Die Bretagne ist inzwischen wieder in weiter Ferne aber nicht vergessen; La Bretagne, als Recherche und ersten Versuchsaufbau dagegen habe ich ständig im Nacken und würde sie gern mal vergessen.
Schon frühzeitig während des hybriden Aufbaus mit Schichten und massiven Teilspanten nach dem Plan von Forrer (2004), habe ich den Übergang zur Bausatz-Methode, der Kielplanke mit eingesteckten kompletten Sperrholzspanten, erwogen und nur den Zeitpunkt des Umbruchs immer wieder verschoben. Hauptgrund war die im Forrer-Plan völlig offen gelassene Vorstevenhöhe und entsprechende Bugsprietlagerung. Im Plan von Villiers(2020) dagegen ist die Stevenhöhe festgelegt mit Höhe auf 3. Deck, die ich vorläufig nur ungefähr berücksichtigen konnte, da ich, unter Annahme gleicher Grunddaten in beiden Plänen, mit dessen Maßstab einfach nicht klar kam.
Ein Rückzieher zu #45
Vor Tagen hatte ich dann die Eingebung, im sauber gezeichneten Plan von P. Villiers die Stückpforten des untersten Batteriedecks nachzuzählen: 16 Stück [pro Seite]- und hatte promt den Hals. Die zwei anderen Decks hatten dann auch folgerichtig je 17 Pforten. Das entspricht dem ersten Plan von Groignard 1763, der aber schon wegen seiner Länge und Breite von 195/51 Fuß vom Marineminister abgelehnt wurde. Der ausgeführte Dreidecker dagegen hatte nach den in Forrer&Roussel(2005) zitierten, noch vorhandenen Dokumenten und dem von Pâris wiedergegebenen Tabellen (#44), 15-16-16 Pforten je Seite in den Batterien [ebenfalls das Museums-Modell in Brest].
Warum aber deswegen gleich die leichte Verstimmung?
Das Problem liegt zwischen der von Villiers (2020, S.141) selbst zitierten Ordonance von 1762, in der für die verschiedenen Kaliber die Pforten-Dimensionen und verbindlich die Abstände zwischen den Pforten festgelegt wurden und der Legende im Plan (2020), welche den Dokumenten genügend, die Länge über Steven einfach mit 184 Fuß angibt, somit den eigenen Aufriss konterkariert! Mit 195 Fuß komme ich dem Soll-Maßstab im Plan von 1:72 genügend nahe.
Der seriöse Verlag im Gespann mit dem honorigen Verfasser haben den vorgelegten Plan sicherlich nicht einfach leichtfertig behandelt, aber war das nicht vermeidbar?
Zur Vorbereitung der reinen Konstruktionsspanten-Version und Festlegung der Vorstevenhöhe in Ergänzung zum Plan von Forrer, habe ich aus der Tabelle von Pâris* die Gesamtlänge über Steven und die Abstände der Spanten auf Millimeterpapier in 1:120 aufgetragen. Bei der folgenden Übertragung der vorgegebenen Raumhöhen am Hauptspant, Achter- und Vordersteven ergab sich ein Problem: Im Gegensatz zu allen anderen Schiffen in der Tabelle, ist die Raumhöhe am Vordersteven höher als am Achtersteven! Ein Versehen bei Aufnahme der Daten, bei Übertragung in die Tabelle oder doch so von Groignard gewollt?
Bei Forrer&Roussel ist in der Zusammenfassung “Les charactéristiques de la Bretagne navigante"[2005, S. 164ff] ein Memorandum, Lorient 4. Februar 1765 sign. Groignard, de Cambry vollständig wiedergegeben, welches im Rahmen des Vergleichs zur Übergabe und Weiterbaus des Schiffes unter Verantwortung der königlichen Marine verfaßt wurde. Es enthält die Hauptdaten, welche die Tabelle von Pâris bestätigen, nicht aber die Raumhöhen vorn und achtern. Interessant ist das enthaltene sehr umfangreiche Besteck (devis) mit Bezeichnung und Dimensionierung der einzelnen Bauelemente und Angabe der Verbindungsbolzen. Die Höhe des Vorderstevens ist allerdings auch nicht angegeben.
In der ebenfalls vollständigen Wiedergabe der Aufschnürzahlen zur Bretagne aus der Tabelle von Pâris, ist der Wert der vorderen Raumhöhe nach unten korrigiert, aber im Text leider nicht erläutert. Bei Duhamel de Monceau ** ist in Abhängigkeit von der Differenz vom vorderen zum achterlichen Tiefgang eine Formel [die ich noch nicht verstanden habe] für den Zuschlag achtern zur Raumhöhe am Hauptspant angeführt, vorn nur ein fester Zusatzbetrag [hier 70K-Schiff].
Die einzelnen Deckshöhen sind im Memorandum als lichte Höhen in Schiffsmitte unter Decksbalken angegeben. Ich habe aber einfach die Differenz der gestrichelten Deckslinien aus dem Forrer-Plan genommen und so insgesamt eine gute Übereinstimmung mit der Sollhöhe des Hauptspants gefunden.
Für meine Konstruktionsspanten-Version in 1:120 habe ich erst einmal den Vorsteven aus der Mono CdM genommen, der in der Umscalierung gut paßt, arbeite aber trotzdem noch -mit stark gebremsten Schaum - am 1. Versuchsmodell weiter.
Gruß
Compagnon
Compagnon
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aus Pâris_Souvernirs.jpeg
Meine Blockade bei der Formel zur Bestimmung der achteren und vorderen Raumhöhe von Duhamel de Monceau (1758, S.163f) hat mir keine Ruhe gelassen. Ich habe dann in einem vorderen Kapitel “Proportions Generales” die Details nachgelesen und erkannt: Ich war einfach nur wegen der Definition der Raumhöhe auf die Balkenbucht fixiert. Die Formel lese ich nun so: Achtere Raumhöhe = Raumhöhe Haupspant + halbe Differenz Tiefgang + achterer Deckssprung; vordere Raumhöhe = Raumhöhe Hauptspant + vorderer Deckssprung.
Der Deckssprung des 1. Decks wird nach Duhamel de Monceau von den meisten Konstrukteuren definiert als: achtern 2 lignes 3 points pro pied Schiffslänge; vorn 1 ligne pro pouce Deckssprung achtern (S. 97)
Fazit, ich könnte jetzt die in Forrer&Roussel korrigierte vordere Raumhöhe prüfen, ob sie mit der Formel [in etwa] übereinstimmt, habe z.Z. aber anderes im Sinn.
Forrer_Vordersteven.jpeg - Bild entfernt (keine Rechte)Villiers_Vordersteven.jpeg - Bild entfernt (keine Rechte)Anmerkungen zu Vordersteven und Schott
der Aufnahmen des Modells 13 MG4 (#43) läßt ein gerades [?] Vorschott mit Kanonenpforte und offenem Türbogen ohne Tür erkennen, welches in Süllhöhe beginnt. Entsprechend höher liegt das Verdeck davor und endet der Vorsteven.
Die Pläne von Forrer und Villiers zeigen hierzu natürlich nichts;
im Längsschnitt des Dreideckers Pl 86 der Encyclopédie *von 1787 - der lt. Villiers La Bretagne genügend entsprechen soll (Villiers2020, S.140 Legende Fig. 3)- ist das Schott senkrecht und gerade. Der untere Teil des Schegs ist sehr schmal und endet im Vorsteven, im Gegensatz zu vorgenannten Plänen.
aus CdM_Vordersteven.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Ein Längsschnitt aus der Mono CdM zeigt ein nach vorn gewölbtes Schott (die Türöffnung ist aber eckig) und ein schmales Schegende bis zum falschen Kiel.
Der von Paul Stamm Modellbau (2017) herausgegebene Plan Bretagne 1766, J.Froment 1938 Rev.1939, hat zwar ein gerades Schott auf dem dritten Verdeck, führt aber den Bugspriet auf das erste Batteriedeck. Er hat übrigens die richtige Pfortenzahl und Länge über Steven, aber einen zu schmalen, derart runden Hauptspant, der mit dem extremen Flach aus den Dokumenten nichts zu tun hat.
Flankierend noch Museumsbilder NMM von den Modellen 13 MG 1, Sans Pareil (1760?) und 11 MG 3, PIC Augustin (1756)
Es bleibt nun an mir hängen, im Versuchsaufbau einen Schottentanz auf den noch nicht vorhandenen Decksplanken hinzulegen.
*) Illustrations of ships and maritime subjects, taken from the Encyclopédie méthodique, Blondeau; Vial Du Clairbois, Honoré-Sébastien; Plomteux, Liège, 1787 (Online Books, Smithsonian Libraris)
Gruß
Compagnon
Compagnon
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Froment_Vordersteven.jpg
M5026-1993-DE-0032-2.jpg
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Screenshot 2022-03-29 at
Hast Du eigentlich den Plan aus dem SHD ? Sieht man da Details ? Ich, Oliver, würde mich bei der Zimmermannstechnik einfach an zeitgenößischen Details orientieren. Das Bild aus der Enzyklopädie und evtl. das Modell des 74ers. Neuere Pläne sind so eine Sache.
Unbenannt.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
"Tout le monde connaît le nom du Vengeur, combien peu connaissent celui du Redoutable!" -- Auguste Jal, 1867 ----------------------------------------------------------------------------------------------
in work: La Belle POF 1/36 Le Redoutable POF 1/48 ; 74-Gun Temeraire-Class by Jacques-Noël Sané Bucentaure, POF 1/48; 80-Gun Bucentaure/Tonnant-Class by Jacques-Noël Sané (Projektierungsphase)
Service historique de la defense. Wie ich sehe hast Du den Plan schon, wir haben auch schonmal darüber geredet. Aber sicher dass der abgelehnt wurde ? Was heisst den "Appr." ? Ich würde ihn mir trotzdem besorgen, da man genau hinschauen muss. Auch den Text lesen. Am Schluss sind es vielleicht nur Kleinigkeiten die überarbeitet wurden. Man kann über einen komplizierten Prozess, erst online dann schriftlich, einen Download anfordern. Eine Zeichnung wie diese hier sollte ca. 20 Euro kosten.
Unbenannt.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
"Tout le monde connaît le nom du Vengeur, combien peu connaissent celui du Redoutable!" -- Auguste Jal, 1867 ----------------------------------------------------------------------------------------------
in work: La Belle POF 1/36 Le Redoutable POF 1/48 ; 74-Gun Temeraire-Class by Jacques-Noël Sané Bucentaure, POF 1/48; 80-Gun Bucentaure/Tonnant-Class by Jacques-Noël Sané (Projektierungsphase)
ich habe mich gerade bei SHD eingeschrieben, bin aber schon erschlagen vom Suchsystem, dem Wust an einleitenden Infos und Anleitungen zur Präsenzbibliothek usw., d.h. komme erstmal nicht richtig weiter. Ich würde nämlich zum genannten Plan auch gleich die Pläne D1-65-12 (1773) "Royal Louis" und D1-66-22 (1782) "vaisseau118" mitbestellen, die von Groignard im Auftrag erstellt wurden. Diese Linien-Schiffe wurden aber aus verschiedenen Gründen nie gebaut. Wo genau muss ich denn suchen, >> 40. le vaisseau ...?
Zitat von Oliver1973 im Beitrag #54Service historique de la defense. Aber sicher dass der abgelehnt wurde ? Was heisst den "Appr." ?
"Appr." ist mindestens im Englischen die Abkürzung für "Approved", was so viel heisst, wie "Genehmigt" oder "Bestätigt". - Wenn ich mich recht erinnere, greifen die Franzosen da auf denselben Wortstamm zurück. Dort heißt es wahrscheinlich "Approvee" oder ähnlich (mit oder ohne Accents... ich habe da immer so meine Schwäche).
Also das Gegenteil von "abgelehnt".
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HIER habe ich mal zusammengeschrieben wie man eine Bestellung beim SHD auslöst.
"Tout le monde connaît le nom du Vengeur, combien peu connaissent celui du Redoutable!" -- Auguste Jal, 1867 ----------------------------------------------------------------------------------------------
in work: La Belle POF 1/36 Le Redoutable POF 1/48 ; 74-Gun Temeraire-Class by Jacques-Noël Sané Bucentaure, POF 1/48; 80-Gun Bucentaure/Tonnant-Class by Jacques-Noël Sané (Projektierungsphase)
im Moment stehe ich unter Termindruck, nachdem ich Einiges wg. La Bretagne habe schludern lassen. Gebe dann aber umgehend (hoffentlich) Erfolgsnachricht.