Ich hatte um ein wenig Geduld gebeten, damit ich den Baubericht etwas chronologisch verfassen kann.
Nachdem ich schon mehrfach in anderen Foren Phasenweise von der Caroline berichtet habe möchte ich hier den Bericht lesbar und auch hoffentlich kurzweilig zu PC bringen
Beginnen wir bei der Planung.
Wir schreiben das Jahr 1988; Bei einem Besuch des "Hestorisch Sheepfahrt Museeum" in Amsterdam sehe ich ein seltsam anmutendes ganz in weiss gehaltenes Modell einer französischen Fregatte. Die winzigen Schnitzereien faszinieren mich. Meine Frau: OOOOOH... so eines möchte ich auch gerne haben!! Ich: Sollst du haben.....
In den folgenden Jahren!! sammele ich alles was es über Knochenschiffe und Knochenverarbeitung zu haben ist.
Für den Modellbau erweisen sich ausschließlich die Beinknochen von Rindern oder Kälbern. (Ober- und Unterschenkel; sog. Röhren bzw. Markknochen) als ideal, weil die Dichte und Festigkeit optimal ist. Alle anderen... Rippen, Schulter, Schädel etc. sind zu porös und spröde.
Die Vorbereitung der Knochen.
Für den Bau der Caroline sind für den Anfang ca. 400 Röhren notwendig!! Diese gewaltige Menge bekommt man nicht beim Metzger seines Vertrauens sondern nur im Schlachthof. Eine Röhre ist [ohne Gelenke] ca. 160 - 180 mm lang. Gewicht ca. 200g Die Röhren müssen bei hohen Temperaturen ausgekocht werden, das Mark entfernen und noch einmal kochen. Ich habe im Laufe der Kochzeit ca 500l beste Marksuppe in den Ausguss geschüttet.. Dann mit vieeel Spülsalz 3 - 5 mal durch die Spülmaschine [höchste Spülstufe] und danach trocknen lassen. (ca 3 Jahre!!!) Der erste Trockengang wurde auf dem Balkon vollzogen (Die Knochen Immer schön in die pralle Sonne hängen).
Meine Nachbarn waren begeistert...... Bis auf einen!!!!!!!!
Man muss sich folgende Situation vorstellen. Meine Frau war in der heissen Phase der Knochenkocherei in Hof auf der Bamtenfachhochschule. Hof ist etwa 200 Kilometer von Augsburg entfernt. Dort blieb sie unter der Woche von Montag bis Freitag. Der Lehrgang dauerte 3 Jahre und in dieser Zeit war meine Frau für viele Nachbarn einfach nicht mehr zu sehen. Ich war in dieser Zeit Vollzeithausmann mit drei kleinen Kindern. (demistdieFraudavongelaufenistjaauchkeinwunderbeidemtypen waren noch die nettesten Gerüchte). Plötzlich hängt mein Balkon voll mit Knochen auf einer Schnur aufgereiht zum Trocknen
Eines Tages läutet es an der Wohnungstür........ich öffne und siehe da zwei "Streifenhörnchen" stehen vor der Tür. Ich zitiere jetzt mal: Guten Tag wie geht es Ihnen; (gut danke) wir waren gerade in der Gegend......können wir reinkommen???? (klar, gerne.. bitte treten Sie ein)--meine Töchter jagen gerade die Katze und rennen die Staatsmacht fast über den Haufen.---Ihre Kinder sind ja so fröhlich...könnenwirbitteihrefrausprechen?? (nein die ist verhindert) einer der beiden im Hintergrung murmelt "des denk i mir" Der erste wieder: wir möchten jetzt bitte mit ihrer Frau sprechen. (ich sagte doch die ist verhindert) Währendessen gehen wir alle in die Küche. Von meiner Küche aus ist der Zugang zum Balkon und dort sieht man die ungeheuere Menge Knochen an einem Balken hängen. Beide Streifenhörnchen erblassen und fordern mich ultimativ auf ihnen zu sagen wo meine Frau ist!!!!! Ich habe die Herren von der Polizei über den Aufenthalt meiner Frau und den Grund genauesten aufgeklärt nicht ohne den Hinweis, daß man meine Frau vielleicht als Kuh bezeichnen kann aber wohl kaum diese Menge Knochen aus einem einzigen Körper erzielen könnte. Die beiden verließen ziemlich einsilbig meine Wohnung
Die getrockneten und sortierten Knochen werden nun der Länge nach auf einer Bandsäge halbiert. (Mein Chef wollte wissen wo meine Frau ist).
Diese Halbschalen können nun je nach Bedarf in Planken, 4 kant Hölzer oder andere Grundzuschnitte verarbeitet werden.
Dies war erst der Anfang.
Demnächst beginnen wir mit dem Unterbau (Rohrumpf)
Bis dann....... Freiwache.....wegtreten
Grüße
Robert
Und wenn mich dann die Arbeitswut packt,....setze ich mich ganz still in eine Ecke und warte bis der Anfall vorüber ist.
In der Werft: Knochenmodell "Royal Caroline" 1749 M 1: 50 Spantmodell Engl. 74 Kanonenschiff 1781 M 1: 50 nach M. Stalkartt Projekt Phantom M 1: 50
Hi Tarjack, klasse. Dein Modell ist eine Augenweide.
Gruß Christian
in der Werft: Cutter Alert, 1777, HM Sloop Fly, 1776 - 1:36 auf dem Zeichenbrett: Cutter Alert, 1777, HM Sloop Fly, 1776, HM Fireship Comet, 1783, HM Boomb Vessel Aetna, 1777
Pause: HMS Triton, 1771 - 1:48
"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen." "Habe keine Angst vor der Perfektion - Du wirst sie nie erreichen" Salvador Dali
bin ja mal wirklich gespannt, wie es weitergeht. Allein Dein Vorspann und die Geschichte 'aus dem Leben' hat schon so viel Schmunzeln und Freude ausgelöst - wäre übrigens schon so als Kurzgeschichte der Renner... Freue mich schon auf die Fortsetzung.
Grüsse, Joachim
Schöne Grüße Joachim
Mein neues Buch in Deutsch und Englisch erhältlich: "Die Farbe Blau im historischen Schiffbau - von der Antike bis in die Neuzeit" siehe dazu: http://www.modellbau-muellerschoen.de
"Ich gibs so gut / als ichs errang / Drumb ist mir vor keim Momo bang. Wer bessers waist / und kans erweisen / Der gebs herfür: Ich will ihn preisen." (Joseph Furttenbach 1591-1667)
Für mich ist Deine Caroline aufgrund der außergewöhnlichen Modellwahl eines der beeindruckensten Modelle, dessen Entstehung ich im Netz verfolgen kann. Danke für's Zeigen
Gruß Christian
in der Werft: Cutter Alert, 1777, HM Sloop Fly, 1776 - 1:36 auf dem Zeichenbrett: Cutter Alert, 1777, HM Sloop Fly, 1776, HM Fireship Comet, 1783, HM Boomb Vessel Aetna, 1777
Pause: HMS Triton, 1771 - 1:48
"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen." "Habe keine Angst vor der Perfektion - Du wirst sie nie erreichen" Salvador Dali
Die Außenhaut der Caroline herzustellen erfolgte in drei großen Abschnitten mit laaaaangen Pausen dazwischen. In den Pausen habe ich für die Caroline Ausrüstungsteile angefertigt und das 74 Kanonenschiff nach Boudriot M 1: 50 fertig gebaut. (Standort aktuell: Deutsches Museum, München)
Hach ja die gute alte Zeit….ääähmm ich schweife ab.
Also: Den Verlauf der Barkhölzer im Strak anzeichnen; Erstes Barkholz anbringen; den Zwischenraum zum zweiten Barkholz mit Planken ausfüllen; zweites Barkholz anbringen – dabei ist zu beachten, dass keine Spalten entstehen -!! Notfalls muss an den Planken, (nicht am Barkholz) nachgeschliffen werden. Nachdem die Außenhaut oberhalb der Barkhölzer angebracht ist, kann´s losgehen.
Abwicklung am Bug.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Den Rumpf umdrehen und beginnend am Kiel mit der „berühmt berüchtigten“ Kielplanke die Planken legen. Damit die Planken auch gleichmäßig laufen, drei bis vier Straklatten anbringen.
Damit die Planken einigermaßen gleichmäßig breit sind, empfiehlt es sich eine „Abwicklung“ am Rumpf an zu bringen. Die sog. Abwicklung ist relativ einfach her zu stellen. Man(n-Frau) teilt den Rumpf der Länge nach in drei Teile; sodann stellt man schmale ca3 mm breite Papierstreifen her. Bild Die Strecke zwischen Kiel und untersten Bergholz – Unterkante am Hauptspant wird gemessen. Die gemessene Strecke wird bei M1:50 in 4 mm Abstände eingeteilt. 4mm ist bei 1:50 eine Plankenbreite von 20 cm, was für dieses kleine Schiff ein annehmbarer Wert ist. Den Papierstreifen am Hauptspant kann man nun auf den rohen Rumpf kleben. Die anderen Streifen an den ermittelten Drittelpositionen abmessen.
Deren Länge durch die Anzahl der am Hauptspant erzielten Leisten/Planken teilen. Diesen Wert (z.B. 2,4) auf die Papierstreifen übertragen. Der Papierstreifen am Heck ist länger, was sich durch die Form des Schiffes und Höhe des Totholzes am Achtersteven ergibt; dazu später Hilfreich ist es wenn man alle 4 – 6 Plankengänge eine Straklatte anbringt. So ist sofort zu sehen wenn der ermittelte Wert vom Plankenverlauf abweicht. Bild Die Planken werden nun angelegt und entsprechen der Position zugearbeitet. Nun zeigt es sich welch unglaublichen Vorteil der massiv gebaute Rumpf hat. Es können auf dem Rumpf alle Arten von Fixierhilfen angebracht werden; Nadeln; Schrauben; Schraubzwingen etc. Nichts kann dem Rumpf schaden
Wie ihr Euch denken könnt sind Plankengänge aus Knochen erheblich stabiler als Holzleisten. Die einzelnen Planken werden hergestellt – durch die erzwungene Maxlänge von 18 cm ist es ratsam die Längen der Leisten dem Maßstab anzugleichen. Das heißt, dass die Planken am Modell nicht länger als 12 – 16 cm sein können!!! Damit die Plankengänge straken habe ich als Anschlaghilfe eine Birnbaumleiste angelegt. So bleiben die Gänge im Strak und man bekommt keinen Knick im Plankengang (und in der Optik auch nicht *lol*) Die Biegungen herstellen geht so: Fertige Planken an den „geraden“ Flächen festleimen. Die Partieen am Bug, wo die Planken naturgemäß gebogen sind werden gekocht…Heiss kochen ist hier angesagt. (ca. 1 Std.) Danach die Planken am Rumpf fixieren und trocknen lassen. (ca. 2 Std.) danach sind die Planken gebogen behalten auf Dauer ihre Form und können festgeleimt werden. Ist doch ganz einfach oder…………. Dieses Verfahren funzt auch bei Holzplanken (Obsthölzer), da allerdings reicht es wenn die Planken 5 – 8 Min kochen, je nach Stärke. (Nicht anzuwenden bei Nussbaum und Eiche sowie allen Weichhölzern!!!) Bei Nußbaum werden Toxine ausgewaschen und bei der Eiche löst sich die Gerbsäure, was zu unschönen Verfärbungen der einzelnen Planken/Leisten führt. Nußbaum und Eiche werden in Wasser eingetaucht, etwas weichen lassen und im nassen Zustand am Rumpf anbringen und fixieren. Genauso verfährt man auch mit Weichhölzer (Linde, Kiefer, Birke, Ahorn etc.) Nachdem die Leisten trocken sind behalten sie ihre Form und können ohne große Umstände festgeleimt werden. Über einem Rundkörper bügeln funzt auch (für Kollegen, die nicht warten können) Das Einlegen in Salmiakgeist geht auch, nur sollte man das im Freien machen und das Holz verändert seine natürliche Farbe und zwar insgesamt, nicht nur an der Oberfläche.
Zurück zu den Knochen. Die zuvor angebrachten Berghölzer wurden nicht wie die Planken gebogen, sondern in Form gesägt!!!! Ab 3mm Materialstärke dauert es einfach zu lange bis die Knochen „weich“ gekocht sind. Im Bereich der Tothölzer am Achterschiff ist die Strecke der Plankengänge naturgemäß länger. Dort werden eingeschobene Plankengänge angebracht. Zu ermitteln sind diese wieder mit Hilfe der Abwicklung. Mit Hilfe der Straklatten können die zusätzlichen Plankengänge ziemlich genau angezeichnet (auf dem Rumpf) werden. Wir erinnern uns, dass die Planken nicht breiter als 4 mm sein sollten. Wenn nun am Achtersteven einzelne Gänge z. B. 7mm breit wären geht man so weit zurück bis die Breite wieder 4mm beträgt. Stelle markieren!! Bild Die folgende Planke wird auch angelegt. Sie wird ohne Druck am Rumpf angelegt!! Den Plankenverlauf an der Oberkante entlang anzeichnen. Der so entstehende Keil wird verlängert und auch angezeichnet. Ist der Keil zu groß, wird der gleiche Vorgang wiederholt, solange bis der Spalt geschlossen ist. Die eingefügten Planken dürfen nicht schmäler sein als 2 mm. Die zu verjüngenden Planken am Einfügepunkt auch nicht.
MERKE!!!! Es gibt im Schiffbau keine SPITZEN Holzenden. NIRGENDWO AM SCHIFF
Auf diese Weise wird die Oberfläche verbreitert ohne dass der Plankenverlauf gestört ist. Im Bugbereich verfährt man umgekehrt. Das nennt man dann „verlorene Gänge“. Nach dem Straken und anzeichnen, Planken legen, dort wo die beiden Planken zusammen max. 4mm breit sind ansetzen und eine Planke anfügen. Die 4 mm sind kein Fixmass, es können auch z.B. 2,8mm sein!!! Ausschlaggebend ist, dass die Planken am Ende (Sponung im Vorsteven) nicht dünner sein dürfen als 2 mm UND AUCH NICHT BREITER als die benachbarten.
Der Blick auf die Werft.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
So verfahren ergibt die Beplankung ein homogenes echtes Bild einer Schiffsbeplankung.
Drei Jahre später: die Caroline ist geplankt………
Fertig.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
März 2013 (12).JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
wurdjaauchzeitsagtmeineadmiralität!!
Kaffeechen??
Grüße
Robert
Und wenn mich dann die Arbeitswut packt,....setze ich mich ganz still in eine Ecke und warte bis der Anfall vorüber ist.
In der Werft: Knochenmodell "Royal Caroline" 1749 M 1: 50 Spantmodell Engl. 74 Kanonenschiff 1781 M 1: 50 nach M. Stalkartt Projekt Phantom M 1: 50
Einfach unbeschreiblich genial !!!! Ja, jetzt wäre ein Kaffee super und dann noch ne Stunde oder zwei weiterlesen und schauen...
Hab ich das in Deinem Post richtig verstanden, dieses Modell kann man im Deutschen Museum anschauen? Leicht zu finden, oder würde ich eine Orientierung brauchen?
... und freu mich auf die Fortsetzung ...
Grüsse, Joachim
Schöne Grüße Joachim
Mein neues Buch in Deutsch und Englisch erhältlich: "Die Farbe Blau im historischen Schiffbau - von der Antike bis in die Neuzeit" siehe dazu: http://www.modellbau-muellerschoen.de
Dun hast richtig gelesen; Der 74er ist im Deutschen Museum, und damit Du noch mehr Lust auf das Schiff bekommst: ALLE WEIßEN Teile am Modell incl. Lampen und Galionsfigur sind aus Knochen gefertigt. Das Modell steht im Untergeschoß vor dem Durchgang zu den Dockyard Modellen in Front zum U-Boot. Die Vitrine ist 2,50 m lang 2 m hoch und ca 1 m tief. Also kaum zu übersehen. Viel Spass beim Museumsbesuch (Krieg ich vom Museum jetzt eine Prämie?? *lol*)
Gruß
Robert
Grüße
Robert
Und wenn mich dann die Arbeitswut packt,....setze ich mich ganz still in eine Ecke und warte bis der Anfall vorüber ist.
In der Werft: Knochenmodell "Royal Caroline" 1749 M 1: 50 Spantmodell Engl. 74 Kanonenschiff 1781 M 1: 50 nach M. Stalkartt Projekt Phantom M 1: 50