Wie ich in der Einleitung meines Bauberichts der Mayflower nach meiner eigenen Rekonstruktion erwähnt habe, habe ich in meiner Jugend (60 Jahre ist es her ) ein Modell der Mayflower, Maßstab 1:48, aus einem Graupner Baukasten (damals richtiger Werkstoffpackung genannt, man musste alle Teile noch selbst aussägen) gebaut . Das Modell war in Schichtbauweise hergestellt, die Auswahl an Baukästen historischer Schiffe war damals sehr bescheiden, Pläne oder Baukästen für beplankte Modelle gab es am deutschen / österreichischen Markt nicht. So richtig zufrieden war ich mit der Bauweise (bemalter Rumpf in Schichtbauweise, Decks aus dünnem Sperrholz mit aufgezeichneten Planken) schon damals nicht und als ich dann einmal ein beplanktes Modell eines Schiffes aus dem 17. Jahrhundert in einem Museum gesehen habe, habe ich mir gedacht „irgendwann baue ich die Mayflower noch einmal schöner als beplanktes Modell". Mit "schöner" war einerseits eine bessere handwerkliche Ausführung und andererseits, wie erwähnt, statt den gemäß Plan vorgesehen Decks und Bordwände aus Sperrholz, diese beplankt darzustellen. Ein (Kurzzeit)mitglied des Forums hat vor längerer Zeit nach einer Bauanleitung der Graupner Mayflower gefragt, weil er den Plan, aber nicht die Anleitung hatte und das Modell bauen wollte. Ich hab ihm diese daraufhin als Scan geschickt und wollte ihn überreden, hier einen Baubericht einzustellen. Ich hab später einmal auf diesbezügliche Anfrage ein Bild seines halbfertigen Modells bekommen, einen Baubericht hat er aber leider nicht gemacht, sondern ist wieder aus dem Forum ausgestiegen. Vor einigen Wochen bin ich dann aber auf die Idee gekommen, selbst noch einmal ein Modell nach dem Graupner Plan mit den angeführten Abweichungen (Beplankung Decks und Bordwände aus Birnenholz) zu bauen.
Der Rumpf ist weitgehend fertig, es fehlen noch verschiedene Kleinteile wie Spill, Reelings an der Vorderseite des Halbdecks und Achterseite der Back, Pfortendeckel, Ruder, Treppen, Rahmen für Fenster, Lukensülls etc. sowie diverse Feinarbeiten.
Das von @Rack angeführten Modell, das Graupner, als "Schnellbaukasten" bezeichnet, vertrieben hat, hat die frühere "Werkstoffpackung" abgelöst. Das Modell war im M 1:64 im Gegensatz zum früheren im M 1:48, Graupner hat mit Einführung dieser Schnellbaukästen (der untere Teil des Rumpfes war aus einem Balsablock gefräst) auch keine Pläne für Scratchbau mehr angeboten. Diese "Schnellbaukasten" Mayflower war gegenüber der früheren leicht abgeändert. Ich kenne das Modell nur von einigen Bildern, die man im Internet findet. Die Rumpform dürfte genau (oder annähernd) dem Vorgänger entsprechen, die Anzahl der Berghölzer wurde von zwei auf eins reduziert, die vorher hinten offene Back wurde durch ein Schott geschlossen. Die neue Version scheint etwas schlanker ausgefallen zu sein (siehe Bild unten). Weitere Änderungen kann ich durch die Bilder nicht beurteilen.
Vergleich der beiden Versionen, links die alte, rechts die neuere der Graupner Mayflowers:
Hallo! Die Graupner-Mayflower wurd 1958 von Marquardt gezeichnet. Ob er dabei schon die Unterlagen der Mayflower II gekannt hat? Ich habe hier das Buch Hackney, Noel, Die Mayflower, Bielefeld 1978 mit Pläne in 1:100. Gib es eigentlich neuere Erkenntnisse zur Mayflower? Siegfried
Zitat von Semper talis im Beitrag #8Hallo! Die Graupner-Mayflower wurd 1958 von Marquardt gezeichnet. Ob er dabei schon die Unterlagen der Mayflower II gekannt hat? Ich habe hier das Buch Hackney, Noel, Die Mayflower, Bielefeld 1978 mit Pläne in 1:100. Gib es eigentlich neuere Erkenntnisse zur Mayflower? Siegfried
Marquardt schreibt in der Bauanleitung zum Baukasten, dass ihm als Grundlage neben anderen Studienobjekten (welche auch immer das waren) eine Seitenansicht und Takelriß der Andersonschen Rekonstruktion und eine Zeichnung eines englischen Handelsschiffes um 1600 von Gregory Robinson zur Verfügung standen. Ich nehme an, dass er die Unterlagen zur Mayflower II erwähnt hätte, wenn er die gekannt / verwendet hätte.
Das Buch von Noel Hackney kenne bzw. habe ich auch. Was in der deutschen Ausgabe dieses Buches für mich ein gewissser Widerspruch ist, ist dass es die von Airfixx für ein Plalstikmodell ausgeführte Rekonstruktion (mit Fotos des entsprechenden Modells) beschreibt, aber als Beilage einen anderen Plan (Wolfgang Hölzel) beinhaltet. Ob die englische Originalausgabe Risse der Airfix Rekonstruktion beinhaltet, weiß ich nicht. Die für die Planerstellung verwendete Konsruktionsmethode ist nicht erläutert.
Neuere Erkenntnisse wird es vermutlich keine mehr geben (was nicht ausschließt, dass noch jemand sich an einer eigenen mehr oder weniger guten neuen Rekonstruktion versucht). Was immer vom Original bekannt ist, (das ist leider so gut wie nichts), wurde von Experten die Zugang zu allen möglichen zeitgenössischen Dokumenten hatten, ausgewertet, da wird wohl nichts mehr dazukommen, das neuere und bessere Erkenntnisse liefert. Was ich persönlich da zusammen getragen habe, habe ich in meinem Baubericht und unter Recherche beschrieben.
Klaus
PS: Ein wunderschön von @Ilhan Gokcay ausgeführtes Modell auf Basis des Hölzel Plans ist in der Galerie zu sehen.
Zitat von Klabauter im Beitrag #7Der Begriff »Schnellbaukasten« ist genauso ein Widerspruch in sich wie der Begriff »Stadtgeländewagen« (SUV)
Klaus: Baust Du das Modell denn so wie es der Marquardtplan vorsieht? Oder werden neue Erkentnisse und Erfahrungen mit einfließen?
Viele Grüße, der andere Klaus
Hallo (anderer) Klaus Deine Frage habe ich gestern in der Schnellbaukastendiskussion übersehen.
Grundsätzlich baue ich gemäß dem Marquardtplan, sonst wäre es ja keine "Graupner Mayflower". Das Einfließen neuerer Erkenntnisse und Erfahrungen würde so viel Änderungen bedeuten, dass die Bezeichnung "Graupner Mayflower" nicht mehr zutreffend wäre. Meine Erkenntnisse im Hinblick auf Mayflower bzw. englische Galeonen aus der betreffenden Zeit und meine nach dem Bau meiner ersten Mayflower erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen haben ja zu meiner eigenen Rekonstruktion geführt. Die Bauweise des hier beschriebenen Modells entspricht dem Plan /Bauanleitung, mit einigen kleineren Abweichungen, die aber die Rumpfform nicht betreffen. Änderungen / Ergänzungen sind in Wesentlichen, dass das Modell wie schon erwähnt von den Berghölzern noch oben hin voll beplankt ist. Eine weitere Abweichung ist, dass ich den Decks die im Plan nicht vorgesehen Wölbung gegeben habe (dazu und zu einigen anderen kleinen Abänderungen mehr im folgenden Baubericht).
genauso war meine Frage gemeint. Mit »neuen Erkenntnissen« meinte ich Deine gesammelten Erfahrungen im Modellbau und »Galeonenkunde«. Soweit ich weiß gibt es von der MAYFLOWER noch irgendwo in England einen verbauten Balken in einem Gebäude (s. das erwähnte Hackney-Buch). Ansonsten dürfen neue Erkentnisse im Sinne der Forschung mehr als unwahrscheinlich sein.
Dann freue ich mich auf weitere interessante Ausführungen und Bauschritte beim Entsetehen Deiner Graupner-MAYFLOWER!
Bevor ich jetzt mit dem Bau starte, noch einige Worte zum Plan / Werkstoffpackung der ersten Graupner Version: Der Plan ist, abgesehen von der, meiner (immer noch unveränderten) Meinung nach sehr fragwürdigen Rumpfform, gut gezeichnet, die Bauweise sehr einfach, fast jedes selbst auszusägende Bauteil ist gezeichnet bzw. auf die in der Werkstoffpackung enthaltenen Holzteile (Balsa- und teilweise Lindenbrettchen, Sperrholz) aufgedruckt, damit entfällt die Übertragung der Zeichnungen auf das Holz. In der Seitenansicht des Rumpfes im Plan ist zwischen den unteren Berghölzern und den geometrischen Mustern im oberen Teil ein Plankenverlauf eingezeichnet, aber auf die äußeren Teile der Bordwände nicht aufgedruckt. Die Bauanleitung ist mit 8 Seiten A5 Beschreibung inklusive einiger Modellfotos plus 8 Seiten Stückliste etwas dürftig ausgefallen. Auf den vier den Bau des Rumpfes betreffenden Seiten ist eigentlich nur anhand der Stückliste beschreiben, in welcher Reihenfolge die einzelnen Teile ausgesägt und zusammengeleimt werden. Ohne die Fotos hätte das auf 2 Seiten A5 Platz. Ähnliches gilt für die nächsten 4, die Takelage betreffenden Seiten.
Damit zum Bau meines Modells: Der Rumpf ist bis zur Höhe des Hauptdecks in Schichtbauweise ausgeführt. Für Steuerbord- und Backbordseite sind je 7 Schichten vorgesehen, die nach Zusammenleimen und in Form schleifen mit Kiel, Vor- und Achtersteven verleimt werden. Die nachstehend angeführten Materialdicken beziehen sich auf den Maßstab 1:48 . Die unterste Schicht ist 10mm stark, die darüber angeordneten 5 Schichten 20mm und die oberste 15mm stark. Die unterste Schicht ist nach vorne hin auf 6,5mm zu verjüngen, damit liegen die Schichten nicht mehr parallel zum Kiel bzw. der KWL. Aus der obersten Schicht (15mm) wird der Decksprung herausgearbeitet, in dem diese von vorne und hinten gegen die Mitte zu auf 7,5 geschliffen wird. Diese Dickenänderungen bzw. Arbeitschritte sind in der Bauanleitung nicht erwähnt (oder im Satz „aus den zusammengefüten Schichtteilen wird die Form herausgearbeitet). Das muss der Modellbauer selbst aus dem Plan herausfinden. Ich nehme stark an, dass ein Großteil der Erbauer des Modells darüber gestolpert sind und die Verjüngung der untersten Schicht übersehen haben.
Als nächstes werden Kiel, Vor- und Achtersteven und Galionsscheg ausgeschnitten und miteinander verleimt, anschließend kommen die beiden Rumpfhälften drauf. Bilder dazu morgen.
Die Schichtbauweise sieht man nur noch selten. Würde ich auch mal gerne probieren. Viel Erfolg, Klaus! Baust du eigentlich noch am andern Modell weiter?
Grüße Alexander
Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten. (Katharina von Siena)
Zitat von Foxtrott im Beitrag #12Die Schichtbauweise sieht man nur noch selten. Würde ich auch mal gerne probieren. Viel Erfolg, Klaus! Baust du eigentlich noch am andern Modell weiter?
Grüße Alexander
Zur Schichtbauweise: die wurde sogar oft bei den englischen Navyboard Modellen (wenn deren Unterwasserschiff voll beplankt dargestellt war) angewandt. Etliche der Fregattenmodelle aus dem 18. und frühen 19. Jahrhundert im NMM und Modelle der großen Frachtsegler aus dem 19. Jahrhundert im Science Museum (die leider nicht mehr ausgestellt sondern in einem Depot gelagert werden) sind in Schichtbauweise gebaut. Ich glaube, diese Bauweise wurde von Modellbaufirmen für ihre Baukästen durch die Bauweise Beplankung auf (zu) wenigen Sperrholzspanten ersetzt, da man dafür wesentich weniger Material braucht und damit Kosten einspart. Für voll beplankte Modelle ist die Bauweise sicher sehr gut geeignet. Zum andern Modell: ja, aber gut Ding braucht Weile.
Zur Größe des Modells: Die Rumpflänge (von Spitze des Galions zum Hackboard) beträgt im Maßstab 1:48 670mm. Die oberste Schicht (14 im ersten Bild Beitrag #11) und damit die Länge des Hauptdecks ist in diesem Maßstab 510 mmm.
Ich habe mit dem ersten Bild in Beitrag #1 den Eindruck erweckt, dass mein Modell auch so groß ist, tatsächlich hat es aber nur ein Viertel dieser Abmessung (Maßstab 1:192), ich baue das Modell(chen) aus vorhandenem Holzabfällen. Hier noch einmal die ausgeschnittenen Schichten auf dem Plan:
Das nächste Bild zeigt die beiden Rumpfhälften direkt auf der entsprechden Darstellung in der Bauanleitung (Format A5) platziert (im Gegensatz zum ersten Bild in #1 habe ich hier nicht in der Darstellungsgröße geschummelt ).
Gemäß Plan besteht das Haupdeck aus zwei 1,5 mm dicken Sperrholzteilen, die auf die oberste Schicht (14) aufgeleimt werden, zwischen diesen ist im Bereich zwischen Frontschott der Back und der Halbdeckquerwand eine 42 mm breite Öffnung (Breite der dort eingesetzen Gräting), die mit sechs als Fissung (in der englischen Fassung der Bauanleitung als "Mastwedging") bezeichneten Balsaleisten (7x 2mm) geschlossen wird. Diese Leisten sind breiter als die auf die Sperrholzdecks aufgedruckte Beplankung (Breite 5mm) und stehen 1/2 mm über diese hinaus. Das Deck hat zwar über die Länge einen Durchhang von 7,5 mm aber keine Wölbung über die Breite. Damit ergibt sich (abgesehen von der Größe) die erste Abweichnung zum Plan. Ich habe das gesamte Deck mit Birnenleisten 1,5 x 1,5 mm beplankt und die Planken von der vollen Dicke in der Mitte den Rändern zu dünner werdend abgeschliffen und damit eine Deckswölbung von knapp 1mm in Schifffsmitte erreicht. Die Gräting habe ich nicht in die Leisten eingepasst, sondern einfach drauf geklebt.
Die Berghölzer sind aus Birnenholzleisten ca. 1 x 1mm, die Planke dazwischen entsprechend dünner, gefertigt, nachstehend das Modell dem entsprechendem Bild der Bauanleitung gegenübergestellt. Auf die Anbringung von Kanonen habe ich verzichtet, den Heckbalken habe ich (auf Grund des Maßstabs und da er im fertigen Modell nicht sichtbar ist, wesentlich massiver ausgeführt als gemäß Plan vorgesehen:
IMG_9605 - A (1200x855).jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Back und Halbdeck (bzw. die Räume darunter) werden laut Plan gebaut, indem die Vorder- und Rückwände aus 6mm Lindenholz ausgesägt und auf das Hauptdeck geleimt werden. Auf die werden dann Back- bzw. Halbdeck aus je einem Stück Sperrholz (wieder ohne jegliche Krümmung) geleimt. Gleiche Bauweise ist für die Hütte über dem Halbdeck vorgesehen (siehe entsprechend Planteile im 2. und 3. Bild in #14). Seitlich werden diese Räume inklusive der Kuhl durch einen von der Vorderkante der Back bis zum Heck durchlaufenden Sperrrholzteil (das die Außenbeplankung darstellt) geschlossen. Der hintere Teil der Back ist, im Gensatz zur späteren Schnellbaukastenversion (mit formgefrästen Balsarumpf, M 1:64) offen. Als Auflage für das Backdeck dient ein als Decksbalken bezeichneter, im ganzen aus 6mm Linde geschnittener Teil, der praktisch eine Kombination aus beidseitien Auflangern und Knien und darüber laufendem Decksbalken (ohne Deckswölbung) entspricht. Hier habe ich auf Grund des Maßstabs, ohne die sichtbare Form (mit Ausnahme der Deckswölbungen) zu ändern, die Bauweise etwas geändert. Alle später sichtbaren Teile sind aus Birnenholz.
Halbdeck: Das vordere Schitt hat oben die notwendige Deckskrümmung und ist dicker als die dem Plan entsprecheden 1,6 mm. Die Türöffnungen habe ich aber so ausgefeilt, dass sie von außen nicht so dick erscheinen. Die Seiten habe ich mit dünnem Abachiholz verschlossen. Als Decksunterlage habe ich Birnenfurnier (Dicke ca. 0,5mm) vorgesehen.
Back: Die Back habe ich aus eine ausgehöhlten Block aus Abachi geformt, den Bauteil "Decksbalken" habe ich aus 5 Teilen zusammen gesetzt und hinten auf diesn Block geleimt.