?! Das kann aber ins Auge gehen! 😖 Im Ernst, die 15 Fuss zurück(rollen) glaube ich gern, aber beinahe mannshoch springen? Der Impuls des Schusses geht doch gar nicht in diese Richtung. 5inch würde ich ja noch glauben...
Danke dir für die Zeichnung, Volker. Das wird glaube ich mein neuer Favorit... Grüße, Torsten