Es war vor zwölf Jahren, dass ich meine H0 Lokomotiven verließ, um zu den Schiffen und zum Holzmodellbau zurückzukehren. Dabei ist zurückkehren eigentlich das falsche Wort, denn meine bisherigen Versuche waren allesamt sehr unbefriedigend gewesen, und ich hatte kaum etwas richtig beendet. Mittlerweile glaubte ich aber zu wissen, wie man Anfängerfehler vermeidet, und daher wählte ich ein Baukastenmodell aus, bei dem man, so dachte ich, nicht gleich überfordert wird. Das ging auch auf. Die Yacht Mary von Mamoli ist ein ausgezeichneter Anfänger-Bausatz, tatsächlich bin ich auch mit dem Rumpfbau und der doppelten Beklankung bei einem so übersichtlichen Modell ganz gut zurecht gekommen. Hier ein paar der wenigen Bilder, die es aus der Bauphase gibt:
Zwei Fotos vom fertigen Modell, dessen Takelage auch nicht überforderte:
Trotzdem bin ich, ehrlich gesagt, mit dem fertigen Modell nie so recht glücklich gewesen. Es sah eben aus wie ein Bausatz-Modell, irgendwie unpersönlich und, besonders wenn es um den Schmuck ging, wie soll ich sagen, halbherzig. Ein paar Kleinigkeiten habe ich nie zu Ende gebracht, und seit 12 Jahren wird das Modell von einer unattraktiven Stelle im Haus zur anderen getragen. Bis vor ein paar Wochen stand es im Keller, weil ich endlich die Kanonen anbringen wollte. Dann fiel es vom Regal, als ich unglücklich dagegen stieß, die Mastspitze brach ab und die mit wenig Kleber befestigten metallenen Verzerungen am Heck spritzten regelrecht zu allen Seiten fort. Ansonsten blieb der Rumpf ohne konstruktive Schäden, was bei der Fallhöhe fast ein Wunder war. Und ich hatte endlich Grund und Anlaß, darüber nachzudenken, was ich mit dem Wrack anfangen soll.
sooooooo schlimm wie du tust ist deine Mary nun auch wieder nicht, natürlich, ein Baukastenmodell aber was soll`s. Viele wären froh gewesen, das Modell so wie du es zeigst hinzubringen. Natürlich soll dich das aber nicht davon abhalten, Verbesserungen anzubringen sofern sie dir nötig erscheinen. Man wird automatisch mit jedem Modell etwas besser. Und wenn du mal nach Plan baust kannst du ja dann alle Register ziehen.
Viele Grüße Peter
In der Werft : Baltimore Clipper Schoner "Berbice" 1:50
"Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren." (Karl Lagerfeld)
Hallo Schmidt Wie wäre es denn, wenn Du die metallenen Zierteile bunt bemalst, so wie es nach derzeitigem Stand der Forschung auch für die Vasa angenommen wird? Ich könnte mir vorstellen, dass das Modell dann schon weit weniger nach Baukasten aussieht.
bis denne Willi
Es ist nicht alles falsch, was man nicht versteht.
Willi, genau das ist es, was ich vorhabe! In den letzten Wochen stand das Halbwrack in Sichtweite meines Werktisches, und ich hatte Zeit, einen Renovierungsplan zu entwerfen. Nun habe ich ja schon einmal eine Restaurierung glücklich zu Ende gebraucht und (mindestens) eine in den Sand gesetzt. Ich weiß also, dass man einen guten Plan braucht und den auch möglichst genau und begrenzt umsetzen sollte, um nicht (Achtung Kalauer!) vom Hölzchen aufs Stöckchen zu kommen und sich schlussendlich in eine Sackgasse zu basteln, an deren traurigem Ende sich Anspruch und Wirklichkeit gegeseitg totgeschlagen haben. Mein Plan ist es jetzt, unter Zuhilfenahme von möglichst viel Material des Bausatzes die Mary ihrem Vorbild etwas ähnlicher zu machen und ihr dabei das Sterile des Bausatzmodells zu nehmen. Zum Vorbild kenne ich bislang zwei relevante Dokumente. Erstens: Eine großformatige Zeichnung Van de Veldes, der die Jacht wahrscheinlich noch vor der Schenkung an König Charles in Amsterdam gesehen haben muss. Die Zeichnung findet sich häufig reproduziert, aber meistens stark verkleinert. Ich habe bei einer amerikanischen Firma den großformatigen Ausdruck eines Scans bestellen können, und in diesem Format sind die Heckornamente recht deutlich zu erkennen:
Selbst die Bemalung des hinteren Schanzkleides mit "Meeresfabelwesen" ist ganz plastisch und plausibel:
Es gibt auch noch eine zweite Zeichnung, die das Heck frontal zeigt und quasi direkt als Vorlage für eine Neugestaltung genutzt werden könnte.
Zweitens gibt es ein Gemälde von L. Verschuir, das Charles auf einer Jacht bei einem Besuch in Rotterdam im Jahr 1660 zeigt. Das Bild ist späteren Datums. Ob es die Mary zeigen soll oder eine andere Jacht der Holländischen Ostindien Kompanie, habe ich noch nicht genau ermitteln können. Es gibt jedenfalls deutliche Abweichungen von Van de Veldes Zeichnung; allerdings ist das Bild recht aufschlussreich, was die (naturalistische!) Farbgebung angeht.
An diesen Vorlagen möchte ich mich orientieren. Sollte jemand von euch weitere Dokumente kennen, wäre ich äußerst dankbar für einen Hinweis!
die Jacht im letzen Bild ist definitiv nicht die Mary. Es handelt sich hier um die Jacht der Admiralität von der Maas (ehemalige Jacht von Willem II). Vermutlich hat Verschuier selbst den Figurenschmuck der Jacht entworfen. Hier hatte ich schon mal was zum Thema geschrieben.
Wenn Du noch nicht die Unterlagen von Werner Jaeger betreffs der Mary hast, kann ich Dir ein PDF schicken. Dazu bräuchte ich dann Deine Email.
Grüße, Alexander
Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten. (Katharina von Siena)
Vielen Dank für die Aufklärung und das Angebot. Den Jaeger habe ich mittlerweile, leider scheint es wohl dort wie auch sonstwo keine farbige Darstellung der Mary zu geben. Oder doch? Schmidt
Die Verschuir-Jacht ergäbe sicher auch ein sehr attraktives Modell. Das Gemälde gibt eine sehr gute Grundlage. Ich habe mich für mein nächstes Modell ja auch noch nicht entschieden.
Eine farbige Abbildung der Mary ist mir nicht bekannt.
Grüße, Alexander
Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten. (Katharina von Siena)
Die Verschuir-Jacht ist wirklich interessant. Je zwei Eckmänner sieht man selten. Schön auch die großen Figuren an den seitlichen Fenstern, die mglw. die Kontinente repräsentieren sollen.
Ich zeige im folgenden mal im einzelnen die Baustellen, die ich für den Umbau der Mary vorgesehen habe.
Das Deck gefällt mir heute immer noch ganz gut. Tatsächlich hatte ich es damals (im Gegensatz zu den anderen Rumpfteilen etc.) leicht gealtert, mit eingeriebenen Pigmenten. Das sollte gut zu einem neuen, weniger sterilen und eher fotorealistischen Stil des Modells passen. Allerdings werde ich die Handläufe und die Geländer etc. anmalen.
Ganz scheußlich sind dagegen die Ornamente, die man auf das hintere Schanzkleid pappen sollte. Natürlich kann der Bausatzhersteller nicht in die Bauanleitung schreiben: "Grundieren Sie diesen Bereich im typischen Blaugrau der Zeit und bemalen Sie ihn üppig mit Tritonen, Nixen und anderen Wassergöttern." Aber diese unbarocken und viel zu dicken Schnecken hätten es nun wirklich nicht sein müssen. Ich habe sie abgehebelt und den Untergrund für eine Neulackierung vorbereitet. Ob ich selbst Tritonen etc. malen Kann oder dazu fremde Hilfe brauche, wird sich zeigen.
An seinem Platz lassen werde ich hingegen (vermutlich) die junge Dame, die die Gillung flankiert, auch wenn da im Original wohl ein dickeres männliches Wesen saß, das auch noch auf einem Delfin ritt. Es hatte mich damals viel Arbeit gekostet, die Lady einzupassen, und sie sitzt dank Stabilit Express bombenfest. Ohne Kollateralschäden wird sie nicht weichen. Allerdings werde ich sie naturalistisch anmalen. Ob man sie auch geschlechtsumwandeln und ihr sogar einen Delfin unterjubeln kann? Nun ja.
Vielleicht sollte man die Schanzkleid-Ornamente auf einer Abziehbild-Folie malen und dann auf das Modell transferieren. Auf diese Weise kann man so lange üben, bis es hinhaut. Es ist auch einfacher auf einer ebenen Fläche zu malen, als auf dem dreidimensionalen Modell. Oder überhaupt auf einem geeigneten Malgrund malen, das fertige 'Bild' dann scannen und auf Abziehbildfolie ausdrucken. So kann nach einem Spiegeln auch gleich die Ornamente beider Seiten ausdrucken.
Guter Vorschlag! Besonders die Möglichkeit des Spiegelns hat etwas verlockend Zeit- und Mühesparendes. Mal sehen, ob meine Software-Fähigkeiten dafür ausreichen. Schmidt
Ich habe das gleich mal ausprobiert und meine Fähigkeiten im Umgang mit Photoshop ans Limit gezerrt:
Das sollte so gehen! Jetzt muss mir nur noch ein begabter Zeichner aus dem Van de Velde Fries eine übertragbare Vorlage zaubern.
Und weil es so schön war, habe ich gleich beim Heck weitergemacht. Die Heckornamente hatten mich schon vor 12 Jahren Nerven gekostet, denn eigentlich war das kompakte Ornament, bestehend aus dem Wappen, den Wappentieren, Schabracken und Volants, zu klein für das Heck. Hätte man die Schabracken an den linken Eckenmann angelehnt, wäre rechts eine Spalte entstanden:
Ich hate das mit zusätzlichen Hölzern zu kaschieren versucht.
Jetzt habe ich das Heck aus einer zweiten Van de Velde Zeichnung so lange skaliert, gedrückt und gestreckt, bis eine passende Version enstanden war:
Werde ich das alte Ornament jetzt noch verwenden können? Davon handelt die nächste Folge.
Hier hat sich lange nichts mehr getan. Ein Grund dafür ist, dass das Projekt eine Metamorphose erfahren hat, die schon im Vorfeld sehr zu denken gibt. Ich werde an anderer Stelle davon berichten. Das heißt aber nicht, dieses Projekt wäre aufgegeben!
Bisher beschäftigt mich die Mary theoretisch auch immer mehr und ich bin am "materialsammeln". Vieleicht setze ich das dann auch um, aber das ist noch offen. Wäre es möglich von Deinen Dekorations-Scans der Bordwände eine Kopie zu bekommen?? Wenn die Detailierung entsprechend wäre, würde ich dann versuchen das Ganze in Birne plastisch umzusetzen. Ebenso den Spiegel.
Hier hat sich lange nichts mehr getan. Das Modell war zwischenzeitlich auf Reisen, um anderswo „Modell zu stehen“. Jetzt ist es wieder zu Hause, und bei nächster Gelegenheit wird es als erstes einen Öl-Farbanstrich erhalten, wie ihn Peter seinem Hohenzollernmodell hat angedeihen lassen. Ich glaube, ich habe da viel über die Wirkung der Ölfarbe auf Holz lernen können. Bereit steht auch schon der Maler, der dem Modell seinen „nautischen Fries“ verpassen wird, möglicherweise unabhängig vom Modell auf einem papierenen Untergrund, der später an seinen Platz geklebt werden kann, wenn das Modell nicht mehr so sehr Beschädigungen ausgesetzt wird. Unabhängig vom Modell wird auch der Heckspiegel nach der photoshopisierten (also angepassten) Vorlage von van de Velde entstehen. Schmidt